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BSG - Mietvertrag mündlich unter Verwandten gültig BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 7.5.2009, B 14 AS 31/07 R
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BSG - Mietvertrag mündlich unter Verwandten gültig BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 7.5.2009, B 14 AS 31/07 R
Arbeitslosengeld
II - Unterkunft und Heizung - mündlicher Untermietvertrag unter
Verwandten - rechtlicher Bindungswille - keine Anwendung des
Fremdvergleichs - Heizungskosten - einmalige Kosten für Heizmaterial -
Angemessenheit
Leitsätze
Mündlich
abgeschlossene Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von
Wohnraum können Rechtsgrundlage dafür sein, dass der
Grundsicherungsträger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung zu übernehmen hat, wenn ein entsprechender rechtlicher
Bindungswille der Vertragsparteien besteht.
Tatbestand
1
Streitig
ist die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung an den
Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005.
2
Der
1969 geborene, ledige Kläger bewohnt eine Einliegerwohnung im Haus
seiner Eltern. Dazu gab er in seinem Antrag auf Gewährung von Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom 5. Oktober 2004
unter anderem an, als Kosten der Unterkunft fielen eine Miete in Höhe
von 200 Euro monatlich sowie 30 Euro für Wasser/Abwasser und 10 bis 15
Euro für sonstige Nebenkosten (Putzmittel, Verschiedenes) an; als
Heizkosten zahle er ca 100 Euro jährlich für Holz sowie eine
Heizkostenpauschale in Höhe von 80 Euro monatlich, daneben für Strom 60
Euro monatlich. Er legte ein als Mietvertrag überschriebenes, von ihm
und seinem Vater unterzeichnetes Schreiben ohne Datum über eine
UG-Wohnung, 47 qm, mit einer monatlichen Gesamtmiete in Höhe von 310
Euro zuzüglich 50 Euro Stromabschlag vor. Für den Bewilligungsabschnitt
vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 bewilligte die Beklagte
Leistungen nach dem SGB II, dabei jedoch keine Leistungen für Kosten der
Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 10. Dezember 2004). Diesen
Bescheid sandte die Beklagte dem Kläger am 7. April 2005 nochmals zu,
nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, den Bescheid nicht erhalten zu
haben, und teilte ergänzend mit, dass die Miete bei Mietverträgen unter
Verwandten nicht anerkannt werden könne.
3
Am 14. April 2005
sprach der Kläger bei der Beklagten vor und erklärte, er müsse
tatsächlich Miete und Nebenkosten zahlen und bitte um Übernahme der
Kosten. Belege werde er noch nachreichen. Zugleich beantragte er
Leistungen für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Mai 2005 und gab dazu
an, es hätten sich keine Änderungen in den Verhältnissen ergeben. Die
Beklagte bewilligte für den Bewilligungszeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum
31. Oktober 2005 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eine
Regelleistung in Höhe von 345 Euro monatlich; Leistungen für Unterkunft
und Heizung lehnte sie ab (Bescheid vom 18. April 2005;
Widerspruchsbescheid vom 9. August 2005).
4
Mit seiner
hiergegen zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der
Kläger geltend gemacht, er habe an seine Eltern eine Miete in Höhe von
200 Euro monatlich, Nebenkosten in Höhe von 110 Euro monatlich und
Stromkosten in Höhe von 50 Euro monatlich zu zahlen. Da er diesen Betrag
allein aus der Regelleistung nicht aufbringen könne, zahle er derzeit
220 Euro monatlich. Dazu legte er Kopien über Überweisungsbelege vom 6.
Oktober 2005 und vom 7. November 2005 vor. Einen schriftlichen
Mietvertrag gebe es nicht; das Mietverhältnis sei mit den Eltern
mündlich vereinbart worden. Die Unterkunft werde von ihm tatsächlich
genutzt und die Aufwendungen für die Mietwohnung tatsächlich erbracht,
was für den Anspruch auf Kosten der Unterkunft ausreiche. Die Klage
blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 3. April 2006).
5
Mit
seiner Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat der
Kläger ergänzend ausgeführt, er bewohne die separate Einliegerwohnung
im Haus seiner Eltern seit Mitte der 90er Jahre und zahle seither Miete.
Eine entsprechende Bestätigung der Eltern liege vor. Seine im Vergleich
zu seinen Eltern abweichenden Angaben zu den Nebenkosten könnten nicht
dazu führen, dass überhaupt keine Kosten für Unterkunft und Heizung
bewilligt würden. Dass er derzeit lediglich 220 Euro monatlich zahle,
liege ausschließlich daran, dass er mit dem bewilligten Regelsatz die
gesamten Unterkunftskosten nicht habe zahlen können. Da sein Konto
gepfändet gewesen sei, habe er keinen Dauerauftrag zu Gunsten seiner
Eltern einrichten können und daher keine Belege für Überweisungen.
