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Stellungnahme des Deutschen Sozialgerichtstags e. V. zu den von der 84. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 13. und 14. Juni 2012 beschlossenen Änderungsvorschlägen auf dem Gebiet des Sozialprozessrechts
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Stellungnahme des Deutschen Sozialgerichtstags e. V. zu den von der 84. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 13. und 14. Juni 2012 beschlossenen Änderungsvorschlägen auf dem Gebiet des Sozialprozessrechts
Deutscher Sozialgerichtstag e.V
Präsidentin:
Monika Paulat
Präsidentin des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg
Försterweg 2 - 6
14482 Potsdam
Telefon: 0331 / 98 18 3000
E-Mail: Monika.Paulat
@lsg.brandenburg.de
Elektronische Post
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Referat IV a 1
53107 Bonn
iva1@bmas.bund.de
Bearbeiterin:
Susanne Weßler-Hoth
Richterin am SG Frankfurt am Main
Vorsitzende der Kommission
Verfahrensrecht
Telefon: 069 / 1535-6842 (d.)
Telefon: 069 / 666 63 03 (p.)
E-Mail: who44@onlinehome.de
Potsdam/Frankfurt am Main, 03.08.2012
Stellungnahme des Deutschen Sozialgerichtstags e. V. zu den von der 84. Konferenz
der Justizministerinnen und Justizminister am 13. und 14. Juni 2012 beschlossenen
Änderungsvorschlägen auf dem Gebiet des Sozialprozessrechts
Ihr Schreiben vom 05.07.2012 – Az. IVa1 – 40940/26 –
Sehr geehrte Frau Freund, sehr geehrte Damen und Herren!
Der Deutsche Sozialgerichtstag e. V. bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu
den o. g. Änderungsvorschlägen der 84. Justizministerkonferenz. Unsere Stellungnahme
konzentriert sich auf die von uns als problematisch angesehenen Vorschläge. Zugleich bitten
wir um Verständnis, dass wir uns in dieser im Vorfeld eines eventuellen Gesetzentwurfes
abzugebenden Stellungnahme, nicht zuletzt aufgrund der kurzen Frist zur Stellungnahme,
auf kurze Anmerkungen zu den Änderungsvorschlägen sowie auf Bezugnahmen auf bereits
früher abgegebene Stellungnahmen beschränken. Wir wären dankbar, wenn der Deutsche
Sozialgerichtstag e. V. zu gegebener Zeit im weiteren Verlauf des eventuell eingeleiteten
Gesetzgebungsverfahrens Gelegenheit erhielte, zum Gesetzentwurf erneut Stellung nehmen
zu können.
zu A. Einführung des konsentierten Einzelrichters
Dieser Vorschlag wird abgelehnt, insbesondere weil damit zum wiederholten Mal die Beteiligung
der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter an der Rechtsprechung der Gerichte der
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Sozialgerichtsbarkeit in Frage gestellt wird, die jedoch aufgrund der Kenntnisse und Erfahrungen
aus dem Erwerbsleben, die die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in die
mündliche Verhandlung und die Beratung des Gerichts einbringen, als unverzichtbar angesehen
wird. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat im Übrigen in seiner Stellungnahme
zu den Änderungsvorschlägen zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Hinausdrängen
des ehrenamtlichen Elementes aus der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit mit den
Prinzipien eines demokratisch verfassten Sozialstaates nicht zu vereinbaren ist.
Im Übrigen bietet für einfach gelagerte Sachverhalte bereits jetzt die Möglichkeit, durch Gerichtsbescheid
nach § 105 SGG zu entscheiden, ausreichenden Raum für eine beschleunigte
Entscheidung von Rechtsstreiten durch den allein entscheidenden Vorsitzenden, ohne
dass hierdurch der Grundsatz, dass Urteile unter Beteiligung von ehrenamtlichen Richterinnen
und Richtern gefasst werden, in Frage gestellt wird. Der Änderungsvorschlag könnte
dazu führen, dass die Beteiligten eines Rechtsstreites – wie dies derzeit aufgrund der Regelung
des § 155 Abs. 3 und 4 SGG beim Landessozialgericht möglich ist – im Rahmen eines
Erörterungstermins mit dem Hinweis, dass dann eine sofortige Entscheidung möglich ist, zur
Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung allein durch den Vorsitzenden
„überredet“ werden.
zu B. Harmonisierung der Listen ehrenamtlicher Richter
Diesem Vorschlag wird nachdrücklich zugestimmt. Er trägt u. a. der Kritik Rechnung, die der
Deutsche Sozialgerichtstag e. V. bereits in seiner Stellungnahme vom 19.06.2007 zum Gesetzentwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, des Arbeitsgerichtsgesetzes
und anderer Gesetze (SGGArbGGÄndG) an der Trennung der Kreise ehrenamtlicher
Richterinnen und Richter aus den Kreisen der „Versicherten“ und der „Arbeitnehmer“
geübt hatte:
„In der Begründung des RefE wird zutreffend festgestellt, dass die unterschiedliche Besetzung
der Kammern für Angelegenheiten der Arbeitsförderung einerseits und der Grundsicherung für
Arbeitsuchende andererseits mit ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern sich in der Praxis
als nicht tauglich erwiesen hat. Die Schaffung eines weiteren Kreises von ehrenamtlichen
Richterinnen und Richtern aus den Vorschlagslisten der „Arbeitnehmer“ beruhte im Gesetzgebungsverfahren
auf der Überlegung, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Versicherungsleistung
sei (BT-Ds. 15/3169, Seite 9; vgl. auch Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 12 Rn. 9b). Diese Überlegung hätte jedoch bereits
vorher auf die – ebenfalls aus Steuermitteln finanzierte – Arbeitslosenhilfe zugetroffen,
ohne dass hierfür gesonderte Kammern geschaffen worden sind. Die gesetzliche Regelung ist
daher zu Recht auch in der Kommentarliteratur als rechtspolitisch fragwürdig bezeichnet worden
(vgl. z. B. Keller, a.a.O.).
Die Regelung des § 12 Abs. 5 Satz 1 SGG hat sich in der Praxis vor allem deshalb nicht bewährt,
weil hierdurch ein gleichmäßiger Einsatz der von den vorschlagsberechtigten Verbän3
den nach § 14 Abs. 1 SGG benannten Personen nach ihrer Ernennung zu ehrenamtlichen
Richterinnen und Richtern beeinträchtigt wird. So sind zwar die Verbände aufgefordert worden,
für die Kammern für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende weitere
Personen zur Ernennung vorzuschlagen. Aufgrund der Besonderheiten der Streitigkeiten nach
dem SGB II sind diese jedoch bislang vor allem im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes
ausgetragen worden, in dem die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter nicht mitwirken.
Mündliche Verhandlungen dagegen sind bislang nur vereinzelt durchgeführt worden und werden
voraussichtlich auch zukünftig in diesen Rechtsgebieten nicht den Schwerpunkt der gerichtlichen
Entscheidungsfindung bilden. Aus dieser Situation folgend hat es gegenüber den
Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bereits Beschwerden aus dem Kreis der vorschlagsberechtigten
Verbände darüber gegeben, dass die von ihnen aus dem o. g. Anlass benannten
Personen bislang nur selten oder noch gar nicht zum Einsatz gekommen sind.
Unter dem Gesichtspunkt, dass gesetzgeberisches Ziel des SGB II über die Grundsicherung
für Arbeitsuchende die möglichst zeitnahe Eingliederung oder Wiedereingliederung der Leistungsempfänger
in ein (versicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis ist, sehen wir es
als weder notwendig noch sachdienlich an, im SGG an der Existenz einer gesonderten Gruppe
der ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der „Arbeitnehmer“ festzuhalten.
Der Vorstand des Deutschen Sozialgerichtstag e. V. schlägt daher vor, die Regelungen der
§§ 12 Abs. 5 Satz 1 und 14 Abs. 4 SGG zu streichen und die Angelegenheiten der Grundsicherung
für Arbeitsuchende in § 12 Abs. 2 Satz 1 sowie § 14 Abs. 1 SGG aufzunehmen.
Durch eine solche Neuregelung würden sich im Übrigen auch die Änderungen bezüglich § 6a
BKGG (Nrn. 3.a. und 5.a. RefE) und die Einfügung in § 16 Abs. 3 Satz 1 SGG (Nr. 6 RefE)
sowie die diesen Änderungsvorschlägen zu Grunde liegenden Überlegungen erübrigen.
Diese Vereinfachung der Regelungen über die Besetzung der Kammern mit ehrenamtlichen
Richterinnen und Richtern würde, ähnlich wie die in Nr. 3. b) RefE vorgesehene Vereinheitlichung
der Besetzung der Kammern für Vertragsarztangelegenheiten zu einer Entlastung der
Gerichte, d. h. der Präsidien wie der Serviceeinheiten, führen und einen weitgehend gleichmäßigen
Einsatz der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aus den Kreisen der Versicherten
und der Arbeitgeber in allen Kammern ermöglichen, die für Angelegenheiten der Sozialversicherung,
der Arbeitsförderung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständig
sind. Hierdurch würde vor allem die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Tätigkeit erkennbar anerkannt
und auf der anderen Seite die mit dieser Tätigkeit verbundene zeitliche Belastung gerecht
verteilt.
