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Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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BSG: Heizkostennachforderung keine gesonderte Antragstellung BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 62/09 R

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BSG: Heizkostennachforderung keine gesonderte Antragstellung BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 62/09 R Empty BSG: Heizkostennachforderung keine gesonderte Antragstellung BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 22.3.2010, B 4 AS 62/09 R

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 7:30 am

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Betriebs- und
Heizkostennachforderung nach Jahresabrechnung als gegenwärtiger Bedarf -
keine Notwendigkeit eines gesonderten Antrags - keine Mietschulden

Leitsätze
Der
aufgrund einer Betriebs- und Heizkostennachforderung des Vermieters
während eines laufenden Leistungsbezugs nach dem SGB 2 entstandene
tatsächliche Bedarf an höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung
muss nicht gesondert durch Antrag geltend gemacht werden und wird nicht
dadurch zu einer Mietschuld, dass die Nachforderung nicht innerhalb
einer vom Vermieter gesetzten Frist beglichen wird.
Tatbestand
1
Streitig
sind Leistungen für Unterkunft und Heizung, insbesondere die Übernahme
einer Betriebs- und Heizkostennachforderung, für das Kalenderjahr 2006.


2
Der
1965 geborene Kläger zu 1 und die 1970 geborene Klägerin zu 2 sind
erwerbsfähig und Eltern der 1990, 1991, 1995, 1996, 1999, 2002 sowie am
22.11.2006 geborenen Kläger zu 3 bis 9. Zusammen bewohnen sie eine 114
m² große 5-Zimmer-Wohnung. Für diese Wohnung hatten die Kläger zu 1 und
2, die gemeinsam Vertragspartner des 2003 geschlossenen
Wohnungsmietvertrags sind, im Jahre 2006 547,20 Euro Kaltmiete und 228
Euro Vorauszahlung auf die Betriebs- und Heizkosten monatlich an ihren
Vermieter zu zahlen (§ 4 des Mietvertrags). In der Betriebs- und
Heizkostenvorauszahlung waren Kosten für die Warmwasserbereitung
enthalten. Ab 1.1.2007 erhöhten sich die Betriebs- und
Heizkostenvorauszahlungen auf monatlich 285 Euro. Den Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II beziehenden Klägern
bewilligte die Beklagte im gesamten Jahr 2006 SGB II-Leistungen unter
Anerkennung der tatsächlichen Kosten für die Kaltmiete (547,20 Euro) und
der monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 228
Euro (Bescheide vom 15.12.2005, 8.6.2006 und 22.12.2006). Mit weiterem
Bescheid vom 22.12.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern auf ihren
Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 19.12.2006
für den Bewilligungszeitraum vom 1.12.2006 bis 31.5.2007 Kosten für
Unterkunft und Heizung unter Anerkennung von Mietkosten in Höhe von
547,20 Euro mtl und Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 228 Euro mtl.
Nach Vorlage einer Bescheinigung zu geänderten Heiz- und
Betriebskostenvorauszahlungen (ab Januar 2007 in Höhe von 285 Euro)
wurden für die Zeit vom 1.1.2007 bis 31.5.2007 SGB II-Leistungen unter
Berücksichtigung der Kosten für die Miete und die geänderten Nebenkosten
in Höhe von insgesamt 835,14 Euro bewilligt (Bescheid vom 10.1.2007).


3
Der
Vermieter der Kläger übersandte diesen mit Schreiben vom 21.3.2007 die
Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2006, nach der
im Jahre 2006 insgesamt 897,77 Euro an Heizkosten und 3251,26 Euro an
Hausnebenkosten entstanden waren. Nach Abzug der im Jahre 2006
geleisteten Vorauszahlungen von insgesamt 2736 Euro (12 Monate x 228
Euro) ergab sich eine Nachzahlungsforderung in Höhe von 1413 Euro. Der
Vermieter gab den Klägern auf, den Betrag bis zum 30.4.2007 auf sein
Konto zu überweisen.


4
Die Beklagte lehnte die Übernahme
der erst am 4.6.2007 bei ihr eingereichten Heiz- und
Betriebskostennachforderung ab (Bescheid vom 14.6.2007;
Widerspruchsbescheid vom 9.10.2007). Zur Begründung führte sie aus, eine
Übernahme der Nachforderung als Zuschuss nach § 22 Abs 1 SGB II sei
nicht möglich, weil es sich nicht um laufende Unterkunftskosten handele.
Dies sei nur dann der Fall, wenn die Übernahme der
Nebenkostenabrechnung vor Ablauf der eingeräumten Frist zur Begleichung
der Rechnung beantragt werde. Eine darlehensweise Übernahme der
Nachforderung als Mietschulden komme gleichfalls nicht in Betracht, weil
die rückständige Nachforderung keine Kündigung rechtfertige und somit
keine Wohnungslosigkeit einzutreten drohe.


