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Heinz Behler
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Ausbildungsgeld nach § 107 SGB III ist zwar keine zweckbestimmte Leistung im Sinne des § 83 Abs 1SGB XII , es bleibt jedoch zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung mit Beschäftigten im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen in voller Höhe
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Ausbildungsgeld nach § 107 SGB III ist zwar keine zweckbestimmte Leistung im Sinne des § 83 Abs 1SGB XII , es bleibt jedoch zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung mit Beschäftigten im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen in voller Höhe
Höhe als Einkommen unberücksichtigt.
Das in der Werkstatt für
behinderte Menschen im Rahmen einer von der Bundesagentur für Arbeit
geförderten Maßnahme kostenlos zur Verfügung gestellte Mittagessen
mindert nicht den Sozialhilfeanspruch des behinderten Menschen
(Abgrenzung zu BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R = BSGE 99, 252 =
SozR 4-3500 § 28 Nr 3).
Anmerkung: Nach der Rechtsprechung des
BSG im Urteil vom 11.12.2007 (BSGE 99, 252 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3)
kommt eine bedarfsmindernde Berücksichtigung von Zuwendungen nach § 28
Abs 1 Satz 2 SGB XII nur in Betracht, wenn diese Leistungen von einem
(anderen) Träger der Sozialhilfe erbracht werden, was vorliegend nicht
der Fall war.
Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 23.03.2010 zur Sozialhilfe ( SGB XII)
BSG, Urteile vom 23.03.2010 - B 8 SO 15/08 R – und B 8 SO 17/09 R
1. Instanz Sozialgericht Dresden S 19 SO 294/05 24.10.2007
2. Instanz Sächsisches Landessozialgericht L 3 SO 25/07 20.03.2008
3. Instanz Bundessozialgericht B 8 SO 15/08 R 23.03.2010
Sachgebiet Sozialhilfe
Entscheidung
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen
Landessozialgerichts vom 20.3.2008, soweit dieses nicht die Kosten der
Unterkunft und Heizung betrifft, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.6.2007
verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 1.3. bis 30.11.2005 weitere
51,80 Euro monatlich und für die Zeit vom 1.12.2005 bis 30.11.2006
weitere 61,80 Euro monatlich zu zahlen. Die Beklagte hat dem Kläger auch
die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
1
Im
Streit sind (noch) höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung (51,80 Euro monatlich für die Zeit vom 1.3. bis
30.11.2005 und 61,80 Euro monatlich für die Zeit vom 1.12.2005 bis
30.11.2006) - die Kosten für Unterkunft und Heizung ausgenommen - als
310,05 Euro (265 Euro Regelsatz; 45,05 Euro Mehrbedarf).
2
Der am
11.1.1987 geborene Kläger lebt im Haushalt seiner Eltern. Seit September
2004 war er im Ausbildungs- und Trainingsbereich einer Werkstatt für
behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Bundesagentur für Arbeit (BA)
gewährte ihm bis November 2005 Ausbildungsgeld in Höhe von 57 Euro,
danach in Höhe von 67 Euro monatlich. Kindergeld wurde an den Vater
gezahlt; sonstiges Einkommen oder Vermögen war nicht vorhanden. Seinen
Antrag vom 29.3.2005 auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung lehnte die Beklagte zunächst ab, weil sie den Kläger
für nicht voll erwerbsgemindert hielt (Bescheid vom 27.5.2005;
Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005); sie bewilligte jedoch Sozialhilfe
(Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 29.3. bis 30.11.2005 in Höhe
von insgesamt 262,26 Euro monatlich).
3
Im Klageverfahren hat die
Beklagte den Anspruch auf Grundsicherung dem Grunde nach anerkannt; der
Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Sie bewilligte
Grundsicherungsleistungen unter "Verrechnung" mit der für die Zeit von
März bis November 2005 in niedrigerer Höhe gezahlten Sozialhilfe in Höhe
von insgesamt 320,38 Euro, für Dezember 2005 in Höhe von 310,38 Euro
und für die Zeit von Januar bis November 2006 in Höhe von insgesamt
363,98 Euro monatlich unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von 265
Euro und eines Mehrbedarfs wegen des Merkzeichens "G" von monatlich
45,05 Euro (Bescheid vom 18.6.2007). Als Einkommen berücksichtigte sie
dabei Sachbezüge für kostenlose Mittagessen in der WfbM in Höhe von
19,80 Euro monatlich sowie für die Zeit von März bis November 2005 das
Ausbildungsgeld in Höhe von 57 Euro und für die restliche Zeit in Höhe
von 67 Euro monatlich - abzüglich Versicherungsbeiträge für eine
Unfallversicherung in Höhe von 5,20 Euro.
