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: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Keine kürzung RGL bei Krankenhausverpflegung SGB XII SG Detmold Sozialgericht Detmold S 2 SO 74/10 , Gerichtsbescheid vom 01.06.2010 , Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 SO 321/10 NZB ,Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt am 28.06.2010.

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Keine kürzung RGL bei Krankenhausverpflegung SGB XII SG Detmold Sozialgericht Detmold S 2 SO 74/10 , Gerichtsbescheid vom 01.06.2010 , Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 SO 321/10 NZB ,Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt am 28.06.2010. Empty Keine kürzung RGL bei Krankenhausverpflegung SGB XII SG Detmold Sozialgericht Detmold S 2 SO 74/10 , Gerichtsbescheid vom 01.06.2010 , Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 SO 321/10 NZB ,Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt am 28.06.2010.

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 8:43 am

Regelsatzkürzung
bei Sozialhilfeempfäger aufgrund von Krankenhausverpflegung ist
rechtswidrig, wenn der Sozialhilfeträger keine individuellen
Ermittlungen durchführt , welche Aufwendungen tatsächlich durch den
Krankenhausaufenthalt erspart worden sind (vgl. dazu BSG , Urteil vom
11.12.2007, B 8/9b SO 21/06 R )


Denn es liegt auch keine
anderweitige Bedarfsdeckung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vor. Ein
Bedarf ist grundsätzlich anderweitig gedeckt, wenn der
Leistungsberechtigte einzelne Leistungen von Dritten erhält.
Andererseits sind Kompensationsüberlegungen dergestalt, dass an anderer
Stelle durch die besondere Situation höhere Kosten entstehen, zu
berücksichtigen (dazu Grube-Wahrendorff, Kommentar zum SGB XII, § 28
Rdnr.1 2; Schellhorn, Kommentar zum SGB XII, § 28 Rdnr. 12 und 13 dort
mit dem Beispiel eines Obdachlosen, der zwar keine Haushaltsenergie
verbraucht, aber anderweitig höhere Kosten etwa für den Kauf warmer
Mahlzeiten hat, gerade weil er auf der Straße lebt). Maßgeblich ist eine
Gesamtbetrachtung.


Bei dem Mittagessen in der Werkstatt für
behinderte Menschen handelt es sich um eine regelmäßige, in den Alltag
des behinderten Menschen integrierte Situation, auf die er sich
regelmäßig planend einstellen kann und die auch keine
Kompensationskosten verursacht. Demgegenüber stellt ein
Krankenhausaufenthalt einschließlich nachfolgender Reha-Maßnahme
regelmäßig keine Alltagssituation dar. Vielmehr muss sich der Betroffene
kurzfristig auf die Situation einstellen, was regelmäßig auch mit
finanziellen Aufwendungen verbunden ist. Einen gesicherten
Erfahrungssatz, dass man in der Haushaltskasse durch einen
Krankenhausaufenthalt Geld sparen könne, gibt es nicht.


Zwar
mag es nahe liegen, dass Kosten für Frühstück, Mittagessen und
Abendessen zumindest teilweise eingespart werden können, andererseits
ist es dann genauso nahe liegend, dass andere Kosten anfallen. So ist es
nicht ungewöhnlich, dass Patienten beispielsweise spontan einen neuen
Schlafanzug oder ein neues Nachthemd, einen Bademantel oder Hausschuhe
benötigen, weil sie zu Hause beispielsweise in Unterwäsche oder stark
abgenutzter Nachtwäsche schlafen. Auch bei einem Reha-Aufenthalt sind
Kompensationskosten nahe liegend, da es nicht ungewöhnlich ist, dass
Patienten aufgefordert werden, beispielsweise einen Jogginganzug,
Sportschuhe oder andere Sportbekleidung mitzubringen. So kann man etwa
nicht regelmäßig davon ausgehen, dass jeder Bezieher von SGB
XII-Leistungen ein paar geeignete Sportschuhe zu Hause hat. Ebenso
fallen in Kliniken regelmäßig Telefonkosten oder Kosten für die Nutzung
des Fernsehapparates auf dem Zimmer an. Regelmäßig ist hierfür
heutzutage zunächst eine Chipkarte eventuell mit Grundgebühr zu
erwerben, für die dann auch noch ein Pfand erhoben wird. Insoweit stehen
der möglichen Kostenersparnis im Bereich der Ernährung dann
Kompensationskosten an anderer Stelle gegenüber.


Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 23.02.2011, - L 12 SO 485/10 -
der Berufung statt gegeben und hat den Rechtsstreit gemäß § 159 Abs. 1
Nr. 3 SGG an das Sozialgericht zurückverwiesen, um den Beteiligten keine
Instanz zu nehmen.


Der Bedarf von Hilfesuchenden wird nach §
28 Abs. 1 Satz 1 nach Regelsätzen erbracht. Dieser Regelsatz betrug im
Januar 2010 für eine Einzelperson 359,00 EUR im Monat. Nach § 28 Abs. 1
Satz 2 SGB XII werden die Bedarfe abweichend festgelegt, wenn im
Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist. Dies
könnte hier der Fall sein. Ob dies so ist und in welcher Höhe, wird vom
Sozialgericht noch zu ermitteln sein.

Der Senat hält es für
denkbar, dass bei einem Krankenhausaufenthalt von einem vollen
Kalendermonat Einsparungen bis zu dem Betrag möglich sind, der im
Regelsatz für Ernährung enthalten ist. Dies kann der von der Beklagten
ermittelte Betrag von 125,65 EUR sein.

Anmerkung : Die
Entscheidung des LSG NRW kann ich in ihrer Argumentation nicht folgen,
d.h. , nicht anschließen, denn es gibt keinen Einkommeneinsatz und keine
abweichende Festlegung des Regelbedarfs wegen kostenlosem Mittagessen
im Krankenhaus.

Denn nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII werden die
Bedarfe abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder
teilweise anderweitig gedeckt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier
nicht vor, denn eine solche abweichende Festlegung ist nur zulässig,
wenn der Bedarf durch eine andere Leistung nach dem SGB XII gedeckt
wird. Dies ist bei der Verpflegung im Krankenhaus nicht der Fall, da es
sich dabei im Regelfall um eine Leistung nach dem SGB V handelt.

Ich bitte um Meinungen zu diesem spannendem Thema.

Willi
2 gräbt immer die besten Entscheidungen aus. Auch für dieses schöne
Urteil meinen herzlichsten Dank. Der Gute "Riecher" von Willi 2 zeigt
sich auch daran, dass wir die Entscheidung des SG Detmold im Forum
bereits diskutiert hatten und nunmehr zur interessanten Rechtsfrage
vorrücken können.

In dem Urteil wird meines Erachtens nicht
hinreichend diskutiert welche Art der Leistung die
Krankenhausverpflegung ist. Handelt es sich um Einkommen oder um eine
anderweitige Deckung des Bedarfes und wie sind die beiden Formen der
"Minderung" voneinander abzugrenzen? Das Landessozialgericht geht hier
wohl davon aus, dass auch Einkommen welches in Natur geleistet wird
unmittelbar zur Minderung des Regelbedarfes führen kann.

Ausgangpunkt ist die Regelung des § 28 Abs.1 S.2 SGB XII der zwei Tatbestandsalternativen aufweist:

1. wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder

2. wenn er unabweisbar erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht, .

Hier
kommt nur die erste Variante in Betracht (vgl, BSG, 11.12.2007 - B 8/9b
SO 21/06 R Rn. 18). Jegliches Einkommen kann den Bedarf mindern.
Leistungen der Sozialhilfe werden nicht als Einkommen berücksichtigt (§
82 Abs.1 SGB XII). Daher kann mit der Minderung des Bedarfes im Sinne
der anderweitigen Deckung nur gemeint sein, dass es sich bei der
anderweitigen Deckung des Bedarfes um eine Leistung der Sozialhilfe
handeln muss (so m.E. richtig dass BSG aaO Rn. 19).