Die Zuteilung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aus dem Kreis der Arbeitgeber zu
den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung usw. durch die Präsidien könnte
ohne Weiteres erfolgen, da diese Personen nicht ausschließlich für die Kammern für Angelegenheiten
der Grundsicherung für Arbeitsuchende ernannt worden sind. Die aus dem Kreis
der Arbeitnehmer ernannten ehrenamtlichen Richterinnen und Richter könnten dagegen, weil
es sich bei ihnen in der Regel auch um „Versicherte“ handeln dürfte, aufgrund einer entsprechenden
gesetzlichen Übergangsregelung zu ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern aus
dem Kreis der Versicherten erklärt werden. Dies wäre mit keinen nennenswerten Mehrkosten
verbunden.“
Stattdessen wurde durch das SGGArbGGÄndG seinerzeit die Zuständigkeit der ehrenamtlichen
Richterinnen und Richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer auf die Rechtsstreite aus
dem Arbeitsförderungsrecht nach dem SGB III erstreckt.
zu C. Übernahme der Regelungen der §§ 44a, 106 Satz 2 und 130a VwGO in das SGG
Gegen diesen Vorschlag werden dem Grunde nach und bezogen auf den Wortlaut der vorgeschlagenen
Regelungen keine Einwendungen erhoben.
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Bedenken bestehen, in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des DGB, gegen eine Auslegung,
wonach diese Regelung – entgegen ihrem Wortlaut – auch für Fälle gelten solle, in
denen das LSG die Berufung einstimmig für teilweise begründet und im Übrigen für unbegründet
hält (Bezugnahme auf eine kurz nach Inkrafttreten der entsprechenden Vorschrift
der VwGO ergangene Entscheidung des VGH Baden-Württemberg). Diese Möglichkeit sollte
ausgeschlossen bleiben. Diesem Anliegen könnte Rechnung getragen werden, indem z. B.
zur Klarstellung in § 153 Abs. 4 SGG zusätzlich zweimal das Wort „insgesamt“ eingefügt
wird:
„Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Absatz 2 Satz 1, über
die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für insgesamt
begründet hält oder einstimmig für insgesamt unbegründet hält und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu
hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.“
Zu bedenken ist jedoch, dass die von der JuMiKo vorgeschlagene Erweiterung des Anwendungsbereiches
von § 153 Abs. 4 SGG eine weitere Zurückdrängung der Beteiligung ehrenamtlicher
Richterinnen und Richter darstellen würde und zudem ein Beschluss, mit dem die
Berufung einstimmig für begründet erklärt wird, eine Entscheidung darstellen würde, in der
drei Berufsrichter ohne ehrenamtliche Richter eine unter Beteiligung ehrenamtlicher Richter
getroffene erstinstanzliche Entscheidung aufheben.
zu D. Klarstellung der örtlichen Zuständigkeiten im Bereich des Leistungserbringerrechts
nach dem SGB V, XI und XII
Diesen Vorschlägen wird zugestimmt. Durch die Einfügung des § 57c SGG würde die örtliche
Zuständigkeit des Sozialgerichts in örtlicher Nähe zu der betroffenen Einrichtung geschaffen,
wodurch insbesondere weite Anreisen zum zuständigen Sozialgericht für die Beteiligten
und gegebenenfalls Zeugen vermieden würden.
zu E. Abschaffung der Vollziehungsfrist bei der einstweiligen Anordnung
Diesem Vorschlag wird aus den im Bericht genannten Gründen zugestimmt.
zu F. Sanktionierung unterlassener Aktenübersendung
Gegen diesen Vorschlag werden keine Bedenken erhoben. Bereits die gesetzliche Möglichkeit
einer entsprechenden Sanktionierung könnte geeignet sein, die betreffenden Leistungs5
träger zu einer Aktenführung und -handhabung zu veranlassen, die den gesetzlichen Vorgaben
für das sozialgerichtliche Verfahren Rechnung trägt.
zu G. Streichung des § 109 SGG
Dieser Vorschlag wird abgelehnt.
Das regelmäßige Wiederaufgreifen dieses Vorschlages, der nicht nur in dem im Bericht angeführten,
der Diskontinuität anheimgefallenen Gesetzentwurf vom 13.10.2006 enthalten
war, sondern immer wiederkehrend auch von anderen Stellen als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
und Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in die Diskussion gebracht
wird, ändert nichts an der fehlenden Überzeugungskraft der hierfür genannten Argumente.
Insbesondere unzutreffend ist das Argument der Verfahrensverzögerung, da den Klägerinnen
und Klägern bei Stellung des Antrags nach § 109 SGG die damit verbundene Verlängerung
der Verfahrensdauer bewusst ist. Die Befriedungswirkung gerade von Gutachten nach
§ 109 SGG, die die angefochtene Entscheidung bestätigen, wird von den Befürwortern einer
Streichung des § 109 SGG regelmäßig übersehen. Zu den weiteren gegen eine Streichung
des § 109 SGG sprechenden Argumenten wird ergänzend auf die Stellungnahme des DGB
zu den Änderungsvorschlägen und vor allem auch auf das von Höland u. a. erstellte „Gutachten
zu den Auswirkungen der Einführung einer allgemeinen Gebührenpflicht im sozialgerichtlichen
Verfahren im Vergleich zur geltenden Rechtslage“ vom 14.05.2008 (Abschnitt
9.3.4., Seite 218 ff.) Bezug genommen.
Zu einer Entlastung der Gerichte im Zusammenhang mit Anträgen nach § 109 SGG könnte
eine Übernahme des Vorschlags der Gemeinsamen Kommission der Justizministerkonferenz
sowie der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister zur Erarbeitung von Änderungsvorschlägen
auf dem Gebiet des Sozialrechts führen, wonach die den Antrag stellende Person
gewisse, über die reine Antragstellung und Benennung des Sachverständigen hinausgehende
Mitwirkungspflichten zu erfüllen hat, u. U. ergänzt durch eine Erklärung des Sachverständigen
über die voraussichtliche Höhe der Gutachtenskosten. Die Formulierung könnte, angelehnt
an die Formulierung auf Seite 91 des Berichts der Gemeinsamen Kommission vom
27.10.2010, etwa wie folgt lauten:
„Nach § 109 Absatz 1 wird folgender neuer Absatz 2 eingefügt:
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(2) Der Antrag muss den Arzt bestimmt bezeichnen und eine Erklärung des Arztes
sowohl über die voraussichtliche Höhe der Kosten des Gutachtens als auch darüber
enthalten, dass der Arzt in der Lage ist, das Gutachten innerhalb der vom Gericht gesetzten
oder noch zu setzenden Frist zu erstellen. Das Gericht kann für die Bezeichnung
des Arztes und die Vorlage der Erklärung eine angemessene Frist setzen. Nach
Ablauf der Frist ist der Antrag als unzulässig abzulehnen.“
zu H. Inhaltliche Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungspflicht (Elementenfeststellungsklage)
Dieser Vorschlag wird abgelehnt. Er entspricht dem Vorschlag im Referentenentwurf für ein
4. SGB IV-ÄndG, von dem im Gesetzgebungsverfahren schließlich Abstand genommen worden
ist.
Der Vorschlag könnte zwar zu einer Entlastung der Gerichte, insbesondere der 2. Instanz im
Hinblick auf den Umfang der notwendigen Tatsachenfeststellung zur Vermeidung von zurückverweisenden
Entscheidungen des BSG, beitragen. Allerdings dürfte die Handhabung
der vorgeschlagenen Regelung, insbesondere im Hinblick auf die Hinweispflichten, die
gleichwohl vom Gericht zu treffende Ermessensentscheidung über die Anwendung der Regelung
und schließlich die nur eingeschränkte Bindung des BSG nach § 163 Abs. 2 SGG
des Änderungsvorschlags, so kompliziert sein, dass sie sich voraussichtlich als nicht praxistauglich
erweisen wird.
zu I. Einfügung eines § 136 Abs. 4 Satz 2 SGG (Frist zur Abgabe der Rechtsmittelverzichtserklärung)
Dieser Vorschlag wird abgelehnt.
Die durch das SGGArbGGÄndG zum 01.04.2008 eingefügte Regelung des § 136 Abs. 4
SGG ist eine Ausnahmevorschrift und muss diesen Charakter behalten. Zu Recht wird in der
Kommentierung eingewandt, dass bei Verzicht auf Tatbestand und Entscheidungsgründe in
späteren Verfahren, sei es bei Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X oder aber bei der
Frage nach Änderungen der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X, nicht geprüft werden
kann, welcher Sachverhalt und welche Erwägungen des Gerichts dem Urteil zugrunde gelegen
haben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 136 Rn. 1).
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Zu Unrecht geht die Begründung des Änderungsvorschlags davon aus, dass die Verzichtserklärung
unmittelbar nach der Verkündung der Entscheidung abgegeben werden muss. Der
Rechtsmittelverzicht kann vielmehr nach der Verkündung bis zur Zustellung der Entscheidung
erklärt werden (Keller, a.a.O., Rn. 9). Die vorgeschlagene Regelung trägt zwar dem
Interesse der Praxis Rechnung, innerhalb angemessener Frist Klarheit darüber zu erhalten,
ob ein Rechtsmittelverzicht erklärt wird oder nicht; die vorgeschlagene Formulierung, wonach
das Gericht den Beteiligten sogar „aufgeben“ kann, innerhalb einer Woche zu erklären, ob
sie auf Rechtsmittel verzichten, könnte jedoch in der Praxis im Ergebnis zur Auflösung des
Regel-Ausnahme-Prinzips führen, wonach Urteile grundsätzlich schriftlich zu begründen sind
und hierauf nur ausnahmsweise verzichtet werden kann.
zu J. Einführung von fallbezogenen Berufungsbeschränkungen
Der Vorschlag wird abgelehnt.
