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Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Hartz IV kennt kein fiktives Einkommen - Denn dies widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf - Rechtsprechung

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werden - Hartz IV kennt kein fiktives Einkommen - Denn dies widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf - Rechtsprechung  Empty Hartz IV kennt kein fiktives Einkommen - Denn dies widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf - Rechtsprechung

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 8:45 am

1. Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 12.08.2010, - L 11 AS 381/10 B ER - fiktives Einkommen- Mieteinnahmen

Die
Berücksichtigung fiktiven Einkommens ist im Regelfall ausgeschlossen,
eine Ausnahme gelte aber bei tatsächlich bestehenden, zumutbaren und
kurzfristig realisierbaren, aber ungenutzten Selbsthilfemöglichkeiten.
Auf eine solche bestehende Möglichkeit habe die HB durch den Abschluss
eines Aufhebungsvertrags und die unentgeltliche Überlassung der bisher
vermieteten Räume an Dritte verzichtet.


Nach § 9 Abs. 1 SGB
II ist hilfebedürftig wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in
Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und
Mitteln, vor allem nicht (1) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2)
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und
die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen
oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als zu
berücksichtigendes Einkommen zählen nach § 11 Abs. 1 SGB II
grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert.
Fiktives
Einkommen ist dem Hilfebedürftigen regelmäßig nicht zuzurechnen (allg.
Meinung, lediglich beispielshaft Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2.
Aufl. 2008, § 11 Rdnr. 13 mwN).


Etwas anderes gilt jedoch bei
tatsächlich bestehenden, zumutbaren und kurzfristig realisierbaren,
aber ungenutzten Selbsthilfemöglichkeiten des Hilfebedürftigen. Zwar
verlangt das Faktizitäts- oder Tatsächlichkeitsprinzip nicht nach den
Ursachen einer tatsächlich vorhandenen Notlage zu fragen und auch bei
selbstverschuldeten Notlagen voll zu leisten. Dennoch schließt das
Subsidiaritätsprinzip des § 3 Abs. 3 SGB II bzw. § 9 Abs. 1 S. 1 SGB II
einen Leistungsanspruch grundsätzlich aus, wenn die Nutzung tatsächlich
bestehender Möglichkeiten zur kurzfristigen Selbsthilfe unterbleibt
(vgl. Mecke aaO, § 11 Rdnr. 14 mwN).

2. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 03.02.2010, - L 15 AS 1081/09 B -

Hat
die Leistungsbezieherin(LB) die Steuerrückerstattung direkt an ihre
Schwester überwiesen und somit nier erhalten, lag der Überweisung als
Rechtsgrund die Abtretung vom zugrunde, so dass die LB gegenüber der
Finanzverwaltung auch keinen Anspruch auf Rückabwicklung gehabt hat.

Somit
– hat das Jobcenter einen lediglich in der Vergangenheit gegenüber der
Finanzverwaltung bestehenden Anspruch und damit fiktive Einnahmen als
Einkommen angerechnet- Rechtswidrig!!

Denn dies widerspricht dem
Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes
Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf
(LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. August 2008 - L 6 AS 734/07
ER; vgl. auch BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 75/08 R [Rn 20],
wonach die fiktive Berücksichtigung tatsächlich nicht vorhandenen
Einkommens dem grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedanken
zuwiderläuft, sowie BSG, Urteil vom 13. November 2008 - B 14 AS 2/08 R,
NZS 2009, 580 [Rn 32] zur Nichtberücksichtigung von nicht zur Verfügung
stehendem Einkommen).

Berücksichtigt werden dürfen nur die
tatsächlich zugeflossenen Einnahmen sowie tatsächlich bestehende und
ohne weiteres sofort realisierbare Ansprüche gegenüber Dritten, die
bislang ohne hinreichenden Grund nicht geltend gemacht worden sind (vgl.
LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Februar 2009 - L 5 AS 34/09 B ER;
Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, Rn 13; Spellbrink
in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2009, §
11 SGB II Rn 4; Söhngen in: jurisPK-SGB II § 11 SGB II Rn 40;
Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 11 SGB II
Rn 4 - tatsächliche Verfügbarkeit; Hänlein in: Gagel SGB III, § 11 SGB
II Rn 17 ff.; Brühl in: LPK SGB II, 3. Auflage 2009, § 11 Rn 24;
Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rn 40 und 86f.).


