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: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für ausländische Staatsangehörige bei Aufenthalt zur Arbeitsuche - Unionsbürger - europarechtskonforme Auslegung - Anwendbarkeit des Europäischen Fürsorgeabkommens

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Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für ausländische Staatsangehörige bei Aufenthalt zur Arbeitsuche - Unionsbürger - europarechtskonforme Auslegung - Anwendbarkeit des Europäischen Fürsorgeabkommens  Empty Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für ausländische Staatsangehörige bei Aufenthalt zur Arbeitsuche - Unionsbürger - europarechtskonforme Auslegung - Anwendbarkeit des Europäischen Fürsorgeabkommens

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 11:54 am

Sozialgericht Berlin,Beschluss vom 11.06.2012, - S 205 AS 11266/12 ER -



1.
Die Vorbehaltserklärung der Bundesregierung Deutschland vom 19.
Dezember 2011 gegen die Anwendung des Europäischen Fürsorgeabkommens auf
Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für
Arbeitsuchende - (SGB 2) ist wirksam.

2. Art 4 der Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.
April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
(Verordnung (EG) Nr 883/2004) ist nicht auf besondere
beitragsunabhängige Geldleistungen im Sinne von Artt 3 Abs. 3, 70,
Anhang 10 Verordnung (EG) Nr 883/2004 wie Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitssuchende anzuwenden.

3.
§ 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 ist europarechtskonform dahingehend
teleologisch zu reduzieren, dass die Norm nur auf Ausländer anzuwenden
ist, die weder in Deutschland integriert sind noch Verbindungen zum
nationalen Arbeitsmarkt aufweisen.




BRB · Sozialgericht Berlin 205. Kammer
Beschluss Format HTM PDF RTF XML
1. Instanz Sozialgericht Berlin S 205 AS 11266/12 ER 11.06.2012
2. Instanz
3. Instanz
Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitsuchende
Entscheidung
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

Der am 2. Mai beim angerufenen Gericht eingegangene Antrag der Antragsteller vom gleichen Tage,

den
Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
umgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie
Unterkunfts- und Heizkosten fortlaufend ab 1. Mai 2012 weiter zu
gewähren,

hat keinen Erfolg.

Eine einstweilige Anordnung
zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche
Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b
Abs. 2 Satz 2 SGG). Das ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne
eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare
Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der
Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 ff.). Eine
solche Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller einen
Anordnungsgrund, das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit, und einen
Anordnungsanspruch, das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den
sich ihr Begehren stützt, glaubhaft gemacht hat (§ 86 b Abs. 2 Satz 2
und 4 SGG iVm §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Bei der erforderlichen
Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist im Bereich der Leistungen nach
des SGB II die Erfolgsaussicht der Hauptsache nicht nur summarisch,
sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 -
1 BvR 569/05). Ist dem Gericht allerdings im Eilverfahren trotz
Amtsermittlungsgrundsatz eine vollständige Aufklärung der Sach- und
Rechtslage nicht möglich, so muss anhand der Folgenabwägung entschieden
werden. Hierbei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers
einzubeziehen.

Der Antrag ist unbegründet. Es besteht kein
Anordnungsanspruch (1.). Die Antragsteller sind zwar
Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (a), indes sind sie
als Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der
Arbeitssuche ergibt, nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von
Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen (b). Dieser Leistungsausschluss
ist bei europarechtskonformer Auslegung anwendbar (c). Die
Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes nach dem SGB XII (d). Eine Folgenabwägung, die
eine andere, für die Antragsteller günstigere Entscheidung ermöglichen
könnte, ist nicht vorzunehmen (2.).

1.) a) Leistungen nach dem
SGB II erhalten nur erwerbsfähige Leistungsberechtigte (§ 7 Abs. 1 Satz 1
SGB II). Dies sind nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB
II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze
nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3.
hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen haben die Antragsteller glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin zu 1.) ist am 1967 geboren. Der Antragsteller zu 2.) ist am 1959 geboren.

Zweifel
an der Erwerbsfähigkeit sind nicht ersichtlich. § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB
II steht dem nicht entgegen, denn die Antragsteller sind
Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs und genießen als
Unionsbürger uneingeschränkte Freizügigkeit als Arbeitnehmer oder
Arbeitssuchende (Wolff-Dellen, in: Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl., §
8 Rn. 14; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 8 Rn. 34;
Armborst, in: LPK-SGB II, 4. Aufl., § 8 Rn. 25; Fahlbusch, in:
Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.03.2012, § 8 SGB II
Rn. 12).

Ausweislich der eingereichten Kontoauszüge und der
glaubhaften Angaben zum fehlenden Einkommen der Antragstellerin zu 1.)
und des sehr geringen Einkommens des Antragstellers zu 2.) sind die
Antragsteller hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II.

Schließlich
sind die Antragsteller ausweislich der Freizügigkeitsbescheinigungen
des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten –
Ausländerbehörde – vom 5. Mai 2011 zum Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland berechtigt.

b) Ausgenommen von Leistungen nach dem
SGB II sind jedoch Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht
sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
SGB II).

Dies ist bei den Antragstellern der Fall. Das
Aufenthaltsrecht der Antragsteller folgt allein aus dem Zweck der
Arbeitssuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU).

Die
Antragstellerin zu 1.) hat kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin (§ 2
Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU). Ihre Tätigkeit als
"Kindertheater-Projektentwicklerin" endete am 30. April 2011. Danach war
sie lediglich an einzelnen Tagen, am 11. Mai 2011, 18. Mai 2011, 17.
Oktober 2011 und 28. Oktober 2011 für die M M C Ltd. als Komparsin beim
Film beschäftigt.

Ihre Eigenschaft als Erwerbstätige wird nicht
nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU fingiert, da ihre letzte Tätigkeit zumindest
ein halbes Jahr her ist und sie nicht mehr als ein Jahr tätig gewesen
ist. Die Tätigkeit als "Kindertheater-Projektentwicklerin" dauerte
lediglich vier Monate.

Entgegen seiner Auffassung ist der
Antragsteller zu 2.) nicht als selbständig Erwerbstätiger nach § 2 Abs. 2
Nr. 2 FreizügG/EU aufenthaltsberechtigt.

Dies setzt nämlich
voraus, dass eine Tätigkeit als Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat
tatsächlich ausgeübt wird (BSG, Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R,
Rn. 19). Zwar ist nicht erforderlich, dass der Gewinn aus der
selbstständigen Tätigkeit das notwendige Existenzminimum deckt (OVG
Bremen, B. v. 21.6.2010 - 1 B 137/10). Voraussetzung ist indes, dass
eine wirtschaftliche Tätigkeit auf unbestimmte Zeit mittels einer festen
Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat tatsächlich ausgeübt wird
(EuGH, Urt. v. 25.07.1991 – Rs. C-221/89 – Factortame, Rn. 20).