Das LSG hätte
sich mit dieser Rechtssprechung auseinandersetzen und prüfen müssen, ob
der Krankenhaus und/oder der sich daran anschleißende Aufenthalt in
einer REHA-Einrichtung von der Sozialhilfe oder von der Kranken- und
Rentenversicherung erbracht wurde.
Handelt es sich um Krankenhilfe-
oder Behindertenhilfe ist hier an eine anderweitige Deckung des Bedarfes
zu denken, sonst kann es sich um Einkommen handeln, von dem Absetzungen
vorzunehmen sind.

Wenn es sich um Einkommen handelt, stellt sich
die Frage der Anrechenbarkeit dieses Einkommens. Diese ist im SGB XII
in § 82 SGB XII und in § 2 DVO zu § 82 SGB XII geregelt. Dieser Verweist
auf die Anrechnung von Sachbezügen in einem Arbeitsverhältnis (§ 17
Abs. 2 SGB IV). Die Sachbezüge liegen weit über dem nach dem
Regelbedarfsermittlungsgesetz ermittelten Anteil an den Kosten für die
Ernährung.

Bei einem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II
wird die Ernährung die ausserhalb eines Beschäftigungsverhältnisses
erbracht wird nicht angerechnet. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist
daher bei den Empfängern von Leistungen nach dem SGB XII nur dann die
Ernährung anzurechnen, wenn sie im Rahmen der Sozialhilfe erbracht wird.
Ist der Hilfeempfänger in einem Krankenhaus poder einer
REHA-Einrichtung, die von einem anderen Sozialleistungsträger bezahlt
wir untergebracht, so findet mangels ausreichender
Ermächtigungsgrundlage für die Anrechnung keine Anrechnung statt (BSG,
23.03.2010 - B 8 SO 17/09 R).

Ich möchte hier noch weitergehen
und auch in dem Fall, dass der Krankenhausaufenthalt nicht zu Lasten der
Kranken- oder der Rentenversicherung, sondern im Rahmen der
Krankenhilfe oder Eingliederungshilfe von der Sozialhilfe geleistet
wird, keinen Abzug vom Regelbedarf vorzunehmen, denn auch zwischen
diesen Fällen gibt es keinen Unterschied, der eine Ungleichbehandlung
rechtfertigen könnet.

Das SG Detmold, welches nunmehr wieder mit
der Angelegenheit befasst ist kann sich aus dieser Sicht die weiteren
Ermittlungen sparen, sollte aber anders als in der ersten Entscheidung
die Berufung bzw. Sprungrevision zulassen, wenn die Leistungen im Rahmen
der Kranken- und/oder Eingliederungshilfe erbracht wurden.

Zur
Minderung des Bedarfes im Zusammenhang mit den Kosten der Unterkunft
nach dem SGB II habe ich in Frage Nr. 31 in dem Buch Hartz IV 100 Fragen
und Antworten, Baden-Baden 2001 ausfühlich Stellung genommen.

http://www.existenzsicherung.de/forum/viewtopic.php?f=4&t=90

Instanz Sozialgericht Detmold S 2 SO 74/10 01.06.2010
2. Instanz Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 SO 321/10 NZB
3. Instanz
Sachgebiet Sozialhilfe
Entscheidung
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15.12.2009 und
des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2010 verpflichtet, der Klägerin
Grundsicherungsleistungen aus dem ungekürzten Regelsatz zu bewilligen.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten
zu erstatten.

Tatbestand:

Der Klägerin wendet sich gegen
die Kürzung der Grundsicherungsleistung unter dem Aspekt der häuslichen
Ersparnis während einer stationären Krankenbehandlung.

Die
Klägerin erhält von der Beklagten regelmäßig Leistungen der
Grundsicherung. In der Zeit ab dem 23.11.2009 befand sich die Klägerin
im Krankenhaus in C.

