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Ein Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende darf bei drohender Stromsperre nicht ausnahmslos vorrangig auf die Inanspruchnahme zivilrechtlichen Rechtsschutzes verwiesen werden.
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Ein Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende darf bei drohender Stromsperre nicht ausnahmslos vorrangig auf die Inanspruchnahme zivilrechtlichen Rechtsschutzes verwiesen werden.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,Beschluss vom
18.07.2012,- L 7 AS 1256/12 B ER -
Es bedarf unter Berücksichtigung der Dauer und der
nicht einzuschätzenden Erfolgsaussicht eines zivilrechtlichen Rechtsstreites
der Prüfung, ob die Antragstellerin zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten
ausgeschöpft hat und inwieweit der Antragsgegner zu einer Beratung und
Hilfestellung verpflichtet war (LSG NRW, Beschluss vom 02.04.2008 - L 7 B
251/07 AS ER; Hammel, info also 6/2011, 251 ff.Berlit in LPK-SGB II, Kommentar
zum SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 194 ).
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger
Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung
seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der
Leistungsberechtigte hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf
zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz verwiesen werden darf. Denn nach der
Rechtsauffassung mehrerer Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger zu
einer Wiederaufnahme der unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet,
wenn zuvor die gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind (vgl.
zur zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.).
Zudem entbindet eine Mitwirkungsobliegenheit des
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den Grundsicherungsträger nicht von seiner
in § 17 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) begründeten Förderungspflicht. Der
Verweis auf zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz bei Unverhältnismäßigkeit
drohender Stromsperren (§ 19 Abs. 2 S. 2 StromGVV) erfordert regelmäßig
konsequente Beratung und Unterstützung durch den Leistungsträger.
Denn der Grundsicherungsträger muss dafür Sorge
tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur ein solches Maß an
Mitwirkung abverlangt wird, das objektiv und subjektiv zumutbar ist. Dem
entspricht es nicht, einen Leistungsberechtigten, dem es regelmäßig an
Erfahrung auf dem Gebiet des zivilgerichtlichen Eilrechtsschutzes fehlt,
pauschal und ohne das Angebot von (ggf. auch rechtsanwaltlicher) Beratung und
Hilfestellung auf diese besondere Form des gerichtlichen Rechtsschutzes zu
verweisen.
Landessozialgericht NRW, L 7 AS 1256/12 B ER
Datum:
18.07.2012
Gericht:
Landessozialgericht
NRW
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 AS
1256/12 B ER
Vorinstanz:
Sozialgericht
Gelsenkirchen, S 10 AS 1389/12 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung
für Arbeitsuchende
rechtskräftig
Tenor:
Auf die
Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts
Gelsenkirchen vom 26.06.2012 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der
Antragstellerin hinsichtlich der Stromkostennachforderung Leistungen in Höhe
von 958,01 Euro als Darlehn zu gewähren. Der Antragsgegner trägt die
außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin dem Grunde nach.
1
Gründe:
2
Die
zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.
3
Gemäß § 86b
Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen
auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer
einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des
materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das
Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare,
anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten
der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet
eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist
auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes
orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005,
Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
4
Die
Antragstellerin hat hinsichtlich der Stromkostennachforderung einen
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Anspruch der
Antragstellerin auf Gewährung eines Darlehns bezüglich der
Stromkostennachforderung der X AG vom 10.07.2012 in Höhe von 958,01 Euro ergibt
sich aus § 22 Abs. 8 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Danach können,
sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden
übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder Behebung einer
vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn
dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten
droht. Geldleistungen sollen als Darlehn erbracht werden. Mit der in § 22 Abs.
8 Satz 1 SGB II genannten Notlage sind solche Konstellationen angesprochen, die
mit der Gefährdung der Sicherung der Unterkunft vergleichbar sind. Insbesondere
in Form von Energiekostenrückständen kommt eine Behebung einer drohenden
Wohnungslosigkeit vergleichbaren Notlage in Betracht. Weiterhin können auch
Kosten, die in der Regelleistung enthalten sind, insbesondere Stromschulden,
eine vergleichbare Notlage auslösen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine
Entscheidung dazu führen würde, dass die Wohnung unbewohnbar würde (vgl.
