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BSG - Erstausstattung auch nachträglich Bundessozialgericht BSG, Urteil vom 20. 8. 2009 - B 14 AS 45/08 R (Lexetius.com/2009,3205)
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BSG - Erstausstattung auch nachträglich Bundessozialgericht BSG, Urteil vom 20. 8. 2009 - B 14 AS 45/08 R (Lexetius.com/2009,3205)
1
Tatbestand: Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen seiner Wohnung als Zuschuss.
2
Der
im Jahre 1966 geborene Kläger wohnte seit Dezember 2003 in einer 42 m²
großen Zweizimmerwohnung in Berlin. Zum damaligen Zeitpunkt und bis zum
31. Dezember 2004 stand er im Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und
Wohngeld. Seit 1. Januar 2005 bezieht er vom Beklagten Arbeitslosengeld
II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Im November
2005 beantragte er bei dem Beklagten als Erstausstattung gemäß § 23 Abs
3 SGB II die folgenden Einrichtungsgegenstände: Küchenschränke,
Wohnzimmerschränke, ein Bett mit Lattenrost und neuer Matratze,
Fußbodenbelag, ein Schuhschrank/Garderobe für den Flur. Zur Begründung
des Antrags führte er aus, dass er seit dem Ende seines letzten
Arbeitsverhältnisses im Jahre 2003 keine Arbeitsstelle mehr gehabt habe.
Er habe noch Schulden abzuzahlen gehabt. Es sei ihm nicht möglich, die
Grundausstattung der Wohnung mit eigenen Mitteln zu komplettieren.
3
Der
Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 den Antrag auf Übernahme von
Kosten der Erstausstattung der Wohnung ab. Zur Begründung wird
ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, die Kosten hierfür in vollem
Umfang aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken. Hiergegen hat der
Kläger im Februar 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Der
Beklagte hat während des Gerichtsverfahrens nach Besichtigung der
Wohnung des Klägers im Mai 2006 durch Bescheid vom 10. Mai 2006 dem
Kläger gemäß § 23 Abs 1 SGB II die beantragten Leistungen als Darlehen
in Höhe des Anschaffungswertes von einmalig 344 Euro bewilligt. In
Ausführung dieses Bescheides hat der Beklagte zur Anschaffung der
Matratze dem Kläger einen Betrag von 50 Euro überwiesen, für die
restlichen Möbel - mit Ausnahme eines Schuhschranks und eines
Bodenbelags - Gutscheine ausgestellt und die Aufrechnung des Darlehens
gemäß § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II ab dem 1. Juni 2006 in monatlichen Raten
in Höhe von 34, 50 Euro erklärt. Weiterhin ist ausgeführt, dass dieser
Bescheid gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des
Klageverfahrens werde. Der Kläger hat darüber hinaus geltend gemacht, er
habe einen Rechtsanspruch auf einen Zuschuss zur Finanzierung der
geltend gemachten Einrichtungsgegenstände. Er widerspreche sowohl der
Erbringung der Leistung als Darlehen als auch der Höhe des gewährten
Darlehens. Das SG Berlin hat durch Urteil vom 26. September 2006 die
Klage abgewiesen.
4
Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt
und weiterhin beantragt, ihm sei ein verlorener Zuschuss für die
genannten Gegenstände in Höhe von mindestens 540 Euro zu gewähren. Das
Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat die Berufung des
Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es
ausgeführt, Streitgegenstand sei ausschließlich der Bescheid des
Beklagten vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2006. Der Bescheid über die
Gewährung der Gegenstände als Darlehen nach § 23 Abs 1 SGB II vom 10.
Mai 2006 sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Dem Kläger
stünde gegen den Beklagten kein Anspruch auf Leistungen für
Erstausstattungen für die Wohnung als verlorener Zuschuss nach § 23 Abs 3
Satz 1 Nr 1 SGB II zu. Zwar sei der Begriff der Erstausstattung iS des §
23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen. Bei dem Kläger
bestehe auch ein Bedarf für die Küchenschränke, den Wohnzimmerschrank
sowie ein Bett mit Matratze. Diese seien für eine geordnete
Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Leben erforderlich und somit
Einrichtungsgegenstände iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Diese
Gegenstände seien auch nicht Bestandteil der Mietsache gewesen und nicht
im Besitz des Klägers. Der vom Kläger begehrte Fußbodenbelag sei
dagegen nicht Teil der Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB
II, denn die Mietwohnung des Klägers sei mit einem hochwertigen
Holzfußboden ausgestattet.
5
Bei Würdigung der Gesamtumstände des
Einzelfalles sei jedoch für die insoweit in Betracht kommenden
Einrichtungsgegenstände (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett mit
Matratze) der nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erforderliche atypische
Bedarf im Bereich der Existenzsicherung iS einer Härtefallregelung
nicht gegeben. Zwar sei der zeitliche Abstand zwischen dem Einzug in die
Wohnung (Dezember 2003) und der Geltendmachung der Leistungen für
Erstausstattungen für die Wohnung (November 2005) per se kein Grund für
die Ablehnung des Anspruchs, denn der Begriff der Erstausstattung sei
nicht zeitbezogen zu verstehen. Unter Berücksichtigung von Sinn und
Zweck sowie Zielsetzung der Norm müsse im Sinne einer teleologischen
Reduktion jedoch eine solche Fallkonstellation vom Anspruch
ausgeschlossen werden, bei der der Leistungsempfänger bei Bestehen eines
akuten Bedarfs iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II aus eigener freier
Entscheidung die Anschaffung an sich erforderlicher haushaltstypischer
Wohnungsgegenstände auf einen späteren Zeitpunkt verschoben habe,
obgleich es ihm möglich gewesen wäre, mit den im Bedarfszeitpunkt zur
Verfügung stehenden Mitteln die Gegenstände zu beschaffen. Der Kläger
habe zu seiner Motivationslage vorgetragen, dass er damals davon
ausgegangen sei, bald wieder Arbeit zu finden. Zudem habe er seine
Schulden tilgen wollen. Diese eigenverantwortliche Entscheidung müsse
auch bei der Beurteilung eines Bedarfs iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB
II berücksichtigt werden. Dabei spiele die Unkenntnis des Klägers über
einen derartigen Anspruch keine Rolle, zumal das SGB II erst über ein
Jahr nach dem Bezug der Wohnung im Dezember 2003 in Kraft getreten sei.