Am 21.01.2010 wurde sie in die Reha nach C1
verlegt. Mit Bescheid vom 15.12.2009 bewilligte die Beklagte der
Klägerin für den Monat Januar 2010 wiederum Leistungen der
Grundsicherung. Dabei kürzte sie die Leistungen um 125,65 Euro.
Irgendeine textliche Begründung hierzu enthält der Bescheid nicht.

Gegen
die Kürzung erhob die Klägerin Widerspruch. Die Kürzung des Regelsatzes
sei nicht rechtens, schon gar nicht in der Höhe von 125,65 Euro, da im
Regelsatz nur 40% für die Verpflegung vorgesehen seien. Mit
Widerspruchsbescheid vom 08.03.2010 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII werde der Bedarf abweichend
festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise
anderweitig gedeckt sei.

Während des stationären
Krankenhausaufenthaltes werde der Bedarf insofern anderweitig gedeckt,
als die Klägerin dort kostenlos vollständig verpflegt werde und insofern
eigene Aufwendungen für die Ernährung einspart. Dem genannten Urteil
des SG Detmold sei nicht zu folgen. In den Entscheidungen B 14 AS 22/07 R
und B 4 AS 9/08 R habe das BSG eine abweichende Bedarfsfestsetzung im
SGB XII für möglich erachtet.

Mit der dagegen erhobenen Klage
verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Eine Regelsatzkürzung während
der Zeit des stationären Krankenhausaufenthaltes sei rechtswidrig. So
sei zwar richtig, dass nach § 28 SGB XII der Regelsatz abweichend
festgelegt werden könne, wenn der Bedarf anderweitig gedeckt sei. Da
aber bei Krankenhausaufenthalten keine Ersparnis in der Haushaltskasse
entstehe und die Beklagte keine individuellen Ermittlungen geführt habe,
welche Aufwendungen tatsächlich durch den Krankenhausaufenthalt erspart
worden seien, sei die Regelsatzkürzung rechtswidrig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die
Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.12.2009 und des
Widerspruchsbescheides vom 08.03.2010 zu verpflichten, ihr
Grundsicherungsleistungen aus dem ungekürzten Regelsatz zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre bisherigen Ausführungen.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Verwaltungsverfahrens.

Entscheidungsgründe:

Das
Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher
oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Die
Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist im Sinne von § 54
Absatz 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. Denn der
angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15.12.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 08.03.2010 ist hinsichtlich der Kürzung der
Leistungen der Grundsicherung wegen häuslicher Ersparnisse rechtswidrig
und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Die Klägerin hat für
den Bewilligungszeitraum ab Januar 2009 Anspruch auf Grundsicherung in
ungekürzter Höhe wie in den Monaten zuvor auch. Der gesamte Bedarf des
notwendigen Lebensunterhalts ( ...) wird nach §§ 41 Nr. 1, 28 Abs. 1 SGB
XII mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung ( ...) nach
Regelsätzen erbracht.

Die Bedarfe werden abweichend festgelegt,
wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt
ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem
durchschnittlichen Bedarf abweicht. Die Klägerin hatte auch im Januar
2009 weder Einkommen noch Vermögen, das der Gewährung von Sozialhilfe
entgegensteht. Insbesondere steht auch die in der Klinik gewährte
Verpflegung einem Bedarf nicht als Einkommen entgegen. Insoweit wird auf
die Entscheidung des Bundessozialgerichts zu Aktenzeichen B 8/9b SO
21/06 R vom 11.12.2007 Bezug genommen.