6
Das
LSG hat die Berufung mit Urteil vom 13. Juli 2007 zurückgewiesen. Für
die Bewertung der Frage, ob Wohnungskosten iS des § 22 Abs 1 SGB II zu
übernehmen seien, sei der tatsächlich abgeschlossene Mietvertrag
entscheidend. Dabei seien in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) Verträge zwischen Angehörigen der
Leistungsgewährung nur dann zu Grunde zu legen, wenn sie zum einen
bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen seien und darüber hinaus sowohl
die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen
Fremden Üblichen entspreche (sog Fremdvergleich). Dies setze zumindest
voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen
einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichteten
Miete klar und eindeutig vereinbart worden seien und entsprechend dem
Vereinbarten durchgeführt würden (Hinweis auf BFH Urteil vom 19. Oktober
1999 - IX R 39/99 - BFHE 190, 173 = NJW 2000, 758).
7
Diese
Kriterien seien vorliegend nicht erfüllt, sodass die vom Kläger
behaupteten Vereinbarungen mit seinen Eltern als Scheingeschäft iS des §
117 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu werten seien. Die vom Kläger
im Verwaltungsverfahren vorgelegten, als Mietvertrag bezeichneten
Schreiben würden einem Fremdvergleich in keiner Weise gerecht. Sie
enthielten kein Datum des Abschlusses und keinen Beginn des
Mietverhältnisses. Die überlassenen Mieträume seien nicht bestimmt
bezeichnet. Eine genaue Bezeichnung der überlassenen Mieträume sei aber
unverzichtbar, denn der Kläger habe im Berufungsverfahren den Grundriss
des Erdgeschosses im Haus seiner Eltern vorgelegt und die ihm
überlassenen Wohnräume mit gelber Farbe umrandet. Eine Berechnung der
Wohnfläche anhand der in der Grundriss-Zeichnung enthaltenen Abmessungen
ergebe aber eine Wohnungsgröße von ca 83 qm. Es bleibe offen, wann der
Mietzins zur Zahlung fällig sei. Zudem falle auf, dass die zum Beleg
eines Mietvertrages vorgelegten und als Mietvertrag bezeichneten
Schreiben einen unterschiedlichen Inhalt hätten, weshalb sich der
Eindruck aufdränge, dass sie - nur - im Hinblick auf die Anträge auf
Leistungen nach dem SGB II und die Forderung der Beklagten, ein
Mietverhältnis zu belegen, gefertigt worden seien. Mit dem Vorbringen
des Klägers im Widerspruchsverfahren, es sei ihm momentan nicht bekannt,
ob ein schriftlicher Mietvertrag existiere, habe er zu erkennen
gegeben, dass er sich durch die vorgelegten als Mietvertrag bezeichneten
Schreiben schuldrechtlich nicht verpflichtet fühle. Mit dem Vortrag im
Klageverfahren, ein Mietvertrag sei nur mündlich, nicht aber schriftlich
abgeschlossen worden, entziehe der Kläger (ebenso wie sein Vater bzw
seine Eltern) das Vorliegen und den schuldrechtlichen Inhalt eines
angeblichen Mietverhältnisses einer objektiven Nachprüfbarkeit, weshalb
ihm nach den Grundsätzen zum Fremdvergleich kein Anspruch auf Leistungen
für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zuerkannt werden
könne.
8
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene
Revision des Klägers. Er rügt einen Verstoß gegen § 22 Abs 1 Satz 1 SGB
II. Danach bestehe Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und
Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Weder dem Wortlaut nach
noch nach der Gesetzesbegründung seien nur solche Wohnkosten erfasst,
die auf einem wirksam geschlossenen bürgerlich-rechtlichen Vertrag
beruhten, der dem sog Fremdvergleich standhalte. Die Anwendung dieser
für das Steuerrecht aufgestellten Kriterien könnten im Bereich des § 22
SGB II keine Anwendung finden. Es sei ausschließlich zu fordern, dass
der Hilfebedürftige die nach dem Mietvertrag für den bestimmungsgemäßen
Gebrauch der Mietsache geschuldeten Aufwendungen auch tatsächlich
erbringe. Ein mündlicher Mietvertrag sei bereits vor Beginn des
Leistungsbezuges nach dem SGB II geschlossen worden. Die Ansicht des LSG
führe dazu, dass sämtliche mündlich abgeschlossenen Verträge zwischen
Familienangehörigen als Scheingeschäfte des § 117 BGB angesehen werden
müssten. Dies widerspreche dem Zivilrecht. Durch Vorlage von
Überweisungsträgern habe er die tatsächliche Zahlung von Miete teilweise
nachgewiesen; durch Vorlage der Bestätigung der Eltern habe er die Höhe
der Miete und die Nebenkosten belegen können.