5
Das SG Köln
hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.6.2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2007 verurteilt, den Klägern
auf die Nebenkostenabrechnung vom 21.3.2007 Leistungen für Unterkunft
und Heizung in Höhe von 1336 Euro zu gewähren, diesen Betrag an den
Vermieter der Kläger auszuzahlen und hat die Klage im Übrigen abgewiesen
(Urteil vom 11.4.2008). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des
SG geändert und die Beklagte verurteilt, den Klägern "auf die Heiz- und
Nebenkostenabrechnung vom 21.3.2007 Leistungen für Unterkunft und
Heizung in Höhe von 976 Euro zu gewähren und diesen Betrag an den
Vermieter der Kläger auszuzahlen"; die weitergehende Berufung hat es
zurückgewiesen (Urteil vom 22.1.2009). Zur Begründung seiner
Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Betriebs- und
Heizkostennachforderungen führten zu einem gegenwärtigen Bedarf, der
durch einmalige Leistung nach § 22 Abs 1 SGB II unter der Voraussetzung
zu befriedigen sei, dass zur Zeit der Entstehung, Fälligkeit und
Geltendmachung der Nachforderung ein Hilfebedarf nach dem SGB II
bestehe. Sie verwandelten sich nicht gemäß § 22 Abs 5 SGB II in
Mietschulden, wenn der Hilfebedürftige mit der Erfüllung der
Nachforderung in Verzug sei, weil sich das SGB II erkennbar von der
Konzeption eines einmonatigen "Bedarfszeitraums" verabschiedet habe. Die
Aufwendungen der Kläger seien in dem tenorierten Umfang hinsichtlich
der für das Kalenderjahr 2006 nachgeforderten Betriebs- und Heizkosten
auch angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Hinsichtlich der
Betriebskosten folge dies daraus, dass diese Kosten, die hier für das
Kalenderjahr 2006 im Streit stünden und mit der Nachforderung vom
Vermieter der Kläger geltend gemacht worden seien, mietvertraglich
wirksam vereinbart seien und sämtlich der Betriebskostenverordnung vom
25.11.2003 (BGBl I 2346 f) unterfielen. Unabhängig hiervon bestünden
keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Nebenkosten der Kläger die
"marktüblichen Nebenkosten" vergleichbarer Wohnungen überschritten. Auch
hinsichtlich der Angemessenheit der Heizkosten bestehe keine Pflicht zu
einer weitergehenden Sachaufklärung, zumal die Beklagte diese ebenso
wenig wie die Angemessenheit der Betriebskosten in Frage stelle.
Allerdings könnten die geforderten Heizkosten nicht in voller Höhe
übernommen werden, weil hierin enthaltene Kosten der Warmwasserbereitung
als Kosten der Haushaltsenergie iS von § 20 Abs 1 SGB II aus der
pauschal gewährten Regelleistung zu decken seien. Entgegen der Ansicht
des SG sei bei der Ermittlung des Absetzbetrags nicht die
Heizkostenabrechnung des Vermieters und sein Abrechnungsmodus zu Grunde
zu legen. Vielmehr sei - entsprechend der Rechtsprechung des BSG
(Hinweis auf Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 =
SozR 4-4200 § 22 Nr 5) und der unterschiedlichen Höhe der Regelleistung
der Kläger für das Jahr 2006 ein Gesamtbetrag in Höhe von 436,69 Euro
abzusetzen. Für die Kläger zu 1 bis 8 errechne sich für das Kalenderjahr
2006 der Betrag von 432,96 Euro (42 Monate x 36,08 Euro); zusätzlich
sei für den am 22.11.2006 geborenen Kläger zu 9 der Monat Dezember 2006
mit einem "Warmwasserabzug" von 3,73 Euro zu berücksichtigen. Dieser
Betrag sei von der Gesamtnachzahlung in Höhe von 1413,03 Euro
abzusetzen, sodass sich ein abgerundeter Nachforderungsbetrag in Höhe
von 976 Euro ergebe.