Auch
nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es ausschließlich auf die
tatsächlichen Gegebenheiten und nicht auf etwaige fiktive Umstände an
("Gegenwärtigkeitsprinzip", vgl. Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR
569/05, Breithaupt 2005, 803).

http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2011/08/hartz-iv-kennt-kein-fiktives-einkommen.html

Sozialgericht Nürnberg S 13 AS 1208/09 ER 28.10.2009
2. Instanz Bayerisches Landessozialgericht L 11 AS 18/10 B ER 12.04.2010
3. Instanz
Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitsuchende
Entscheidung I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Nürnberg vom 28.10.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.




Gründe:

I.

Die
Antragstellerin (ASt) begehrt die Bewilligung von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Februar bis
Oktober 2009 und die Übernahme von rückständigen Mietzahlungen in Höhe
von 2.151,10 EUR sowie die Erstattung damit in Zusammenhang stehender
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 641,05 EUR.

Der ASt - und ihrem
mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn - waren mit Bescheid der
Antragsgegnerin (Ag) vom 19.09.2008 Leistungen nach dem SGB II in Höhe
von monatlich 949,67 EUR für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.03.2009
bewilligt worden, die die Ag wegen des Eintrittes verschiedener
Sanktionstatbestände (in Bezug auf die ASt) mit den Bescheiden vom
27.11.2008 u.a. für die Zeit ab dem 01.02.2009 auf einen Betrag von
794,79 EUR (Sanktion: 210,00 EUR) und für die Zeit ab dem 01.03.2009 auf
eine Betrag von 653,79 EUR (Sanktion: 351,00 EUR) absenkte. Nachdem die
ASt auch Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit bezogen habe,
Unterlagen hierüber jedoch nicht vorgelegt worden seien, entzog die Ag -
unter Hinweis auf die unterlassene Mitwirkung nach §§ 60, 66
Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) - der Bedarfsgemeinschaft die
bewilligten Leistungen für die Zeit ab dem 01.02.2009. Infolge der
Leistungsentziehung wurde auch die Zahlung der Unterkunftskosten (496,79
EUR), die bislang direkt auf das Konto des Vermieters erfolgte,
eingestellt. Der gegen den Entziehungsbescheid erhobene Widerspruch
blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.03.2009) und die ASt hat -
soweit nach Lage der Akten ersichtlich - keine Klage erhoben.

Für
die Folgezeit beantragte die ASt am 03.04.2009 bei der Ag erneut
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die mit Bescheid vom
22.06.2009 für die Zeit ab dem 15.06.2006 bis 30.11.2009 bewilligt
wurden, wobei die Antragsgegnerin berücksichtigte, dass der Sohn der ASt
Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
(BAföG) in
Höhe von 212,00 EUR monatlich erhält und somit ein Anspruch auf
Unterkunftskosten nur noch in Höhe von 199,40 EUR besteht. Für die Zeit
ab dem 01.02.2009 bis 15.06.2009 bestehe ein Leistungsanspruch mangels
Mitwirkung nicht. Gegen diesen Bescheid erhob die ASt Widerspruch, über
den die Ag - nach Lage der Akten - bislang nicht entschieden hat.