Davon, dass die
Verpflegung ein Einkommen darstelle, geht im Übrigen auch die Beklagte
nicht aus. Es liegt auch keine anderweitige Bedarfsdeckung nach § 28
Abs. 1 Satz 2 SGB XII vor. Ein Bedarf ist grundsätzlich anderweitig
gedeckt, wenn der Leistungsberechtigte einzelne Leistungen von Dritten
erhält. Andererseits sind Kompensationsüberlegungen dergestalt, dass an
anderer Stelle durch die besondere Situation höhere Kosten entstehen, zu
berücksichtigen (dazu Grube-Wahrendorff, Kommentar zum SGB XII, § 28
Rdnr.1 2; Schellhorn, Kommentar zum SGB XII, § 28 Rdnr. 12 und 13 dort
mit dem Beispiel eines Obdachlosen, der zwar keine Haushaltsenergie
verbraucht, aber anderweitig höhere Kosten etwa für den Kauf warmer
Mahlzeiten hat, gerade weil er auf der Straße lebt).

Maßgeblich
ist eine Gesamtbetrachtung (Schellhorn, a.a.O.). Das Bundessozialgericht
hat zwar in seiner Entscheidung B 8/9b SO 21/06 R vom 11.12.2007
dargelegt, dass die regelmäßige Teilnahme an einem Mittagessen in einer
Werkstatt für behinderte Menschen zu einer anteiligen, anderweitigen
Bedarfsdeckung führt.

Dabei ist die anderweitige Bedarfsdeckung
dann aber nach den Ausführungen des BSG konkret zu ermitteln und nicht
einmal das hat die Beklagte im hiesigen Verfahren gemacht. Bereits daran
scheitert hier die Anrechnung einer anderweitigen Bedarfsdeckung, weil
die Beklagte keine Aufstellung gemacht hat, welcher Wert der Klägerin
zugeflossen ist und um welchen Betrag für vergebliche Aufwendungen
allein im Bereich des Essens (verdorbene Lebensmittel daheim) dieser
gegebenenfalls zu reduzieren ist.

Stattdessen meint die hiesige
Beklagte trotz der deutlichen Erläuterungen im Verfahren S 2 (6) SO
72/08, in der sie ebenfalls die Beklagte war, den Regelsatz pauschal um
annähernd den gesamten für Lebensmittel darin vorgesehenen Betrag kürzen
zu dürfen. Diese Vorgehensweise steht auch nicht mit dem oben genannten
Urteil des BSG zum Mittagessen in Werkstätten für behinderte Menschen
im Einklang. Es ist auf jeden Fall konkret zu ermitteln, welcher Bedarf
anderweitig gedeckt ist. Soweit sich die Beklagte auf das Verfahren S 16
SO 73/09 beruft, verkennt sie, dass dort ein Vergleich abgeschlossen
wurde; Vergleiche werden zwischen den Beteiligten und nicht vom Gericht
abgeschlossen.

Eine Entscheidung der 16. Kammer des hiesigen
Gerichts, die der Rechtsprechung der hiesigen Kammer entgegenlaufen
würde, gibt es nicht. Und die BSG-Entscheidungen B 14 AS 22/07 R und B 4
AS 9/08 R betreffen das SGB II und besagen lediglich, dass im SGB II
eine Kürzung des Regelsatzes schon aus generellen, strukturellen Gründen
nicht möglich ist, weil eine Öffnungsklausel entsprechend dem § 28 II
SGB XII dort fehlt. Damit ist aber noch nicht gesagt, wann die
Öffnungsklausel der anderweitigen Bedarfsdeckung im Rahmen des SGB XII
zur Anwendung kommt, wann also ihre tatbestandlichen Voraussetzungen
erfüllt sind. Und die oben genannte Entscheidung des
Bundessozialgerichts zu § 28 II SGB XII im Verfahren B 8/9b SO 21/06 R
vom 11.12.2007 kann zur Überzeugung der hiesigen Kammer, nur weil es den
gemeinsamen Nenner der Gewährung von Verpflegung zwischen beiden
Verfahren gibt, nicht auf die Situation eines gewöhnlichen Aufenthalts
in einem Akutkrankenhaus oder in einer Reha-Klinik übertragen werden.