Es soll nicht verkannt werden, dass die vorgeschlagenen Beschränkungen der Berufungsmöglichkeit
zu einer Entlastung – insbesondere der 2. Instanz – führen könnten. Allerdings
können die im Vorschlag angeführten Streitgegenstände für die Betroffenen durchaus existenzielle
Bedeutung haben und damit in der Bedeutung für die Betroffenen stärker wiegen
als für andere eine Geldleistung von mehr als 750 Euro. Vor allem aber fehlt der Begründung
des Änderungsvorschlags jegliche empirische Grundlage insbesondere dazu, in welchem
Umfang erstinstanzliche Entscheidungen über Beginn oder Ende der Rente, über Rente für
abgelaufene Zeiträume und über Merkzeichen nach dem SGB IX in der Praxis mit der Berufung
angefochten werden.
zu K. Klarstellung in § 153 Abs. 5 SGG zur Alleinzuständigkeit des Berichterstatters
Gegen diesen Vorschlag werden keine Einwendungen erhoben.
zu L. Ausschluss der Beschwerde gegen Beschlüsse des Sozialgerichts über die Ablehnung
von Sachverständigen
Diesem Vorschlag wird zugestimmt. Er führt zur einheitlichen Behandlung von Befangenheitsanträgen
gegen Gerichtspersonen einerseits und Sachverständige andererseits.
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zu M. Neufassung des § 172 Absatz 3 SGG
Dem Vorschlag wird zugestimmt.
Der Änderungsvorschlag würde zu einer weitergehenden Vereinheitlichung der Zulässigkeit
von Rechtsmitteln gegen Hauptsacheentscheidungen einerseits und Nebenentscheidungen
(Prozesskostenhilfe, Kostengrundentscheidung, Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung,
Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse) andererseits führen
und entspricht daneben auch der Beschränkung der Rechtsmittelfähigkeit von Nebenentscheidungen
in Verfahren nach § 197a SGG (z. B. § 158 VwGO).
Begrüßt wird insbesondere die Einbeziehung des Ausschlusses der Beschwerde gegen Erinnerungsentscheidungen
nach §§ 56 Abs. 1 und 59 Abs. 2 Satz 4 RVG. Hierzu nehmen wir
Bezug auf unsere Stellungnahme vom 16.03.2012 zum Referentenentwurf eines Zweiten
Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz –
2. KostRMoG):
„zu Art. 8 Abs. 1 Nr. 2 (Einfügung § 1 Abs. 3 RVG)
Diese Änderung wird abgelehnt. Nach der Begründung soll diese Änderung wie auch die Formulierung
in § 1 Abs. 6 GNotKG-E die „gelegentlich auftretende Frage nach dem Verhältnis der Verfahrensvorschriften
des Kostenrechts zu den Verfahrensvorschriften der für das jeweilige Verfahren
geltenden Vorschriften dahin gehend klären, dass die kostenrechtlichen Vorschriften die spezielleren
Vorschriften sind“.
Im sozialgerichtlichen Verfahren führt dies jedoch zu einer Ungleichbehandlung bei der Beschwerdemöglichkeit
gegen Beschlüsse nach § 197 Abs. 2 SGG im Kostenfestsetzungserinnerungsverfahren
einerseits, wo das Sozialgericht endgültig entscheidet, und nach § 56 RVG gegen
die gerichtliche Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung andererseits.
Hierzu ist die Rechtsprechung der Landessozialgerichte über die Zulässigkeit der Beschwerde
derzeit uneinheitlich (vgl. u. a. LSG Sachsen-Anhalt vom 27.06.2011, L 3 R 234/10 B –
Beschwerde unzulässig – und LSG Schleswig-Holstein vom 17.07.2008, L 1 B 127/08 SK – Beschwerde
zulässig –). Das Verhältnis der Verfahrensvorschriften zueinander sollte daher – anders
als im Referentenentwurf vorgesehen – im Sinne eines Vorrangs der jeweiligen Prozessordnung
geregelt werden.“
Zu überlegen könnte es allerdings sein, die Zulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht
bei Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu ermöglichen, um auf diese Weise zumindest
für den Bereich eines Bundeslandes bzw. im Bereich der Zuständigkeit eines Landessozialgerichts
eine gewisse Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Kostensachen zu ermöglichen.
Im Übrigen zeigt sich aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung der Gesetzgebungsvorhaben
des Bundes einerseits und der Länder andererseits, dass eine inhaltliche Abstimmung
der Interessen der Justizressorts des Bundes und der Länder wünschenswert wäre.
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zu N. Ausschluss der Beschwerde gegen Beschlüsse des Sozialgerichts über die Kosten
nach § 109 SGG
Gegen diesen Vorschlag werden keine Bedenken erhoben, da er dem durch den Vorschlag
zu M. verfolgten Ziel entspricht.
zu O. Einführung einer Gerichtskostengebühr
Dieser regelmäßig wiederkehrend von den verschiedensten Ministerien und Institutionen zur
Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gemachte Vorschlag wird durch seine
ständige Wiederholung nicht zielführender und daher von uns weiterhin abgelehnt.
Die grundsätzliche Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens ist eine der tragenden
Säulen für die Verwirklichung der sozialen Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Hierauf ist in
diversen Stellungnahmen aus der Praxis zu früheren einschlägigen Vorschlägen zur Änderung
des SGG regelmäßig hingewiesen worden.
Um Wiederholungen an dieser Stelle zu vermeiden, erlauben wir uns, auf die Stellungnahme
des DGB zu den Änderungsvorschlägen Bezug zu nehmen, und verweisen im Übrigen auf
die überzeugenden Ergebnisse des im Auftrag des BMAS erstellten und oben bereits angesprochenen
„Gutachtens zu den Auswirkungen der Einführung einer allgemeinen Gebührenpflicht
im sozialgerichtlichen Verfahren im Vergleich zur geltenden Rechtslage“, das mit der
Empfehlung abschließt, den Zugang des Personenkreises nach § 183 SGG zum sozialgerichtlichen
Verfahren nicht durch die Abschaffung des Kostenprivilegs und die Einführung
einer allgemeinen Verfahrensgebühr zu beschränken.
Zwar mag die von der JuMiKo vorgeschlagene „prozesskostenhilfefeste“ Gebühr von lediglich
20,00 Euro geeignet sein, für manche Klägerinnen und Kläger einen „Denkanstoß / Appell“
darzustellen, die Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz ernstlich zu prüfen.
Da die Zahl der von Anfang an aussichtslosen oder gar mutwilligen Klagen, Nichtzulassungsbeschwerden
und Berufungen aber nach den Erfahrungen aus der gerichtlichen Praxis
allenfalls einen verschwindend geringen Anteil der Verfahrenseingänge ausmacht, und Anträge
auf einstweiligen Rechtsschutz von der Gebührenpflicht ausgenommen wären, würde
auch der Entlastungseffekt bei den Eingangszahlen voraussichtlich entsprechend gering
sein. Diesem allenfalls geringen Entlastungseffekt für den richterlichen Bereich stünde jedoch
ein enormer Anstieg bei der Belastung im nichtrichterlichen Bereich gegenüber auf10
grund der Bearbeitung der Kostenanforderungen, der Zahlungseingänge und vor allem der
Rückzahlungspflichten. Da gemäß § 186 SGG des Vorschlags „die Gebühr nach § 183a entfällt,
wenn eine Sache zumindest teilweise nicht durch Urteil erledigt wird oder der Kläger im
jeweiligen Rechtszug zumindest teilweise obsiegt“, wäre in der überwiegenden Mehrzahl der
Rechtsstreite, mit Ausnahme derjenigen, die durch vollständige Abweisung der Klage durch
Urteil enden, die Gebühr von 20,00 Euro zu erstatten. Da in der Regel die Kontoverbindung
des Erstattungsberechtigten zunächst erfragt werden müsste, bevor die Rückzahlung angewiesen
werden könnte, dürfte der Verwaltungsaufwand die Einnahmen bei weitem überwiegen.
In Zeiten der Bestrebungen in nahezu allen Bundesländern, die Haushaltsmittel auch
für die Justiz zu beschränken und nach Möglichkeit Personal einzusparen, wäre der Vorschlag
der JuMiKo daher nicht zielführend, sondern vielmehr kontraproduktiv.
zu P. Wiedereinführung der Pauschgebührenpflicht der Träger nach dem SGB II und
Einführung einer entsprechenden Pflicht der Träger nach dem SGB XII
Diesem Vorschlag wird zugestimmt.
Er entspricht insoweit unserem Vorschlag zur Schaffung von Anreizen für die Leistungsträger
zur außergerichtlichen Einigung bzw. einvernehmlichen Beendigung von Rechtsstreiten in
unserer Stellungnahme vom 16.03.2012 zum Referentenentwurf eines 2. KostRMoG.