Wie
bei Arbeitnehmern ist im Hinblick auf die Qualität der selbständigen
Tätigkeit zu fordern, dass diese nicht völlig untergeordnet und
unwesentlich ist (Hessisches LSG, B. v. 14.07.2011 - L 7 AS 107/11 B ER,
Rn. 14, juris; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 22.07.2010 - L 14 AS
763/10 B ER; OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 1996, 708, 709; OVG
Bremen, B. v. 21.06.2010 - 1 B 137/10, Rn. 10, juris; Hailbronner,
Ausländerrecht, 54. EL Oktober 2007, § 2 FreizügG/EU Rn. 44; LSG
Berlin-Brandenburg, B. v. 09.09.2010 - L 10 AS 1023/10 B ER, L 10 AS
1028/10 B PKH, Rn. 13, juris; wohl auch LSG Niedersachsen-Bremen, B. v.
23.05.2012 – L 9 AS 47/12 B ER, Rn. 53, juris; für Arbeitnehmer vgl.
BSG, Urt. v. 19.10.2010, - B 14 AS 23/10 R, Rn. 18, mwN).

Die
Tätigkeit muss entsprechend dem Sinn und Zweck, der Verwirklichung des
Binnenmarktes, eine Beteiligung am wirtschaftlichen Leben darstellen,
sodass das Entgelt dementsprechend nicht völlig unerheblich sein darf
(Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AUEV, 5. Aufl., Art. 49 AEUV Rn. 5,
a. A. Hessisches LSG; aaO).

Der vom Antragsteller zu 2.) auf der
Basis seiner selbständigen Tätigkeit erzielte Gewinn kann nur als
vollkommen untergeordnet, unwesentlich und unerheblich qualifiziert
werden. Glaubhaft gemacht hat der Antragsteller zu 2.) im letzten halben
Jahr Einnahmen aus Konzerten in Höhe von 100,00 EUR. Es handelte sich
um ein Konzert am 6. Mai 2012, für welches die Band des Antragstellers
zu 2.) 300,00 EUR Honorar erhalten hat, welches nach seinen Angaben auf
drei Bandmitglieder zu verteilen ist. Überdies hat der Antragsteller zu
2.) im Schriftsatz vom 7. Juni 2012 ausgeführt, pro Auftritt ca. 20,00
bis 50,00 EUR an Honorar zu erzielen und im letzten halben Jahr neun
Auftritte absolviert zu haben. Selbst diese nicht glaubhaft gemachten
Angaben als wahr unterstellt, ergäben sich maximal Einnahmen in Höhe von
150,00 EUR für das letzte halbe Jahr, mithin 25,00 EUR pro Monat. In
Anbetracht des Umstandes, dass der Antragsteller zu 2.) ausweislich
seiner eingereichten Einschätzung zum voraussichtlichen Einkommen aus
selbständiger Tätigkeit Betriebsausgaben in Höhe von 134,00 EUR bis
184,00 EUR aufwendet, ist ein Gewinn nicht ersichtlich. Dies gilt selbst
dann, wenn man die Behauptung des Antragstellers zu 2.) als richtig
unterstellt, er erhalte inzwischen 80,00 EUR pro Monat aus einem –
glaubhaft gemachten – Unterrichtsvertrag.

Dem kann nicht entgegen
gehalten werden, dass sich das Unternehmen des Antragstellers zu 2.)
noch in der Aufbau- oder Gründungsphase befindet (vgl. hierzu OVG
Bremen, B. v. 21.06.2010 - 1 B 137/10, Rn. 11). Der Antragsteller zu 2.)
ist bereits seit Juli 2010 in Deutschland versucht, seinen
Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als Musiker zu bestreiten, ohne
dass sich die Erzielung von Gewinn ersehen ließe. Nach zwei Jahren
Tätigkeit dürfte grundsätzlich von einer Gründungsphase nicht mehr
gesprochen werden können (vgl. auch § 16b Abs. 2 Satz 1 SGB II). In
Anbetracht der verhältnismäßig geringfügig notwendigen Investitions- und
Vorhaltekosten dürfte wohl kaum von einem langfristigen Investment die
Rede sein können.

Schließlich sind die Antragsteller erst im Juli
2010 nach Deutschland eingereist, sodass sie kein Aufenthaltsrecht aus §
4a FreizügG/EU herleiten können.

c) Der Leistungsausschluss nach
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist anwendbar, denn er verstößt weder
gegen das Europäische Fürsorgeabkommen noch – bei europarechtskonformer
Auslegung – gegen das Recht der Europäischen Union.

aa) Der
Leistungsausschluss verstößt nicht gegen das das Gleichbehandlungsgebot
des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) vom 11. Dezember
1953 (in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz vom 15. Mai 1959 (BGBl.
1956 Teil II, S. 564)), denn aufgrund der Vorbehaltserklärung der
Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 16 b) Satz 2 EFA vom 19. Dezember
2011 ist das EFA im Bereich des SGB II nicht mehr anzuwenden.

(1)
Das Europäische Fürsorgeabkommen ist in Deutschland weiterhin anwendbar
und wird nicht durch Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden:
Verordnung (EG) Nr. 883/2004) verdrängt.

Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1
Verordnung (EG) Nr. 883/2044 tritt diese Verordnung im Rahmen ihres
Geltungsbereichs an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten
geltenden Abkommen über soziale Sicherheit. Die Koordinierungsregel gilt
nur für Abkommen über soziale Sicherheit.

Das EFA ist kein
Abkommen über die soziale Sicherheit (BSG, Urt. v. 19.10.2010 – B 14 AS
23/10 R, Rn. 30, juris, a. A. Bayerisches LSG, B. v. 12.03.2008 - L 7 B
1104/07 AS ER; Schreiber, in: ders./Wunder/Dern, Verordnung (EG) Nr.
883/2004, Art. 70 Rn. 28). Allein der Umstand, dass die frühere
Legaldefinition des Art. 1 lit. k Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates
vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf
Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und
abwandern, wonach unter Abkommen über die soziale Sicherheit jede zwei-
oder mehrseitige Vereinbarung, die auf dem Gebiet der sozialen
Sicherheit für alle oder einen Teil der in Artikel 4 Absätze 1 und 2
bezeichneten Zweige und Systeme ausschließlich zwischen zwei oder mehr
Mitgliedstaaten jetzt oder künftig in Kraft ist, jede mehrseitige
Vereinbarung, die für mindestens zwei Mitgliedstaaten und ein oder
mehrere Drittländer jetzt oder künftig in Kraft ist und ferner alle im
Rahmen dieser Vereinbarungen getroffenen weiteren Vereinbarungen jeder
Art, zu verstehen ist, nicht mehr in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
aufgeführt ist, lässt keine Abweichung von der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts zu. Es ist kein Grund ersichtlich, die frühere
Legaldefinition nicht auch im zeitlichen Anwendungsbereich der
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zu berücksichtigen.