Mit
weiteren Bescheiden vom 18.08.2009 und 09.09.2009 setzte die Ag die
monatlichen Leistungen für den Zeitraum 01.07.2009 bis 31.08.2009 mit
560,79 EUR fest, wobei die Ag in Bezug auf die ASt einen
Minderungsbetrag von 246,00 EUR wegen verschiedener Sanktionstatbestände
berücksichtigte. Die ASt habe mehrere Meldetermine nicht wahrgenommen
(Bescheid vom 22.06.2009 - Minderung 70 v.H. der Regelleistung). Den
Zahlbetrag für September 2009 wies die Ag mit 275,40 EUR aus, wobei sie
ausgehend von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 702,09 EUR
(Regelleistung für ASt: 359,00 EUR; Unterkunftskosten für ASt: 248,39
EUR; Unterkunftskosten für den Sohn der ASt: 94,70 EUR) lediglich einen
Minderungsbetrag von 246,00 EUR in Bezug auf durch die ASt verwirkte
Sanktionstatbestände berücksichtigte.

Bereits am 07.09.2009 hat
die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) beantragt, die Ag im Wege der
einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die zustehenden Leistungen nach
dem SGB II in voller Höhe zu erbringen. Zudem seien die Schulden in
Höhe von 430,46 EUR, die sie bei ihrem Energieversorger habe, von der Ag
zu bezahlen. Des Weiteren habe die Ag die Kosten für eine
Abschlussprüfung ihres Sohnes darlehensweise zu übernehmen und die
Leistungen seien nicht mehr auf das Konto des Vermieters zu überweisen.

Das
SG hat mit Beschluss vom 28.10.2009 die aufschiebende Wirkung des
Widerspruches der ASt gegen den Sanktionsbescheid vom 22.06.2009
angeordnet, weil es ernsthafte Zweifel in Bezug auf die Rechtmäßigkeit
dieses Bescheides gebe. Darüber hinaus hat das SG den Erlass einer
einstweiligen Anordnung abgelehnt. Eine darlehensweise Übernahme der
Prüfungskosten für den Sohn des ASt komme nicht in Betracht, weil ein
entsprechender Antrag bereits mit Bescheid vom 09.04.2009
bestandskräftig abgelehnt worden sei. Dem Begehren, ungekürzte
Leistungen auszahlen, habe die Ag bereits Rechnung getragen, denn ab dem
01.10.2009 erhalte die Ag wieder in voller Höhe Leistungen nach dem SGB
II. Zuletzt seien auch Miet- und Energieschulden nicht zu übernehmen,
denn für das Bestehen solcher Verbindlichkeiten gebe es keine Belege.

Gegen
diesen Beschluss hat die ASt am 04.12.2009 (Eingang SG) beim Bayer.
Landessozialgericht (Eingang 11.01.2010) Beschwerde eingelegt. Nachdem
die Ag in der Zeit von Februar bis Juni 2009 keine Leistungen gezahlt
habe, seien Mietrückstände in Höhe von 2.151,10 EUR sowie Anwaltskosten
in Höhe von 641,05 EUR entstanden. Infolge der Nichtzahlung ihrer Miete
sei der Mietvertrag gekündigt worden, und sie sei vom Amtgericht
verurteilt worden (Urteil vom 11.12.2009), die Wohnung zu räumen. Die Ag
habe die Mietrückstände zu übernehmen und die vollständigen Leistungen
für den Zeitraum Februar 2009 bis Oktober 2009 auszuzahlen.

Zur
weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten
der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug
genommen.

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist
zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch
nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz -
lediglich im Ergebnis - zu Recht abgelehnt.

Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens ist nur noch die Auszahlung ungekürzter Leistungen
nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis einschließlich
31.10.2009 sowie die Übernahme der Mietrückstände in Höhe von -
tatsächlich - 2.051,10 EUR, die dadurch entstanden sind, dass die Ag die
Unterkunftskosten für die Monate Februar bis Mai 2009 vollständig und
für Juni 2009 teilweise nicht an den Vermieter gezahlt hat, nachdem an
die ASt (und ihren Sohn) insgesamt keine Leistungen erbracht worden
sind. Die weitergehenden Begehren (Energieschulden; Kosten der
Abschlussprüfung ihres Sohnes), die erstinstanzlichen geltend gemacht
worden waren, hat die ASt mit der Beschwerde nicht mehr weiter verfolgt.