Die Situation des Klägers zum Zeitpunkt der Antragstellung sei nicht mit
der einer Person vergleichbar, die beispielsweise infolge einer
Trennung oder nach einer Haft bzw Obdachlosigkeit erstmals wieder eine
Wohnung ausstatten müsse. Die Nichtausstattung der Wohnung beruhe auf
dem freien Willensentschluss des Klägers, zunächst nicht die für eine
geordnete Haushaltsführung erforderlichen Gegenstände zu beschaffen. Es
sei sein Willensentschluss gewesen, auf die Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit zu hoffen und Schulden der Gerichtskasse zu tilgen. Zur
sofortigen Schuldentilgung sei der Kläger auf Grund seiner finanziellen
Verhältnisse nicht verpflichtet gewesen. Die Forderungen hätten nicht
im Wege der Pfändung (§ 54 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I])
durchgesetzt werden können, denn das Einkommen des Klägers zur damaligen
Zeit habe unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c Zivilprozessordnung
(ZPO) gelegen. Das zu sichernde Existenzminimum des Klägers werde nicht
gefährdet, denn dem Kläger stünde nach § 23 Abs 1 SGB II ein Darlehen
zu, was der Beklagte ihm auch bewilligt habe.
6
Hiergegen wendet
sich der Kläger mit seiner Revision. Er rügt eine Verletzung des § 23
Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Es könne ihm nicht wegen der auch in der
Gesetzesbegründung zum SGB II festgelegten und als Ausdruck des
Sozialstaatsprinzips normierten Dispositionsfreiheit entgegengehalten
werden, dass er die Mittel aus der Alhi im Jahr 2003 zur Schuldentilgung
verwendet habe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der in der
Regelleistung enthaltene Ansparbetrag, der dem Kläger ab 1. Januar 2005
bewilligt worden sei, in keiner Weise dafür ausreiche, die notwendigen
Einrichtungsgegenstände zu beschaffen. Schließlich sei er auch bei der
Beantragung der Leistungen vom zuständigen JobCenter nie über die
Möglichkeit der Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB
II belehrt worden. Als er von dieser Möglichkeit erfahren habe, habe er
sofort den klagegegenständlichen Antrag gestellt. Er habe auch deshalb
keine Darlehensleistungen entgegennehmen wollen, weil er keine weitere
Reduzierung des Regelsatzes durch monatliche Abschläge hinnehmen könne.
Insgesamt sei der um 10 % abgesenkte Regelsatz, der durch die
Darlehenstilgung gemäß § 23 Abs 1 SGB II entstehe, verfassungsrechtlich
bedenklich. Mit einer reduzierten Regelleistung könne er seinen
Lebensunterhalt nicht bestreiten.
7
Der Kläger beantragt, die
Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. April 2008
und des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2006 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 21.
Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar
2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 10. Mai 2006 dem Kläger
Leistungen für die Wohnungserstausstattung (Küchenschränke,
Wohnzimmerschrank, Bett und Matratze) als verlorenen Zuschuss in
angemessener Höhe zu bewilligen.
8
Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
9
Er beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.
10
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen
Urteile und Bescheide und Verpflichtung des Beklagten zur
Neubescheidung hinsichtlich Leistungsart und Höhe des dem Kläger
zustehenden Anspruchs auf Erstausstattungen begründet. Der Kläger hat
gegen den Beklagten einen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen
für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Zuschuss. Dem
steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits im November 2003 die
Wohnung bezogen und damals auf den Erwerb von Einrichtungsgegenständen
verzichtet hat (s hierzu im Einzelnen unter 2.). Allerdings steht es im
Ermessen des Beklagten, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung) und in
welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt. Hierüber wird der Beklagte
erst noch eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Der Beklagte darf
dabei allerdings gemäß § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II eine Pauschalierung der
Leistungen vornehmen. Ob die in dem Rundschreiben I Nr 38/2004 von der
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Senats von
Berlin vom 14. Dezember 2004 vorgesehenen Pauschbeträge den Kriterien
des § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II genügen, kann hier offen bleiben (s unter
3.).
11
1. Streitgegenstand ist lediglich, ob dem Kläger ein
Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung gemäß §
23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zusteht. Es kann hierbei dahinstehen, ob die
Antragstellung des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II vom September 2004 bereits einen
entsprechenden Antrag auf Leistungen für Erstausstattungen mitumfasste.