9
Der Kläger beantragt,
das
Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Juli 2007 und
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. April 2006
sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005
Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 360 Euro monatlich zu
gewähren.
10
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
11
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
12
Die
zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der
Entscheidung und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat
vermag nach den Feststellungen des LSG nicht abschließend zu
entscheiden, inwieweit der Kläger überhaupt erwerbsfähiger
Hilfebedürftiger ist und ob ihm tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung entstanden sind, was Voraussetzung für einen Anspruch auf
Leistungen für Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II im streitigen
Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 gewesen wäre.
13
1.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 18. April
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005. Mit
diesem Bescheid hat die Beklagte über die Leistungen des Klägers zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt entschieden und
dabei für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 einen
Anspruch auf Regelleistung in Höhe von 345 Euro zuerkannt und einen
Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizkosten abgelehnt. Der
Kläger hat sein Begehren ausdrücklich auf die Gewährung von Kosten für
Unterkunft und Heizung beschränkt; nur hierüber hat auch das LSG
befunden. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist zulässig. Bei
der Festsetzung der Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten handelt
es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, über die das
Gericht bei entsprechendem Antrag isoliert entscheiden kann (vgl nur
BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).
14
2.
Nach § 7 Abs 1 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954)
erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr
vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2.
erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Auf Grund der
tatsächlichen Feststellungen des LSG kann bereits nicht überprüft
werden, inwieweit der Kläger überhaupt erwerbsfähiger Hilfebedürftiger
iS des § 7 SGB II ist. Es fehlt an Feststellungen zu den
Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 7 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB II. Diese wird
das LSG nachzuholen haben.
15
3. Auf Grund der
Feststellungen des LSG kann ferner nicht entschieden werden, ob und in
welcher Höhe dem Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung entstanden sind, was Voraussetzung für einen
Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1
Satz 1 SGB II ist. Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein solcher
Anspruch nicht schon unter Berücksichtigung des sog Fremdvergleichs aus.
16
Gemäß
§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II (ebenfalls idF von Art 1 des Vierten Gesetzes
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) werden Leistungen für
Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht,
soweit sie angemessen sind. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich
eindeutig, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu
übernehmen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und
für deren Deckung ein Bedarf besteht. Dies werden in erster Linie
Kosten sein, die durch Mietvertrag entstanden sind, wie sie der Kläger
vorliegend auch geltend macht. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine
Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige
die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt.
Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen
Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten
Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS
37/08 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, juris RdNr 24).
Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung
der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für
die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen
und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Der
Hilfebedürftige wird - solange er im Leistungsbezug steht - zumeist auf
die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger
angewiesen sein. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame
Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist - wovon auch
das LSG ausgegangen ist - in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der
geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (vgl Berlit in
LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19) .
17
Ob der Kläger
überhaupt einer ernsthaften Mietzinsforderung (und ggf in welcher Höhe)
ausgesetzt war, steht bislang nicht fest. Das LSG hat schon deshalb
einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung verneint, weil
der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, einen schriftlichen
Mietvertrag vorzulegen, aus dem die angeblich mit den Eltern
vereinbarten Einzelheiten ausreichend klar hervorgingen. Die vorgelegten
Bestätigungen der Eltern hat es nur unter dem Gesichtspunkt gewürdigt,
dass sie nicht die Anforderungen an einen schriftlich abgeschlossenen
Mietvertrag erfüllen. Weitergehende Ermittlungen dazu, was zwischen dem
Kläger und seinen Eltern tatsächlich vereinbart gewesen ist, hat es
unterlassen, weil die Vertragsparteien durch fehlende Schriftform den
Inhalt des Vertrages einer objektiven Überprüfbarkeit entzogen hätten.