Darüber hinaus
sind Leistungen der sozialen Sicherheit nach der Rechtssprechung des
EuGH Leistungen, die dem Begünstigten aufgrund eines gesetzlich
umschriebenen Tatbestands gewährt wird, ohne dass im Einzelfall eine in
das Ermessen gestellte Prüfung des persönlichen Bedarfs erfolgt, und
wenn sie sich auf eines der in Art 3 Abs 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004
ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht (Utz, in: Beck’scher
Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.03.2012, Art. 3 Verordnung (EG)
Nr. 883/2004 Rn. 3, mwN). Hierunter fallen Fürsorgeleistungen nach dem
EFA nicht. Nach Art. 2 a. i. EFA ist "Fürsorge" jede Fürsorge, die jeder
der Vertragschließenden nach den in dem jeweiligen Teile seines
Gebietes geltenden Rechtsvorschriften gewährt und wonach Personen ohne
ausreichende Mittel die Mittel für ihren Lebensbedarf sowie die
Betreuung erhalten, die ihre Lage erfordert. Einen Bezug zu den in Art. 3
Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 genannten Risiken weisen
Fürsorgeleistungen in diesem Sinne nicht auf. Dieses Ergebnis wird
gestützt durch die Überschrift des Artikels 8 Verordnung (EG) Nr.
883/2004, wonach diese Vorschrift das Verhältnis der Verordnung zu
anderen "Koordinierungsregelungen" regeln soll. Das EFA bezweckt nicht
die Koordinierung unterschiedlicher Systeme der sozialen Sicherheit.

Da
es sich beim EFA bereits nicht um ein Abkommen über soziale Sicherheit
im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 handelt,
ist irrelevant, dass es nicht nach Art. 8 Abs. 1 Satz 3 Verordnung (EG)
Nr. 883/2004 im Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 aufgeführt
ist.

(2) Danach ist dass EFA weiterhin grundsätzlich anzuwenden,
jedoch können Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem
SGB II aufgrund der Vorbehaltserklärung der Bundesrepublik Deutschland
gemäß Art. 16 b) Satz 2 EFA vom 19. Dezember 2011 nicht mehr als
Fürsorgeleistungen angesehen werden.

An der Wirksamkeit des
Vorbehalts bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Nach Art. 16 b) Satz
2 EFA kann jeder Vertragsschließende gleichzeitig mit der Mitteilung
einer neuen Rechtsvorschrift, die im Anhang I des EFA noch nicht
aufgeführt ist, Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser neuen
Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen
Vertragschließenden machen.

Die Voraussetzungen sind erfüllt,
denn es handelt sich beim SGB II um eine "neue Rechtsvorschrift" im
Sinne der Norm. Das EFA ist bereits seit 1956 geltendes Bundesrecht
(vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R, Rn. 24, juris). Daher
ist das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene SGB II "neu", denn es ist
zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten, als das EFA bereits sowohl
völkerrechtlich als auch bundesrechtlich wirksam gewesen ist.

Unerheblich
ist insoweit, ob das SGB II Nachfolger des Bundessozialhilfegesetzes
(BSHG) ist, denn es könnte allenfalls dann als nicht mehr "neu"
bezeichnet werden, wenn das SGB II gleichsam wesensgleich mit dem BSHG
wäre und es lediglich um eine reine – möglicherweise missbräuchliche –
Neubezeichnung ginge (a. A. SG Düsseldorf, B. v. 26.04.2012 - S 10 AS
1258/12 ER). Dies ist nicht der Fall, denn das SGB II brachte die
Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und ist damit
keine reine Sozialhilfe, sondern ein "Mischsystem".

Unschädlich
ist ferner, dass die Vorbehaltserklärung als Reaktion auf das gerade
zitierte Urteil des Bundessozialgerichtes vom 19. Oktober 2010 erfolgte
(a. A. LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 9.05.2012 – L 19 AS 794/12 B ER).
Die Motivation der Bundesregierung hat die Kammer nicht zu hinterfragen.
Entscheidend ist allein, ob das SGB II "neu" im Sinne des Art. 16 b)
Satz 2 EFA ist. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts ist für diese
Frage nicht relevant, denn die Vorbehaltserklärung richtet sich nicht
gegen das Urteil, sondern gegen die Anwendung des EFA. Eine überzeugende
Begründung, weshalb das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene SGB II
keine "neue" Rechtsvorschrift sein soll, ist bisher nicht ersichtlich.
Art. 16 b) Satz 2 EFA enthält keinerlei Frist, bis wann ein Vorbehalt
erklärt werden muss (so auch SG Berlin, B. v. 14.05.2012 – S 124 AS
7164/12 ER, Rn. 36, juris.) Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass
die Rechtsvorschrift dann nicht mehr "neu" ist, wenn sie – wie hier –
bereits vor einigen Jahren in Kraft getreten ist. Er erscheint nicht
überzeugend, in das EFA ohne jeden konkreten Anhaltspunkt eine Frist für
die Erklärung eines Vorbehalts hineinzulesen, ohne den Begriff "neu"
anders als "nach dem Inkrafttreten des EFA in Kraft getreten" zu
definieren. Es ist nicht erkennbar, ab welcher Frist ein Gesetz seinen
Status als "neu" verlieren soll. Ohne entsprechende dem Gesetz
entnommene oder jedenfalls entlehnte Definition ist der Kammer eine
anderweitige Subsumtion nicht möglich.