Nicht einverstanden sind wir damit, dass zwar die Träger nach dem SGB II und dem SGB XII
künftig der Pauschgebührenpflicht unterliegen sollen, andere bislang kostenprivilegierte Leistungsträger
und Verwaltungen, insbesondere die Versorgungsämter, hiervon aber weiterhin
ausgenommen bleiben sollen (vgl. Bericht, Seite 60). Da zwischenzeitlich die Haushaltsmittel
nicht nur der Behörden der Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung, sondern auch diejenigen
der Justiz budgetiert sind und entstehende Kosten intern verrechnet – deutlicher gesagt:
gegenseitig in Rechnung gestellt werden – gibt es keinen sachlichen Grund, die Kostenprivilegien
nach § 2 GKG aufrecht zu erhalten. In der Praxis ist vielmehr zu beobachten,
dass gerade die Behörden der Versorgungsverwaltung in den Feststellungsverfahren nach
dem SGB IX die Mittel für die Amtsermittlung in einem Maß beschränken, das dazu führt,
dass erst im gerichtlichen Verfahren die notwendigen Ermittlungen durchgeführt werden, in
deren Folge die Klagen häufig zum Erfolg oder zumindest Teilerfolg für die Klägerinnen und
Kläger führen.
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Darüber hinausgehend hatten wir in unserer vorgenannten Stellungnahme empfohlen, die
seit der Einführung des Euro zum 01.01.2002 konstant gebliebenen Pauschgebühren angemessen
zu erhöhen und die Ermäßigung nach § 186 Abs. 1 SGG im Sinne eines Anreizes
zur einvernehmlichen Streitbeilegung umzugestalten.
Hierzu hatten wir ausgeführt:
Angesichts des bereits einleitend angesprochenen – durch den vorliegenden Referentenentwurf
noch gesteigerten – Missverhältnisses von Anreizen zu unstreitigen Lösungen für die Rechtsanwaltschaft
einerseits und Nachteilen für die erstattungspflichtigen Sozialleistungsträger andererseits,
die geeignet sind, einvernehmliche Streitbeilegungen zu verhindern, werden – ebenfalls anknüpfend
an Vorschläge der Länder-Arbeitsgruppe „Maßnahmen zur Verminderung der Belastung
und zur Effizienzsteigerung der Sozialgerichte“ – die nachfolgenden Änderungen des GKG, des
SGB X und des SGG vorgeschlagen:
o In § 2 Absatz 1 GKG Satz 1 werden die Wörter „Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit“
durch das Wort „Finanzgerichtsbarkeit“ ersetzt.
o In § 64 Absatz 3 Satz 2 SGB X werden die Wörter „Sozial- und“ sowie der zweite Halbsatz
gestrichen.
Die Länderarbeitsgruppe hat diesen Vorschlag wie folgt begründet:
„Finanzielle Anreize können dazu beitragen, dass gerichtliche Verfahren vermieden werden
und anhängige Verfahren unstreitig erledigt werden. Derartige Anreize sollten sowohl für die
Sozialleistungsträger, als auch für die Bürger und schließlich für die Rechtsanwälte gesetzt
werden.
Die sozialgerichtliche Praxis beanstandet einhellig, dass ein finanzieller Anreiz für die Leistungsträger
(insbesondere der Grundsicherung für Arbeitssuchende) fehlt, gerichtliche Verfahren
zu vermeiden und unstreitige Erledigungen zu fördern. Nach § 64 Absatz 3 Satz 2 SGB X
sind in Verfahren nach der Zivilprozessordnung sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozialund
Finanzgerichtsbarkeit die Träger der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge
von den Gerichtskosten befreit. Nach § 2 Absatz 1 Satz 1 GKG sind der Bund und
die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen
Anstalten und Kassen in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten
der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit von der Zahlung der Kosten befreit. Würde man § 64
Absatz 3 Satz 2 SGB X aufheben und die Sozialgerichtsbarkeit aus dem Anwendungsbereich
des § 2 Absatz 1 Satz 1 GKG herausnehmen, würde das dazu führen, dass auch die in § 64
Absatz 3 Satz 2 SGB X genannten Sozialleistungträger und die Länder bzw. Kommunen als
Sozialleistungsträger zur Zahlung von Pauschgebühren nach § 184 SGG verpflichtet wären.
Diese Gebühren ermäßigen sich nach § 186 SGG bei einer Erledigung ohne Urteil auf die
Hälfte. Eine Kostenerstattung durch die unterliegende Partei findet gemäß § 193 Absatz 4
SGG nicht statt. Da die Leistungsträger regelmäßig auf Beklagtenseite beteiligt sind, würde
eine Aufhebung der Gerichtskostenbefreiung unmittelbar zunächst nur durch Förderung der
Bereitschaft zu unstreitiger Erledigung entlastend wirken. Bisher sehen sich nämlich einige der
betreffenden Leistungsträger aufgrund der angespannten Lage ihrer Haushalte gezwungen,
alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr eigenes Budget nicht belasten, und durch ein Gerichtsurteil
zu belegen, dass es nicht möglich war, die von begehrte Leistung zu verhindern.
Insbesondere die Leistungsträger nach dem SGB II lassen sich selbst bei gefestigter Rechtsprechung
häufig eher verurteilen, als Zugeständnisse in Form eines Anerkenntnisses oder
eines Vergleichs zu machen. Das erfolgt nicht selten mit unverhohlenem Hinweis auf die Kostenfreiheit.
Es würde den Prozessvertretern der Leistungsträger erheblich erleichtert, einen
angesichts der Sach- und Rechtslage sinnvollen Verzicht auf ein Urteil intern zu rechtfertigen,
wenn dieser mit konkreten finanziellen Vorteilen für den Leistungsträger (Halbierung der
Pauschgebühr) verbunden wäre. Die Streichung der Gerichtskostenbefreiung würde langfristig
auch einen Anreiz für die Leistungsträger schaffen, dazu beizutragen, dass Gerichtsverfahren
vermieden werden, indem zum Beispiel Bescheide verständlicher und bürgerfreundlicher for12
muliert oder die Widerspruchsstellen gestärkt werden. Außerdem würde der zu beobachtenden
Praxis entgegenwirkt, unzufriedene Hilfebedürftige zur Entlastung an das Sozialgericht zu
verweisen.“
Dieser überzeugenden Darstellung schließt sich der Deutsche Sozialgerichtstag e. V. ausdrücklich
an. In der Gemeinsamen Kommission von ASMK und JuMiKo hat der Vorschlag,
auch für die Träger nach dem SGB II und SGB XII die Pauschgebühr (wieder) einzuführen,
nicht die notwendige doppelte Mehrheit gefunden. Gleichwohl sollte der Vorschlag im Rahmen
des laufenden Gesetzgebungsverfahrens für ein 2. KostRMoG weiterverfolgt werden.
o In § 184 Abs. 2 SGG werden die Worte „150 Euro“ durch die Worte „300 Euro“, die Worte
„225 Euro“ durch die Worte „450 Euro“ und die Worte „300 Euro“ durch die Worte
„600 Euro“ ersetzt.
o § 186 Satz 1 SGG wird wie folgt gefasst: „Wird eine Sache nicht durch gerichtliche Entscheidung
erledigt, so ermäßigt sich die Gebühr auf ein Drittel; dies gilt auch dann,
wenn eine gerichtliche Entscheidung ergehen muss, weil die Klage, der Antrag oder
das Rechtsmittel nach einer abhelfenden Entscheidung des Gegners nicht zurückgenommen
wird.“
Der Vorschlag ergänzt die vorgeschlagenen Änderungen des GKG und des SGB X im Sinne
einer Anreizwirkung für die Sozialleistungsträger zur einvernehmlichen Streitbeilegung und
trägt dem Umstand Rechnung, dass die Pauschgebühren seit 10 Jahren konstant sind. Die
Ersetzung des Wortes „Urteil“ durch „gerichtliche Entscheidung“ führt dazu, dass bei allen gerichtlichen
Entscheidungen in der Hauptsache, also auch bei Beschlüssen im einstweiligen
Rechtsschutz, die volle Gebühr erhoben wird, es sei denn, die gerichtliche Entscheidung muss
nur ergehen, weil trotz einer abhelfenden Entscheidung in der Sache die Klage, der Antrag
oder das Rechtsmittel nicht zurückgenommen wird. Die Ermäßigung der Gebühr auf ein Drittel
statt auf die Hälfte entspricht dem Verhältnis der wertabhängigen Gerichtsgebühren nach
Nr. 7110 (3,0 Gebühr) zu Nr. 7111 (1,0 Gebühr) und erhöht die Anreizwirkung für eine unstreitige
Erledigung.