Lang/Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 22,
Rdn. 105/106).
5
Diese
Voraussetzungen liegen unter Beachtung der existentiellen Bedeutung des
Wohnraums vor. Entsprechend des von der Antragstellerin überreichten Schreibens
der X Vertrieb AG vom 10.07.2012 hat die Antragstellerin hinsichtlich der
Stromkosten noch einen Betrag von 958,01 Euro zu begleichen. Infolge dieser
Rückstände droht nunmehr eine Stromsperre. Die X Vertrieb AG hat in ihrem
Schreiben vom 10.07.2012 der Antragstellerin letztmalig die Gelegenheit
gegeben, die Forderung bis zum 16.07.2012 auszugleichen und angekündigt, bei
fruchtlosem Fristablauf die Energieversorgung ohne erneute Benachrichtigung
einzustellen. Auf telefonische Nachfrage durch den Senat am 18.07.2012 hat die
X Vertrieb AG mitgeteilt, dass ein Aufschub für die Einrichtung der Stromsperre
längstens für eine Woche möglich sein, später ließ sie mitteilen, dass nach
Rücksprache mit dem Außendienst ein Aufschub nicht möglich sei. Entgegen der
Rechtsauffassung des Antragsgegners in dem Bescheid vom 12.03.2012 kann die
Antragstellerin auch nicht ohne weitere Hilfestellung durch den Antragsgegner
auf eine Selbsthilfemöglichkeit verwiesen werden. Es bedarf unter
Berücksichtigung der Dauer und der nicht einzuschätzenden Erfolgsaussicht eines
zivilrechtlichen Rechtsstreites der Prüfung, ob die Antragstellerin zumutbare
Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft hat und inwieweit der Antragsgegner zu
einer Beratung und Hilfestellung verpflichtet war (LSG NRW, Beschluss vom
02.04.2008 - L 7 B 251/07 AS ER; Hammel, info also 6/2011, 251 ff.; Berlit,
a.a.O., Rn.194). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger
Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung
seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leistungsberechtigte
hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf zivilgerichtlichen
Eilrechtsschutz verwiesen werden darf. Denn nach der Rechtsauffassung mehrerer
Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger zu einer Wiederaufnahme der
unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet, wenn zuvor die
gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind (vgl. zur
zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.). Zudem entbindet
eine Mitwirkungsobliegenheit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den
Grundsicherungsträger nicht von seiner in § 17 Sozialgesetzbuch Erstes Buch
(SGB I) begründeten Förderungspflicht. Der Verweis auf zivilgerichtlichen
Eilrechtsschutz bei Unverhältnismäßigkeit drohender Stromsperren (§ 19 Abs. 2
S. 2 StromGVV) erfordert regelmäßig konsequente Beratung und Unterstützung
durch den Leistungsträger (Berlit, a.a.O.). Denn der Grundsicherungsträger muss
dafür Sorge tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur ein
solches Maß an Mitwirkung abverlangt wird, das objektiv und subjektiv zumutbar
ist. Dem entspricht es nicht, einen Leistungsberechtigten, dem es regelmäßig an
Erfahrung auf dem Gebiet des zivilgerichtlichen Eilrechtsschutzes fehlt,
pauschal und ohne das Angebot von (ggf. auch rechtsanwaltlicher) Beratung und
Hilfestellung auf diese besondere Form des gerichtlichen Rechtsschutzes zu
verweisen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Antragstellerin nach
Auskunft des Mitarbeiters der X Vertrieb AG Herr I am 18.07.2012 einen Antrag
auf Ratenzahlung gestellt hat, der mit Schreiben vom 16.07.2012 abgelehnt
worden sei.
6
Auch der
erforderliche Anordnungsgrund liegt vor. Sowohl nach schriftlicher als auch
nach telefonischer Mitteilung der X Vertrieb AG steht die Einrichtung der
Stromsperre unmittelbar bevor. Der beabsichtigte Umzug der Antragstellerin
verschiebt sich nach ihrer Mitteilung auf den 01.08.2013.