Der Vorbehalt ist nicht
wegen Verwirkung unwirksam. Verwirkung setzt neben einem – hier wohl
erfüllten – Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Verwirkung erfordert
daher, dass der Berechtigte mit der Geltendmachung längere Zeit gewartet
hat und "besondere Umstände" hinzugetreten sind, die die nunmehrige
Ausübung als unzulässig erscheinen lassen (vgl. BSGE 41, 275, 278; BSGE
47, 194, 197). Es bedarf eines bestimmten Verwirkungsverhalten (BSG,
Urt. v. 29.01.1997 - 5 RJ 52/94). Ein solches Umstandsmoment ist weder
vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Es handelt sich bei der
Vorbehaltserklärung nicht um eine verdeckte Teilkündigung des EFA,
welche nach Art. 19 lit. c) Wiener Übereinkommen über das Recht der
Verträge (WVK) unwirksam ist, da diese mit Ziel und Zweck des EFA nicht
vereinbar sei (vgl. hierzu den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
auf Rücknahme des Vorbehalts, BT-Drs. 17/9036, S. 4). Denn Art. 16 lit.
b) Satz 2 EFA ist ersichtlich eine verdrängende Spezialvorschrift (LSG
Berlin-Brandenburg, B. v. 9.05.2012 – L 19 AS 794/12 B ER; SG Berlin, B.
v. 14.05.2012 – S 124 AS 7164/12 ER, Rn. 32, juris). Dies folgt bereits
daraus, dass Art. 16 lit. b) Satz 2 EFA im Gegensatz zu Art. 19 WVK
Vorbehalte nach Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung
eines Vertrags oder beim Beitritt vorsieht und damit einen zeitlich
vollkommen anderen Anwendungsbereich aufweist.

Die Vorbehaltserklärung bedurfte keiner Zustimmung des Bundestags in Form eines Bundesgesetzes.

Nach
Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bedürfen Verträge, welche die politischen
Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der
Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der
jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der
Form eines Bundesgesetzes. Unter völkerrechtlichen Verträgen sind alle
Übereinkünfte zwischen zwei oder mehr Völkerrechtssubjekten zu
verstehen, durch welche die zwischen ihnen bestehende Rechtslage
verändert werden soll (BVerfG, NJW 1985, 603ff; BVerfG, NJW 1994, 2207,
2212). Unerheblich sind die Form und der Regelungsgegenstand; es kommt
insbesondere nicht darauf an, ob eine Übereinkunft als Vertrag
bezeichnet wird (BVerfG, aaO). Entscheidend ist die durch
übereinstimmende Willenserklärungen erzielte Einigung zwischen
Völkerrechtssubjekten über bestimmte völkerrechtliche Rechtsfolgen
(BVerfG, aaO). Die einseitige Vorbehaltserklärung der Bundesrepublik
Deutschland kann aufgrund der mangelnden Beteiligung mehrerer
Völkerrechtssubjektive nicht als "Vertrag" im Sinne des Art. 59 Abs. 2
Satz 1 GG qualifiziert werden (SG Berlin, B. v. 14.05.2012 – S 124 AS
7164/12 ER, Rn. 36, juris). Das Zustimmungserfordernis Art. 59 Abs. 2
Satz 1 GG ist auf völkerrechtliche Verträge beschränkt (BVerfG, aaO).
Die Vorschrift ist nicht analog auf andere völkerrechtliche
Rechtsquellen anzuwenden, auch wenn diese sich auf den Inhalt
völkerrechtlicher Verträge auswirken (BVerfG, aaO).

Selbst wenn
man der gegenteiligen Auffassung folgte, wonach eine analoge Anwendung
dann gerechtfertigt, wenn die Bundesrepublik Deutschland mit einer
einseitigen Willenserklärung zusätzliche Bindungen übernimmt (Jarass,
in: ders./Pieroth, GG, 11. Aufl., Art. 59 Rn. 11), führt dies hier zu
keinem anderen Ergebnis, da durch den Vorbehalt keine weitergehenden
Pflichten als bisher übernommen werden.

Etwas anderes folgt nicht
aus der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, wonach
der parlamentarische Gesetzgeber gerade dann, wenn es um die Sicherung
der Menschenwürde und der menschlichen Existenz geht, die für die
Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen hat
(statt vieler nur BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1
BvL 4/09, Rn. 136).

Insoweit dürfte Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG
abschließenden Charakter zuzusprechen sein, sodass die allgemeine
Wesentlichkeitstheorie nicht zur Anwendung gelangen kann (vgl. BVerfGE
68, 1, 68; 104, 151, 160ff.; a. A. Nettesheim, in: Maunz-Dürig, GG, Art.
59 Rn. 164).

Dies kann hier jedoch offen bleiben, denn der
parlamentarische Gesetzgeber hat in dem Zustimmungsgesetz zum EFA vom
15. Mai 1956 Art. 16 lit. b. EFA ausdrücklich zugestimmt (BGBl. II, 563,
568). Die Ermächtigungsnorm ist als Rechtsgrundlage ausreichend, da sie
alle wesentlichen Vorgaben enthält (SG Berlin, B. v. 14.05.2012 – S 124
AS 7164/12 ER, Rn. 36, juris; a. A. SG Berlin, B. v. 25.04.2012 - S 55
AS 9238/12, Rn. 58, juris). Hiernach besteht die Möglichkeit, Vorbehalte
bei neuen Rechtsvorschriften zu erklären. Weder musste der
parlamentarische Gesetzgeber näher konkretisieren, was unter "neuen
Rechtsvorschriften" zu verstehen ist, denn der Begriff "neu" ist
hinreichend bestimmt; unterschiedliche Auslegungsergebnisse lassen
Zweifel an der Bestimmtheit nicht besorgen. Noch musste der Gesetzgeber
näher regeln, welche Art von Vorbehalten der "Vertragsschließende"
erklären darf, denn eine solche Konkretisierung kann er zwangsläufig
nicht vornehmen. Der Vorbehalt darf sich nur auf neue Rechtsvorschriften
beziehen. Da der parlamentarische Gesetzgeber bei Erlass des
Zustimmungsgesetzes nicht wissen konnte, welche Rechtsvorschriften
später erlassen werden, konnte er die Art der möglichen zu erklärenden
Vorbehalte nicht näher präzisieren.

bb) Der Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstößt nach wohl nahezu
einhelliger Auffassung nicht gegen Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das
Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im
Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur
Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der
Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG,
75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (vgl. nur EuGH, Urt. v.
4.09.2009 – verb. Rs. C-22/08 und C-23/08 – Vatsouras und Koupatantze,
info also 2009, 217; SG Osnabrück, B. v. 19.10.2011 – S 16 AS 711/11 ER;
SG Berlin, B. v. 14.05.2012 – S 124 AS 7164/12 ER; SG Berlin, Urteil
vom 16.12.2011 – S 26 AS 10021/08; LSG Berlin-Brandenburg, B. v.
29.02.2012 - L 20 AS 2347/11 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, B. v.
05.03.2012 - L 29 AS 414/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, B. v.
03.04.2012 - L 5 AS 2157/11 B ER).