Dem zuletzt genannten Vorschlag hat sich der DGB offenbar sowohl in seiner Stellungnahme
zum Referentenentwurf eines 2. KostRMoG als auch in seiner Stellungnahme zu den
Änderungsvorschlägen der JuMiKo angeschlosssen.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Vorstand des Deutschen Sozialgerichtstags e. V.
gez. Susanne Weßler-Hoth
Stellungsnahme im Wortlaut: http://www.boorberg.de/sixcms/media.php/891/Vorschlaege_JuMiKo2012-06-StellungnahmeDSGT3.pdf
Zitat:" Wiedereinführung der Pauschgebührenpflicht der Träger nach dem SGB II und
Einführung einer entsprechenden Pflicht der Träger nach dem SGB XII.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/08/stellungnahme-des-deutschen.html
Willi S
Präsidentin:
Monika Paulat
Präsidentin des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg
Försterweg 2 - 6
14482 Potsdam
Telefon: 0331 / 98 18 3000
E-Mail: Monika.Paulat
@lsg.brandenburg.de
Elektronische Post
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Referat IV a 1
53107 Bonn
iva1@bmas.bund.de
Bearbeiterin:
Susanne Weßler-Hoth
Richterin am SG Frankfurt am Main
Vorsitzende der Kommission
Verfahrensrecht
Telefon: 069 / 1535-6842 (d.)
Telefon: 069 / 666 63 03 (p.)
E-Mail: who44@onlinehome.de
Potsdam/Frankfurt am Main, 03.08.2012
Stellungnahme des Deutschen Sozialgerichtstags e. V. zu den von der 84. Konferenz
der Justizministerinnen und Justizminister am 13. und 14. Juni 2012 beschlossenen
Änderungsvorschlägen auf dem Gebiet des Sozialprozessrechts
Ihr Schreiben vom 05.07.2012 – Az. IVa1 – 40940/26 –
Sehr geehrte Frau Freund, sehr geehrte Damen und Herren!
Der Deutsche Sozialgerichtstag e. V. bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu
den o. g. Änderungsvorschlägen der 84. Justizministerkonferenz. Unsere Stellungnahme
konzentriert sich auf die von uns als problematisch angesehenen Vorschläge. Zugleich bitten
wir um Verständnis, dass wir uns in dieser im Vorfeld eines eventuellen Gesetzentwurfes
abzugebenden Stellungnahme, nicht zuletzt aufgrund der kurzen Frist zur Stellungnahme,
auf kurze Anmerkungen zu den Änderungsvorschlägen sowie auf Bezugnahmen auf bereits
früher abgegebene Stellungnahmen beschränken. Wir wären dankbar, wenn der Deutsche
Sozialgerichtstag e. V. zu gegebener Zeit im weiteren Verlauf des eventuell eingeleiteten
Gesetzgebungsverfahrens Gelegenheit erhielte, zum Gesetzentwurf erneut Stellung nehmen
zu können.
zu A. Einführung des konsentierten Einzelrichters
Dieser Vorschlag wird abgelehnt, insbesondere weil damit zum wiederholten Mal die Beteiligung
der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter an der Rechtsprechung der Gerichte der
2
Sozialgerichtsbarkeit in Frage gestellt wird, die jedoch aufgrund der Kenntnisse und Erfahrungen
aus dem Erwerbsleben, die die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in die
mündliche Verhandlung und die Beratung des Gerichts einbringen, als unverzichtbar angesehen
wird. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat im Übrigen in seiner Stellungnahme
zu den Änderungsvorschlägen zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Hinausdrängen
des ehrenamtlichen Elementes aus der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit mit den
Prinzipien eines demokratisch verfassten Sozialstaates nicht zu vereinbaren ist.
Im Übrigen bietet für einfach gelagerte Sachverhalte bereits jetzt die Möglichkeit, durch Gerichtsbescheid
nach § 105 SGG zu entscheiden, ausreichenden Raum für eine beschleunigte
Entscheidung von Rechtsstreiten durch den allein entscheidenden Vorsitzenden, ohne
dass hierdurch der Grundsatz, dass Urteile unter Beteiligung von ehrenamtlichen Richterinnen
und Richtern gefasst werden, in Frage gestellt wird. Der Änderungsvorschlag könnte
dazu führen, dass die Beteiligten eines Rechtsstreites – wie dies derzeit aufgrund der Regelung
des § 155 Abs. 3 und 4 SGG beim Landessozialgericht möglich ist – im Rahmen eines
Erörterungstermins mit dem Hinweis, dass dann eine sofortige Entscheidung möglich ist, zur
Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung allein durch den Vorsitzenden
„überredet“ werden.
zu B. Harmonisierung der Listen ehrenamtlicher Richter
Diesem Vorschlag wird nachdrücklich zugestimmt. Er trägt u. a. der Kritik Rechnung, die der
Deutsche Sozialgerichtstag e. V. bereits in seiner Stellungnahme vom 19.06.2007 zum Gesetzentwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, des Arbeitsgerichtsgesetzes
und anderer Gesetze (SGGArbGGÄndG) an der Trennung der Kreise ehrenamtlicher
Richterinnen und Richter aus den Kreisen der „Versicherten“ und der „Arbeitnehmer“
geübt hatte:
„In der Begründung des RefE wird zutreffend festgestellt, dass die unterschiedliche Besetzung
der Kammern für Angelegenheiten der Arbeitsförderung einerseits und der Grundsicherung für
Arbeitsuchende andererseits mit ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern sich in der Praxis
als nicht tauglich erwiesen hat. Die Schaffung eines weiteren Kreises von ehrenamtlichen
Richterinnen und Richtern aus den Vorschlagslisten der „Arbeitnehmer“ beruhte im Gesetzgebungsverfahren
auf der Überlegung, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Versicherungsleistung
sei (BT-Ds. 15/3169, Seite 9; vgl. auch Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 12 Rn. 9b). Diese Überlegung hätte jedoch bereits
vorher auf die – ebenfalls aus Steuermitteln finanzierte – Arbeitslosenhilfe zugetroffen,
ohne dass hierfür gesonderte Kammern geschaffen worden sind. Die gesetzliche Regelung ist
daher zu Recht auch in der Kommentarliteratur als rechtspolitisch fragwürdig bezeichnet worden
(vgl. z. B. Keller, a.a.O.).
Die Regelung des § 12 Abs. 5 Satz 1 SGG hat sich in der Praxis vor allem deshalb nicht bewährt,
weil hierdurch ein gleichmäßiger Einsatz der von den vorschlagsberechtigten Verbän3
den nach § 14 Abs. 1 SGG benannten Personen nach ihrer Ernennung zu ehrenamtlichen
Richterinnen und Richtern beeinträchtigt wird. So sind zwar die Verbände aufgefordert worden,
für die Kammern für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende weitere
Personen zur Ernennung vorzuschlagen. Aufgrund der Besonderheiten der Streitigkeiten nach
dem SGB II sind diese jedoch bislang vor allem im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes
ausgetragen worden, in dem die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter nicht mitwirken.
Mündliche Verhandlungen dagegen sind bislang nur vereinzelt durchgeführt worden und werden
voraussichtlich auch zukünftig in diesen Rechtsgebieten nicht den Schwerpunkt der gerichtlichen
Entscheidungsfindung bilden. Aus dieser Situation folgend hat es gegenüber den
Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bereits Beschwerden aus dem Kreis der vorschlagsberechtigten
Verbände darüber gegeben, dass die von ihnen aus dem o. g. Anlass benannten
Personen bislang nur selten oder noch gar nicht zum Einsatz gekommen sind.
Unter dem Gesichtspunkt, dass gesetzgeberisches Ziel des SGB II über die Grundsicherung
für Arbeitsuchende die möglichst zeitnahe Eingliederung oder Wiedereingliederung der Leistungsempfänger
in ein (versicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis ist, sehen wir es
als weder notwendig noch sachdienlich an, im SGG an der Existenz einer gesonderten Gruppe
der ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der „Arbeitnehmer“ festzuhalten.
Der Vorstand des Deutschen Sozialgerichtstag e. V. schlägt daher vor, die Regelungen der
§§ 12 Abs. 5 Satz 1 und 14 Abs. 4 SGG zu streichen und die Angelegenheiten der Grundsicherung
für Arbeitsuchende in § 12 Abs. 2 Satz 1 sowie § 14 Abs. 1 SGG aufzunehmen.
Durch eine solche Neuregelung würden sich im Übrigen auch die Änderungen bezüglich § 6a
BKGG (Nrn. 3.a. und 5.a. RefE) und die Einfügung in § 16 Abs. 3 Satz 1 SGG (Nr. 6 RefE)
sowie die diesen Änderungsvorschlägen zu Grunde liegenden Überlegungen erübrigen.
Diese Vereinfachung der Regelungen über die Besetzung der Kammern mit ehrenamtlichen
Richterinnen und Richtern würde, ähnlich wie die in Nr. 3. b) RefE vorgesehene Vereinheitlichung
der Besetzung der Kammern für Vertragsarztangelegenheiten zu einer Entlastung der
Gerichte, d. h. der Präsidien wie der Serviceeinheiten, führen und einen weitgehend gleichmäßigen
Einsatz der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aus den Kreisen der Versicherten
und der Arbeitgeber in allen Kammern ermöglichen, die für Angelegenheiten der Sozialversicherung,
der Arbeitsförderung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständig
sind. Hierdurch würde vor allem die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Tätigkeit erkennbar anerkannt
und auf der anderen Seite die mit dieser Tätigkeit verbundene zeitliche Belastung gerecht
verteilt.