7
Die
Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
8
Dieser
Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/sgs/lsg_nrw/j2012/L_7_AS_1256_12_B_ERbeschluss20120718.html
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/08/ein-bezieher-von-leistungen-der.html
Willi S
18.07.2012,- L 7 AS 1256/12 B ER -
Es bedarf unter Berücksichtigung der Dauer und der
nicht einzuschätzenden Erfolgsaussicht eines zivilrechtlichen Rechtsstreites
der Prüfung, ob die Antragstellerin zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten
ausgeschöpft hat und inwieweit der Antragsgegner zu einer Beratung und
Hilfestellung verpflichtet war (LSG NRW, Beschluss vom 02.04.2008 - L 7 B
251/07 AS ER; Hammel, info also 6/2011, 251 ff.Berlit in LPK-SGB II, Kommentar
zum SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 194 ).
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger
Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung
seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der
Leistungsberechtigte hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf
zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz verwiesen werden darf. Denn nach der
Rechtsauffassung mehrerer Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger zu
einer Wiederaufnahme der unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet,
wenn zuvor die gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind (vgl.
zur zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.).
Zudem entbindet eine Mitwirkungsobliegenheit des
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den Grundsicherungsträger nicht von seiner
in § 17 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) begründeten Förderungspflicht. Der
Verweis auf zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz bei Unverhältnismäßigkeit
drohender Stromsperren (§ 19 Abs. 2 S. 2 StromGVV) erfordert regelmäßig
konsequente Beratung und Unterstützung durch den Leistungsträger.
Denn der Grundsicherungsträger muss dafür Sorge
tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur ein solches Maß an
Mitwirkung abverlangt wird, das objektiv und subjektiv zumutbar ist. Dem
entspricht es nicht, einen Leistungsberechtigten, dem es regelmäßig an
Erfahrung auf dem Gebiet des zivilgerichtlichen Eilrechtsschutzes fehlt,
pauschal und ohne das Angebot von (ggf. auch rechtsanwaltlicher) Beratung und
Hilfestellung auf diese besondere Form des gerichtlichen Rechtsschutzes zu
verweisen.
Landessozialgericht NRW, L 7 AS 1256/12 B ER
Datum:
18.07.2012
Gericht:
Landessozialgericht
NRW
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 AS
1256/12 B ER
Vorinstanz:
Sozialgericht
Gelsenkirchen, S 10 AS 1389/12 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung
für Arbeitsuchende
rechtskräftig
Tenor:
Auf die
Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts
Gelsenkirchen vom 26.06.2012 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der
Antragstellerin hinsichtlich der Stromkostennachforderung Leistungen in Höhe
von 958,01 Euro als Darlehn zu gewähren. Der Antragsgegner trägt die
außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin dem Grunde nach.
1
Gründe:
2
Die
zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.
3
Gemäß § 86b
Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen
auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer
einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des
materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das
Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare,
anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten
der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet
eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist
auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes
orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005,
Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
4
Die
Antragstellerin hat hinsichtlich der Stromkostennachforderung einen
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Anspruch der
Antragstellerin auf Gewährung eines Darlehns bezüglich der
Stromkostennachforderung der X AG vom 10.07.2012 in Höhe von 958,01 Euro ergibt
sich aus § 22 Abs. 8 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Danach können,
sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden
übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder Behebung einer
vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn
dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten
droht. Geldleistungen sollen als Darlehn erbracht werden. Mit der in § 22 Abs.
8 Satz 1 SGB II genannten Notlage sind solche Konstellationen angesprochen, die
mit der Gefährdung der Sicherung der Unterkunft vergleichbar sind. Insbesondere
in Form von Energiekostenrückständen kommt eine Behebung einer drohenden
Wohnungslosigkeit vergleichbaren Notlage in Betracht. Weiterhin können auch
Kosten, die in der Regelleistung enthalten sind, insbesondere Stromschulden,
eine vergleichbare Notlage auslösen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine
Entscheidung dazu führen würde, dass die Wohnung unbewohnbar würde (vgl.
Lang/Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 22,
Rdn. 105/106).