Denn
die Sachverhalte unterscheiden sich erheblich. Bei dem Mittagessen in
der Werkstatt für behinderte Menschen handelt es sich um eine
regelmäßige, in den Alltag des behinderten Menschen integrierte
Situation, auf die er sich regelmäßig planend einstellen kann und die
auch keine Kompensationskosten verursacht. Demgegenüber stellt ein
Krankenhausaufenthalt einschließlich nachfolgender Reha-Maßnahme
regelmäßig keine Alltagssituation dar. Vielmehr muss sich der Betroffene
kurzfristig auf die Situation einstellen, was regelmäßig auch mit
finanziellen Aufwendungen verbunden ist.

Einen gesicherten
Erfahrungssatz, dass man in der Haushaltskasse durch einen
Krankenhausaufenthalt Geld sparen könne, gibt es nicht; insoweit wird
auf die Anfrage an das statistische Bundesamt im Verfahren S 2 (6) SO
72/08 Bezug genommen. Die hiesige Kammer hatte dort eine entsprechende
Anfrage an das statistische Bundesamt gerichtet. Beim Bundesamt war
entsprechendes Zahlenmaterial nicht verfügbar.

Die objektive
Beweislast für die anderweitige Bedarfsdeckung geht ohnehin zu Lasten
der Beklagten, die es nicht für erforderlich erachtet hat, irgendwelche
Ermittlungen zur anderweitigen Bedarfsdeckung durchzuführen, sondern
pauschal und ungeprüft den Regelsatz um annähernd den gesamten Anteil
für Lebensmittel gekürzt hat. Die Fokussierung der Argumentation auf das
ersparte Essen ist dabei ohnehin zu kurz gegriffen.

Und selbst
sie greift schon nicht, wenn der Betroffene beispielsweise auf dem
Rückweg vom Wocheneinkauf mit dem Fahrrad dergestalt verunglückt, dass
er stationär ins Krankenhaus aufgenommen werden muss, während seine
eingekauften Lebensmittel verderben. Zwar mag es nahe liegen, dass
Kosten für Frühstück, Mittagessen und Abendessen zumindest teilweise
eingespart werden können, andererseits ist es dann genauso nahe liegend,
dass andere Kosten anfallen.

So ist es nicht ungewöhnlich, dass
Patienten beispielsweise spontan einen neuen Schlafanzug oder ein neues
Nachthemd, einen Bademantel oder Hausschuhe benötigen, weil sie zu Hause
beispielsweise in Unterwäsche oder stark abgenutzter Nachtwäsche
schlafen.

Auch bei einem Reha-Aufenthalt sind Kompensationskosten
nahe liegend, da es nicht ungewöhnlich ist, dass Patienten aufgefordert
werden, beispielsweise einen Jogginganzug, Sportschuhe oder andere
Sportbekleidung mitzubringen.

So kann man etwa nicht regelmäßig
davon ausgehen, dass jeder Bezieher von SGB XII-Leistungen ein paar
geeignete Sportschuhe zu Hause hat. Ebenso fallen in Kliniken regelmäßig
Telefonkosten oder Kosten für die Nutzung des Fernsehapparates auf dem
Zimmer an. Regelmäßig ist hierfür heutzutage zunächst eine Chipkarte
eventuell mit Grundgebühr zu erwerben, für die dann auch noch ein Pfand
erhoben wird. Insoweit stehen der möglichen Kostenersparnis im Bereich
der Ernährung dann Kompensationskosten an anderer Stelle gegenüber.

Die
Beklagte hat im Einzelfall nicht ermittelt, welche Kosten die Klägerin
im Rahmen einer Gesamtbetrachtung denn ganz konkret eingespart hätte,
und einen allgemeinen Erfahrungssatz zur Kostenersparnis zugunsten der
privaten Haushaltskasse durch einen Krankenhausaufenthalt oder
Reha-Aufenthalt gibt es wie oben ausgeführt nicht.

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=131877&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Gruß Willi S
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