4
Das Sozialgericht (SG)
hat die Beklagte "verpflichtet, dem Kläger unter Änderung des Bescheids
vom 18. Juni 2007 für die Zeit vom 1. März 2005 bis 30. November 2006
Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung von
Ausbildungsgeld als Einkommen zu gewähren" (Gerichtsbescheid vom
24.10.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 20.3.2008). Zur Begründung seiner
Entscheidung hat es ausgeführt, bei dem Ausbildungsgeld nach § 107
Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) handele es
sich um eine zweckbestimmte Leistung im Sinne des § 83 Abs 1
Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Es solle die
Motivation des behinderten Menschen fördern und sei deshalb nicht als
Einkommen zu berücksichtigen. Im Übrigen widerspreche es Art 3
Grundgesetz (GG), zwischen einer Person im Arbeitsbereich, bei der das
in der WfbM erzielte, von der Anrechnung freigestellte Einkommen das
Ausbildungsgeld übersteige und einer Person im Ausbildungsbereich einer
WfbM zu unterscheiden; es dürfe nicht dem sozial Schwächeren das geringe
Einkommen genommen werden, während dem sozial Bessergestellten höheres
Einkommen verbleibe.
5
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine
Verletzung der §§ 82, 83 Abs 1 SGB XII. Sie ist der Ansicht, das
Ausbildungsgeld falle nicht unter die Ausnahmeregelung des § 83 Abs 1
SGB XII (zweckbestimmte Leistungen). Die vom LSG aus den §§ 104 bis 108
SGB III hergeleitete Zweckbestimmung des Ausbildungsgelds als
Arbeitstrainingsprämie bzw als Leistung zur Erhöhung frei verfügbarer
Mittel für den Leistungsberechtigten sei weder dem Gesetzestext zu
entnehmen noch mit Sinn und Zweck dieser Normen vereinbar; es diene
vielmehr dem Lebensunterhalt. Anders als das Arbeitsförderungsgeld
unterfalle das Ausbildungsgeld nicht der Ausnahmeregelung des § 82 Abs 2
SGB XII (nicht zu berücksichtigendes Einkommen).
6
Die Beklagte
beantragt, das Urteil des LSG und den Gerichtsbescheid des SG
aufzuheben, soweit diese nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung
betreffen.
7
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
8
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
9
Die
Revision ist unter Berücksichtigung der sich aus dem Tenor ergebenden
Maßgabe unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGG)). Die
Höhe der Mehrleistung, zu der die Beklagte verurteilt worden ist, war im
Sinne der Maßgabe klarzustellen; sie ergibt sich aus der Höhe des
jeweils monatlich gewährten Ausbildungsgelds - abzüglich des
Versicherungsbeitrags für eine Unfallversicherung. Insoweit haben SG und
LSG zu Unrecht im Tenor den Mehrbetrag nicht ausdrücklich aufgenommen;
dass sie die Beklagte jedoch zu konkreten Mehrbeträgen verurteilt haben,
ergibt sich bei sachgerechter Auslegung der Urteilsgründe.
10
Streitbefangen
ist (nur noch) der Bewilligungsbescheid vom 18.6.2007, der nach § 96
Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, soweit die
Beklagte darin über Regelsatzleistungen und Leistungen wegen Mehrbedarfs
entschieden hat. § 96 SGG ist vorliegend anwendbar, weil der Bescheid
vom 18.6.2007 den Ablehnungsbescheid der Beklagten von Mai 2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids von November 2005 (zur Maßgeblichkeit
dieses Zeitpunkts: Senatsurteil vom 17.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr
10) jedenfalls für den streitigen Zeitraum bis November 2005 ersetzt
hat. Die Rechtslage ist damit nicht der vergleichbar, bei der die
Leistung zunächst abgelehnt, für spätere Zeiträume (nach Erlass des
Widerspruchsbescheids) jedoch bewilligt worden ist (s dazu BSG SozR
4-3500 § 21 Nr 1 RdNr .
Über Kosten der Unterkunft und Heizung war nicht (mehr) zu befinden,
nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen
Verhandlung erklärt hat, diese seien nicht mehr im Streit. Da der Kläger
gegen das erstinstanzliche Urteil kein Rechtsmittel eingelegt hat, war
auch über einen Anspruch auf (noch) höhere Leistungen der Grundsicherung
nicht zu entscheiden.
11
Richtige Beklagte ist die
Landeshauptstadt Dresden. Landesrechtlich ist keine Beteiligtenfähigkeit
der Behörde (§ 70 Nr 3 SGG) bestimmt (vgl §§ 31 ff Sächsisches
Justizgesetz vom 24.11.2000 - Sächsisches Gesetz und Verordnungsblatt
(SächsGVBl) 482 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.12.2008 -
SächsGVBl 940). Die Beklagte ist als kreisfreie Stadt auch örtlicher
Träger der Sozialhilfe (§ 10 Sächsisches Gesetz zur Ausführung des
Sozialgesetzbuches (SächsAGSGB) vom 6.6.2002 - SächsGVBl 168 -, zuletzt
geändert durch Gesetz vom 12.12.2008 - SächsGVBl 866) und als solche für
die streitgegenständlichen Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung zuständig (§ 97 Abs 1 SGB XII); eine Zuständigkeit
des überörtlichen Trägers ist landesrechtlich nicht begründet worden (§
11 Abs 2 SächsAGSGB).
12
Gemäß § 41 Abs 1 Nr 2 SGB XII (in der
hier anzuwendenden Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des
Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022)
erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18.
Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen
Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs 2 des
Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB
VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle
Erwerbsminderung behoben werden kann, auf Antrag Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ob der Kläger voll
erwerbsgemindert ist und die Voraussetzungen für die Gewährung von
Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach erfüllt, ist auf Grund des vom
Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses (§ 101 Abs 2 SGG) nicht mehr zu
prüfen.
13
Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem
maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des
Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
vom 9.12.2004 - BGBl I 3305), dem Mehrbedarf nach § 42 Satz 1 Nr 3 iVm §
30 Abs 1 Nr 2 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung
des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und dem auf diesen Bedarf
anzurechnenden Einkommen (§ 43 Abs 1, § 19 Abs 2 iVm §§ 82 ff SGB XII).
Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1
Regelsatzverordnung hat der Kläger Anspruch auf 100 vH des
Eckregelsatzes. Nach § 1 Abs 1 der Verordnung der Sächsischen
Staatsregierung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB
XII vom 14.1.2005 (SächsGVBl 2) betrug der Eckregelsatz in der Zeit vom
1.1.2005 bis 31.12.2006 331 Euro.
14
Die Beklagte ist demgegenüber
zu Unrecht bei der Bedarfsberechnung für den Zeitraum vom 1.3.2005 bis
30.11.2006 von einem Bedarf in Höhe von 265 Euro monatlich (für
Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahrs an = 80 % des
Eckregelsatzes) ausgegangen; hieran hat sie (zu Unrecht) auch den
Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII bemessen. Bereits mit Urteil vom
19.5.2009 (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2) hat der Senat
entschieden, dass seit dem 1.1.2005, mit dem Inkrafttreten des SGB XII,
zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem Sozialgesetzbuch
Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und dem SGB
XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur anzunehmen sind
und damit ein abgesenkter Regelsatz von 80 % als Haushaltsangehöriger
nur gerechtfertigt ist, wenn die zusammenlebenden Personen bei
Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des SGB II oder eine
Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden (näher
dazu auch Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Dabei ist ohne
Bedeutung, ob die Eltern Leistungen nach dem SGB II beziehen und
hilfebedürftig sind, wie dies die Formulierung des § 7 Abs 3 SGB II
nahelegen könnte, weil diese immer von einem erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen - ggf über die Fiktion des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II -
ausgeht. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber die prozentualen
Regelsatzabschläge des § 20 SGB II nur bei den familiären
Konstellationen des § 7 Abs 3 SGB II unterstellt. Diese Voraussetzungen
liegen hier jedoch nicht vor.
15
Hieran ändert sich nichts
dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft
getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch
volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger -
in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688, S
13). Die Regelung gilt nicht rückwirkend. Dies belegt nicht zuletzt § 68
Abs 1 SGB II; danach ist ua § 7 SGB II weiterhin für
Bewilligungszeiträume anzuwenden, die - wie vorliegend - vor dem
1.7.2006 beginnen. Dieser Rechtsgedanke muss aus Harmonisierungsgründen
auch für den Leistungsanspruch des Klägers gelten; der Regelsatz ist
mithin nicht ab 1.7. bis 30.11.2006 auf 80 % des Eckregelsatzes
abzusenken. Es ist kein Grund ersichtlich, den Erwerbsunfähigen, der dem
SGB XII unterfällt, anders als den Erwerbsfähigen zu behandeln. Auf den
Zeitpunkt der Bewilligung - vorliegend den Zugang des Bescheids vom
18.6.2007 - kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 68 Abs 1 SGB II
nicht an (Link in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 68 RdNr
23; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 68 RdNr 6, Stand Juli 2006).
16
Auf
diesen Bedarf hat die Beklagte zu Unrecht Einkommen des Klägers
(Ausbildungsgeld und kostenloses Mittagessen) angerechnet. Das von der
BA nach §§ 104 Abs 1 Nr 3, 107 SGB III geleistete Ausbildungsgeld wird
ebenso wenig leistungsmindernd berücksichtigt wie das kostenlose
Mittagessen in der WfbM; sonstiges Einkommen ist nicht vorhanden, sodass
es auf mögliche Abzüge (Versicherungen) vom Einkommen nicht ankommt.