Insoweit können die Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes von den Leistungen zur
Eingliederung in Arbeit getrennt bewertet werden und als "Sozialhilfe"
eingestuft werden (vgl. BSG, Urt. v. 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R, Rn.
27; instruktiv LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 10.05.2012 – L 20 AS 802/12
B ER; Wolff-Dellen, in: Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl., § 7 RN. 13;
vgl. bereits Strick, NJW 2005, 2182, 2184, a. A. Spellbrink, in:
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rn. 18).

Die erkennende Kammer schließt sich der vorherrschenden Auffassung an.

cc) Ebenso wenig verstößt § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II gegen Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004.

Umstritten
ist, ob Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auf besondere
beitragsunabhängige Geldleistungen anzuwenden ist (ablehnend SG Berlin,
B. v. 14.05.2012 – S 124 AS 7164/12 ER; Rn. 56, juris; Otting, in:
Hauck/Noftz, Grundwerk V/10, Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Rn.
9f.; wohl auch Utz, aaO, Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Rn. 1, 7;
wohl auch Eichenhofer, in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl.
Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Rn. 1,4; bejahend SG Berlin, B. v.
8.05.2012 - S 91 AS 8804/12 ER; Rn. 10ff, juris; Schreiber aaO, Art. 75
Rn. 35; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB II, 43. EL I/12, § 7 Rn. 145;
unklar Dern, in: Schreiber/Wunder/Dern, aaO, Art. 4 Rn. 3).

Die
erkennende Kammer folgt der Auffassung, wonach Art. 4 Verordnung (EG)
Nr. 883/2004 nicht im Anwendungsbereich der besonderen
beitragsunabhängigen Geldleistungen (hier: Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II) anzuwenden ist.

(1) Der
Wortlaut spricht klar und deutlich für diese Auffassung. Nach der
Legaldefinition des Art. 1 lit. l Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sind
"Rechtsvorschriften" alle Rechtsvorschriften "in Bezug auf die in
Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit". Leistungen
nach dem SGB II sind keine Leistungen nach Art. 3 Abs. 1 Verordnung
(EG) Nr. 883/2004, sondern allenfalls besondere beitragsunabhängige
Leistungen im Sinne von Artt. 3 Abs. 3, 70 Verordnung (EG) Nr. 883/2004.

(2)
Dieses Ergebnis wird durch einen Vergleich der Verordnung (EG) Nr.
883/2004 mit der Vorgängerverordnung, gestützt. Diese
Vorgängerverordnung (Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni
1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf
Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern) sah in Art. 1 lit. j VO
1408/71 ebenfalls eine Legaldefinition des Begriffs "Rechtsvorschriften"
vor. Darin waren die "beitragsunabhängigen Sonderleistungen" explizit
aufgeführt. Es ist anzunehmen, dass der Verordnungsgeber mit dem
geänderten Wortlaut eine Änderung der Rechtslage bezweckte.

(3)
Die Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, insbesondere Nr. 5
und Nr. 32, sprechen nicht für Auslegung des Begriffs
"Rechtsvorschriften" dahingehend, dass dieser in Art. 4 Verordnung (EG)
Nr. 883/2004 auch besondere beitragsunabhängige Geldleistungen umfasst
(a. A. SG Berlin, B. v. 8.05.2012 - S 91 AS 8804/12 ER, Rn. 15, juris).

Erwägungsgrund
Nr. 5 spricht davon, dass die betreffenden Personen nach den nationalen
Rechtsvorschriften gleich zu behandeln sind. Zum Anwendungsbereich und
zum Begriff der "Rechtsvorschriften" sagt der Erwägungsgrund nichts.
Vielmehr spricht die Bezugnahme auf Erwägungsgrund Nr. 4 ("bei dieser
Koordinierung"), dass damit die in Erwägungsgrund Nr. 4 genannten
Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gemeint sind. Insoweit
spricht Erwägungsgrund Nr. 4 eher dafür, dass mit Rechtsvorschriften
tatsächlich nur diejenigen über die soziale Sicherheit und nicht
diejenigen über beitragsunabhängige Leistungen sein sollen.

Erwägungsgrund
Nr. 32 spricht ebenfalls eher für eine enge Auslegung. Danach soll zwar
die Mobilität der Arbeitnehmer gerade bei der Arbeitssuche gefördert
werden. Als Instrumentarium hierfür nennt der Verordnungsgeber eine
stärkere und wirksamere Koordinierung zwischen den Systemen der
Arbeitslosenversicherung und der Arbeitsverwaltung aller Mitgliedstaaten
und gerade nicht die Gewährung beitragsunabhängiger Geldleistungen.

(4)
Die systematische Auslegung zeigt zwar, dass der Verordnungsgeber den
Begriff "Rechtsvorschriften" nicht durchgehend dahingehend verstehen
kann, dass damit stets nur solche der sozialen Sicherheit gemeint sind.
Daraus lässt sich indes nur ableiten, dass eine Abweichung von der
Legaldefinition des Art. 1 lit. l Verordnung (EG) Nr. 883/2004 dann
erforderlich ist, wenn die konkrete Norm anders ihren Sinn und Zweck
nicht erfüllen kann. Die erkannte fehlende Stringenz beantwortet
allerdings noch nicht die Frage, ob auch in Art. 4 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 eine vom Wortlaut (der Legaldefinition) abweichende
Interpretation geboten ist. Dies ist nicht der Fall.

Art. 70 Abs.
3 Verordnung (EG) Nr. 883/2004schließt im Bereich der besonderen
beitragsunabhängigen Geldleistungen die Anwendung des Art. 7 Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 aus. Aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber nicht
auch Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 genannt hat, lässt sich keine
eindeutige Schlussfolgerung ziehen. Einerseits ließe sich vertreten,
dass der Verordnungsgeber dies nicht musste, weil Art. 4 Verordnung (EG)
Nr. 883/2004 von vorneherein nur auf Leistungssysteme nach Art. 3 Abs. 1
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden ist. Hiernach wäre die
Erwähnung des Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Art. 70 Abs. 3
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 überflüssig. Andererseits lässt sich ebenso
gut vertreten, dass der Verordnungsgeber Art. 4 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 nicht durch Art. 70 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 883/2004
ausschließen wollte, da er dies anderenfalls zumindest klargestellt
hätte.