Hierbei
handelt es sich - zumindest in Bezug auf die Unterkunftskosten und die
Mietrückstände - jedoch um den selben Streitgegenstand, denn die
"Mietrückstände" sind durch die Nichtzahlung von Leistungen in einem
streitigen Bedarfszeitraum aufgelaufen, so dass nicht allein durch
Fälligkeit und Nichtzahlung des Mietzinses der ungedeckt gebliebene
Unterkunftsbedarf als Mietschulden zu qualifizieren und gesondert zu
behandeln wäre (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R -
Pressemitteilung).

Bereits mit ihrem Eilantrag vom 07.09.2009 hat
der ASt geltend gemacht, Alg II sei ihr in ungekürzter Höhe
auszuzahlen. Dieses Begehren hat sie nunmehr im Rahmen des
Beschwerdeverfahrens präzisiert und auf den Zeitraum 01.02.2009 bis
31.10.2009 beschränkt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ag
im Zusammenhang mit der Leistungsbewilligung vom 22.06.2009 bereits die
mit Bescheid vom gleichen Tag verfügte Sanktion (70 v.H. -
Minderungsbetrag 246,00 EUR für die Zeit ab 01.07.2009) umgesetzt und in
der Folgezeit lediglich - nach Lage der Akten nicht nachvollziehbare -
weitere Absenkungen vorgenommen hat, womit höhere Leistungen für den
Bewilligungszeitraum vom 01.04.2009 bis 30.11.2009 im Rahmen eines
Hauptsacheverfahrens durch eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in
Bezug auf den Leistungsbescheid vom 22.06.2009 in der Gestalt der
Bescheide vom 18.08.2009 und 09.09.2009 geltend zu machen wären.

Gleiches
gilt für den mit der Beschwerde geltend gemachten Anspruch im
Leistungszeitraum vom 01.02.2009 bis 31.03.2009, der bereits mit
Widerspruchsbescheid vom 17.03.2009 bestandskräftig abgelehnt worden
war. Im Rahmen des Bewilligungsbescheides vom 22.06.2009 hat die Ag
jedoch wieder ein Verwaltungsverfahren eröffnet, indem sie die
nachträgliche Leistungserbringung auch für die Monate Februar und März
2009 erneut abgelehnt hat. Auch dieser Verfügungssatz des Bescheides vom
22.06.2009 wird vom Widerspruch der ASt erfasst.

Damit stellt
für die Frage, ob der Ag zur Erbringung von Leistungen bzw. ungekürzten
Leistungen im Zeitraum vom 01.02.2009 bis 31.10.2009 zu verpflichten
ist, § 86b Abs 2 Satz 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dar. In diesem Zusammenhang ist nur
inzident zu prüfen, ob die Leistungsversagung (bis 14.06.2009) bzw. die
Leistungsabsenkung wie mit Bescheid vom 22.06.2009 (Sanktionsbescheid)
verfügt, einer rechtlichen Prüfung standhalten kann. Eine gesonderte
Prüfung dieser Verfügungssätze am Maßstab des § 86b Abs 1 Nr. 2 SGG ist
insoweit nicht geboten (vgl. bereits Beschluss des Senates vom
21.01.2010 -
L 11 AS 785/09 B ER - veröffentlicht in juris).

Eine
einstweilige Regelung ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt
ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders
abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in
der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998
BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179), vom
22.11.2002 NJW 2003, 1236 und vom 25.02.2009 NZS 2009, 674; Niesel/
Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. Rn. 652)

Die
Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist
in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines
Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf
den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der
Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs
2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller aaO, § 86b Rn. 41).

Zwischen
Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine
Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann
weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach-
und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005
Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in
der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der
Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so
ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer
einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der
Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.

Unter Beachtung dieser Kriterien ist dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht zu entsprechen.