Da die Leistungen auf Erstausstattung einer Wohnung insoweit nicht
strikt zeitgebunden sind bzw nicht nur innerhalb eines gewissen
Zeitfensters geltend gemacht werden können, ist jedenfalls auf den
Antrag des Klägers vom November 2005 hin über seinen Anspruch zu
entscheiden. Insoweit kann auch dahinstehen, dass der Anspruch des
Klägers bereits zum 1. Januar 2005 bestand, weil ihm dadurch keine
höheren Beträge zustehen können.
12
Der Bescheid vom 10. Mai 2006
ist entgegen der Rechtsansicht des LSG gemäß § 96 SGG Gegenstand des
vorliegenden Rechtsstreits geworden. Durch diesen Bescheid wurde der
Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2005 (in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006) geändert. Anstelle der
vollständigen Ablehnung einer Erstausstattung als Zuschuss wurde nunmehr
ein Darlehen gemäß § 23 Abs 1 SGB II als Minus bewilligt. Würde dieser
Bescheid nicht in den Rechtsstreit einbezogen, so könnte sich der
Beklagte weiterhin darauf berufen, es liege ein bestandskräftiger
Bescheid vor, nach dem er lediglich zur Darlehensgewährung verpflichtet
sei. Dies zeigt, dass der Bescheid vom 21. Dezember 2005 denselben
Streitgegenstand regelt wie der Bescheid vom 10. Mai 2006 (Anspruch des
Klägers auf Gewährung von Leistungen für die Einrichtung seiner
Wohnung).
13
2. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind
rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1
SGB II auf Leistungen für Erstausstattung für seine Wohnung als
Zuschuss zu. Der Kläger war nach dem Gesamtzusammenhang der
Feststellungen des LSG Berechtigter iS des § 7 Abs 1 SGB II.
14
a)
Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3
Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu
verstehen ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. September 2008 -
B 14 AS 64/07 R -, RdNr 19; vgl auch grundlegend Lang/Blüggel in
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 23 RdNr 97). Entscheidend ist
mithin, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der
nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände
gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die
Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine
geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden
Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (vgl auch Behrend in
juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 80; Hengelhaupt in Hauck/Noftz,
SGB II, Stand 10/2007, § 23 RdNr 332; vgl auch BSG, Urteil vom 16.
Dezember 2008 - B 4 AS 49/07 R, RdNr 23). In diesem Sinne war die
Wohnung des Klägers nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf
iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Dies hat der Beklagte im Übrigen
im Mai 2006 selbst anerkannt. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II darf ein
Darlehen nur dann erbracht werden, wenn im Einzelnen ein unabweisbarer
Bedarf besteht. Auf Grund des Gesamtzusammenhangs der Feststellungen und
des Prüfberichts des Beklagten vom Mai 2006 steht fest, dass die
Wohnungseinrichtung des Klägers insgesamt nicht einem Standard genügte,
der den herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung
einfachster Verhältnisse entsprach.
15
Das LSG ist rechtsirriger
Weise davon ausgegangen, dass den Kläger an dem Vorliegen dieses Bedarfs
auf Erstausstattung ein den Anspruch ausschließendes zurechenbares
Verschulden traf, weil er sich im Jahre 2003 bewusst dafür entschieden
hat, zunächst seine Schulden zu bezahlen und keine Wohnungseinrichtung
zu erwerben. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der im SGB II zu
deckende Bedarf grundsätzlich aktuell besteht und auch aktuell vom
Grundsicherungsträger zu befriedigen ist. Im November 2005 jedenfalls
bestand jeweils der Bedarf und auch das LSG hat selbst zunächst
eingeräumt, dass der Begriff der Erstausstattung bedarfsbezogen (und
nicht zeitbezogen) zu bestimmen ist. Eine "Verwirkung" des Anspruchs auf
Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Hilfebedürftiger
entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II nach Vollendung
des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die
Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne wichtigen Grund selbst
herbeigeführt hat. Für ein solches vorsätzliches oder grob fahrlässiges
Herbeiführen des Bedarfs liegen beim Kläger keine Anhaltspunkte vor. Im
Jahre 2003 war der Kläger Bezieher von Alhi. Nach dem Recht des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und der entsprechenden
Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) gab es keine rechtliche Möglichkeit,
von der Bundesagentur für Arbeit Erstausstattungen für die Wohnung zu
beanspruchen. Dass der Kläger bereits im November 2003 im Hinblick auf
ein noch zu schaffendes Regelwerk (das SGB II) eine Einrichtung seiner
Wohnung unterlassen hätte, ist nicht ersichtlich oder dargetan. Insofern
beruft sich der Kläger zu Recht auf seine Privatautonomie, nach der es
ihm insbesondere als Empfänger von Alhi freistand, die ihm bewilligte
Alhi zur Tilgung von Schulden zu verwenden. Dass das SGB II dem früheren
Bezieher von Alhi einen insofern aus dem Sozialhilferecht herrührenden
neuen Anspruch auf eine Erstausstattung einräumen werde, musste dem
Kläger nicht bewusst sein. Auf Grund der vorliegenden Feststellungen
steht zudem fest, dass der Anspruch auf eine Erstausstattung gemäß § 23
Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bereits am 1. Januar 2005 bestand. Ob und
inwiefern die Grundsicherungsträger jeweils Vorkehrungen zu treffen
hätten, die Antragsteller zu einer möglichst weitgehenden Erklärung über
ihre Verhältnisse (etwa auch im Hinblick auf Mehrbedarfe nach § 21 SGB
II) zu veranlassen, kann hier dahinstehen. Denn auch wenn der Kläger im
Januar 2005 seinen Anspruch geltend gemacht hätte, könnte ihm kein
höherer Anspruch zustehen.