18
Dies
hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Ermittlungen zum
mietvertraglich Vereinbarten erübrigen sich nicht schon bei fehlender
Schriftform eines Vertrages oder dessen mangelhafter Ausgestaltung. Ein
Mietvertrag über Wohnraum kann wie grundsätzlich alle schuldrechtlichen
Verträge wirksam formfrei abgeschlossen werden (zu den Folgen bei einem
nicht in schriftlicher Form abgeschlossenen Vertrag vgl § 550 BGB),
sodass auch aus mündlich abgeschlossenen Vereinbarungen Kosten für eine
Unterkunft entstehen können, die einen entsprechenden Bedarf des
Hilfebedürftigen begründen. Entscheidend ist der entsprechende
rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein
Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige
"Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist, oder wenn der Mieter lediglich die
Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat (vgl nur Blank in
Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl 2007, Vor § 535 BGB RdNr . Die
Umstände des behaupteten Mietverhältnisses wird das LSG im Einzelnen zu
ermitteln und zu würdigen haben.
19
Weitere Ermittlungen
erübrigen sich entgegen der Ansicht des LSG auch nicht durch einen sog
Fremdvergleich. Das LSG ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
BFH (insbesondere Urteil vom 19. Oktober 1999 - IX R 39/99 = BFHE 190,
173, 174) davon ausgegangen, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen
tatsächliche Aufwendungen im Rahmen eines Mietverhältnisses nur dann
begründen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem
zwischen Fremden Üblichen entsprechen und, soweit sie inhaltlich diesem
Fremdvergleich standhalten, auch dem Vertragsinhalt gemäß vollzogen
werden.
20
Dem folgt der erkennende Senat, wie bereits der
4. Senat in seinem Urteil vom 3. März 2009 (B 4 AS 37/08 R, zur
Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), nicht. Dabei kann dahinstehen,
ob das LSG in seiner bisherigen Rechtsprechung, auf die es im
angefochtenen Urteil Bezug genommen hat, die Kriterien des BFH zum
Fremdvergleich zutreffend angewandt hat (vgl dazu zuletzt BFH Urteil vom
31. Juli 2007 - IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350 mwN). Die fehlende
Schriftform des Mietvertrages ist jedenfalls auch nach der
Rechtsprechung des BFH wegen der Formfreiheit eines Mietvertrages nach
dem BGB nicht in den Fremdvergleich mit einzubeziehen (BFH Urteile vom
19. Oktober 1999 - IX R 80/97, BFH/NV 2000, 429 und vom 10. Mai 2006 -
IX R 35/05, BFH/NV 2006, 1648). Die Heranziehung der vom BFH
entwickelten Kriterien des Fremdvergleiches auf das SGB II scheidet
ohnehin aus. Während es beim Fremdvergleich im Steuerrecht darum geht,
ob die streitigen Aufwendungen des Vermieters in einem sachlichen
Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen oder dem steuerlich
nicht relevanten, privaten Bereich zugehörig sind, geht es im
Grundsicherungsrecht darum, ob ein existenzieller Bedarf vorhanden ist,
der durch Leistungen für Unterkunft gedeckt werden muss. Andere Mittel
oder beispielsweise Hilfen von Angehörigen in Form verbilligter
Wohnraumüberlassung sind im SGB II zur Bedarfssenkung und damit
zumindest zur Minderung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen (vgl § 3 Abs 3
Satz 1 SGB II). Grundsicherungsrechtlich ist es mithin sogar erwünscht,
wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen
Verbundenheit niedriger ist, als dieses in einem Mietverhältnis unter
Fremden der Fall wäre. Erscheinen die geltend gemachten Kosten zu hoch,
wird einem Missbrauch dadurch vorgebeugt, dass nach § 22 Abs 1 SGB II
nur "angemessene" Kosten zu übernehmen sind. Bei der Gesamtwürdigung der
Umstände kann allerdings auch im Falle der Grundsicherung der vom BFH
in seiner Rechtsprechung zum Fremdvergleich herangezogene Gesichtspunkt
eine Rolle spielen, dass für die Auslegung der Vereinbarungen die
spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug
des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden kann (vgl BFH Urteil vom 31.
Juli 2007 - IX R 8/07 - BFH/NV 2008, 350 = juris RdNr 21).
Feststellungen hierzu fehlen allerdings im Urteil des LSG.
21
Hinsichtlich
der Kosten für Heizung wird zu überprüfen sein, ob unabhängig von
mietvertraglichen Nebenabreden dem Kläger durch Ankauf von Brennmaterial
Kosten entstanden sind, wie er es bei seinem ersten Antrag angegeben
hat (dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4). Für eine Pflicht zur Übernahme der
geltend gemachten Stromkosten wäre Voraussetzung, dass sie für die
Heizung der Wohnung aufzubringen waren, wofür bislang kein Anhalt
besteht. Kosten der Warmwasserbereitung sind ggf von den Aufwendungen
für Heizung abzusetzen (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Das LSG
wird schließlich (unter Beachtung der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB
II) ggf zu überprüfen haben, ob wirksam vereinbarte und
berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen
sind.