Die Anordnung der Nichtanwendung von Art. 7 Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 zeigt – wie bereits erwähnt – deutlich auf, dass der
Verordnungsgeber selbst nicht stringent an der Legaldefinition des Art. 1
lit. l Verordnung (EG) Nr. 883/2004 festhält. Auch Art. 7 befasst sich
mit "Rechtsvorschriften". Würde man in dieser Konstellation den Begriff
"Rechtsvorschriften" im Sinne der Legaldefinition interpretieren, wäre
der Ausschluss in Art. 70 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 883/2004
überflüssig (SG Berlin, B. v. 8.05.2012 - S 91 AS 8804/12 ER, Rn. 13,
juris). Es bedürfte keines Anwendungsausschlusses einer Vorschrift, die
ohnehin nur für Rechtsvorschriften im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 gilt und damit auf beitragsunabhängige Leistungen per
se nicht anzuwenden wäre. Allerdings lässt sich auch insoweit
vertreten, dass der Verordnungsgeber lediglich eine Klarstellung
beabsichtigte.

Art. 70 Abs. 4 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004
liefert ebenfalls kein zwingendes systematisches Argument. Die Norm
verbietet den Export von besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen.
Zwar setzt die Vorschrift damit zwingend voraus, dass
beitragsunabhängige Leistungen gewährt werden. Dies spräche dafür, dass
der Gleichbehandlungsgrundsatz den Mitgliedstaaten auch bei
beitragsunabhängigen Leistungen verbietet, Angehörigen anderer
EU-Mitgliedstaaten derartige Leistungen in diskriminierender Weise
vorzuenthalten (SG Berlin, B. v. 8.05.2012 - S 91 AS 8804/12 ER, Rn. 13,
juris). Indes ist dieses Ergebnis ebenfalls nicht zwingend. Es ist ohne
weiteres zwanglos denkbar, dass wenn man Art. 4 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 nicht auf beitragsunabhängige Leistungen anwendet, ein oder
mehrere Mitgliedstaaten auch ohne diesen sekundärrechtlichen Zwang
beitragsunabhängige Leistungen gewähren und in diesem Fall das aus Art.
70 Abs. 4 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 herzuleitende Exportverbot
eingreift. Es lässt sich jedenfalls nicht mit der erforderlichen
Sicherheit erkennen, dass das Verbot des Leistungsexportes in keinem
oder nur in einer verschwindend geringen Anzahl von Mitgliedstaaten
Geltung beanspruchen könnte. Nur, weil in Deutschland eine einzige
besondere beitragsunabhängige Geldleistung Ausländer nicht gewährt wird,
lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass sämtliche der ca. 70 in
Anhang X Verordnung (EG) Nr. 883/2004 genannten beitragsunabhängigen
Leistungen dann nicht mehr Ausländern gewährt würden, wenn man Art. 4
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nicht auch auf diese anwendet. Mithin ist
nicht belegt, dass das Exportverbot keinen sachlichen Anwendungsbereich
hätte und damit sinnlos wäre, würde man Art. 4 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 nicht auf beitragsunabhängige Leistungen anwenden.

Nichtsdestotrotz
lässt sich Art. 70 Abs. 4 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 abermals
entnehmen, dass der Begriff der "Rechtsvorschriften" nicht stets wie in
der Legaldefinition aus Art. 1 lit. l Verordnung (EG) Nr. 883/2004
ausgelegt werden kann. In diesem Falle würde Art. 70 Abs. 4 Satz 1
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sinngemäß lauten: Die Gewährung besonderer
beitragsunabhängiger Geldleistungen richtet sich nach den Vorschriften
der Systeme der sozialen Sicherheit des jeweiligen Mitgliedstaates. Dies
macht keinerlei Sinn. Daraus lässt sich allerdings lediglich
schlussfolgern, dass der in Art. 70 Abs. 4 Satz 1 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 verwendete Begriff der "Rechtsvorschriften" nicht in Sinne der
Legaldefinition des Art. 1 lit. l) Verordnung (EG) Nr. 883/2004
interpretiert werden kann. Es bleibt damit ungeklärt, ob dies auch im
Hinblick auf Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 der Fall ist.

(5)
Die frühere Rechtsprechung, dass der Begriff "Rechtsvorschriften" weit
auszulegen sei, um dem freizügigkeitsspezifischen Sozialrecht der EU
einen möglichst weiten Anwendungsbereich zu eröffnen (EuGH, Urt. v.
9.7.1977 – Rs. 109/76, – Blottner; Leopold, in: Beck’scher
Online-Kommentar, Stand: 01.03.2012, Art. 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004
Rn. 16), ist nicht weiterführend, da es in dem entschiedenen Fall
allein um die zeitliche Anwendbarkeit von Rechtsvorschriften ging und es
hier gerade um die Frage geht, ob über den eigentlich zu
koordinierenden Bereich hinaus Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004
anzuwenden ist.

(6) Schließlich lässt sich aus dem Primärrecht,
namentlich dem allgemeinen Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV,
kein zwingendes Auslegungsergebnis ableiten. Art. 4 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 gewährt ein umfangreicheres bzw. weniger leicht einschränkbares
Diskriminierungsverbot. Es ist "strenger" als Art. 18 AEUV. Denn
während Art. 18 AEUV eine sachliche Rechtfertigung einer
Ungleichbehandlung auf der Grundlage nicht normierter
Rechtfertigungsgründe – wie beispielsweise die Verhinderung von
"Sozialtourimus" – zulässt, ist dies im Anwendungsbereich des Art. 4
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nicht möglich. Zur Rechtfertigung dürfen
hier ausschließlich solche Gründe angeführt werden, die ihren
Niederschlag in der Verordnung selbst gefunden haben. Dies folgt aus der
Formulierung "Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist,
".