16
b) Ausgehend von dem rechtlichen
Ansatzpunkt, dass nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem
Hilfebedürftigen ermöglicht werden soll, eine Ausstattung mit
wohnraumbezogenen Gegenständen zu erlangen, die eine geordnete
Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten
orientiertes Wohnen ermöglichen, stand dem Kläger ein Anspruch auf
Küchenschränke, Wohnzimmerschränke, ein Bett mit Lattenrost und eine
neue Matratze zu. Der Beklagte und die Vorinstanzen haben allerdings
bezüglich des Schuhschranks und für die Garderobe noch keine
Entscheidung getroffen, obwohl das Fehlen des entsprechenden
Schuhschranks bzw Garderobenschranks in dem Prüfbericht auf Grund des
Hausbesuches ausdrücklich festgestellt ist. Hierüber wird ggf in dem
weiteren Verwaltungsverfahren zu befinden sein.
17
Allerdings
besteht keine Notwendigkeit, was auch das LSG zutreffend entschieden
hat, dem Kläger als Erstausstattung die Kosten für einen Teppichboden
zuzusprechen. Der Kläger hat insofern im Revisionsverfahren den Antrag
begrenzt und die Kosten für den Teppichboden nicht mehr geltend gemacht.
Dahinstehen kann daher auch, ob ein Teppichboden überhaupt als
Erstausstattung geltend gemacht werden kann (generell ablehnend BSG,
Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 49/07 R, RdNr 23).
18
3. Der
Beklagte wird noch über die Form der Leistungsgewährung und die Höhe
der Leistungen eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Der Senat
folgt insoweit dem 4. Senat des BSG, der bereits entschieden hat, dass
in Fällen der vorliegenden Art die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
in Form der sog "Verpflichtungsbescheidungsklage" (§ 54 Abs 1 Satz 1
SGG) die richtige Klageart ist (Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 77/08 R
- RdNr 10). Dem Beklagten steht mithin hinsichtlich des Anspruchs auf
Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II kein
Handlungsermessen zu. Der Anspruch ist im Sinne eines unbedingten
Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie hier - die
Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Eine Darlehensgewährung kommt dann
nach dem Regelungszusammenhang des § 23 SGB II nicht mehr in Betracht.
19
Allerdings
räumt § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II dem Grundsicherungsträger ein
Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die Leistungen entweder als
Sachleistungen oder als Geldleistungen, letzteres auch in Form von
Pauschalbeträgen erbringen kann (hierzu im Einzelnen Hengelhaupt in
Hauck/Voelzke, SGB II, K § 23 RdNr 431 ff, Stand X/07). Insofern hat der
Leistungsempfänger einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des
Ermessens (vgl § 39 Abs 1 Satz 2 SGB I), nicht aber einen Rechtsanspruch
auf eine ganz bestimmte Art der Leistung, sofern nicht eine
"Ermessensreduzierung auf Null" eingetreten ist. Der Beklagte kann
mithin den Rechtsanspruch des Klägers auf Erstausstattung auch dadurch
erfüllen, dass er selbst Einrichtungsgegenstände in einem Lager etc
vorhält und diese "in natura" als Sachleistung ausgibt. Hierüber hat der
Beklagte ersichtlich noch keine Entscheidung getroffen, weil er -
rechtswidrigerweise - davon ausging, er könne die Leistung als Darlehen
gewähren.
20
Wählt der Grundsicherungsträger die Leistungsart
"Geldleistung", so kann diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht
werden (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Allerdings ist hierbei § 23 Abs 3
Satz 6 SGB II zu beachten. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind
geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und
nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Insofern spricht
der Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II dafür, dass den
Grundsicherungsträgern bei der Festsetzung der Höhe der Pauschalen nur
ein eingeschränkter Beurteilungsspielraum zusteht. Die Leistungsträger
werden insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von
Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des
Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzunehmen
haben, die auch einer richterlichen Kontrolle unterliegen. Eine solche
Pauschalierung nach § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II ist jedem Verwaltungsträger
nach eigenen Grundsätzen möglich, solange keine Verordnung gemäß § 27
Nr 3 SGB II vorliegt. Eine solche Verordnung ist jedenfalls nicht
konstitutiv für eine Pauschalierung, die ihre Rechtsgrundlage
unmittelbar in § 23 Abs 3 Satz 5 und 6 SGB II findet (missverständlich
insoweit Münder in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 24 und § 27 RdNr
2).
21
Ob die von dem Beklagten bei der Bemessung der Höhe des
Darlehens zugrundegelegten Pauschalbeträge für Bett, Matratze etc den in
§ 23 Abs 3 Satz 6 SGB II genannten Anforderungen genügen, kann hier
nicht entschieden werden. Der Beklagte geht offenbar von den Werten in
einem Rundschreiben der (Berliner) Senatsverwaltung für Integration,
Arbeit und Soziales vom 14. Dezember 2004 (Rundschreiben I Nr 38/2004)
aus. Bei einem solchen Rundschreiben, einer internen
Verwaltungsrichtlinie, handelt es um nicht revisibles Recht (§ 162 SGG).
Den erkennenden Senat bindende Feststellungen über den Inhalt dieses
Rundschreibens gerade bezüglich der Erfahrungswerte und Ermittlungen der
Berliner Senatsverwaltung, die der Bildung der Pauschalen
zugrundelagen, liegen nicht vor. Insofern ist es dem Senat nicht
möglich, abschließend darüber zu befinden, inwieweit die festgesetzten
Pauschalen hinreichend empirisch abgesichert sind.
