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: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Zumutbarkeitskriterien nach § 10 SGB II bei Jobs und Maßnahmen Seite 118- 125 Harald Thome im Link

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Zumutbarkeitskriterien nach § 10 SGB II bei Jobs und  Maßnahmen Seite 118- 125 Harald Thome im Link Empty Zumutbarkeitskriterien nach § 10 SGB II bei Jobs und Maßnahmen Seite 118- 125 Harald Thome im Link

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 3:34 pm

Zumutbarkeitskriterien nach § 10 SGB II bei Jobs und Maß

In §
10 Abs. 1 und 2 SGB II sind die Kriterien festgelegt, wann man einen
Job annehmen muss, und wann nicht. Diese Kriterien gelten gemäß § 10
Abs. 3 SGB II auch für alle Maßnahmen zur Eingliederung, also u.a. sog.
1€ Jobs.

- Kinderbetreuung, Kinder unter 3 Jahren:
Solange
sich ein Kind unter 3 Jahren im Haushalt befindet, kann sich ein
Elternteil auf die Betreuung desselben berufen und jeden Job sowie jede
Maßnahme zur Eingliederung folgenlos verweigern. Die Betreuung durch
Dritte ist hierbei nicht vorrangig. Welcher Elternteil sich darauf
beruft, ist alleinige Entscheidung der Eltern.
Siehe auch Weisung der BA zu § 10 SGB II ab Rz 10.11

- Kinderbetreuung, Kinder ab 3 Jahren:
Auch
ein Kind ab 3 Jahren kann wegen Betreuung desselben ein Grund sein,
eine Maßnahme zur Eingliederung oder einen Job folgenlos verweigern.
Dies ist der Fall, wenn während der job- oder maßnahmebedingten
Abwesenheit des Elternteiles die Betreuung des Kindes durch Dritte oder
den anderen Elternteil nicht gewährleistet ist, oder Aufgrund von
Verhaltensauffälligkeiten des Kindes (z.B. Hyperaktivität) nicht möglich
ist.
Siehe auch Weisung der BA zu § 10 SGB II ab Rz 10.11.

- Dumpinglohn:
Lohndumping
ist grundsätzlich rechts- und sittenwidrig. In ihrer Weisung zu § 10
SGB II weist die BA in Rz. 10.03 darauf hin, dass gemäß der
Rechtsprechung Sittenwidrigkeit vorliegt, wenn der Lohn wemiger als 2/3
unter dem üblichen Tariflohn (bei existierendem Tarifvertrag) oder
ortsüblichem Lohn liegt und in diesem Fall ein Jobangebot wegen
Sittenwidrigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II folgenlos abgelehnt
werden kann, d.h. in diesem Fall ein zwingend anzuerkennender wichtiger
Grund nach § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II vorliegt, der eine Sanktion
ausschließt. Vgl. auch BAG vom 22.04.2009, Az. 5 AZR 436/08.

- Sittenwidrigkeit, Rechtswidrigkeit:
Eine
Arbeit ist unzumutbar, wenn sie Tätigkeiten beinhaltet, die gegen
geltendes Recht verstoßen und der Arbeitnehmer somit bei Ausübung
desselben eine Straftat oder strafbare Handlung begehen würde, oder der
Arbeitgeber eine solche verlangt.

- Unzumutbarkeit aus körperlichen, geistigen und seelischen Gründen:
Arbeiten
welche Tätigkeiten beinhalten, die aufgrund festgestellter oder akkut
vorliegender körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht ausgeübt
werden können, sind unzumutbar.
Die Erwerbsfähigkeit, also die
körperliche und seelische Eignung, der Hilfebedürftigen muss immer durch
den Amtsarzt, medizinischen Dienst der Krankenkassen oder
psychologischen Dienst beurteilt und abschließend festgestellt werden.

- Pflege eines Angehörigen:
Eine
Arbeit ist unzumutbar, wenn sie nicht mit der Pflege eines Angehörigen
vereinbart werden kann. Angehörige sind der Ehegatte, der
gleichgeschlechtliche Partner oder der Verlobte, darüber hinaus
Geschwister, Verwandte und Verschwägerte sowie Geschwister des Ehegatten
und Kinder von Geschwistern, auch Pflegeeltern und Pflegekinder. Eine
sittliche Verpflichtung kann auch infolge innerer Bindungen z.B. als
Stiefkind, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft oder langjährige
Haushaltshilfe angenommen werden, insbesondere bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft.
Bei
Pflegestufe I ist dem Pflegenden ein Vollzeitjob zumutbar. Bei
Pflegestufe II ist dem Pflegenden nur ein Teilzeitjob mit max. 6 Std.
Arbeitzeit pro Tag zumutbar. Bei Pflegestufe III ist dem Pflegenden kein
Erwerbstätigkeit mehr zumutbar.
Bei Pflegestufe I und II können sich
aber in Abhängigkeit der erforderlichen Pflegetätigkeiten
Einschränkungen hinsichtlich Lage und Verteilung der Arbeitszeit
ergeben. Siehe auch Weisung der BA zu § 10 SGB II ab Rz 10.15.