Die Zuteilung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aus dem Kreis der Arbeitgeber zu
den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung usw. durch die Präsidien könnte
ohne Weiteres erfolgen, da diese Personen nicht ausschließlich für die Kammern für Angelegenheiten
der Grundsicherung für Arbeitsuchende ernannt worden sind. Die aus dem Kreis
der Arbeitnehmer ernannten ehrenamtlichen Richterinnen und Richter könnten dagegen, weil
es sich bei ihnen in der Regel auch um „Versicherte“ handeln dürfte, aufgrund einer entsprechenden
gesetzlichen Übergangsregelung zu ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern aus
dem Kreis der Versicherten erklärt werden. Dies wäre mit keinen nennenswerten Mehrkosten
verbunden.“
Stattdessen wurde durch das SGGArbGGÄndG seinerzeit die Zuständigkeit der ehrenamtlichen
Richterinnen und Richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer auf die Rechtsstreite aus
dem Arbeitsförderungsrecht nach dem SGB III erstreckt.
zu C. Übernahme der Regelungen der §§ 44a, 106 Satz 2 und 130a VwGO in das SGG
Gegen diesen Vorschlag werden dem Grunde nach und bezogen auf den Wortlaut der vorgeschlagenen
Regelungen keine Einwendungen erhoben.
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Bedenken bestehen, in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des DGB, gegen eine Auslegung,
wonach diese Regelung – entgegen ihrem Wortlaut – auch für Fälle gelten solle, in
denen das LSG die Berufung einstimmig für teilweise begründet und im Übrigen für unbegründet
hält (Bezugnahme auf eine kurz nach Inkrafttreten der entsprechenden Vorschrift
der VwGO ergangene Entscheidung des VGH Baden-Württemberg). Diese Möglichkeit sollte
ausgeschlossen bleiben. Diesem Anliegen könnte Rechnung getragen werden, indem z. B.
zur Klarstellung in § 153 Abs. 4 SGG zusätzlich zweimal das Wort „insgesamt“ eingefügt
wird:
„Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Absatz 2 Satz 1, über
die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für insgesamt
begründet hält oder einstimmig für insgesamt unbegründet hält und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu
hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.“
Zu bedenken ist jedoch, dass die von der JuMiKo vorgeschlagene Erweiterung des Anwendungsbereiches
von § 153 Abs. 4 SGG eine weitere Zurückdrängung der Beteiligung ehrenamtlicher
Richterinnen und Richter darstellen würde und zudem ein Beschluss, mit dem die
Berufung einstimmig für begründet erklärt wird, eine Entscheidung darstellen würde, in der
drei Berufsrichter ohne ehrenamtliche Richter eine unter Beteiligung ehrenamtlicher Richter
getroffene erstinstanzliche Entscheidung aufheben.
zu D. Klarstellung der örtlichen Zuständigkeiten im Bereich des Leistungserbringerrechts
nach dem SGB V, XI und XII
Diesen Vorschlägen wird zugestimmt. Durch die Einfügung des § 57c SGG würde die örtliche
Zuständigkeit des Sozialgerichts in örtlicher Nähe zu der betroffenen Einrichtung geschaffen,
wodurch insbesondere weite Anreisen zum zuständigen Sozialgericht für die Beteiligten
und gegebenenfalls Zeugen vermieden würden.
zu E. Abschaffung der Vollziehungsfrist bei der einstweiligen Anordnung
Diesem Vorschlag wird aus den im Bericht genannten Gründen zugestimmt.
zu F. Sanktionierung unterlassener Aktenübersendung
Gegen diesen Vorschlag werden keine Bedenken erhoben. Bereits die gesetzliche Möglichkeit
einer entsprechenden Sanktionierung könnte geeignet sein, die betreffenden Leistungs5
träger zu einer Aktenführung und -handhabung zu veranlassen, die den gesetzlichen Vorgaben
für das sozialgerichtliche Verfahren Rechnung trägt.
zu G. Streichung des § 109 SGG
Dieser Vorschlag wird abgelehnt.
Das regelmäßige Wiederaufgreifen dieses Vorschlages, der nicht nur in dem im Bericht angeführten,
der Diskontinuität anheimgefallenen Gesetzentwurf vom 13.10.2006 enthalten
war, sondern immer wiederkehrend auch von anderen Stellen als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
und Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in die Diskussion gebracht
wird, ändert nichts an der fehlenden Überzeugungskraft der hierfür genannten Argumente.
Insbesondere unzutreffend ist das Argument der Verfahrensverzögerung, da den Klägerinnen
und Klägern bei Stellung des Antrags nach § 109 SGG die damit verbundene Verlängerung
der Verfahrensdauer bewusst ist. Die Befriedungswirkung gerade von Gutachten nach
§ 109 SGG, die die angefochtene Entscheidung bestätigen, wird von den Befürwortern einer
Streichung des § 109 SGG regelmäßig übersehen. Zu den weiteren gegen eine Streichung
des § 109 SGG sprechenden Argumenten wird ergänzend auf die Stellungnahme des DGB
zu den Änderungsvorschlägen und vor allem auch auf das von Höland u. a. erstellte „Gutachten
zu den Auswirkungen der Einführung einer allgemeinen Gebührenpflicht im sozialgerichtlichen
Verfahren im Vergleich zur geltenden Rechtslage“ vom 14.05.2008 (Abschnitt
9.3.4., Seite 218 ff.) Bezug genommen.
Zu einer Entlastung der Gerichte im Zusammenhang mit Anträgen nach § 109 SGG könnte
eine Übernahme des Vorschlags der Gemeinsamen Kommission der Justizministerkonferenz
sowie der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister zur Erarbeitung von Änderungsvorschlägen
auf dem Gebiet des Sozialrechts führen, wonach die den Antrag stellende Person
gewisse, über die reine Antragstellung und Benennung des Sachverständigen hinausgehende
Mitwirkungspflichten zu erfüllen hat, u. U. ergänzt durch eine Erklärung des Sachverständigen
über die voraussichtliche Höhe der Gutachtenskosten. Die Formulierung könnte, angelehnt
an die Formulierung auf Seite 91 des Berichts der Gemeinsamen Kommission vom
27.10.2010, etwa wie folgt lauten:
„Nach § 109 Absatz 1 wird folgender neuer Absatz 2 eingefügt:
6
(2) Der Antrag muss den Arzt bestimmt bezeichnen und eine Erklärung des Arztes
sowohl über die voraussichtliche Höhe der Kosten des Gutachtens als auch darüber
enthalten, dass der Arzt in der Lage ist, das Gutachten innerhalb der vom Gericht gesetzten
oder noch zu setzenden Frist zu erstellen. Das Gericht kann für die Bezeichnung
des Arztes und die Vorlage der Erklärung eine angemessene Frist setzen. Nach
Ablauf der Frist ist der Antrag als unzulässig abzulehnen.“
zu H. Inhaltliche Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungspflicht (Elementenfeststellungsklage)
Dieser Vorschlag wird abgelehnt. Er entspricht dem Vorschlag im Referentenentwurf für ein
4. SGB IV-ÄndG, von dem im Gesetzgebungsverfahren schließlich Abstand genommen worden
ist.
Der Vorschlag könnte zwar zu einer Entlastung der Gerichte, insbesondere der 2. Instanz im
Hinblick auf den Umfang der notwendigen Tatsachenfeststellung zur Vermeidung von zurückverweisenden
Entscheidungen des BSG, beitragen. Allerdings dürfte die Handhabung
der vorgeschlagenen Regelung, insbesondere im Hinblick auf die Hinweispflichten, die
gleichwohl vom Gericht zu treffende Ermessensentscheidung über die Anwendung der Regelung
und schließlich die nur eingeschränkte Bindung des BSG nach § 163 Abs. 2 SGG
des Änderungsvorschlags, so kompliziert sein, dass sie sich voraussichtlich als nicht praxistauglich
erweisen wird.
zu I. Einfügung eines § 136 Abs. 4 Satz 2 SGG (Frist zur Abgabe der Rechtsmittelverzichtserklärung)
Dieser Vorschlag wird abgelehnt.
Die durch das SGGArbGGÄndG zum 01.04.2008 eingefügte Regelung des § 136 Abs. 4
SGG ist eine Ausnahmevorschrift und muss diesen Charakter behalten. Zu Recht wird in der
Kommentierung eingewandt, dass bei Verzicht auf Tatbestand und Entscheidungsgründe in
späteren Verfahren, sei es bei Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X oder aber bei der
Frage nach Änderungen der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X, nicht geprüft werden
kann, welcher Sachverhalt und welche Erwägungen des Gerichts dem Urteil zugrunde gelegen
haben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 136 Rn. 1).
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Zu Unrecht geht die Begründung des Änderungsvorschlags davon aus, dass die Verzichtserklärung
unmittelbar nach der Verkündung der Entscheidung abgegeben werden muss. Der
Rechtsmittelverzicht kann vielmehr nach der Verkündung bis zur Zustellung der Entscheidung
erklärt werden (Keller, a.a.O., Rn. 9). Die vorgeschlagene Regelung trägt zwar dem
Interesse der Praxis Rechnung, innerhalb angemessener Frist Klarheit darüber zu erhalten,
ob ein Rechtsmittelverzicht erklärt wird oder nicht; die vorgeschlagene Formulierung, wonach
das Gericht den Beteiligten sogar „aufgeben“ kann, innerhalb einer Woche zu erklären, ob
sie auf Rechtsmittel verzichten, könnte jedoch in der Praxis im Ergebnis zur Auflösung des
Regel-Ausnahme-Prinzips führen, wonach Urteile grundsätzlich schriftlich zu begründen sind
und hierauf nur ausnahmsweise verzichtet werden kann.
zu J. Einführung von fallbezogenen Berufungsbeschränkungen
Der Vorschlag wird abgelehnt.