5
Diese
Voraussetzungen liegen unter Beachtung der existentiellen Bedeutung des
Wohnraums vor. Entsprechend des von der Antragstellerin überreichten Schreibens
der X Vertrieb AG vom 10.07.2012 hat die Antragstellerin hinsichtlich der
Stromkosten noch einen Betrag von 958,01 Euro zu begleichen. Infolge dieser
Rückstände droht nunmehr eine Stromsperre. Die X Vertrieb AG hat in ihrem
Schreiben vom 10.07.2012 der Antragstellerin letztmalig die Gelegenheit
gegeben, die Forderung bis zum 16.07.2012 auszugleichen und angekündigt, bei
fruchtlosem Fristablauf die Energieversorgung ohne erneute Benachrichtigung
einzustellen. Auf telefonische Nachfrage durch den Senat am 18.07.2012 hat die
X Vertrieb AG mitgeteilt, dass ein Aufschub für die Einrichtung der Stromsperre
längstens für eine Woche möglich sein, später ließ sie mitteilen, dass nach
Rücksprache mit dem Außendienst ein Aufschub nicht möglich sei. Entgegen der
Rechtsauffassung des Antragsgegners in dem Bescheid vom 12.03.2012 kann die
Antragstellerin auch nicht ohne weitere Hilfestellung durch den Antragsgegner
auf eine Selbsthilfemöglichkeit verwiesen werden. Es bedarf unter
Berücksichtigung der Dauer und der nicht einzuschätzenden Erfolgsaussicht eines
zivilrechtlichen Rechtsstreites der Prüfung, ob die Antragstellerin zumutbare
Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft hat und inwieweit der Antragsgegner zu
einer Beratung und Hilfestellung verpflichtet war (LSG NRW, Beschluss vom
02.04.2008 - L 7 B 251/07 AS ER; Hammel, info also 6/2011, 251 ff.; Berlit,
a.a.O., Rn.194). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger
Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung
seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leistungsberechtigte
hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf zivilgerichtlichen
Eilrechtsschutz verwiesen werden darf. Denn nach der Rechtsauffassung mehrerer
Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger zu einer Wiederaufnahme der
unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet, wenn zuvor die
gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind (vgl. zur
zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.). Zudem entbindet
eine Mitwirkungsobliegenheit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den
Grundsicherungsträger nicht von seiner in § 17 Sozialgesetzbuch Erstes Buch
(SGB I) begründeten Förderungspflicht. Der Verweis auf zivilgerichtlichen
Eilrechtsschutz bei Unverhältnismäßigkeit drohender Stromsperren (§ 19 Abs. 2
S. 2 StromGVV) erfordert regelmäßig konsequente Beratung und Unterstützung
durch den Leistungsträger (Berlit, a.a.O.). Denn der Grundsicherungsträger muss
dafür Sorge tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur ein
solches Maß an Mitwirkung abverlangt wird, das objektiv und subjektiv zumutbar
ist. Dem entspricht es nicht, einen Leistungsberechtigten, dem es regelmäßig an
Erfahrung auf dem Gebiet des zivilgerichtlichen Eilrechtsschutzes fehlt,
pauschal und ohne das Angebot von (ggf. auch rechtsanwaltlicher) Beratung und
Hilfestellung auf diese besondere Form des gerichtlichen Rechtsschutzes zu
verweisen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Antragstellerin nach
Auskunft des Mitarbeiters der X Vertrieb AG Herr I am 18.07.2012 einen Antrag
auf Ratenzahlung gestellt hat, der mit Schreiben vom 16.07.2012 abgelehnt
worden sei.
6
Auch der
erforderliche Anordnungsgrund liegt vor. Sowohl nach schriftlicher als auch
nach telefonischer Mitteilung der X Vertrieb AG steht die Einrichtung der
Stromsperre unmittelbar bevor. Der beabsichtigte Umzug der Antragstellerin
verschiebt sich nach ihrer Mitteilung auf den 01.08.2013.
7
Die
Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
8
Dieser
Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/sgs/lsg_nrw/j2012/L_7_AS_1256_12_B_ERbeschluss20120718.html
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Willi S
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