22
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11182
Gruß Willi S
II - Unterkunft und Heizung - mündlicher Untermietvertrag unter
Verwandten - rechtlicher Bindungswille - keine Anwendung des
Fremdvergleichs - Heizungskosten - einmalige Kosten für Heizmaterial -
Angemessenheit
Leitsätze
Mündlich
abgeschlossene Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von
Wohnraum können Rechtsgrundlage dafür sein, dass der
Grundsicherungsträger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung zu übernehmen hat, wenn ein entsprechender rechtlicher
Bindungswille der Vertragsparteien besteht.
Tatbestand
1
Streitig
ist die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung an den
Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005.
2
Der
1969 geborene, ledige Kläger bewohnt eine Einliegerwohnung im Haus
seiner Eltern. Dazu gab er in seinem Antrag auf Gewährung von Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom 5. Oktober 2004
unter anderem an, als Kosten der Unterkunft fielen eine Miete in Höhe
von 200 Euro monatlich sowie 30 Euro für Wasser/Abwasser und 10 bis 15
Euro für sonstige Nebenkosten (Putzmittel, Verschiedenes) an; als
Heizkosten zahle er ca 100 Euro jährlich für Holz sowie eine
Heizkostenpauschale in Höhe von 80 Euro monatlich, daneben für Strom 60
Euro monatlich. Er legte ein als Mietvertrag überschriebenes, von ihm
und seinem Vater unterzeichnetes Schreiben ohne Datum über eine
UG-Wohnung, 47 qm, mit einer monatlichen Gesamtmiete in Höhe von 310
Euro zuzüglich 50 Euro Stromabschlag vor. Für den Bewilligungsabschnitt
vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 bewilligte die Beklagte
Leistungen nach dem SGB II, dabei jedoch keine Leistungen für Kosten der
Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 10. Dezember 2004). Diesen
Bescheid sandte die Beklagte dem Kläger am 7. April 2005 nochmals zu,
nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, den Bescheid nicht erhalten zu
haben, und teilte ergänzend mit, dass die Miete bei Mietverträgen unter
Verwandten nicht anerkannt werden könne.
3
Am 14. April 2005
sprach der Kläger bei der Beklagten vor und erklärte, er müsse
tatsächlich Miete und Nebenkosten zahlen und bitte um Übernahme der
Kosten. Belege werde er noch nachreichen. Zugleich beantragte er
Leistungen für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Mai 2005 und gab dazu
an, es hätten sich keine Änderungen in den Verhältnissen ergeben. Die
Beklagte bewilligte für den Bewilligungszeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum
31. Oktober 2005 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eine
Regelleistung in Höhe von 345 Euro monatlich; Leistungen für Unterkunft
und Heizung lehnte sie ab (Bescheid vom 18. April 2005;
Widerspruchsbescheid vom 9. August 2005).
4
Mit seiner
hiergegen zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der
Kläger geltend gemacht, er habe an seine Eltern eine Miete in Höhe von
200 Euro monatlich, Nebenkosten in Höhe von 110 Euro monatlich und
Stromkosten in Höhe von 50 Euro monatlich zu zahlen. Da er diesen Betrag
allein aus der Regelleistung nicht aufbringen könne, zahle er derzeit
220 Euro monatlich. Dazu legte er Kopien über Überweisungsbelege vom 6.
Oktober 2005 und vom 7. November 2005 vor. Einen schriftlichen
Mietvertrag gebe es nicht; das Mietverhältnis sei mit den Eltern
mündlich vereinbart worden. Die Unterkunft werde von ihm tatsächlich
genutzt und die Aufwendungen für die Mietwohnung tatsächlich erbracht,
was für den Anspruch auf Kosten der Unterkunft ausreiche. Die Klage
blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 3. April 2006).
5
Mit
seiner Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat der
Kläger ergänzend ausgeführt, er bewohne die separate Einliegerwohnung
im Haus seiner Eltern seit Mitte der 90er Jahre und zahle seither Miete.
Eine entsprechende Bestätigung der Eltern liege vor. Seine im Vergleich
zu seinen Eltern abweichenden Angaben zu den Nebenkosten könnten nicht
dazu führen, dass überhaupt keine Kosten für Unterkunft und Heizung
bewilligt würden. Dass er derzeit lediglich 220 Euro monatlich zahle,
liege ausschließlich daran, dass er mit dem bewilligten Regelsatz die
gesamten Unterkunftskosten nicht habe zahlen können. Da sein Konto
gepfändet gewesen sei, habe er keinen Dauerauftrag zu Gunsten seiner
Eltern einrichten können und daher keine Belege für Überweisungen.