6
Mit ihrer Revision rügt die
Beklagte eine Verletzung des § 22 Abs 1 und 5 SGB II. Die von den
Vorinstanzen vertretene Auffassung, dass Mietschulden nur dasjenige sei,
was aus der Zeit vor Leistungsbeginn schon Schulden seien oder was der
Leistungsempfänger trotz ordnungsgemäßer Zahlung des Leistungsträgers
nicht an den Vermieter weitergeleitet habe, finde keine Begründung im
Gesetz. Vielmehr umfasse der Begriff der Mietschulden alles, was zur
Zahlung fällig, seitens des Mieters aber dennoch nicht geleistet worden
sei. Die Anknüpfung an die Fälligkeit der Forderung sei der geeignete
Maßstab für eine Unterscheidung zwischen aktuellem Bedarf und Schulden.


7
Die Beklagte beantragt,
die
Urteile des Sozialgerichts Köln vom 11.4.2008 und des
Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.1.2009 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.


8
Die Kläger beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.


9
Sie
halten die Entscheidung des LSG für zutreffend und vertreten die
Ansicht, dass es sich bereits nach einer umgangssprachlichen Auslegung
bei der Nachforderung aus der Heiz- und Betriebskostenabrechnung nicht
um Schulden handele.



Entscheidungsgründe
10
Die
zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1
SGG). Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass den Klägern wegen
der Heiz- und Nebenkostenabrechnung des Vermieters vom 21.3.2007 höhere
Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. In der Nachforderung der
Heiz- und Betriebskosten durch den Vermieter für das Kalenderjahr 2006
liegt eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen, die bei
Erlass der laufenden SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2006
bis 31.5.2007 bewilligenden Bescheids vom 10.1.2007 hinsichtlich der
Kosten für Unterkunft und Heizung vorlagen. Eines gesonderten Antrags
der Kläger auf Übernahme dieser Kosten bedurfte es nicht. Die
wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist auch iS von §
48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der
Verhältnisse zugunsten der Kläger zu berücksichtigen, weil das SGB II
keine gesonderten, § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X vorgehenden Regelungen
zum Zeitpunkt der Berücksichtigung geänderter Verhältnisse enthält. Der
aktuelle tatsächliche Bedarf der Kläger an Kosten der Unterkunft und
Heizung hat sich auch nicht durch Zeitablauf in Schulden iS des § 22 Abs
5 SGB II verwandelt.


11
1. Gegenstand des
Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid vom 14.6.2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.10.2007, mit dem die Beklagte
die Übernahme der im März/April 2007 zu leistenden Heiz- und
Betriebskostennachzahlung abgelehnt hat. Gegen diese Bescheide wenden
sich die Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Die Rechtmäßigkeit dieser
Ablehnungsbescheide misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm §
330 Abs 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil die Beklagte
den Klägern mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid vom 10.1.2007
Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis
31.5.2007 bewilligt hatte und das Nachforderungsverlangen des Vermieters
zeitlich in diesen Bewilligungsabschnitt fällt. Mit ihrem Antrag vor
dem LSG auf Übernahme der Nachzahlungsforderungen des Vermieters aus der
Nebenkostenabrechnung vom 21.3.2007 haben die Kläger den Streitstoff
dabei inhaltlich ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und
Heizung beschränkt (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung: BSG,
Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 §
22 Nr 1, jeweils RdNr 18; zur rechtlich nicht möglichen weiteren
Aufspaltung des Streitgegenstands, etwa in Unterkunfts- und Heizkosten:
BSG, aaO, RdNr 18, 22). Der Höhe nach ist die Überprüfung im
Revisionsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe
von 976 Euro begrenzt, weil nur die Beklagte Revision eingelegt hat.
Auch die Auszahlung des Nachforderungsbetrags an den Vermieter ist daher
nicht im Streit.


12
2. a) Ob den Klägern ein Anspruch auf
die Heizkostennachforderung zusteht, beurteilt sich nach § 48 Abs 1
Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom
10.1.2007, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den
tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt
soll gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung
zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw
inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - bezogen auf die
hier streitigen Kosten der Unterkunft und Heizung - dazu führt, dass
der Bewilligungsbescheid vom 10.1.2007 abzuändern ist, grundsätzlich
alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen
(vgl BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R, BSGE 95, 191 = SozR
4-4300 § 37b Nr 2 jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL
4/05 R, SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 6; BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b
AS 8/06 R - BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 23).
Es ergeben sich hier allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit
Bescheid vom 10.1.2007 für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.5.2007
bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung unzutreffend festgesetzt
sein könnten. Die Kläger erfüllten in dem vom diesem Bescheid umfassten
Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.5.2007 die Voraussetzungen des § 7 Abs 1
Satz 1 iVm §§ 19 Satz 1, 22 SGB II.