22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11230
Gruß Willi S
Tatbestand: Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen seiner Wohnung als Zuschuss.
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Der
im Jahre 1966 geborene Kläger wohnte seit Dezember 2003 in einer 42 m²
großen Zweizimmerwohnung in Berlin. Zum damaligen Zeitpunkt und bis zum
31. Dezember 2004 stand er im Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und
Wohngeld. Seit 1. Januar 2005 bezieht er vom Beklagten Arbeitslosengeld
II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Im November
2005 beantragte er bei dem Beklagten als Erstausstattung gemäß § 23 Abs
3 SGB II die folgenden Einrichtungsgegenstände: Küchenschränke,
Wohnzimmerschränke, ein Bett mit Lattenrost und neuer Matratze,
Fußbodenbelag, ein Schuhschrank/Garderobe für den Flur. Zur Begründung
des Antrags führte er aus, dass er seit dem Ende seines letzten
Arbeitsverhältnisses im Jahre 2003 keine Arbeitsstelle mehr gehabt habe.
Er habe noch Schulden abzuzahlen gehabt. Es sei ihm nicht möglich, die
Grundausstattung der Wohnung mit eigenen Mitteln zu komplettieren.
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Der
Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 den Antrag auf Übernahme von
Kosten der Erstausstattung der Wohnung ab. Zur Begründung wird
ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, die Kosten hierfür in vollem
Umfang aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken. Hiergegen hat der
Kläger im Februar 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Der
Beklagte hat während des Gerichtsverfahrens nach Besichtigung der
Wohnung des Klägers im Mai 2006 durch Bescheid vom 10. Mai 2006 dem
Kläger gemäß § 23 Abs 1 SGB II die beantragten Leistungen als Darlehen
in Höhe des Anschaffungswertes von einmalig 344 Euro bewilligt. In
Ausführung dieses Bescheides hat der Beklagte zur Anschaffung der
Matratze dem Kläger einen Betrag von 50 Euro überwiesen, für die
restlichen Möbel - mit Ausnahme eines Schuhschranks und eines
Bodenbelags - Gutscheine ausgestellt und die Aufrechnung des Darlehens
gemäß § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II ab dem 1. Juni 2006 in monatlichen Raten
in Höhe von 34, 50 Euro erklärt. Weiterhin ist ausgeführt, dass dieser
Bescheid gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des
Klageverfahrens werde. Der Kläger hat darüber hinaus geltend gemacht, er
habe einen Rechtsanspruch auf einen Zuschuss zur Finanzierung der
geltend gemachten Einrichtungsgegenstände. Er widerspreche sowohl der
Erbringung der Leistung als Darlehen als auch der Höhe des gewährten
Darlehens. Das SG Berlin hat durch Urteil vom 26. September 2006 die
Klage abgewiesen.
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Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt
und weiterhin beantragt, ihm sei ein verlorener Zuschuss für die
genannten Gegenstände in Höhe von mindestens 540 Euro zu gewähren. Das
Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat die Berufung des
Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es
ausgeführt, Streitgegenstand sei ausschließlich der Bescheid des
Beklagten vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2006. Der Bescheid über die
Gewährung der Gegenstände als Darlehen nach § 23 Abs 1 SGB II vom 10.
Mai 2006 sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Dem Kläger
stünde gegen den Beklagten kein Anspruch auf Leistungen für
Erstausstattungen für die Wohnung als verlorener Zuschuss nach § 23 Abs 3
Satz 1 Nr 1 SGB II zu. Zwar sei der Begriff der Erstausstattung iS des §
23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen. Bei dem Kläger
bestehe auch ein Bedarf für die Küchenschränke, den Wohnzimmerschrank
sowie ein Bett mit Matratze. Diese seien für eine geordnete
Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Leben erforderlich und somit
Einrichtungsgegenstände iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Diese
Gegenstände seien auch nicht Bestandteil der Mietsache gewesen und nicht
im Besitz des Klägers. Der vom Kläger begehrte Fußbodenbelag sei
dagegen nicht Teil der Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB
II, denn die Mietwohnung des Klägers sei mit einem hochwertigen
Holzfußboden ausgestattet.
5
Bei Würdigung der Gesamtumstände des
Einzelfalles sei jedoch für die insoweit in Betracht kommenden
Einrichtungsgegenstände (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett mit
Matratze) der nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erforderliche atypische
Bedarf im Bereich der Existenzsicherung iS einer Härtefallregelung
nicht gegeben. Zwar sei der zeitliche Abstand zwischen dem Einzug in die
Wohnung (Dezember 2003) und der Geltendmachung der Leistungen für
Erstausstattungen für die Wohnung (November 2005) per se kein Grund für
die Ablehnung des Anspruchs, denn der Begriff der Erstausstattung sei
nicht zeitbezogen zu verstehen. Unter Berücksichtigung von Sinn und
Zweck sowie Zielsetzung der Norm müsse im Sinne einer teleologischen
Reduktion jedoch eine solche Fallkonstellation vom Anspruch
ausgeschlossen werden, bei der der Leistungsempfänger bei Bestehen eines
akuten Bedarfs iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II aus eigener freier
Entscheidung die Anschaffung an sich erforderlicher haushaltstypischer
Wohnungsgegenstände auf einen späteren Zeitpunkt verschoben habe,
obgleich es ihm möglich gewesen wäre, mit den im Bedarfszeitpunkt zur
Verfügung stehenden Mitteln die Gegenstände zu beschaffen. Der Kläger
habe zu seiner Motivationslage vorgetragen, dass er damals davon
ausgegangen sei, bald wieder Arbeit zu finden. Zudem habe er seine
Schulden tilgen wollen. Diese eigenverantwortliche Entscheidung müsse
auch bei der Beurteilung eines Bedarfs iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB
II berücksichtigt werden. Dabei spiele die Unkenntnis des Klägers über
einen derartigen Anspruch keine Rolle, zumal das SGB II erst über ein
Jahr nach dem Bezug der Wohnung im Dezember 2003 in Kraft getreten sei.
