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Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern

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Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern Empty Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 5:03 pm

Die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im
Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (kurz Entsenderichtlinie)
ist eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.
Dezember 1996.
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]

1 Zielsetzung
2 Inhalt
3 Wirkung
4 Auslegung der Entsenderichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof
5 Bedeutung der Entsenderichtlinie im Zusammenhang mit der Bolkestein-Richtlinie
6 Siehe auch
7 Literatur
8 Weblinks

Zielsetzung [Bearbeiten]

Zielsetzung
der Richtlinie ist die Herstellung eines rechtlichen Rahmens für den
Europäischen Binnenmarkt im Bereich der Dienstleistungen;
Rechtsgrundlagen sind Art. 53 Abs. 1, 2. Alt. und Art. 62 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Richtlinie
enthält Vorschriften für die Anwendung von Bestimmungen im Arbeitsrecht
der Mitgliedstaaten auf die Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die
von einem in einem EU-Mitgliedstaat ansässigen Arbeitgeber zur
Erbringung von Dienstleistungen in einen anderen Mitgliedstaat entsandt
werden.

Während im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit klare
arbeitsrechtliche Verhältnisse herrschen (nämlich das Arbeitsrecht des
Staates, in dem das Arbeitsverhältnis begründet und die Arbeit
ausgeführt wird), hebt die Arbeitnehmerentsendung im Rahmen der
grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen die räumliche
Einheit zwischen dem Ort der vorübergehenden Erbringung einer
Arbeitsleistung und dem territorialen Geltungsbereich des für das
Arbeitsverhältnis anzuwendenden Arbeitsrechts auf. Mit dieser
Transnationalisierung wird der Bedarf einer europäischen Regulierung der
Arbeitnehmerentsendung begründet (Erwägungsgründe 3 bis 6 der RL
96/71/EG).

Durch die Richtlinie soll gewährleistet werden, dass
in einem Mitgliedstaat nicht über einen längeren Zeitraum Arbeitnehmer
tätig sind, deren Arbeitsverhältnisse nicht dem Recht dieses
Mitgliedstaates unterworfen sind:

“Das Gemeinschaftsrecht hindert
die Mitgliedstaaten nicht daran, ihre Gesetze oder die von den
Sozialpartnern abgeschlossenen Tarifverträge auf sämtliche Personen
anzuwenden, die - auch nur vorübergehend - in ihrem Hoheitsgebiet
beschäftigt werden, selbst wenn ihr Arbeitgeber in einem anderen
Mitgliedstaat ansässig ist. Das Gemeinschaftsrecht verbietet es den
Mitgliedstaaten nicht, die Einhaltung dieser Bestimmungen mit
angemessenen Mitteln sicherzustellen.“ (Erwägungsgrund 12, RL 96/71/EG.)

Diesen
Grundsatz hatte bereits der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil
„Rush Portuguesa“ (EuGH, Rs. C-113/89) vom 27. März 1990 aufgestellt.
Inhalt [Bearbeiten]

Die
zentrale Bestimmung der Entsenderichtlinie ist die arbeitsrechtliche
Gleichstellung der in einen Staat entsandten Arbeitskräfte mit den dort
normal beschäftigten Arbeitnehmern hinsichtlich bestimmter Aspekte der
Arbeitsbedingungen, soweit sie im Zielland Gegenstand von Rechts- und
Verwaltungsvorschriften oder von allgemeinverbindlich erklärten
Tarifverträgen sind. Art. 3 (1) der RL 96/71/EG listet die
Schutzbereiche auf, in denen auch auf entsandte Arbeitnehmer das Recht
des Bestimmungslandes anzuwenden ist. Diese sind:

a) Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten;
b) bezahlter Mindestjahresurlaub;
c)
Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze; dies gilt nicht
für die zusätzlichen betrieblichen Altersversorgungssysteme;
d) Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere durch Leiharbeitsunternehmen;
e) Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz;
f)
Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit den Arbeits- und
Beschäftigungsbedingungen von Schwangeren und Wöchnerinnen, Kindern und
Jugendlichen;
g) Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen.

Der
Art. 3 (1) sieht eine Umsetzungspflicht des Mitgliedstaates zunächst
nur für die im Anhang der Richtlinie aufgeführten Bautätigkeiten vor,
die Ausdehnung auf andere Branchen mit allgemein verbindlichen
Tarifverträgen ist den Mitgliedstaaten nach Art. 3 (10) aber
freigestellt, ebenso die Anwendung von Vorschriften der öffentlichen
Ordnung hinsichtlich anderer als der in Art. 3 (1) aufgeführten Arbeits-
und Beschäftigungsbedingungen.