Nachdem
sich die Ag mit streitgegenständlichen Bescheid vom 15.06.2009
geweigert hat, nachträglich Leistungen für den Zeitraum 01.02.2009 bis
14.06.2009 auszuzahlen, und diese Entscheidung bereits mangels
Ermessensausübung offenkundig rechtswidrig ist, sind allein deshalb die
Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens in Bezug auf die
Nachzahlung der Leistungen für den Zeitraum 01.02.2009 bis 31.10.2009
als offen anzusehen.

Die Ag ist gleichwohl nicht zur Zahlung von
Leistungen zu verpflichten, denn ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft
gemacht. Es ist ständige Rechtsprechung des Senates (zuletzt Beschluss
des Senates vom 21.01.2010 aaO), dass für Leistungsansprüche, die allein
für die Vergangenheit im Streit stehen, in aller Regel ein
Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit nicht
glaubhaft zu machen ist.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die
Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache,
ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im
Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Im
Rahmen einer Regelungsanordnung ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit,
wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass der ASt vor
vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe er wirksamen Rechtsschutz
erlangen kann (vgl. Keller aaO § 86b Rn.27a). Charakteristisch ist daher
für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in
aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht
auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit
angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch
Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen
Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch
gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft
gemacht wird, und sich ein besonderer Nachholbedarf durch die
Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft
noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht.

Beides ist
vorliegend nicht gegeben. Der von der ASt geltend gemachte
Leistungsanspruch ist nicht offenkundig gegeben, auch wenn die Ag in
Bezug auf die Leistungsversagung für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis
14.06.2009 kein Ermessen ausgeübt hat. Zudem ist nicht ersichtlich, dass
die ASt darauf hingewiesen worden wäre, es käme eine Leistungsversagung
wegen fehlender Mitwirkung für die Zeit ab dem 01.04.2009 in Betracht.
Hierfür ist in aller Regel - insbesondere im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzes - vorauszusetzen, dass eine Reduzierung des von der
Verwaltung auszuübenden Ermessens "auf Null" darzulegen und zu beweisen
ist. Diesbezüglich fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte. In Bezug auf
die Entscheidung des SG, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches
gegen den Sanktionsbescheid vom 22.06.2009 anzuordnen, teilt der Senat
zwar die Auffassung des SG, dass Gesichtspunkte gegen die Rechtmäßigkeit
dieses Bescheides sprechen. Gleichwohl ist dessen Rechtswidrigkeit
nicht so offenkundig, dass die sofortige Nachzahlung der gekürzten
Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit zu beanspruchen wäre. Das
SG hat in diesem Zusammenhang übersehen, dass vorliegend allein durch
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches in Bezug auf
den Sanktionsbescheid vom 22.06.2009 kein Leistungsanspruch entsteht,
denn die Ag hatte mit dem Leistungsbescheid vom 22.06.2009 die Wirkungen
der Sanktion bereits umgesetzt, und soweit das SG der Auffassung
gewesen sein sollte, der ASt seien diese Leistungen zuzusprechen, wäre
insoweit eine Regelungsanordnung zu prüfen gewesen (vgl. bereits oben).
Soweit eine über die Sanktion hinausgehende Minderung des
Leistungsanspruches für die Zeit ab dem 15.06.2009 bemängelt wird,
beruht diese auf der Anrechnung des vom Sohn der ASt bezogenen BAföG als
Einkommen. Dies ist beim derzeitigen Stand des Verfahrens nicht ohne
weiteres als rechtswidrig anzusehen.

Eine Verpflichtung zur
Auszahlung von Alg II für bereits abgelaufene Leistungszeiträume ist
auch nicht geboten, weil die ASt nichts zu einer existenziellen
Gefährdung vorgetragen hat, die durch eine Nachzahlung der
Regelleistungen für vergangene Zeiträume beseitigt werden könnte oder
beseitigen werden müsste.