13
b) Eine Änderung
gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides
vom 10.1.2007 vorlagen, ist hier mit der Nachforderung der Heiz- und
Betriebskosten eingetreten. Der Anspruch der Kläger auf höhere Kosten
der Unterkunft und Heizung folgt aus § 22 Abs 1 SGB II. Zwar handelt es
sich bei der Übernahme einer Heiz- und Betriebskostennachzahlung anders
als im Regelfall des § 22 Abs 1 SGB II nicht um eine laufende, sondern
um eine einmalige Leistung. § 22 Abs 1 SGB II erfasst jedoch nicht nur
laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung (BSG,
Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr
9; BSG, Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - RdNr 19, FEVS 60, 490,
494; BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 ff =
SozR 4-4200 § 22 Nr 16, jeweils RdNr 26). Soweit einzelne Nebenkosten -
wie hier bei der Nachforderung - in einer Summe fällig werden, sind sie
als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu
berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (BSG,
Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr
36). Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der
Heizkostenvorauszahlungen bzw -abschläge der jeweiligen Monate
entstehen, gehören als einmalig geschuldete Zahlungen zum aktuellen
Bedarf im Fälligkeitsmonat (BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R -
BSGE 104, 41 RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen;
BSG, Urteil vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr
16; vgl bereits BVerwG, Urteil vom 4.2.1988 - 5 C 89/85 - BVerwGE 79,
46, 51).


14
c) Dem Anspruch der Kläger auf höhere Kosten
für Unterkunft und Heizung und damit der Annahme einer wesentlichen
Änderung der tatsächlichen Verhältnisse steht auch nicht entgegen, dass
die Kläger vor Entstehung der Heiz- und Betriebskostennachforderung für
das Kalenderjahr 2006 bzw deren Begleichung nach Zugang des Schreibens
vom 21.3.2007 keinen gesonderten Antrag auf Deckung dieses Bedarfs
gestellt haben. Zwar werden Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nur auf Antrag und nicht für Zeiten vor der
Antragstellung erbracht (§ 37 Abs 1 und 2 Satz 1 SGB II; BT-Drucks
15/1516 S 62; BSG, Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 §
11 Nr 17 RdNr 23; BSG, Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R, RdNr 13,
zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Sinne des
Meistbegünstigungsgrundsatzes ist aber davon auszugehen, dass ein
bereits gestellter Antrag auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts diejenigen Leistungen beinhaltet, die nach Lage des
Falls ernsthaft in Betracht kommen (Link in Eicher/Spellbrink, SGB II,
2. Aufl 2008, § 37 RdNr 21; BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R -
RdNr 11 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zum Klageantrag: BSG,
Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22
Nr 1, jeweils RdNr 11) und dem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts eine "Türöffner-Funktion" für diese Leistungen zukommt
(vgl zur Funktion des Antrags bei der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung auch BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R - RdNr
15, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; zur
"Türöffner-Funktion" der Arbeitslosmeldung im SGB III: BSG, Urteil vom
7.10.2004 - B 11 AL 23/04 R - BSGE 93, 209 = SozR 4-4300 § 122 Nr 2
jeweils RdNr 13). Der Antrag der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts vom 19.12.2006 umfasste auch die angemessenen Kosten
für Unterkunft und Heizung. Eine sachliche und zeitliche Konkretisierung
der von der Antragstellung umfassten Bedarfe kann auch zu einem
späteren Zeitpunkt, insbesondere dann vorgenommen werden, wenn sich
weitere Bedarfe erst während des laufenden Leistungsbezugs ergeben, also
die Forderung - wie hier - erst nach Antragstellung fällig wird. Mit
der Vorlage der Heiz- und Betriebskostennachforderung bei der Beklagten
haben die Kläger die Höhe ihres Bedarfs insofern lediglich weiter
konkretisiert, jedoch keine weitere, vom Antrag nicht erfasste Leistung
beantragt.