Ausnahmeregeln gelten außerhalb
des Baubereichs für Arbeitnehmer, die nur für wenige Tage zur Montage
eines von ihrem Arbeitgeber gelieferten Gutes entsandt werden (Art. 3
(2)). Weitere Ausnahmen können die Mitgliedstaaten für Arbeitnehmer
erlassen, deren Dauer der Entsendung einen Monat nicht übersteigt; dies
gilt jedoch nicht im Bereich der grenzüberschreitenden
Arbeitnehmerüberlassung (Art. 3 (3).

In Art. 3 (7) wird geregelt,
dass Art. 3 (1-6) nicht der Anwendung von für die Arbeitnehmer
günstigeren Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen entgegenstehen.

Es
fällt auf, dass der Katalog des Art. 3 (1) nicht den Zugang zu einem
Sozialversicherungssystem des Ziellandes beinhaltet. Für entsandte
Arbeitnehmer gelten hier während der ersten 24 Monate einer Entsendung
entsprechend Art. 12 (1) der VO (EG) 883/2004 über die Koordinierung der
Systeme der sozialen Sicherheit die Bestimmungen des Herkunftslandes.
Wirkung [Bearbeiten]

In
den von der Entsenderichtlinie erfassten Regelungsbereichen schafft
diese einen Schutzbereich für die arbeitsrechtliche Gestaltungsautonomie
der EU-Mitgliedstaaten. Das Arbeitsrecht der Mitgliedstaaten wird somit
vom Druck der Regimekonkurrenz „im eigenen Land“ entlastet, der gegeben
wäre, wenn dauerhaft Arbeitnehmer in einem Staat zu „gebietsfremden“
Beschäftigungsbedingungen tätig wären.

Im Hinblick auf die
unterschiedlichen sozialpolitischen Traditionen und die verschiedenen
Schutzniveaus der einzelnen Staaten ist dies ein Kompromiss, der
versucht, mehreren Ansprüchen gerecht zu werden:

dem erklärten Ziel der Dienstleistungsfreiheit,
dem
Anspruch der Mitgliedstaaten auf autonome Gestaltung des Arbeitsrechts,
soweit keine EU-weiten Mindeststandards bestehen, z.B. im Bereich der
Mindestlohngesetzgebung,
den Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten, die eine Harmonisierung unmöglich erscheinen lassen.

Auslegung der Entsenderichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof [Bearbeiten]

Von
einigen Mitgliedsstaaten wurde die Richtlinie so verstanden, dass sie
die Anwendung kompletter Tarifwerke auf Entsendefirmen erlaube, soweit
diese allgemein verbindlich seien, also auch von Regelungen zu Themen,
die im Katalog des Art. 3 (1) nicht aufgeführt sind. Luxemburg setzte
die Richtlinie deshalb zunächst so um, dass der gesamte allgemein
verbindliche Bautarifvertrag auf Entsendefirmen ausgedehnt wurde. In
einigen skandinavischen Ländern, die kein System für die
Allgemeinverbindlichkeitskeitserklärung von Tarifverträgen haben wie
z.B. Schweden, wurde es entsprechend der dortigen Tradition den
Gewerkschaften überlassen, ihre üblichen Tarifverträge auch gegenüber
Entsendefirmen durchzusetzen.

In den Urteilen "Laval" - C 341/05
vom 18. Dezember 2007 -, "Rüffert" - C 346/06 vom 3. April 2008 - und
"Luxemburg" - C 319/06 vom 19. Juni 2008 - nahm der EuGH erstmals zu der
Frage Stellung, ob es sich bei dem Katalog des Art. 3 (1) der
Richtlinie um eine abschließende Regelung handelt.

Er bejahte
diese Frage trotz des Art. 3 (7) und beschränkte im Laval-Urteil
zunächst Tarifforderungen und Streikaktionen der Gewerkschaften
gegenüber Entsendefirmen auf den Katalog des Art. 3 (1) und im Rahmen
dieses Kataloges inhaltlich auf das zum Schutz des Beschäftigten
zwingend erforderliche Mindestmass. Für Streikmassnahmen hinsichtlich
erlaubter Tarifregelungsgegenstände erlegte er ihnen zugleich die
Beachtung eines Verhältnismäßigkeitsprinzips auf.

Im
Rüffert-Urteil verbot er die zwingende Anwendung von Tariflöhnen
oberhalb von allgemein verbindlichen Mindestlöhnen im Rahmen von
staatlichen Tariftreuegesetzen.

Im Luxemburg-Urteil verbot er
Luxemburg unter Anderem die Anwendung einer automatischen
Inflationsanpassungsklausel bei den Löhnen entsandter Beschäftigter.