6
Das
LSG hat die Berufung mit Urteil vom 13. Juli 2007 zurückgewiesen. Für
die Bewertung der Frage, ob Wohnungskosten iS des § 22 Abs 1 SGB II zu
übernehmen seien, sei der tatsächlich abgeschlossene Mietvertrag
entscheidend. Dabei seien in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) Verträge zwischen Angehörigen der
Leistungsgewährung nur dann zu Grunde zu legen, wenn sie zum einen
bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen seien und darüber hinaus sowohl
die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen
Fremden Üblichen entspreche (sog Fremdvergleich). Dies setze zumindest
voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen
einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichteten
Miete klar und eindeutig vereinbart worden seien und entsprechend dem
Vereinbarten durchgeführt würden (Hinweis auf BFH Urteil vom 19. Oktober
1999 - IX R 39/99 - BFHE 190, 173 = NJW 2000, 758).
7
Diese
Kriterien seien vorliegend nicht erfüllt, sodass die vom Kläger
behaupteten Vereinbarungen mit seinen Eltern als Scheingeschäft iS des §
117 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu werten seien. Die vom Kläger
im Verwaltungsverfahren vorgelegten, als Mietvertrag bezeichneten
Schreiben würden einem Fremdvergleich in keiner Weise gerecht. Sie
enthielten kein Datum des Abschlusses und keinen Beginn des
Mietverhältnisses. Die überlassenen Mieträume seien nicht bestimmt
bezeichnet. Eine genaue Bezeichnung der überlassenen Mieträume sei aber
unverzichtbar, denn der Kläger habe im Berufungsverfahren den Grundriss
des Erdgeschosses im Haus seiner Eltern vorgelegt und die ihm
überlassenen Wohnräume mit gelber Farbe umrandet. Eine Berechnung der
Wohnfläche anhand der in der Grundriss-Zeichnung enthaltenen Abmessungen
ergebe aber eine Wohnungsgröße von ca 83 qm. Es bleibe offen, wann der
Mietzins zur Zahlung fällig sei. Zudem falle auf, dass die zum Beleg
eines Mietvertrages vorgelegten und als Mietvertrag bezeichneten
Schreiben einen unterschiedlichen Inhalt hätten, weshalb sich der
Eindruck aufdränge, dass sie - nur - im Hinblick auf die Anträge auf
Leistungen nach dem SGB II und die Forderung der Beklagten, ein
Mietverhältnis zu belegen, gefertigt worden seien. Mit dem Vorbringen
des Klägers im Widerspruchsverfahren, es sei ihm momentan nicht bekannt,
ob ein schriftlicher Mietvertrag existiere, habe er zu erkennen
gegeben, dass er sich durch die vorgelegten als Mietvertrag bezeichneten
Schreiben schuldrechtlich nicht verpflichtet fühle. Mit dem Vortrag im
Klageverfahren, ein Mietvertrag sei nur mündlich, nicht aber schriftlich
abgeschlossen worden, entziehe der Kläger (ebenso wie sein Vater bzw
seine Eltern) das Vorliegen und den schuldrechtlichen Inhalt eines
angeblichen Mietverhältnisses einer objektiven Nachprüfbarkeit, weshalb
ihm nach den Grundsätzen zum Fremdvergleich kein Anspruch auf Leistungen
für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zuerkannt werden
könne.
8
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene
Revision des Klägers. Er rügt einen Verstoß gegen § 22 Abs 1 Satz 1 SGB
II. Danach bestehe Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und
Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Weder dem Wortlaut nach
noch nach der Gesetzesbegründung seien nur solche Wohnkosten erfasst,
die auf einem wirksam geschlossenen bürgerlich-rechtlichen Vertrag
beruhten, der dem sog Fremdvergleich standhalte. Die Anwendung dieser
für das Steuerrecht aufgestellten Kriterien könnten im Bereich des § 22
SGB II keine Anwendung finden. Es sei ausschließlich zu fordern, dass
der Hilfebedürftige die nach dem Mietvertrag für den bestimmungsgemäßen
Gebrauch der Mietsache geschuldeten Aufwendungen auch tatsächlich
erbringe. Ein mündlicher Mietvertrag sei bereits vor Beginn des
Leistungsbezuges nach dem SGB II geschlossen worden. Die Ansicht des LSG
führe dazu, dass sämtliche mündlich abgeschlossenen Verträge zwischen
Familienangehörigen als Scheingeschäfte des § 117 BGB angesehen werden
müssten. Dies widerspreche dem Zivilrecht. Durch Vorlage von
Überweisungsträgern habe er die tatsächliche Zahlung von Miete teilweise
nachgewiesen; durch Vorlage der Bestätigung der Eltern habe er die Höhe
der Miete und die Nebenkosten belegen können.