Die Situation des Klägers zum Zeitpunkt der Antragstellung sei nicht mit
der einer Person vergleichbar, die beispielsweise infolge einer
Trennung oder nach einer Haft bzw Obdachlosigkeit erstmals wieder eine
Wohnung ausstatten müsse. Die Nichtausstattung der Wohnung beruhe auf
dem freien Willensentschluss des Klägers, zunächst nicht die für eine
geordnete Haushaltsführung erforderlichen Gegenstände zu beschaffen. Es
sei sein Willensentschluss gewesen, auf die Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit zu hoffen und Schulden der Gerichtskasse zu tilgen. Zur
sofortigen Schuldentilgung sei der Kläger auf Grund seiner finanziellen
Verhältnisse nicht verpflichtet gewesen. Die Forderungen hätten nicht
im Wege der Pfändung (§ 54 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I])
durchgesetzt werden können, denn das Einkommen des Klägers zur damaligen
Zeit habe unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c Zivilprozessordnung
(ZPO) gelegen. Das zu sichernde Existenzminimum des Klägers werde nicht
gefährdet, denn dem Kläger stünde nach § 23 Abs 1 SGB II ein Darlehen
zu, was der Beklagte ihm auch bewilligt habe.
6
Hiergegen wendet
sich der Kläger mit seiner Revision. Er rügt eine Verletzung des § 23
Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Es könne ihm nicht wegen der auch in der
Gesetzesbegründung zum SGB II festgelegten und als Ausdruck des
Sozialstaatsprinzips normierten Dispositionsfreiheit entgegengehalten
werden, dass er die Mittel aus der Alhi im Jahr 2003 zur Schuldentilgung
verwendet habe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der in der
Regelleistung enthaltene Ansparbetrag, der dem Kläger ab 1. Januar 2005
bewilligt worden sei, in keiner Weise dafür ausreiche, die notwendigen
Einrichtungsgegenstände zu beschaffen. Schließlich sei er auch bei der
Beantragung der Leistungen vom zuständigen JobCenter nie über die
Möglichkeit der Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB
II belehrt worden. Als er von dieser Möglichkeit erfahren habe, habe er
sofort den klagegegenständlichen Antrag gestellt. Er habe auch deshalb
keine Darlehensleistungen entgegennehmen wollen, weil er keine weitere
Reduzierung des Regelsatzes durch monatliche Abschläge hinnehmen könne.
Insgesamt sei der um 10 % abgesenkte Regelsatz, der durch die
Darlehenstilgung gemäß § 23 Abs 1 SGB II entstehe, verfassungsrechtlich
bedenklich. Mit einer reduzierten Regelleistung könne er seinen
Lebensunterhalt nicht bestreiten.
7
Der Kläger beantragt, die
Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. April 2008
und des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2006 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 21.
Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar
2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 10. Mai 2006 dem Kläger
Leistungen für die Wohnungserstausstattung (Küchenschränke,
Wohnzimmerschrank, Bett und Matratze) als verlorenen Zuschuss in
angemessener Höhe zu bewilligen.
8
Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
9
Er beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.
10
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen
Urteile und Bescheide und Verpflichtung des Beklagten zur
Neubescheidung hinsichtlich Leistungsart und Höhe des dem Kläger
zustehenden Anspruchs auf Erstausstattungen begründet. Der Kläger hat
gegen den Beklagten einen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen
für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Zuschuss. Dem
steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits im November 2003 die
Wohnung bezogen und damals auf den Erwerb von Einrichtungsgegenständen
verzichtet hat (s hierzu im Einzelnen unter 2.). Allerdings steht es im
Ermessen des Beklagten, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung) und in
welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt. Hierüber wird der Beklagte
erst noch eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Der Beklagte darf
dabei allerdings gemäß § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II eine Pauschalierung der
Leistungen vornehmen. Ob die in dem Rundschreiben I Nr 38/2004 von der
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Senats von
Berlin vom 14. Dezember 2004 vorgesehenen Pauschbeträge den Kriterien
des § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II genügen, kann hier offen bleiben (s unter
3.).
11
1. Streitgegenstand ist lediglich, ob dem Kläger ein
Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung gemäß §
23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zusteht. Es kann hierbei dahinstehen, ob die
Antragstellung des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II vom September 2004 bereits einen
entsprechenden Antrag auf Leistungen für Erstausstattungen mitumfasste.
Da die Leistungen auf Erstausstattung einer Wohnung insoweit nicht
strikt zeitgebunden sind bzw nicht nur innerhalb eines gewissen
Zeitfensters geltend gemacht werden können, ist jedenfalls auf den
Antrag des Klägers vom November 2005 hin über seinen Anspruch zu
entscheiden. Insoweit kann auch dahinstehen, dass der Anspruch des
Klägers bereits zum 1. Januar 2005 bestand, weil ihm dadurch keine
höheren Beträge zustehen können.