Diese
Urteile lösten eine umfassende und teilweise heftige Debatte in vielen
Ländern Europas aus, an der sich schließlich auch das Europäische
Parlament mit dem "Andersson-Bericht" beteiligte. In diesem Bericht nahm
das Parlament die Auslegung des EuGH zur Kenntnis, distanzierte sich
aber in ungewöhnlich deutlicher Form von einigen tragenden Erwägungen
und Interpretationen des EuGH, insbesondere zur Frage der Anwendung
günstigerer Arbeitsbedingungen über den Katalog des Art. 3 (1) hinaus
und zum Thema der Gewerkschaftsrechte gegenüber den Entsendeunternehmen,
und forderte von Kommission und Rat die umgehende Überarbeitung der
Entsenderichtlinie.

Von den Gewerkschaften und einigen
Rechtswissenschaftlern wurde insbesondere kritisiert, dass sie vom EuGH
hinsichtlich der Pflichten wie ein Mitgliedstaat behandelt würden,
obwohl sie kein Staat, sondern eine Interessenvertretung seien und ohne
dass den Pflichten mitgliedstaatliche Rechte gegenüber stünden, dass der
EuGH einseitig für die Arbeitgeber Partei ergreife, ohne die
Arbeitnehmergrundrechte auf freie Tarifforderungen und die
Tarifautonomie zu achten, und dass schließlich durch das Rüffert-Urteil
tarifungebundenen Mindestlohnfirmen ein Wettbewerbsvorteil zulasten der
tarifschließenden Firmen verschafft würde. Kritisiert wurde, dass durch
die Urteile den Freiheiten von Unternehmern im Binnenmarkt ein höherer
Rang als den Grundrechten der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften
eingeräumt werde. Als Reaktion auf die Urteile forderten der
Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB) und der Deutscher Gewerkschaftsbund
DGB eine umgehende Überarbeitung der Entsenderichtlinie und die
Einfügung einer "Sozialklausel" in die Europäischen Verträge und nahmen
die Urteile im Sommer 2009 zum Anlass für Massendemonstrationen in
mehreren europäischen Hauptstädten.

Dagegen begrüßten die meisten Arbeitgeberverbände und einige andere Rechtswissenschaftler die Urteile.
Bedeutung der Entsenderichtlinie im Zusammenhang mit der Bolkestein-Richtlinie [Bearbeiten]

In
der Entsenderichtlinie gilt nicht das im Entstehungsprozess der
Bolkestein-Richtlinie (RL 2006/123/EG) heftig umstrittene
Herkunftslandprinzip, sondern das Bestimmungslandprinzip.

Art. 3
(1) der Bolkestein-Richtlinie sieht vor, dass die Bestimmungen der
Entsenderichtlinie grundsätzlich Vorrang gegenüber der
Bolkestein-Richtlinie haben.
Siehe auch [Bearbeiten]

Arbeitnehmer-Entsendegesetz

Literatur [Bearbeiten]

Eichhorst,
Werner (2000): Europäische Sozialpolitik zwischen nationaler Autonomie
und Marktfreiheit. Die Entsendung von Arbeitnehmern in der EU, Frankfurt
a.M.: Campus.

Weblinks [Bearbeiten]

Richtlinie 96/71/EG
[1] - "Laval"-Urteil des EuGH
[2] - "Luxemburg"-Urteil des EuGH
[3] - "Rüffert"-Urteil des EuGH
[4] - "Andersson-Bericht" des Europäischen Parlaments
[5] - Kritik von Prof. Thomas Blanke an den EuGH-Urteilen (PDF-Datei; 245 kB)
[6] - Zusammenstellung des DGB zur Kritik an den EuGH-Urteilen
[7]
- Sammlung der Vorträge und Statements u.a. der Arbeitgeber und
verschiedener Rechtswissenschaftler auf einem Symposium des BMAS zu den
EuGH-Urteilen und deren Auswirkung auf Deutschland (2008)

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!
Kategorien:

Europäisches Sekundärrecht
Arbeitsrecht

Diese Seite wurde zuletzt am 15. März 2011 um 15:32 Uhr geändert.
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http://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinie_96/71/EG_%C3%BCber_die_Entsendung_von_Arbeitnehmern

Fahrtkosten müssen von meinem Wohnsitz zur Arbeitsstelle übernommen werden.

Dies stand so in einem Urteil des LAG Schleswig-Holstein.

Praxistip 7 auf Seite 48
http://www.hundertprozentich.de/images/stories/einhundertprozentich/tarifvertraege/tv_leiharbeit_bza_igz_kommentierung.pdf
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