17
Zwar
handelt es sich bei dem Ausbildungsgeld um Einkünfte in Geld und damit
um Einkommen iS des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII (in der Fassung, die die
Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das
Sozialgesetzbuch erhalten hat). Es ist auch nicht als zweckbestimmte
Einnahme iS des § 83 SGB XII von der Einkommensanrechnung freigestellt;
denn eine Zweckbestimmung ist mit seiner Leistung nicht verbunden. Auf
die Frage von deren Ausdrücklichkeit kommt es damit nicht an. Eine
Zweckbestimmung lässt sich weder gesetzeshistorisch begründen, noch gibt
es sonstige Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber mit der Gewährung von
Ausbildungsgeld eine besondere Zwecksetzung verfolgt hätte. Insbesondere
ist nicht erkennbar, dass es sich bei dem Ausbildungsgeld nach der
Vorstellung des Gesetzgebers um eine Mehraufwandsentschädigung handeln
sollte (so aber: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.2.2009 - L 8/13
SO 7/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.2.2008 - L 23 SO
269/06); auch kann in einem "Taschengeldcharakter" des Ausbildungsgelds
(BSG SozR 3-2500 § 44 Nr
und einer damit beabsichtigten Stärkung der Motivation zur Aufnahme
oder Fortsetzung der Ausbildung (BSG SozR 3-4100 § 58 Nr 1) keine nach §
83 Abs 1 SGB XII relevante Zwecksetzung gesehen werden (s dazu näher
das Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Denn die Zwecksetzung
einer Leistung kann nur dann im Sinne des § 83 Abs 1 SGB XII beachtlich
sein, wenn mit der Leistung ein Bedarf gedeckt werden soll, der sich von
den durch die Leistungen der Sozialhilfe zu deckenden Bedarfen
unterscheidet. Nur dann soll dem Empfänger der Leistung diese
Bedarfsdeckung nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass er durch
Versagung von Sozialhilfe gezwungen wird, die andere Leistung ihrer
Zweckbestimmung zuwider zu verwenden (BVerwGE 69, 177 ff = Buchholz
436.0 § 77 BSHG Nr 7). Das Ausbildungsgeld soll keinen über den
Lebensunterhalt hinausgehenden Bedarf decken.
18
§ 82 Abs 3 Satz 1
SGB XII sieht jedoch bei der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung die Absetzung bestimmter Freibeträge vor (30 vH,
höchstens 50 vH des Eckregelsatzes); in begründeten Fällen kann nach Abs
3 Satz 3 dieser Vorschrift ein anderer als in Satz 1 (für das Einkommen
aus nichtselbständiger und selbständiger Tätigkeit) festgelegter Betrag
vom Einkommen abgesetzt werden. Um einen solchen "begründeten Fall"
handelt es sich - mit Rücksicht darauf, dass es wie Einkommen aus einer
nichtselbständigen Tätigkeit zu behandeln ist - bei dem dem Kläger
gewährten Ausbildungsgeld, selbst wenn es kein Einkommen aus einer
Tätigkeit im eigentlichen Sinn ist (näher dazu das Senatsurteil vom
23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Würde das Ausbildungsgeld auf den Bedarf
des Klägers angerechnet, stünde er sich insbesondere schlechter als ein
im Arbeitsbereich einer WfbM Beschäftigter, von dessen Arbeitsentgelt
das Arbeitsförderungsgeld (§ 43 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch -
Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX)) in Höhe von
26 Euro monatlich nach § 82 Abs 2 Nr 5 SGB XII von vornherein und
darüber hinaus nach Abs 3 Satz 2 der Vorschrift 25 vH des
Arbeitsentgelts abzusetzen sind. Das der Beklagten durch Satz 3 (" kann
") eingeräumte Ermessen ist vorliegend auf die eine richtige
Entscheidung der Nichtanrechnung des Ausbildungsgelds - mithin auf Null -
reduziert (s dazu näher das Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09
R).
19
Zu Unrecht hat die Beklagte zudem das dem Kläger kostenlos
zur Verfügung gestellte Mittagessen in der Werkstatt mit einem
monatlichen Betrag von 19,80 Euro auf die Leistungen angerechnet hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 11.12.2007 (BSGE 99,
252 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3) kommt eine bedarfsmindernde
Berücksichtigung von Zuwendungen nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII nur in
Betracht, wenn diese Leistungen von einem (anderen) Träger der
Sozialhilfe erbracht werden, was vorliegend nicht der Fall war. Im
Hinblick auf die Rechtslage im Rahmen des SGB II ist es aus
Harmonisierungsgründen - wie dort - auch nicht als Einkommen zu
berücksichtigen (s dazu Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Im
SGB II fehlte es bei einer dem SGB XII ähnlichen Rechtslage bis
31.12.2007 an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage (§ 31
Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I)); für die Zeit
ab 1.1.2008, für die die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie
zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim
Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) vom 17.12.2007 (BGBl I 2942)
dann eine genaue Regelung enthielt (§ 2 Abs 5 Alg II-V), wurden vom 14.
Senat des Bundessozialgerichts (BSG) jedoch deutliche Zweifel an der
Ermächtigungskonformität angemeldet (BSGE 101, 70 ff = SozR 4-4200 § 11
Nr 11; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 46/07 R). Unter Hinweis
hierauf (vgl die nichtamtliche Begründung, abgedruckt bei Hengelhaupt in
Hauck/Noftz, SGB II, K § 13 RdNr 259, Stand März 2010) wurde die VO
später - rückwirkend zum 1.1.2008 - wieder dahin geändert, dass die
Regelung des § 2 Abs 5 Alg II-V für kostenlos bereitgestellte
Verpflegung nur noch bei Einkommen aus nichtselbständiger und
selbständiger Arbeit sowie bei Wehr- und Ersatzzeiten Anwendung findet
(§ 1 Abs 1 Nr 11 Alg II-V). Keine dieser Varianten ist vorliegend
einschlägig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=133565&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Gruß Willi S
Das in der Werkstatt für
behinderte Menschen im Rahmen einer von der Bundesagentur für Arbeit
geförderten Maßnahme kostenlos zur Verfügung gestellte Mittagessen
mindert nicht den Sozialhilfeanspruch des behinderten Menschen
(Abgrenzung zu BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R = BSGE 99, 252 =
SozR 4-3500 § 28 Nr 3).