9
Der Kläger beantragt,
das
Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Juli 2007 und
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. April 2006
sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005
Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 360 Euro monatlich zu
gewähren.
10
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
11
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
12
Die
zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der
Entscheidung und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat
vermag nach den Feststellungen des LSG nicht abschließend zu
entscheiden, inwieweit der Kläger überhaupt erwerbsfähiger
Hilfebedürftiger ist und ob ihm tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung entstanden sind, was Voraussetzung für einen Anspruch auf
Leistungen für Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II im streitigen
Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 gewesen wäre.
13
1.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 18. April
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005. Mit
diesem Bescheid hat die Beklagte über die Leistungen des Klägers zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt entschieden und
dabei für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 einen
Anspruch auf Regelleistung in Höhe von 345 Euro zuerkannt und einen
Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizkosten abgelehnt. Der
Kläger hat sein Begehren ausdrücklich auf die Gewährung von Kosten für
Unterkunft und Heizung beschränkt; nur hierüber hat auch das LSG
befunden. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist zulässig. Bei
der Festsetzung der Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten handelt
es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, über die das
Gericht bei entsprechendem Antrag isoliert entscheiden kann (vgl nur
BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).
14
2.
Nach § 7 Abs 1 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954)
erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr
vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2.
erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Auf Grund der
tatsächlichen Feststellungen des LSG kann bereits nicht überprüft
werden, inwieweit der Kläger überhaupt erwerbsfähiger Hilfebedürftiger
iS des § 7 SGB II ist. Es fehlt an Feststellungen zu den
Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 7 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB II. Diese wird
das LSG nachzuholen haben.
15
3. Auf Grund der
Feststellungen des LSG kann ferner nicht entschieden werden, ob und in
welcher Höhe dem Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung entstanden sind, was Voraussetzung für einen
Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1
Satz 1 SGB II ist. Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein solcher
Anspruch nicht schon unter Berücksichtigung des sog Fremdvergleichs aus.
16
Gemäß
§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II (ebenfalls idF von Art 1 des Vierten Gesetzes
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) werden Leistungen für
Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht,
soweit sie angemessen sind. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich
eindeutig, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu
übernehmen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und
für deren Deckung ein Bedarf besteht. Dies werden in erster Linie
Kosten sein, die durch Mietvertrag entstanden sind, wie sie der Kläger
vorliegend auch geltend macht. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine
Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige
die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt.
Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen
Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten
Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS
37/08 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, juris RdNr 24).
Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung
der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für
die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen
und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Der
Hilfebedürftige wird - solange er im Leistungsbezug steht - zumeist auf
die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger
angewiesen sein. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame
Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist - wovon auch
das LSG ausgegangen ist - in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der
geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (vgl Berlit in
LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19) .
17
Ob der Kläger
überhaupt einer ernsthaften Mietzinsforderung (und ggf in welcher Höhe)
ausgesetzt war, steht bislang nicht fest. Das LSG hat schon deshalb
einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung verneint, weil
der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, einen schriftlichen
Mietvertrag vorzulegen, aus dem die angeblich mit den Eltern
vereinbarten Einzelheiten ausreichend klar hervorgingen. Die vorgelegten
Bestätigungen der Eltern hat es nur unter dem Gesichtspunkt gewürdigt,
dass sie nicht die Anforderungen an einen schriftlich abgeschlossenen
Mietvertrag erfüllen. Weitergehende Ermittlungen dazu, was zwischen dem
Kläger und seinen Eltern tatsächlich vereinbart gewesen ist, hat es
unterlassen, weil die Vertragsparteien durch fehlende Schriftform den
Inhalt des Vertrages einer objektiven Überprüfbarkeit entzogen hätten.
18
Dies
hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Ermittlungen zum
mietvertraglich Vereinbarten erübrigen sich nicht schon bei fehlender
Schriftform eines Vertrages oder dessen mangelhafter Ausgestaltung. Ein
Mietvertrag über Wohnraum kann wie grundsätzlich alle schuldrechtlichen
Verträge wirksam formfrei abgeschlossen werden (zu den Folgen bei einem
nicht in schriftlicher Form abgeschlossenen Vertrag vgl § 550 BGB),
sodass auch aus mündlich abgeschlossenen Vereinbarungen Kosten für eine
Unterkunft entstehen können, die einen entsprechenden Bedarf des
Hilfebedürftigen begründen. Entscheidend ist der entsprechende
rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein
Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige
"Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist, oder wenn der Mieter lediglich die
Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat (vgl nur Blank in
Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl 2007, Vor § 535 BGB RdNr . Die
Umstände des behaupteten Mietverhältnisses wird das LSG im Einzelnen zu
ermitteln und zu würdigen haben.