(7) Neben dem Wortlaut und der Rechtsentwicklung, also dem
Vergleich mit der Vorgängerverordnung, ist für die Kammer
ausschlaggebend, dass die Aufnahme der beitragsunabhängigen Leistungen
in die Koordinierung der sozialen Sicherheitssysteme soweit ersichtlich
nur den Export von derartigen Leistungen verhindern wollte (vgl. bereits
Begründung der Kommission, BR-Drs. 32/99, S. 15, zu Art. 55; Fuchs, in:
Eichenhofer, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl., Art. 70 Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 Rn. 2; Beschorner, ZESAR 2009, 320, 332f.; Utz, aaO,
Art. 70 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Rn. 2, Erwägungsgrund Nr. 16) und
nichts dafür ersichtlich ist, dass zusätzliche Ansprüche geschaffen
werden sollten.

dd) Ein Verstoß gegen Art 45 AEUV liegt nicht
vor. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff
"Arbeitnehmer" ein Begriff des Gemeinschaftsrechts ist, der nicht eng
auszulegen ist (statt vieler nur EuGH, Urt. v. 4.09.2009 – verb. Rs.
C-22/08 und C-23/08 – Vatsouras und Koupatantze, info also 2009, 217,
218, Rn. 26). Als Arbeitnehmer ist jeder anzusehen, der eine
tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer
Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als
völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (EuGH, aaO). Das
wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser
Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für
einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als
Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH, aaO). Arbeitssuchende sind
noch keine Arbeitnehmer, obwohl ihnen das Primär- und Sekundärrecht
gewisse Rechte einräumt (SG Berlin, B. v. 14.05.2012 – S 124 AS 7164/12
ER, Rn. 42, juris, mwN).

Da die Antragsteller nicht als Arbeitnehmer qualifiziert werden können, findet Art. 45 AEUV auf sie keine Anwendung.

ee)
In Rechtsprechung und Literatur ist äußerst umstritten, ob der
Leistungsausschluss gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art.
18 AEUV in Verbindung mit dem Recht der Unionsbürger, sich im
Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Art.
21 Abs. 1 AUEV), vereinbar ist (statt vieler vgl. zuletzt nur LSG
Niedersachsen-Bremen, B. v. 23.05.2012 – L 9 AS 47/12 B ER, juris; SG
Berlin, B. v. 14.05.2012 – S 124 AS 7164/12 ER; SG Osnabrück, B v.
19.10.2011 – S 16 AS 711/11 ER; sowie bereits LSG Hessen, B. v. 3.4.2008
– L 9 AS 59/08 ER).

Nach Auffassung der erkennenden Kammer liegt
ein Verstoß dann nicht vor, wenn § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II
europarechtskonform dahingehend einschränkend ausgelegt wird, dass die
Norm nur auf solche Ausländer anzuwenden ist, die nicht in Deutschland
integriert sind und keine Verbindungen zu nationalen Arbeitsmarkt
aufweisen (vgl. Hackethal, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 7 Rn. 38).

Die
Kammer versteht die diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH (Urt. v.
12.05.1998, Rs. C-85/96 - Martínez Sala; Urt. v. 20.09.2001, Rs.
C-184/99 – Grzelczyk; Urt. v. 11.07.2002, Rs. C-224/98 - D’Hoop; Urt. v.
23.03.2004, Rs. C-138/02 – Collins; Urt. v. 07.09.2004, Rs. C-456/02 –
Trojani; Urt. v. 15.03.2005, Rs. C-209/03 - Bidar; Urt. v. 18.11.2008,
Rs. C-158/07 - Förster; Urt. v. 17.09.2002, Rs. C-413/99 – Baumbast;
Urt. v 04.06.2009, Rs. C- 22/08 und C-23/08 - Vatsouras und Koupatantze)
in dem Sinne, wie sie Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in seinen
Schlussanträgen vom 10. Juli 2003 in der Rs. C-138/02 zusammengefasst
hat (Rz. 76):

"Somit ist festzustellen, dass das
Gemeinschaftsrecht bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand nicht
verlangt, dass eine Leistung der sozialen Sicherheit für Arbeitsuchende,
die nachweisen, dass sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, einem
Unionsbürger gewährt wird, der in das Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats einreist, um dort eine Beschäftigung zu suchen, aber in
diesen Staat nicht integriert ist und keine Verbindungen zu seinem
nationalen Arbeitsmarkt aufweist."

Der Leistungsausschluss lässt
sich mithin dann rechtfertigen, wenn es sich um eine Leistung der
sozialen Sicherheit für Arbeitssuchende handelt und der Arbeitssuchende
weder im betroffenen Mitgliedstaat integriert ist, noch eine Verbindung
zum nationalen Arbeitsmarkt aufweist.

Wie bereits ausgeführt,
geht die Kammer davon aus, dass sich bei den Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes um eine Leistung der sozialen Sicherheit, mithin
Sozialhilfe handelt. Dem steht nicht entgegen, dass das SGB II als
besondere beitragungsunabhängige Geldleistung im Sinne von Artt. 3, 70
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zu qualifizieren ist (instruktiv SG
Osnabrück, B. v. 19.10.2011 – S 16 AS 711/11 ER, Rn. 47ff., juris;
Schreiber, info also 2009, 195, 196; Fuchs, NZS 2007, 1, 4).

Da
es nicht europarechtswidrig ist, derartige Leistungen zu versagen, wenn
Arbeitssuchende weder im betroffenen Mitgliedstaat integriert sind, noch
eine Verbindung zum nationalen Markt aufweisen, ist § 7 Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 SGB II dahingehend europarechtskonform auszulegen, dass dieser nur
auf Ausländer anzuwenden ist, die keine solche Verbindung zu
Deutschland aufweisen (instruktiv SG Osnabrück, aaO). Der
Anwendungsvorrang des Unionsrechts steht dem nicht entgegen, denn dieser
besagt nur, dass das nationale Recht nur soweit unanwendbar ist, wie es
Gemeinschaftsrecht widerspricht; folglich bleiben diejenigen
Bestandteile der Regelung, die dem Gemeinschaftsrecht nicht
widersprechen, weiterhin anwendbar, vorausgesetzt, dass sie in ihrer
Gesamtheit noch eine aus sich heraus sinnvolle und handhabbare
Restregelung darstellen, die mit diesem reduzierten Inhalt der
erkennbaren Absicht des Normgebers noch am ehesten entspricht (statt
vieler BVerwG, Urt. v. 12.11.1997 - 6 C 12/96, Rn. 29, juris). Mit
anderen Worten: Wie bei der Frage, ob eine Norm gegen Verfassungsrecht
verstößt, ist vorrangig zu prüfen, ob die gegen höherrangiges Recht
verstoßende Rechtsvorschrift in Einklang mit diesem ausgelegt werden
kann (EuGH, Urt. v. 4.02.1998 – Rs. 157/86 – Murphy, Rn. 11), um bereits
im Vorfeld eine Kollision mit Unionsrecht zu vermeiden (Leible, in:
Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S. 116, 127). Eine solche
Auslegung ist im Hinblick auf den Ausländerausschluss nach § 7 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 SGB II ohne weiteres möglich, indem die Vorschrift im Wege
der teleologischen Reduktion nur auf Ausländer angewendet wird, die
nicht die genannte Verbindung zu Deutschland haben (vgl. allgemein zur
teleologischen Reduktion als Mittel der gemeinschaftskonformen Auslegung
BGH, NJW 2009, 427, 429).