- sonstiger wichtiger Grund:
Als wichtiger persönlicher Grund anzuerkennen sind z.B.:

der Besuch einer allgemein bildenden Schule und einer
berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, die Erstausbildung, d.h. wenn der
erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht über einen Berufsabschluss verfügt,
der nach bundes- oder landesrechtlichen
Vorschriften mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren festgelegt ist,
• die Beendigung einer Ausbildung, einer Aufstiegsfortbildung z.B. der Abschluss des geprüften Bilanzbuchhalters, eines
Studienganges,
eines Praktikums zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses
in Deutschland oder einer Umschulung, wenn durch die (sofortige)
Arbeitsaufnahme der angestrebte Abschluss nicht erreicht wird und dem
Hilfebedürftigen droht, ohne den Abschluss dauerhaft von Leistungen nach
dem SGB II abhängig zu sein,
• das Absolvieren eines
Jugendfreiwilligendienstes im Sinne des Jugendfreiwilligendienstgesetzes
(dazu gehören das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige
Ökologische Jahr),
• die fehlende Bereitschaft, Prostitution auszuüben, auch wenn sie früher einmal ausgeübt wurde,

die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber, bei dem der Arbeitnehmer schon
einmal beschäftigt und berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus
wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.
• die Inanspruchnahme
einer bis zu sechsmonatigen Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesezt, wenn
nicht aufgrund des geringen Umfangs der Pflege (Pflegestufe I) und/oder
der Pflege durch weitere nahe Angehörige die Aufnahme einer (Teilzeit-)
Beschäftigung erwartet werden kann. Die Ausübung einer (Teilzeit-)
Beschäftigung ist insbesondere dann zumutbar, wenn eine weitere Person
die Pflegezeit in Anspruch nimmt und die häusliche Pflege so
sichergestellt wird.
• bei bestehender Schul- oder Berufsschulpflicht, eine Arbeit ist zumutbar, wenn sie der Berufsschulpflicht nicht entgegensteht.

bei Aufnahme einer Zweitausbildung bzw. eines Bildungsganges im zweiten
Bildungsweg, wenn kein sozialwidriges Verhalten vorliegt (siehe Anlage 1
der Weisung der BA zu § 34 SGB II).
• bei Zugehörigkeit zu
bestimmten Volksgruppen anderer Kulturkreise und
Religionsgemeinschaften, wenn die Tätigkeit den Glaubensgrundsätzen
widerspricht.
• wenn die Aufwendungen für die angebotene Arbeit höher sind als die Einnahmen aus der Arbeit.
• Ein sonstiger wichtiger Grund kann auch vorliegen, wenn der Schutz von Ehe und Familie gefährdet ist.



Gründe, die eine Arbeit nicht unzumutbar machen

- Umzug:
Alleinerziehenden
und Familien mit Kindern bzw. pflegebedürftigen Personen ist ein Umzug
nur zuzumuten, wenn die Kinderbetreuung und/ oder die Pflege von
Angehörigen am neuen Arbeitsort gewährleistet ist. Ein mit dem Umzug
verbundener Schulwechsel der Kinder steht der Zumutbarkeit grundsätzlich
nicht entgegen. Grundsätzlich ist es zumutbar, wenn die Familie nicht
zeitgleich den Wohnort wechselt, wenn dies aus Kostengründen oder aus
Gründen des Schutzes der Familie und Kindererziehung erforderlich ist.
Ein
Umzug ist auch zumutbar, wenn dabei der eine Partner seinen Job
aufgeben muss, vorausgesetzt durch den Job des anderen Partners wird die
Hilfebedürftigkeit weiter weiter verringert (Bsp. arbeitloser Mann
nimmt Job mit 1500€ Lohn auf, Frau muss wegen Umzug 400€ Job aufgeben).

-
Tätigkeiten, die nicht der Ausbildung des erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen entsprechen und in denen er über keine Berufserfahrung
verfügt, soweit er die Minimaleignung erfüllt.

- Pendelzeiten:
bei einer täglichen Arbeitszeit von 6 Stunden: 2,5 Stunden Pendelzeit, und
bei
einer tägliche Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden: 3 Stunden Pendelzeit
sind zumutbar. Ist tägliches Pendeln aus wirtschaftlichen Gründen
gegenüber einer doppelten Haushaltsführung bzw. eines Umzuges
unzumutbar, ist zu prüfen, ob dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine
doppelte Haushaltsführung/ Umzug zuzumuten ist.