Anmerkung: Nach der Rechtsprechung des
BSG im Urteil vom 11.12.2007 (BSGE 99, 252 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3)
kommt eine bedarfsmindernde Berücksichtigung von Zuwendungen nach § 28
Abs 1 Satz 2 SGB XII nur in Betracht, wenn diese Leistungen von einem
(anderen) Träger der Sozialhilfe erbracht werden, was vorliegend nicht
der Fall war.
Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 23.03.2010 zur Sozialhilfe ( SGB XII)
BSG, Urteile vom 23.03.2010 - B 8 SO 15/08 R – und B 8 SO 17/09 R
1. Instanz Sozialgericht Dresden S 19 SO 294/05 24.10.2007
2. Instanz Sächsisches Landessozialgericht L 3 SO 25/07 20.03.2008
3. Instanz Bundessozialgericht B 8 SO 15/08 R 23.03.2010
Sachgebiet Sozialhilfe
Entscheidung
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen
Landessozialgerichts vom 20.3.2008, soweit dieses nicht die Kosten der
Unterkunft und Heizung betrifft, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.6.2007
verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 1.3. bis 30.11.2005 weitere
51,80 Euro monatlich und für die Zeit vom 1.12.2005 bis 30.11.2006
weitere 61,80 Euro monatlich zu zahlen. Die Beklagte hat dem Kläger auch
die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
1
Im
Streit sind (noch) höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung (51,80 Euro monatlich für die Zeit vom 1.3. bis
30.11.2005 und 61,80 Euro monatlich für die Zeit vom 1.12.2005 bis
30.11.2006) - die Kosten für Unterkunft und Heizung ausgenommen - als
310,05 Euro (265 Euro Regelsatz; 45,05 Euro Mehrbedarf).
2
Der am
11.1.1987 geborene Kläger lebt im Haushalt seiner Eltern. Seit September
2004 war er im Ausbildungs- und Trainingsbereich einer Werkstatt für
behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Bundesagentur für Arbeit (BA)
gewährte ihm bis November 2005 Ausbildungsgeld in Höhe von 57 Euro,
danach in Höhe von 67 Euro monatlich. Kindergeld wurde an den Vater
gezahlt; sonstiges Einkommen oder Vermögen war nicht vorhanden. Seinen
Antrag vom 29.3.2005 auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung lehnte die Beklagte zunächst ab, weil sie den Kläger
für nicht voll erwerbsgemindert hielt (Bescheid vom 27.5.2005;
Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005); sie bewilligte jedoch Sozialhilfe
(Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 29.3. bis 30.11.2005 in Höhe
von insgesamt 262,26 Euro monatlich).
3
Im Klageverfahren hat die
Beklagte den Anspruch auf Grundsicherung dem Grunde nach anerkannt; der
Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Sie bewilligte
Grundsicherungsleistungen unter "Verrechnung" mit der für die Zeit von
März bis November 2005 in niedrigerer Höhe gezahlten Sozialhilfe in Höhe
von insgesamt 320,38 Euro, für Dezember 2005 in Höhe von 310,38 Euro
und für die Zeit von Januar bis November 2006 in Höhe von insgesamt
363,98 Euro monatlich unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von 265
Euro und eines Mehrbedarfs wegen des Merkzeichens "G" von monatlich
45,05 Euro (Bescheid vom 18.6.2007). Als Einkommen berücksichtigte sie
dabei Sachbezüge für kostenlose Mittagessen in der WfbM in Höhe von
19,80 Euro monatlich sowie für die Zeit von März bis November 2005 das
Ausbildungsgeld in Höhe von 57 Euro und für die restliche Zeit in Höhe
von 67 Euro monatlich - abzüglich Versicherungsbeiträge für eine
Unfallversicherung in Höhe von 5,20 Euro.
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Das Sozialgericht (SG)
hat die Beklagte "verpflichtet, dem Kläger unter Änderung des Bescheids
vom 18. Juni 2007 für die Zeit vom 1. März 2005 bis 30. November 2006
Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung von
Ausbildungsgeld als Einkommen zu gewähren" (Gerichtsbescheid vom
24.10.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 20.3.2008). Zur Begründung seiner
Entscheidung hat es ausgeführt, bei dem Ausbildungsgeld nach § 107
Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) handele es
sich um eine zweckbestimmte Leistung im Sinne des § 83 Abs 1
Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Es solle die
Motivation des behinderten Menschen fördern und sei deshalb nicht als
Einkommen zu berücksichtigen. Im Übrigen widerspreche es Art 3
Grundgesetz (GG), zwischen einer Person im Arbeitsbereich, bei der das
in der WfbM erzielte, von der Anrechnung freigestellte Einkommen das
Ausbildungsgeld übersteige und einer Person im Ausbildungsbereich einer
WfbM zu unterscheiden; es dürfe nicht dem sozial Schwächeren das geringe
Einkommen genommen werden, während dem sozial Bessergestellten höheres
Einkommen verbleibe.