Die Antragsteller sind erst seit Juli
2010 in Deutschland und haben überwiegend von Grundsicherungsleistungen
ihren Lebensunterhalt bestritten. Von einer Integration in Deutschland
kann also nicht die Rede sein. Im Gegenteil, belegt doch der Umstand,
dass die Antragsteller Deutsch-Kurse besuchen und demnächst einen
Folgekurs zu besuchen beabsichtigen, eindrucksvoll, dass sie zwar um
Integration bemüht sind, diese indes noch nicht erfolgt ist.

Eine
tatsächliche Beziehung zum deutschen Arbeitsmarkt besteht ebenfalls
nicht. Die Antragstellerin zu 1.) hat lediglich für vier Monate eine
offenbar singuläre, projektbezogene Tätigkeit ausgeübt. Die jeweils
einen Tag andauernde Beschäftigung als Komparsin beim Film kann nicht
als tatsächlicher Bezug zum Arbeitsmarkt angesehen werden.

Der
Antragsteller zu 2.) hat offenbar keinen Bezug zum Arbeitsmarkt, sondern
versucht, als selbständiger Musik seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Zwar
genügt nach der Rechtsprechung des EuGH für eine Verbindung zum
Arbeitsmarkt die Feststellung, dass der Betroffene während eines
angemessenen Zeitraums tatsächlich eine Beschäftigung in dem
betreffenden Mitgliedstaat gesucht hat (EuGH, Urt. v. 4.09.2009 – verb.
Rs. C-22/08 und C-23/08 – Vatsouras und Koupatantze, info also 2009,
217, 218, Rn. 39), indes haben die Antragsteller nicht glaubhaft
gemacht, dass sie dies getan haben.

Dabei kann die Kammer offen
lassen, ob ein angemessener Zeitraum mit drei Monaten (vgl. Art. 24 Abs.
2 Richtlinie 2004/38/EG) oder mit sechs Monaten (vgl. EuGH, Urt. v.
26.02.1991 – Rs. C-292/89 – Antonissen, Rn. 21) zu bemessen ist.
Notwendig wäre jedenfalls der Nachweis entsprechender Bemühungen
(Hänlein, in: Gagel, SGB II/III, 44. EL 2012, § 7 Rn. 68c) für
wenigstens einen Zeitraum von drei Monaten.

Die Antragstellerin
zu 1.) hat nicht im Ansatz erkennen lassen, welche Bemühungen sie
unternimmt, um ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu bestreiten.

Der
Antragsteller zu 2.) hat lediglich seine Bemühungen um Auftritte für
seine Band glaubhaft gemacht, nicht hingegen, dass er sich um eine
Arbeit bemüht hat.

d) Der Träger der Sozialhilfe nach SGB XII war
nicht beizuladen, denn ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes steht den Antragstellern nicht zu.

Nach § 21
Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als
Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt
sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Dem Grunde nach
anspruchsberechtigt sind Ausländer, die die Voraussetzungen des § 7 Abs.
1 Satz 1 SGB II erfüllen, aber wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine
Leistungen erhalten (Hessisches LSG, B. v. 14.10.2009 - L 7 AS 166/09 B
ER, Rn. 36, juris; SG Reutlingen, B. v. 03.08.2007 - S 2 AS 2936/07 ER,
Rn. 44, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, B. v. 03.05.2006 - L 8 SO 26/06
ER, Rn. 7, juris; Groth, in: Beck’scher Online-Kommentar, Stand:
01.03.2012, § 21 SGB XII Rn. 3; BT-Drs. 16/688, S. 13).

Etwas
anderes lässt sich nicht aus dem Schreiben der Senatsverwaltung für
Gesundheit und Soziales vom 24. Februar 2012 herleiten. Dieses Schreiben
beinhaltet keine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 SGB X auf
Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem
SGB XII. Es wird lediglich angeführt, dass für alle anderen Leistungen
des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist das EFA anwendbar, so dass
Staatsangehörige der Unterzeichnerstaaten deutschen
Sozialhilfeempfängern leistungsrechtlich gleichgestellt sind. Eine
Gleichstellung hat nicht denknotwendig zur Folge, dass auch
Leistungsansprüche bestehen müssen. Wenn – wie hier – auch die deutschen
Staatsangehörigen nach § 21 Satz 1 SGB XII keine Leistungen erhalten,
folgt aus der Gleichstellung, dass auch Ausländer keine Leistungen
beanspruchen können. Überdies ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X
zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zusicherung, dass sie
von der zuständigen Behörde abgegeben wurde. Dies ist hier nicht der
Fall, da zuständige Behörde für die Gewährung von Leistungen nach dem
SGB XII das jeweilige Bezirksamt ist. Schlussendlich ist das Schreiben
nicht an Dritte gerichtet, sondern lediglich ein verwaltungsinterner
Hinweis der Senatsverwaltung an die Bezirksämter.

§ 21 Satz 1 SGB
XII führt schließlich nicht zu einem Verstoß gegen das
Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 EFA, da sowohl Deutsche als auch
Ausländer gleichermaßen nach dieser Vorschrift keine Leistungen
erhalten, wenn sie dem Grunde nach gemäß den Voraussetzungen des SGB II
leistungsberechtigt sind.

2.) Eine Folgenabwägung ist zur
Überzeugung der Kammer nicht zulässig, da die Sach- und Rechtslage nicht
nur summarisch überprüft wurde und eine Folgenabwägung nicht allein bei
einer uneinheitlichen Rechtsprechung über die Auslegung einer Norm
zulässig ist (LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 29.02.2012 - L 20 AS 2347/11
B ER; LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 05.03.2012 - L 29 AS 414/12 B ER;
SG Dresden, B. v. 5.8.2011 - S 36 AS 3461/11 ER; vgl. bereits SG Berlin,
B. v. 6.05.2011 - S 205 AS 10042/11 ER; a. A. LSG Berlin-Brandenburg,
B. v. 5.3.2012 - L 18 AS 441/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, B. v.
30.12.2010 - L 34 AS 1501/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, B. v.
09.09.2010, L 10 AS 1023/10 B ER).

Die Kostentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 183, 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=152955

http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/06/grundsicherung-fur-arbeitsuchende.html

Gruß Willi S
Willi Schartema
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