- Ungünstigere Arbeitsbedingungen als bei den bisherigen Beschäftigungen sind zumutbar.

- Befristete Beschäftigungen sind zumutbar.

- Aushilfstätigkeiten, Urlaubsvertretungen, Gelegenheitsarbeiten aller Art sind zumutbar.

- Eine geringere Entlohnung als bei der vorherigen Beschäftigungstellt ist zumutbar.

- Die Aufgabe einer Arbeitsstelle zugunsten einer anderen, mit der die Hilfebedürftigkeit weiter verringert wird, ist zumutbar.


Die Zumutbarkeit von AGH's (1 Euro Jobs)
AGH's
sollen als letztes Mittel der Eingliederung Arbeitslosen wieder einen
regelmäßigen Tagesablauf antrainieren und das Arbeiten beibringen (so
die Gesetzesbegründung). Eben deshalb sind AGH's nur bei Personen
zulässig, die - wie der Gesetzgeber in § 16d SGB II festgelegt hat -
"keine Arbeit finden können".
Somit bestehen die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Teilnahme eines ALG II-Beziehers an einer AGH
nicht mehr, wenn dieser bereits einen Job hat. Welchen zeitlichen Umfang
dieser Job hat, ist dabei absolut unrelevant, da § 16d SGB II keine
dahingehenden Einschränkungen trifft und der Leistungsträger dazu auch
keine Ermächtigung hat.
Eine Zuweisung zu einer Arbeitsgelegenheit
(AGH) mit Mehraufwandsentschädigung (MAE), den sog. 1€ Jobs, ist nur
dann hinreichend bestimmt und damit zulässig, wenn sie enthält:
- die Art der Tätigkeit,
- den Arbeitsort,
- den zeitliche Umfang,
- die zeitliche Verteilung,
- die Höhe der Mehraufwandsentschädigung.
Außerdem
muss der Betroffene erkennen können, ob diese Tätigkeit "zusätzlich"
sowie nicht in der Privatwirtschaft angesiedelt ist und damit rechtmäßig
ist.
Im Streitfall muss die ARGE zudem den Sinn der Maßnahme
nachweisen, also welches Eingliederungskonzept mit der Maßnahme verfolgt
wird. Ohne Eingliederungskonzept keine AGH.
Soweit die bundesweit
einheitliche Rechtsprechung zu AGHs, welche auch die Bundesagentur für
Arbeit in ihrer "Arbeitshilfe AGH" als Mindestvoraussetzung vorschreibt.
Zu
beachten ist auch, dass die Zusatzkosten, welche durch die Teilnahme an
der AGH entstehen, durch die gezahlte MAE abgedeckt sein müssen. Sind
diese Kosten jedoch höher, darf eine AGH gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 und
Abs. 3 SGB II abgelehnt werden.
Hinweis: mit Urteil vom 13.04.2011,
Az. B 14 AS 98/10, hat das Bundessozialgericht geurteilt, dass einem 1
Euro Jobber, dessen Maßnahme nicht das Kriterium der Gemeinnützigkeit
und Zusätzlichkeit erfüllt, sondern deren Tätigkeit üblicherweise auf
dem 1. Arbeitsmarkt angesiedelt ist und gegen Bezahlung erbracht wird,
Anspruch auf tarifliche Entlohnung der erbrachten Arbeitsleistung
zusteht.

Die Zumutbarkeit von Maßnahmen bei bestehendem Job
Nach
§ 2 SGB II steht die Verringerung der Hilfebedürftigkeit an erster
Stelle, d.h. ein Job, egal welchen Umfanges, geht einer Maßnahme der
ARGE generell vor.
Nur in Ausnahmefällen ist es zulässig, neben dem
Job die Teilnahme an einer Maßnahme zu fordern, und zwar dann, wenn die
Maßnahme dem Ziel dient, den ALG II-Bezieher in die Lage zu versetzen,
seine Hilfebedürftigkeit weiter zu veringern oder zu beseitigen und die
Maßnahme mit der Tätigkeit zeitlich vereinbar ist.
Würde der
Leistungsträger die Teilnahme an einer Maßnahme fordern, die zeitlich
nicht mit dem Job vereinbar ist, müsste man den Job aufgeben und würde
damit seine Hilfebedürftigkeit vergrößern, sowie sich der Gefahr eine
Sanktion nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1c SGB II aussetzen. Eben deshalb ist
eine solche Forderung rechtlich unzulässig.

http://hartz.info/index.php?topic=4593.0


Seite  118- 125  Harald Thome im Link


  http://www.harald-thome.de/media/files/SGB-II---Folien-24.01.2015.pdf


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