5
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine
Verletzung der §§ 82, 83 Abs 1 SGB XII. Sie ist der Ansicht, das
Ausbildungsgeld falle nicht unter die Ausnahmeregelung des § 83 Abs 1
SGB XII (zweckbestimmte Leistungen). Die vom LSG aus den §§ 104 bis 108
SGB III hergeleitete Zweckbestimmung des Ausbildungsgelds als
Arbeitstrainingsprämie bzw als Leistung zur Erhöhung frei verfügbarer
Mittel für den Leistungsberechtigten sei weder dem Gesetzestext zu
entnehmen noch mit Sinn und Zweck dieser Normen vereinbar; es diene
vielmehr dem Lebensunterhalt. Anders als das Arbeitsförderungsgeld
unterfalle das Ausbildungsgeld nicht der Ausnahmeregelung des § 82 Abs 2
SGB XII (nicht zu berücksichtigendes Einkommen).
6
Die Beklagte
beantragt, das Urteil des LSG und den Gerichtsbescheid des SG
aufzuheben, soweit diese nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung
betreffen.
7
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
8
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
9
Die
Revision ist unter Berücksichtigung der sich aus dem Tenor ergebenden
Maßgabe unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGG)). Die
Höhe der Mehrleistung, zu der die Beklagte verurteilt worden ist, war im
Sinne der Maßgabe klarzustellen; sie ergibt sich aus der Höhe des
jeweils monatlich gewährten Ausbildungsgelds - abzüglich des
Versicherungsbeitrags für eine Unfallversicherung. Insoweit haben SG und
LSG zu Unrecht im Tenor den Mehrbetrag nicht ausdrücklich aufgenommen;
dass sie die Beklagte jedoch zu konkreten Mehrbeträgen verurteilt haben,
ergibt sich bei sachgerechter Auslegung der Urteilsgründe.
10
Streitbefangen
ist (nur noch) der Bewilligungsbescheid vom 18.6.2007, der nach § 96
Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, soweit die
Beklagte darin über Regelsatzleistungen und Leistungen wegen Mehrbedarfs
entschieden hat. § 96 SGG ist vorliegend anwendbar, weil der Bescheid
vom 18.6.2007 den Ablehnungsbescheid der Beklagten von Mai 2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids von November 2005 (zur Maßgeblichkeit
dieses Zeitpunkts: Senatsurteil vom 17.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr
10) jedenfalls für den streitigen Zeitraum bis November 2005 ersetzt
hat. Die Rechtslage ist damit nicht der vergleichbar, bei der die
Leistung zunächst abgelehnt, für spätere Zeiträume (nach Erlass des
Widerspruchsbescheids) jedoch bewilligt worden ist (s dazu BSG SozR
4-3500 § 21 Nr 1 RdNr .
Über Kosten der Unterkunft und Heizung war nicht (mehr) zu befinden,
nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen
Verhandlung erklärt hat, diese seien nicht mehr im Streit. Da der Kläger
gegen das erstinstanzliche Urteil kein Rechtsmittel eingelegt hat, war
auch über einen Anspruch auf (noch) höhere Leistungen der Grundsicherung
nicht zu entscheiden.
11
Richtige Beklagte ist die
Landeshauptstadt Dresden. Landesrechtlich ist keine Beteiligtenfähigkeit
der Behörde (§ 70 Nr 3 SGG) bestimmt (vgl §§ 31 ff Sächsisches
Justizgesetz vom 24.11.2000 - Sächsisches Gesetz und Verordnungsblatt
(SächsGVBl) 482 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.12.2008 -
SächsGVBl 940). Die Beklagte ist als kreisfreie Stadt auch örtlicher
Träger der Sozialhilfe (§ 10 Sächsisches Gesetz zur Ausführung des
Sozialgesetzbuches (SächsAGSGB) vom 6.6.2002 - SächsGVBl 168 -, zuletzt
geändert durch Gesetz vom 12.12.2008 - SächsGVBl 866) und als solche für
die streitgegenständlichen Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung zuständig (§ 97 Abs 1 SGB XII); eine Zuständigkeit
des überörtlichen Trägers ist landesrechtlich nicht begründet worden (§
11 Abs 2 SächsAGSGB).
12
Gemäß § 41 Abs 1 Nr 2 SGB XII (in der
hier anzuwendenden Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des
Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022)
erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18.
Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen
Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs 2 des
Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB
VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle
Erwerbsminderung behoben werden kann, auf Antrag Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ob der Kläger voll
erwerbsgemindert ist und die Voraussetzungen für die Gewährung von
Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach erfüllt, ist auf Grund des vom
Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses (§ 101 Abs 2 SGG) nicht mehr zu
prüfen.
13
Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem
maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des
Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
vom 9.12.2004 - BGBl I 3305), dem Mehrbedarf nach § 42 Satz 1 Nr 3 iVm §
30 Abs 1 Nr 2 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung
des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und dem auf diesen Bedarf
anzurechnenden Einkommen (§ 43 Abs 1, § 19 Abs 2 iVm §§ 82 ff SGB XII).
Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1
Regelsatzverordnung hat der Kläger Anspruch auf 100 vH des
Eckregelsatzes. Nach § 1 Abs 1 der Verordnung der Sächsischen
Staatsregierung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB
XII vom 14.1.2005 (SächsGVBl 2) betrug der Eckregelsatz in der Zeit vom
1.1.2005 bis 31.12.2006 331 Euro.
14
Die Beklagte ist demgegenüber
zu Unrecht bei der Bedarfsberechnung für den Zeitraum vom 1.3.2005 bis
30.11.2006 von einem Bedarf in Höhe von 265 Euro monatlich (für
Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahrs an = 80 % des
Eckregelsatzes) ausgegangen; hieran hat sie (zu Unrecht) auch den
Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII bemessen. Bereits mit Urteil vom
19.5.2009 (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2) hat der Senat
entschieden, dass seit dem 1.1.2005, mit dem Inkrafttreten des SGB XII,
zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem Sozialgesetzbuch
Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und dem SGB
XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur anzunehmen sind
und damit ein abgesenkter Regelsatz von 80 % als Haushaltsangehöriger
nur gerechtfertigt ist, wenn die zusammenlebenden Personen bei
Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des SGB II oder eine
Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden (näher
dazu auch Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Dabei ist ohne
Bedeutung, ob die Eltern Leistungen nach dem SGB II beziehen und
hilfebedürftig sind, wie dies die Formulierung des § 7 Abs 3 SGB II
nahelegen könnte, weil diese immer von einem erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen - ggf über die Fiktion des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II -
ausgeht. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber die prozentualen
Regelsatzabschläge des § 20 SGB II nur bei den familiären
Konstellationen des § 7 Abs 3 SGB II unterstellt. Diese Voraussetzungen
liegen hier jedoch nicht vor.
15
Hieran ändert sich nichts
dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft
getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch
volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger -
in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688, S
13). Die Regelung gilt nicht rückwirkend. Dies belegt nicht zuletzt § 68
Abs 1 SGB II; danach ist ua § 7 SGB II weiterhin für
Bewilligungszeiträume anzuwenden, die - wie vorliegend - vor dem
1.7.2006 beginnen. Dieser Rechtsgedanke muss aus Harmonisierungsgründen
auch für den Leistungsanspruch des Klägers gelten; der Regelsatz ist
mithin nicht ab 1.7. bis 30.11.2006 auf 80 % des Eckregelsatzes
abzusenken. Es ist kein Grund ersichtlich, den Erwerbsunfähigen, der dem
SGB XII unterfällt, anders als den Erwerbsfähigen zu behandeln. Auf den
Zeitpunkt der Bewilligung - vorliegend den Zugang des Bescheids vom
18.6.2007 - kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 68 Abs 1 SGB II
nicht an (Link in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 68 RdNr
23; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 68 RdNr 6, Stand Juli 2006).
16
Auf
diesen Bedarf hat die Beklagte zu Unrecht Einkommen des Klägers
(Ausbildungsgeld und kostenloses Mittagessen) angerechnet. Das von der
BA nach §§ 104 Abs 1 Nr 3, 107 SGB III geleistete Ausbildungsgeld wird
ebenso wenig leistungsmindernd berücksichtigt wie das kostenlose
Mittagessen in der WfbM; sonstiges Einkommen ist nicht vorhanden, sodass
es auf mögliche Abzüge (Versicherungen) vom Einkommen nicht ankommt.