Es soll nicht verkannt werden, dass die vorgeschlagenen Beschränkungen der Berufungsmöglichkeit
zu einer Entlastung – insbesondere der 2. Instanz – führen könnten. Allerdings
können die im Vorschlag angeführten Streitgegenstände für die Betroffenen durchaus existenzielle
Bedeutung haben und damit in der Bedeutung für die Betroffenen stärker wiegen
als für andere eine Geldleistung von mehr als 750 Euro. Vor allem aber fehlt der Begründung
des Änderungsvorschlags jegliche empirische Grundlage insbesondere dazu, in welchem
Umfang erstinstanzliche Entscheidungen über Beginn oder Ende der Rente, über Rente für
abgelaufene Zeiträume und über Merkzeichen nach dem SGB IX in der Praxis mit der Berufung
angefochten werden.
zu K. Klarstellung in § 153 Abs. 5 SGG zur Alleinzuständigkeit des Berichterstatters
Gegen diesen Vorschlag werden keine Einwendungen erhoben.
zu L. Ausschluss der Beschwerde gegen Beschlüsse des Sozialgerichts über die Ablehnung
von Sachverständigen
Diesem Vorschlag wird zugestimmt. Er führt zur einheitlichen Behandlung von Befangenheitsanträgen
gegen Gerichtspersonen einerseits und Sachverständige andererseits.
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zu M. Neufassung des § 172 Absatz 3 SGG
Dem Vorschlag wird zugestimmt.
Der Änderungsvorschlag würde zu einer weitergehenden Vereinheitlichung der Zulässigkeit
von Rechtsmitteln gegen Hauptsacheentscheidungen einerseits und Nebenentscheidungen
(Prozesskostenhilfe, Kostengrundentscheidung, Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung,
Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse) andererseits führen
und entspricht daneben auch der Beschränkung der Rechtsmittelfähigkeit von Nebenentscheidungen
in Verfahren nach § 197a SGG (z. B. § 158 VwGO).
Begrüßt wird insbesondere die Einbeziehung des Ausschlusses der Beschwerde gegen Erinnerungsentscheidungen
nach §§ 56 Abs. 1 und 59 Abs. 2 Satz 4 RVG. Hierzu nehmen wir
Bezug auf unsere Stellungnahme vom 16.03.2012 zum Referentenentwurf eines Zweiten
Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz –
2. KostRMoG):
„zu Art. 8 Abs. 1 Nr. 2 (Einfügung § 1 Abs. 3 RVG)
Diese Änderung wird abgelehnt. Nach der Begründung soll diese Änderung wie auch die Formulierung
in § 1 Abs. 6 GNotKG-E die „gelegentlich auftretende Frage nach dem Verhältnis der Verfahrensvorschriften
des Kostenrechts zu den Verfahrensvorschriften der für das jeweilige Verfahren
geltenden Vorschriften dahin gehend klären, dass die kostenrechtlichen Vorschriften die spezielleren
Vorschriften sind“.
Im sozialgerichtlichen Verfahren führt dies jedoch zu einer Ungleichbehandlung bei der Beschwerdemöglichkeit
gegen Beschlüsse nach § 197 Abs. 2 SGG im Kostenfestsetzungserinnerungsverfahren
einerseits, wo das Sozialgericht endgültig entscheidet, und nach § 56 RVG gegen
die gerichtliche Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung andererseits.
Hierzu ist die Rechtsprechung der Landessozialgerichte über die Zulässigkeit der Beschwerde
derzeit uneinheitlich (vgl. u. a. LSG Sachsen-Anhalt vom 27.06.2011, L 3 R 234/10 B –
Beschwerde unzulässig – und LSG Schleswig-Holstein vom 17.07.2008, L 1 B 127/08 SK – Beschwerde
zulässig –). Das Verhältnis der Verfahrensvorschriften zueinander sollte daher – anders
als im Referentenentwurf vorgesehen – im Sinne eines Vorrangs der jeweiligen Prozessordnung
geregelt werden.“
Zu überlegen könnte es allerdings sein, die Zulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht
bei Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu ermöglichen, um auf diese Weise zumindest
für den Bereich eines Bundeslandes bzw. im Bereich der Zuständigkeit eines Landessozialgerichts
eine gewisse Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Kostensachen zu ermöglichen.
Im Übrigen zeigt sich aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung der Gesetzgebungsvorhaben
des Bundes einerseits und der Länder andererseits, dass eine inhaltliche Abstimmung
der Interessen der Justizressorts des Bundes und der Länder wünschenswert wäre.
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zu N. Ausschluss der Beschwerde gegen Beschlüsse des Sozialgerichts über die Kosten
nach § 109 SGG
Gegen diesen Vorschlag werden keine Bedenken erhoben, da er dem durch den Vorschlag
zu M. verfolgten Ziel entspricht.
zu O. Einführung einer Gerichtskostengebühr
Dieser regelmäßig wiederkehrend von den verschiedensten Ministerien und Institutionen zur
Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gemachte Vorschlag wird durch seine
ständige Wiederholung nicht zielführender und daher von uns weiterhin abgelehnt.
Die grundsätzliche Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens ist eine der tragenden
Säulen für die Verwirklichung der sozialen Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Hierauf ist in
diversen Stellungnahmen aus der Praxis zu früheren einschlägigen Vorschlägen zur Änderung
des SGG regelmäßig hingewiesen worden.
Um Wiederholungen an dieser Stelle zu vermeiden, erlauben wir uns, auf die Stellungnahme
des DGB zu den Änderungsvorschlägen Bezug zu nehmen, und verweisen im Übrigen auf
die überzeugenden Ergebnisse des im Auftrag des BMAS erstellten und oben bereits angesprochenen
„Gutachtens zu den Auswirkungen der Einführung einer allgemeinen Gebührenpflicht
im sozialgerichtlichen Verfahren im Vergleich zur geltenden Rechtslage“, das mit der
Empfehlung abschließt, den Zugang des Personenkreises nach § 183 SGG zum sozialgerichtlichen
Verfahren nicht durch die Abschaffung des Kostenprivilegs und die Einführung
einer allgemeinen Verfahrensgebühr zu beschränken.
Zwar mag die von der JuMiKo vorgeschlagene „prozesskostenhilfefeste“ Gebühr von lediglich
20,00 Euro geeignet sein, für manche Klägerinnen und Kläger einen „Denkanstoß / Appell“
darzustellen, die Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz ernstlich zu prüfen.
Da die Zahl der von Anfang an aussichtslosen oder gar mutwilligen Klagen, Nichtzulassungsbeschwerden
und Berufungen aber nach den Erfahrungen aus der gerichtlichen Praxis
allenfalls einen verschwindend geringen Anteil der Verfahrenseingänge ausmacht, und Anträge
auf einstweiligen Rechtsschutz von der Gebührenpflicht ausgenommen wären, würde
auch der Entlastungseffekt bei den Eingangszahlen voraussichtlich entsprechend gering
sein. Diesem allenfalls geringen Entlastungseffekt für den richterlichen Bereich stünde jedoch
ein enormer Anstieg bei der Belastung im nichtrichterlichen Bereich gegenüber auf10
grund der Bearbeitung der Kostenanforderungen, der Zahlungseingänge und vor allem der
Rückzahlungspflichten. Da gemäß § 186 SGG des Vorschlags „die Gebühr nach § 183a entfällt,
wenn eine Sache zumindest teilweise nicht durch Urteil erledigt wird oder der Kläger im
jeweiligen Rechtszug zumindest teilweise obsiegt“, wäre in der überwiegenden Mehrzahl der
Rechtsstreite, mit Ausnahme derjenigen, die durch vollständige Abweisung der Klage durch
Urteil enden, die Gebühr von 20,00 Euro zu erstatten. Da in der Regel die Kontoverbindung
des Erstattungsberechtigten zunächst erfragt werden müsste, bevor die Rückzahlung angewiesen
werden könnte, dürfte der Verwaltungsaufwand die Einnahmen bei weitem überwiegen.
In Zeiten der Bestrebungen in nahezu allen Bundesländern, die Haushaltsmittel auch
für die Justiz zu beschränken und nach Möglichkeit Personal einzusparen, wäre der Vorschlag
der JuMiKo daher nicht zielführend, sondern vielmehr kontraproduktiv.
zu P. Wiedereinführung der Pauschgebührenpflicht der Träger nach dem SGB II und
Einführung einer entsprechenden Pflicht der Träger nach dem SGB XII
Diesem Vorschlag wird zugestimmt.
Er entspricht insoweit unserem Vorschlag zur Schaffung von Anreizen für die Leistungsträger
zur außergerichtlichen Einigung bzw. einvernehmlichen Beendigung von Rechtsstreiten in
unserer Stellungnahme vom 16.03.2012 zum Referentenentwurf eines 2. KostRMoG.