12
Der Bescheid vom 10. Mai 2006
ist entgegen der Rechtsansicht des LSG gemäß § 96 SGG Gegenstand des
vorliegenden Rechtsstreits geworden. Durch diesen Bescheid wurde der
Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2005 (in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006) geändert. Anstelle der
vollständigen Ablehnung einer Erstausstattung als Zuschuss wurde nunmehr
ein Darlehen gemäß § 23 Abs 1 SGB II als Minus bewilligt. Würde dieser
Bescheid nicht in den Rechtsstreit einbezogen, so könnte sich der
Beklagte weiterhin darauf berufen, es liege ein bestandskräftiger
Bescheid vor, nach dem er lediglich zur Darlehensgewährung verpflichtet
sei. Dies zeigt, dass der Bescheid vom 21. Dezember 2005 denselben
Streitgegenstand regelt wie der Bescheid vom 10. Mai 2006 (Anspruch des
Klägers auf Gewährung von Leistungen für die Einrichtung seiner
Wohnung).
13
2. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind
rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1
SGB II auf Leistungen für Erstausstattung für seine Wohnung als
Zuschuss zu. Der Kläger war nach dem Gesamtzusammenhang der
Feststellungen des LSG Berechtigter iS des § 7 Abs 1 SGB II.
14
a)
Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3
Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu
verstehen ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. September 2008 -
B 14 AS 64/07 R -, RdNr 19; vgl auch grundlegend Lang/Blüggel in
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 23 RdNr 97). Entscheidend ist
mithin, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der
nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände
gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die
Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine
geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden
Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (vgl auch Behrend in
juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 80; Hengelhaupt in Hauck/Noftz,
SGB II, Stand 10/2007, § 23 RdNr 332; vgl auch BSG, Urteil vom 16.
Dezember 2008 - B 4 AS 49/07 R, RdNr 23). In diesem Sinne war die
Wohnung des Klägers nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf
iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Dies hat der Beklagte im Übrigen
im Mai 2006 selbst anerkannt. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II darf ein
Darlehen nur dann erbracht werden, wenn im Einzelnen ein unabweisbarer
Bedarf besteht. Auf Grund des Gesamtzusammenhangs der Feststellungen und
des Prüfberichts des Beklagten vom Mai 2006 steht fest, dass die
Wohnungseinrichtung des Klägers insgesamt nicht einem Standard genügte,
der den herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung
einfachster Verhältnisse entsprach.
15
Das LSG ist rechtsirriger
Weise davon ausgegangen, dass den Kläger an dem Vorliegen dieses Bedarfs
auf Erstausstattung ein den Anspruch ausschließendes zurechenbares
Verschulden traf, weil er sich im Jahre 2003 bewusst dafür entschieden
hat, zunächst seine Schulden zu bezahlen und keine Wohnungseinrichtung
zu erwerben. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der im SGB II zu
deckende Bedarf grundsätzlich aktuell besteht und auch aktuell vom
Grundsicherungsträger zu befriedigen ist. Im November 2005 jedenfalls
bestand jeweils der Bedarf und auch das LSG hat selbst zunächst
eingeräumt, dass der Begriff der Erstausstattung bedarfsbezogen (und
nicht zeitbezogen) zu bestimmen ist. Eine "Verwirkung" des Anspruchs auf
Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Hilfebedürftiger
entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II nach Vollendung
des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die
Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne wichtigen Grund selbst
herbeigeführt hat. Für ein solches vorsätzliches oder grob fahrlässiges
Herbeiführen des Bedarfs liegen beim Kläger keine Anhaltspunkte vor. Im
Jahre 2003 war der Kläger Bezieher von Alhi. Nach dem Recht des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und der entsprechenden
Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) gab es keine rechtliche Möglichkeit,
von der Bundesagentur für Arbeit Erstausstattungen für die Wohnung zu
beanspruchen. Dass der Kläger bereits im November 2003 im Hinblick auf
ein noch zu schaffendes Regelwerk (das SGB II) eine Einrichtung seiner
Wohnung unterlassen hätte, ist nicht ersichtlich oder dargetan. Insofern
beruft sich der Kläger zu Recht auf seine Privatautonomie, nach der es
ihm insbesondere als Empfänger von Alhi freistand, die ihm bewilligte
Alhi zur Tilgung von Schulden zu verwenden. Dass das SGB II dem früheren
Bezieher von Alhi einen insofern aus dem Sozialhilferecht herrührenden
neuen Anspruch auf eine Erstausstattung einräumen werde, musste dem
Kläger nicht bewusst sein. Auf Grund der vorliegenden Feststellungen
steht zudem fest, dass der Anspruch auf eine Erstausstattung gemäß § 23
Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bereits am 1. Januar 2005 bestand. Ob und
inwiefern die Grundsicherungsträger jeweils Vorkehrungen zu treffen
hätten, die Antragsteller zu einer möglichst weitgehenden Erklärung über
ihre Verhältnisse (etwa auch im Hinblick auf Mehrbedarfe nach § 21 SGB
II) zu veranlassen, kann hier dahinstehen. Denn auch wenn der Kläger im
Januar 2005 seinen Anspruch geltend gemacht hätte, könnte ihm kein
höherer Anspruch zustehen.