17
Zwar
handelt es sich bei dem Ausbildungsgeld um Einkünfte in Geld und damit
um Einkommen iS des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII (in der Fassung, die die
Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das
Sozialgesetzbuch erhalten hat). Es ist auch nicht als zweckbestimmte
Einnahme iS des § 83 SGB XII von der Einkommensanrechnung freigestellt;
denn eine Zweckbestimmung ist mit seiner Leistung nicht verbunden. Auf
die Frage von deren Ausdrücklichkeit kommt es damit nicht an. Eine
Zweckbestimmung lässt sich weder gesetzeshistorisch begründen, noch gibt
es sonstige Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber mit der Gewährung von
Ausbildungsgeld eine besondere Zwecksetzung verfolgt hätte. Insbesondere
ist nicht erkennbar, dass es sich bei dem Ausbildungsgeld nach der
Vorstellung des Gesetzgebers um eine Mehraufwandsentschädigung handeln
sollte (so aber: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.2.2009 - L 8/13
SO 7/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.2.2008 - L 23 SO
269/06); auch kann in einem "Taschengeldcharakter" des Ausbildungsgelds
(BSG SozR 3-2500 § 44 Nr
und einer damit beabsichtigten Stärkung der Motivation zur Aufnahme
oder Fortsetzung der Ausbildung (BSG SozR 3-4100 § 58 Nr 1) keine nach §
83 Abs 1 SGB XII relevante Zwecksetzung gesehen werden (s dazu näher
das Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Denn die Zwecksetzung
einer Leistung kann nur dann im Sinne des § 83 Abs 1 SGB XII beachtlich
sein, wenn mit der Leistung ein Bedarf gedeckt werden soll, der sich von
den durch die Leistungen der Sozialhilfe zu deckenden Bedarfen
unterscheidet. Nur dann soll dem Empfänger der Leistung diese
Bedarfsdeckung nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass er durch
Versagung von Sozialhilfe gezwungen wird, die andere Leistung ihrer
Zweckbestimmung zuwider zu verwenden (BVerwGE 69, 177 ff = Buchholz
436.0 § 77 BSHG Nr 7). Das Ausbildungsgeld soll keinen über den
Lebensunterhalt hinausgehenden Bedarf decken.
18
§ 82 Abs 3 Satz 1
SGB XII sieht jedoch bei der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung die Absetzung bestimmter Freibeträge vor (30 vH,
höchstens 50 vH des Eckregelsatzes); in begründeten Fällen kann nach Abs
3 Satz 3 dieser Vorschrift ein anderer als in Satz 1 (für das Einkommen
aus nichtselbständiger und selbständiger Tätigkeit) festgelegter Betrag
vom Einkommen abgesetzt werden. Um einen solchen "begründeten Fall"
handelt es sich - mit Rücksicht darauf, dass es wie Einkommen aus einer
nichtselbständigen Tätigkeit zu behandeln ist - bei dem dem Kläger
gewährten Ausbildungsgeld, selbst wenn es kein Einkommen aus einer
Tätigkeit im eigentlichen Sinn ist (näher dazu das Senatsurteil vom
23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Würde das Ausbildungsgeld auf den Bedarf
des Klägers angerechnet, stünde er sich insbesondere schlechter als ein
im Arbeitsbereich einer WfbM Beschäftigter, von dessen Arbeitsentgelt
das Arbeitsförderungsgeld (§ 43 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch -
Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX)) in Höhe von
26 Euro monatlich nach § 82 Abs 2 Nr 5 SGB XII von vornherein und
darüber hinaus nach Abs 3 Satz 2 der Vorschrift 25 vH des
Arbeitsentgelts abzusetzen sind. Das der Beklagten durch Satz 3 (" kann
") eingeräumte Ermessen ist vorliegend auf die eine richtige
Entscheidung der Nichtanrechnung des Ausbildungsgelds - mithin auf Null -
reduziert (s dazu näher das Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09
R).
19
Zu Unrecht hat die Beklagte zudem das dem Kläger kostenlos
zur Verfügung gestellte Mittagessen in der Werkstatt mit einem
monatlichen Betrag von 19,80 Euro auf die Leistungen angerechnet hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 11.12.2007 (BSGE 99,
252 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3) kommt eine bedarfsmindernde
Berücksichtigung von Zuwendungen nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII nur in
Betracht, wenn diese Leistungen von einem (anderen) Träger der
Sozialhilfe erbracht werden, was vorliegend nicht der Fall war. Im
Hinblick auf die Rechtslage im Rahmen des SGB II ist es aus
Harmonisierungsgründen - wie dort - auch nicht als Einkommen zu
berücksichtigen (s dazu Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R). Im
SGB II fehlte es bei einer dem SGB XII ähnlichen Rechtslage bis
31.12.2007 an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage (§ 31
Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I)); für die Zeit
ab 1.1.2008, für die die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie
zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim
Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) vom 17.12.2007 (BGBl I 2942)
dann eine genaue Regelung enthielt (§ 2 Abs 5 Alg II-V), wurden vom 14.
Senat des Bundessozialgerichts (BSG) jedoch deutliche Zweifel an der
Ermächtigungskonformität angemeldet (BSGE 101, 70 ff = SozR 4-4200 § 11
Nr 11; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 46/07 R). Unter Hinweis
hierauf (vgl die nichtamtliche Begründung, abgedruckt bei Hengelhaupt in
Hauck/Noftz, SGB II, K § 13 RdNr 259, Stand März 2010) wurde die VO
später - rückwirkend zum 1.1.2008 - wieder dahin geändert, dass die
Regelung des § 2 Abs 5 Alg II-V für kostenlos bereitgestellte
Verpflegung nur noch bei Einkommen aus nichtselbständiger und
selbständiger Arbeit sowie bei Wehr- und Ersatzzeiten Anwendung findet
(§ 1 Abs 1 Nr 11 Alg II-V). Keine dieser Varianten ist vorliegend
einschlägig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=133565&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Gruß Willi S
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