Nicht einverstanden sind wir damit, dass zwar die Träger nach dem SGB II und dem SGB XII
künftig der Pauschgebührenpflicht unterliegen sollen, andere bislang kostenprivilegierte Leistungsträger
und Verwaltungen, insbesondere die Versorgungsämter, hiervon aber weiterhin
ausgenommen bleiben sollen (vgl. Bericht, Seite 60). Da zwischenzeitlich die Haushaltsmittel
nicht nur der Behörden der Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung, sondern auch diejenigen
der Justiz budgetiert sind und entstehende Kosten intern verrechnet – deutlicher gesagt:
gegenseitig in Rechnung gestellt werden – gibt es keinen sachlichen Grund, die Kostenprivilegien
nach § 2 GKG aufrecht zu erhalten. In der Praxis ist vielmehr zu beobachten,
dass gerade die Behörden der Versorgungsverwaltung in den Feststellungsverfahren nach
dem SGB IX die Mittel für die Amtsermittlung in einem Maß beschränken, das dazu führt,
dass erst im gerichtlichen Verfahren die notwendigen Ermittlungen durchgeführt werden, in
deren Folge die Klagen häufig zum Erfolg oder zumindest Teilerfolg für die Klägerinnen und
Kläger führen.
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Darüber hinausgehend hatten wir in unserer vorgenannten Stellungnahme empfohlen, die
seit der Einführung des Euro zum 01.01.2002 konstant gebliebenen Pauschgebühren angemessen
zu erhöhen und die Ermäßigung nach § 186 Abs. 1 SGG im Sinne eines Anreizes
zur einvernehmlichen Streitbeilegung umzugestalten.
Hierzu hatten wir ausgeführt:
Angesichts des bereits einleitend angesprochenen – durch den vorliegenden Referentenentwurf
noch gesteigerten – Missverhältnisses von Anreizen zu unstreitigen Lösungen für die Rechtsanwaltschaft
einerseits und Nachteilen für die erstattungspflichtigen Sozialleistungsträger andererseits,
die geeignet sind, einvernehmliche Streitbeilegungen zu verhindern, werden – ebenfalls anknüpfend
an Vorschläge der Länder-Arbeitsgruppe „Maßnahmen zur Verminderung der Belastung
und zur Effizienzsteigerung der Sozialgerichte“ – die nachfolgenden Änderungen des GKG, des
SGB X und des SGG vorgeschlagen:
o In § 2 Absatz 1 GKG Satz 1 werden die Wörter „Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit“
durch das Wort „Finanzgerichtsbarkeit“ ersetzt.
o In § 64 Absatz 3 Satz 2 SGB X werden die Wörter „Sozial- und“ sowie der zweite Halbsatz
gestrichen.
Die Länderarbeitsgruppe hat diesen Vorschlag wie folgt begründet:
„Finanzielle Anreize können dazu beitragen, dass gerichtliche Verfahren vermieden werden
und anhängige Verfahren unstreitig erledigt werden. Derartige Anreize sollten sowohl für die
Sozialleistungsträger, als auch für die Bürger und schließlich für die Rechtsanwälte gesetzt
werden.
Die sozialgerichtliche Praxis beanstandet einhellig, dass ein finanzieller Anreiz für die Leistungsträger
(insbesondere der Grundsicherung für Arbeitssuchende) fehlt, gerichtliche Verfahren
zu vermeiden und unstreitige Erledigungen zu fördern. Nach § 64 Absatz 3 Satz 2 SGB X
sind in Verfahren nach der Zivilprozessordnung sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozialund
Finanzgerichtsbarkeit die Träger der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge
von den Gerichtskosten befreit. Nach § 2 Absatz 1 Satz 1 GKG sind der Bund und
die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen
Anstalten und Kassen in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten
der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit von der Zahlung der Kosten befreit. Würde man § 64
Absatz 3 Satz 2 SGB X aufheben und die Sozialgerichtsbarkeit aus dem Anwendungsbereich
des § 2 Absatz 1 Satz 1 GKG herausnehmen, würde das dazu führen, dass auch die in § 64
Absatz 3 Satz 2 SGB X genannten Sozialleistungträger und die Länder bzw. Kommunen als
Sozialleistungsträger zur Zahlung von Pauschgebühren nach § 184 SGG verpflichtet wären.
Diese Gebühren ermäßigen sich nach § 186 SGG bei einer Erledigung ohne Urteil auf die
Hälfte. Eine Kostenerstattung durch die unterliegende Partei findet gemäß § 193 Absatz 4
SGG nicht statt. Da die Leistungsträger regelmäßig auf Beklagtenseite beteiligt sind, würde
eine Aufhebung der Gerichtskostenbefreiung unmittelbar zunächst nur durch Förderung der
Bereitschaft zu unstreitiger Erledigung entlastend wirken. Bisher sehen sich nämlich einige der
betreffenden Leistungsträger aufgrund der angespannten Lage ihrer Haushalte gezwungen,
alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr eigenes Budget nicht belasten, und durch ein Gerichtsurteil
zu belegen, dass es nicht möglich war, die von begehrte Leistung zu verhindern.
Insbesondere die Leistungsträger nach dem SGB II lassen sich selbst bei gefestigter Rechtsprechung
häufig eher verurteilen, als Zugeständnisse in Form eines Anerkenntnisses oder
eines Vergleichs zu machen. Das erfolgt nicht selten mit unverhohlenem Hinweis auf die Kostenfreiheit.
Es würde den Prozessvertretern der Leistungsträger erheblich erleichtert, einen
angesichts der Sach- und Rechtslage sinnvollen Verzicht auf ein Urteil intern zu rechtfertigen,
wenn dieser mit konkreten finanziellen Vorteilen für den Leistungsträger (Halbierung der
Pauschgebühr) verbunden wäre. Die Streichung der Gerichtskostenbefreiung würde langfristig
auch einen Anreiz für die Leistungsträger schaffen, dazu beizutragen, dass Gerichtsverfahren
vermieden werden, indem zum Beispiel Bescheide verständlicher und bürgerfreundlicher for12
muliert oder die Widerspruchsstellen gestärkt werden. Außerdem würde der zu beobachtenden
Praxis entgegenwirkt, unzufriedene Hilfebedürftige zur Entlastung an das Sozialgericht zu
verweisen.“
Dieser überzeugenden Darstellung schließt sich der Deutsche Sozialgerichtstag e. V. ausdrücklich
an. In der Gemeinsamen Kommission von ASMK und JuMiKo hat der Vorschlag,
auch für die Träger nach dem SGB II und SGB XII die Pauschgebühr (wieder) einzuführen,
nicht die notwendige doppelte Mehrheit gefunden. Gleichwohl sollte der Vorschlag im Rahmen
des laufenden Gesetzgebungsverfahrens für ein 2. KostRMoG weiterverfolgt werden.
o In § 184 Abs. 2 SGG werden die Worte „150 Euro“ durch die Worte „300 Euro“, die Worte
„225 Euro“ durch die Worte „450 Euro“ und die Worte „300 Euro“ durch die Worte
„600 Euro“ ersetzt.
o § 186 Satz 1 SGG wird wie folgt gefasst: „Wird eine Sache nicht durch gerichtliche Entscheidung
erledigt, so ermäßigt sich die Gebühr auf ein Drittel; dies gilt auch dann,
wenn eine gerichtliche Entscheidung ergehen muss, weil die Klage, der Antrag oder
das Rechtsmittel nach einer abhelfenden Entscheidung des Gegners nicht zurückgenommen
wird.“
Der Vorschlag ergänzt die vorgeschlagenen Änderungen des GKG und des SGB X im Sinne
einer Anreizwirkung für die Sozialleistungsträger zur einvernehmlichen Streitbeilegung und
trägt dem Umstand Rechnung, dass die Pauschgebühren seit 10 Jahren konstant sind. Die
Ersetzung des Wortes „Urteil“ durch „gerichtliche Entscheidung“ führt dazu, dass bei allen gerichtlichen
Entscheidungen in der Hauptsache, also auch bei Beschlüssen im einstweiligen
Rechtsschutz, die volle Gebühr erhoben wird, es sei denn, die gerichtliche Entscheidung muss
nur ergehen, weil trotz einer abhelfenden Entscheidung in der Sache die Klage, der Antrag
oder das Rechtsmittel nicht zurückgenommen wird. Die Ermäßigung der Gebühr auf ein Drittel
statt auf die Hälfte entspricht dem Verhältnis der wertabhängigen Gerichtsgebühren nach
Nr. 7110 (3,0 Gebühr) zu Nr. 7111 (1,0 Gebühr) und erhöht die Anreizwirkung für eine unstreitige
Erledigung.
Dem zuletzt genannten Vorschlag hat sich der DGB offenbar sowohl in seiner Stellungnahme
zum Referentenentwurf eines 2. KostRMoG als auch in seiner Stellungnahme zu den
Änderungsvorschlägen der JuMiKo angeschlosssen.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Vorstand des Deutschen Sozialgerichtstags e. V.
gez. Susanne Weßler-Hoth
Stellungsnahme im Wortlaut: http://www.boorberg.de/sixcms/media.php/891/Vorschlaege_JuMiKo2012-06-StellungnahmeDSGT3.pdf
Zitat:" Wiedereinführung der Pauschgebührenpflicht der Träger nach dem SGB II und
Einführung einer entsprechenden Pflicht der Träger nach dem SGB XII.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/08/stellungnahme-des-deutschen.html
Willi S
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