19
Weitere Ermittlungen
erübrigen sich entgegen der Ansicht des LSG auch nicht durch einen sog
Fremdvergleich. Das LSG ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
BFH (insbesondere Urteil vom 19. Oktober 1999 - IX R 39/99 = BFHE 190,
173, 174) davon ausgegangen, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen
tatsächliche Aufwendungen im Rahmen eines Mietverhältnisses nur dann
begründen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem
zwischen Fremden Üblichen entsprechen und, soweit sie inhaltlich diesem
Fremdvergleich standhalten, auch dem Vertragsinhalt gemäß vollzogen
werden.
20
Dem folgt der erkennende Senat, wie bereits der
4. Senat in seinem Urteil vom 3. März 2009 (B 4 AS 37/08 R, zur
Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), nicht. Dabei kann dahinstehen,
ob das LSG in seiner bisherigen Rechtsprechung, auf die es im
angefochtenen Urteil Bezug genommen hat, die Kriterien des BFH zum
Fremdvergleich zutreffend angewandt hat (vgl dazu zuletzt BFH Urteil vom
31. Juli 2007 - IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350 mwN). Die fehlende
Schriftform des Mietvertrages ist jedenfalls auch nach der
Rechtsprechung des BFH wegen der Formfreiheit eines Mietvertrages nach
dem BGB nicht in den Fremdvergleich mit einzubeziehen (BFH Urteile vom
19. Oktober 1999 - IX R 80/97, BFH/NV 2000, 429 und vom 10. Mai 2006 -
IX R 35/05, BFH/NV 2006, 1648). Die Heranziehung der vom BFH
entwickelten Kriterien des Fremdvergleiches auf das SGB II scheidet
ohnehin aus. Während es beim Fremdvergleich im Steuerrecht darum geht,
ob die streitigen Aufwendungen des Vermieters in einem sachlichen
Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen oder dem steuerlich
nicht relevanten, privaten Bereich zugehörig sind, geht es im
Grundsicherungsrecht darum, ob ein existenzieller Bedarf vorhanden ist,
der durch Leistungen für Unterkunft gedeckt werden muss. Andere Mittel
oder beispielsweise Hilfen von Angehörigen in Form verbilligter
Wohnraumüberlassung sind im SGB II zur Bedarfssenkung und damit
zumindest zur Minderung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen (vgl § 3 Abs 3
Satz 1 SGB II). Grundsicherungsrechtlich ist es mithin sogar erwünscht,
wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen
Verbundenheit niedriger ist, als dieses in einem Mietverhältnis unter
Fremden der Fall wäre. Erscheinen die geltend gemachten Kosten zu hoch,
wird einem Missbrauch dadurch vorgebeugt, dass nach § 22 Abs 1 SGB II
nur "angemessene" Kosten zu übernehmen sind. Bei der Gesamtwürdigung der
Umstände kann allerdings auch im Falle der Grundsicherung der vom BFH
in seiner Rechtsprechung zum Fremdvergleich herangezogene Gesichtspunkt
eine Rolle spielen, dass für die Auslegung der Vereinbarungen die
spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug
des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden kann (vgl BFH Urteil vom 31.
Juli 2007 - IX R 8/07 - BFH/NV 2008, 350 = juris RdNr 21).
Feststellungen hierzu fehlen allerdings im Urteil des LSG.
21
Hinsichtlich
der Kosten für Heizung wird zu überprüfen sein, ob unabhängig von
mietvertraglichen Nebenabreden dem Kläger durch Ankauf von Brennmaterial
Kosten entstanden sind, wie er es bei seinem ersten Antrag angegeben
hat (dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4). Für eine Pflicht zur Übernahme der
geltend gemachten Stromkosten wäre Voraussetzung, dass sie für die
Heizung der Wohnung aufzubringen waren, wofür bislang kein Anhalt
besteht. Kosten der Warmwasserbereitung sind ggf von den Aufwendungen
für Heizung abzusetzen (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Das LSG
wird schließlich (unter Beachtung der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB
II) ggf zu überprüfen haben, ob wirksam vereinbarte und
berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen
sind.
22
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11182
Gruß Willi S
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