16
b) Ausgehend von dem rechtlichen
Ansatzpunkt, dass nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem
Hilfebedürftigen ermöglicht werden soll, eine Ausstattung mit
wohnraumbezogenen Gegenständen zu erlangen, die eine geordnete
Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten
orientiertes Wohnen ermöglichen, stand dem Kläger ein Anspruch auf
Küchenschränke, Wohnzimmerschränke, ein Bett mit Lattenrost und eine
neue Matratze zu. Der Beklagte und die Vorinstanzen haben allerdings
bezüglich des Schuhschranks und für die Garderobe noch keine
Entscheidung getroffen, obwohl das Fehlen des entsprechenden
Schuhschranks bzw Garderobenschranks in dem Prüfbericht auf Grund des
Hausbesuches ausdrücklich festgestellt ist. Hierüber wird ggf in dem
weiteren Verwaltungsverfahren zu befinden sein.
17
Allerdings
besteht keine Notwendigkeit, was auch das LSG zutreffend entschieden
hat, dem Kläger als Erstausstattung die Kosten für einen Teppichboden
zuzusprechen. Der Kläger hat insofern im Revisionsverfahren den Antrag
begrenzt und die Kosten für den Teppichboden nicht mehr geltend gemacht.
Dahinstehen kann daher auch, ob ein Teppichboden überhaupt als
Erstausstattung geltend gemacht werden kann (generell ablehnend BSG,
Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 49/07 R, RdNr 23).
18
3. Der
Beklagte wird noch über die Form der Leistungsgewährung und die Höhe
der Leistungen eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Der Senat
folgt insoweit dem 4. Senat des BSG, der bereits entschieden hat, dass
in Fällen der vorliegenden Art die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
in Form der sog "Verpflichtungsbescheidungsklage" (§ 54 Abs 1 Satz 1
SGG) die richtige Klageart ist (Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 77/08 R
- RdNr 10). Dem Beklagten steht mithin hinsichtlich des Anspruchs auf
Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II kein
Handlungsermessen zu. Der Anspruch ist im Sinne eines unbedingten
Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie hier - die
Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Eine Darlehensgewährung kommt dann
nach dem Regelungszusammenhang des § 23 SGB II nicht mehr in Betracht.
19
Allerdings
räumt § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II dem Grundsicherungsträger ein
Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die Leistungen entweder als
Sachleistungen oder als Geldleistungen, letzteres auch in Form von
Pauschalbeträgen erbringen kann (hierzu im Einzelnen Hengelhaupt in
Hauck/Voelzke, SGB II, K § 23 RdNr 431 ff, Stand X/07). Insofern hat der
Leistungsempfänger einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des
Ermessens (vgl § 39 Abs 1 Satz 2 SGB I), nicht aber einen Rechtsanspruch
auf eine ganz bestimmte Art der Leistung, sofern nicht eine
"Ermessensreduzierung auf Null" eingetreten ist. Der Beklagte kann
mithin den Rechtsanspruch des Klägers auf Erstausstattung auch dadurch
erfüllen, dass er selbst Einrichtungsgegenstände in einem Lager etc
vorhält und diese "in natura" als Sachleistung ausgibt. Hierüber hat der
Beklagte ersichtlich noch keine Entscheidung getroffen, weil er -
rechtswidrigerweise - davon ausging, er könne die Leistung als Darlehen
gewähren.
20
Wählt der Grundsicherungsträger die Leistungsart
"Geldleistung", so kann diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht
werden (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Allerdings ist hierbei § 23 Abs 3
Satz 6 SGB II zu beachten. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind
geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und
nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Insofern spricht
der Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II dafür, dass den
Grundsicherungsträgern bei der Festsetzung der Höhe der Pauschalen nur
ein eingeschränkter Beurteilungsspielraum zusteht. Die Leistungsträger
werden insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von
Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des
Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzunehmen
haben, die auch einer richterlichen Kontrolle unterliegen. Eine solche
Pauschalierung nach § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II ist jedem Verwaltungsträger
nach eigenen Grundsätzen möglich, solange keine Verordnung gemäß § 27
Nr 3 SGB II vorliegt. Eine solche Verordnung ist jedenfalls nicht
konstitutiv für eine Pauschalierung, die ihre Rechtsgrundlage
unmittelbar in § 23 Abs 3 Satz 5 und 6 SGB II findet (missverständlich
insoweit Münder in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 24 und § 27 RdNr
2).
21
Ob die von dem Beklagten bei der Bemessung der Höhe des
Darlehens zugrundegelegten Pauschalbeträge für Bett, Matratze etc den in
§ 23 Abs 3 Satz 6 SGB II genannten Anforderungen genügen, kann hier
nicht entschieden werden. Der Beklagte geht offenbar von den Werten in
einem Rundschreiben der (Berliner) Senatsverwaltung für Integration,
Arbeit und Soziales vom 14. Dezember 2004 (Rundschreiben I Nr 38/2004)
aus. Bei einem solchen Rundschreiben, einer internen
Verwaltungsrichtlinie, handelt es um nicht revisibles Recht (§ 162 SGG).
Den erkennenden Senat bindende Feststellungen über den Inhalt dieses
Rundschreibens gerade bezüglich der Erfahrungswerte und Ermittlungen der
Berliner Senatsverwaltung, die der Bildung der Pauschalen
zugrundelagen, liegen nicht vor. Insofern ist es dem Senat nicht
möglich, abschließend darüber zu befinden, inwieweit die festgesetzten
Pauschalen hinreichend empirisch abgesichert sind.
22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11230
Gruß Willi S
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