Eine andere Betrachtungsweise ist auch
nicht in Bezug auf die Unterkunftskosten der ASt angezeigt, denn nach
den vorgelegten Unterlagen hat der Vermieter der ASt die von ihr
bewohnte Wohnung gekündigt und - auf Klage vom 26.08.2009 - ein
Räumungsurteil erwirkt (AG A-Stadt, Urteil vom 11.12.2009 - 27 C
6481/09). Zudem war der Vermieter der ASt - ausweislich des Protokolls
dieses Rechtsstreites - nicht bereit, das Mietverhältnis weiter aufrecht
zu erhalten. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde anderes nicht
vorgetragen.

Im Ergebnis hatte es die ASt bereits seit dem
26.10.2009 nicht mehr selbst in der Hand, die Mietrückstände
auszugleichen und so die Unwirksamkeit der Kündigung herbeizuführen (§
569 Abs 3 Nr. 2 BGB), um den Verlust ihrer Wohnung zu vermeiden, denn
die Wirkungen des § 569 Abs 3 Nr. 2 BGB können längstens innerhalb von
zwei Monaten ab Rechtshängigkeit einer Räumungsklage herbeigeführt
werden. Es besteht daher keine Notwendigkeit, der ASt - entgegen dem
Grundsatz "keine Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume" -
die Unterkunftskosten für die streitbefangenen Zeiträume vom 01.02.2009
bis 31.10.2009 unter Vorwegnahme der Hauptsache zuzusprechen. Die ASt
ist aufgrund der derzeitigen Situation nicht mehr in der Lage, ihren
bisherigen Wohnraum zu erhalten, so dass sie auf den Ausgang des
Hauptsacheverfahrens zu verweisen ist. Soweit ihr dort Unterkunftskosten
für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 14.06.2009 - den Zeitraum für den
aufgrund der Nichtzahlung der Leistungen die zur Kündigung führenden
Zahlungsrückstände aufgelaufen sind - zuzusprechen wären, kann die ASt
allenfalls die Zahlungsrückstände gegenüber ihrem Vermieter ausgleichen,
nicht jedoch ihren bisherigen Wohnraum erhalten, so dass ihr zumutbar
ist, eine etwaige Nachzahlung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens zu
erwirken. Die Gefährdung existenzieller Bedürfnisse, wie vorliegend der
Verlust des bisherigen Wohnraumes, ist derzeit durch eine Nachzahlung
nicht zu verhindern, und die ASt hat keine weitergehenden Nachteile zu
erwarten, die im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens nicht auszugleichen
wären.

Soweit die ASt die Kosten eines gegnerischen
Rechtsanwaltes geltend macht, die ihr im Rahmen der Räumungsklage mit
Urteil vom 11.12.2009 auferlegt worden sind, konnte dies nicht
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sein. Es handelt sich somit
um eine Antragsänderung, die nach § 99 Abs 1 SGG jedoch nur zulässig
ist, wenn die Ag zustimmt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich
hält.

Beides ist nicht der Fall, denn die Ag hat sich zum einen
nicht auf den geänderten Antrag eingelassen, § 99 Abs 2 SGG. Zum anderen
hat der Senat - nach Abwägung der Umstände - keine Veranlassung diesen
Antrag als sachdienlich anzusehen, denn die Ag hatte bislang keine
Gelegenheit sich mit der Angelegenheit verwaltungsintern auseinander
zusetzen und der Rechtsstreit ist in Bezug auf das geltend gemachte
Leistungsbegehren entscheidungsreif. Zudem ist nicht ersichtlich, dass
die Einbeziehung dieses Streitgegenstandes in das laufende Verfahren zu
einer endgültigen Beilegung des Rechtsstreites führen könnte,
insbesondere weil eine Rechtsgrundlage für das geltende gemachte
Begehren nicht ersichtlich ist, und nach dem prozessualen Verhalten der
ASt nicht zu erwarten ist, eine gerichtliche Entscheidung könne einen
weitergehenden Rechtsstreit vermeiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des ASt.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=131342

Gruß Willi S
Willi Schartema
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