15
d) Die durch die Heiz- und
Betriebskostennachforderung für das Jahr 2006 eingetretene Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse "zugunsten des Betroffenen" iS von § 48 Abs 1
Satz 2 Nr 1 SGB X war auch wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X,
dh rechtserheblich, weil die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung in neuer Höhe zu bemessen waren, der Bewilligungsbescheid
vom 10.1.2007 also unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen
so nicht mehr hätte erlassen werden dürfen (vgl BSG, Urteil vom
9.6.1988 - 4/1 RA 57/87 - SozR 2200 § 1255a Nr 19 S 56). Die
Nachforderung des Vermieters der Kläger führt dazu, dass diesen in dem
vom Bewilligungsbescheid vom 10.1.2007 umfassten Zeitraum höhere Kosten
für Unterkunft und Heizung mit dem vom LSG angenommenen Gesamtbetrag in
Höhe von 976 Euro zustehen. Leistungen für die Heizung werden gemäß § 22
Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen,
soweit sie nicht einen Grenzwert überschreiten, der unangemessenes
Heizen indiziert (vgl hierzu BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R -
BSGE 104, 41 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, gehen die Beteiligten
übereinstimmend von der Angemessenheit der für das Jahr 2006
nachgeforderten Betriebs- und Heizkosten aus. Es ergeben sich auf der
Grundlage der Feststellungen des LSG für den Senat auch keine
Anhaltspunkte für zu hohe Betriebs- oder Heizkosten. Das LSG ist
schließlich auch zutreffend davon ausgegangen, dass die tatsächlich
angefallenen Heizkosten um die Kosten der Warmwasserbereitung zu
bereinigen sind, wobei die in Ansehung der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe 1998 rechnerisch für die Warmwasserbereitung aus
den Regelleistungen ermittelbaren Anteile zu berücksichtigen waren (vgl
dazu BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 =
SozR 4-4200 § 22 Nr 5; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - RdNr
28 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).


16
3.
Der Bewilligungsbescheid vom 10.1.2007 war auch vom Zeitpunkt dieser
Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X
aufzuheben, weil das SGB II - anders als zB das SGB XII für die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (vgl § 44 Abs 1 SGB
XII) und das SGB VI für Änderungen bei der Höhe der Rente (§ 100 Abs 1
SGB VI; vgl zB BSG, Urteil vom 22.4.2008 - B 5a R 72/07 R - RdNr 17) -
keine gesonderten, § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X vorgehenden Regelungen zum
Zeitpunkt der Berücksichtigung geänderter Verhältnisse enthält. Insofern
steht die verspätete Information der Beklagten über die Nachforderung
der Heiz- und Betriebskosten durch die Kläger dem Ausgleich der
Nachforderung an Betriebs- und Heizkosten nicht entgegen.


17
4.
Allein der Umstand, dass die Kläger die Nachforderung offenbar nicht
innerhalb der vom Vermieter gesetzten Frist, also mit Ablauf des
Fälligkeitsmonats (April 2007), beglichen haben, führt nicht dazu, dass
es sich - allein durch Zeitablauf - bei den nachgeforderten Heiz- und
Betriebskosten nicht mehr um einen aktuellen Bedarf, sondern (nur noch)
um nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II durch Darlehen auszugleichende Schulden
handelt (so auch Berlit in Münder, SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 19;
Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 36, Stand 9/2009 mit
Beschränkung auf den laufenden Bewilligungsabschnitt). Die Nachforderung
der Heiz- und Betriebskosten für das Kalenderjahr 2006 erfolgte zu
einem Zeitpunkt, in dem die Kläger während des Bewilligungsabschnitts
vom 1.12.2006 bis 31.5.2007 im durchgehenden SGB II-Bezug waren, ihre
Hilfebedürftigkeit also bereits eingetreten war. Ob Schulden iS des § 22
Abs 5 Satz 1 SGB II oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II vorliegen, ist - unabhängig von deren
zivilrechtlicher Einordnung - ausgehend von dem Zweck der Leistungen
nach dem SGB II zu beurteilen, einen tatsächlich eingetretenen und
bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf aufzufangen.
Bezieht sich die Nachforderung an Heiz- und Betriebskosten auf einen
während der Hilfebedürftigkeit des SGB II-Leistungsberechtigten
eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich
jedenfalls um vom SGB II-Träger zu übernehmende tatsächliche
Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II. Dabei besteht bei den Kosten für
Heizung der Bedarf darin, dass der Grundsicherungsträger dem
Leistungsberechtigten die Geldmittel zur Verfügung stellt, die dieser
benötigt, um die Lieferung der Wärme durch den Vermieter bzw das
Energieversorgungsunternehmen zahlen zu können (BSG, Urteil vom
16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 9; vgl auch
bereits BVerwG, Urteil vom 4.2.1988 - 5 C 89/85 - BVerwGE 79, 46, 50).
Hat der Grundsicherungsträger dem Leistungsberechtigten bereits die
monatlich an den Vermieter oder das Energieversorgungsunternehmen zu
zahlenden Abschlagsbeträge zur Verfügung gestellt, den aktuellen Bedarf
in der Vergangenheit also bereits gedeckt, und beruht die Nachforderung
auf der Nichtzahlung der als Vorauszahlung vom Vermieter geforderten
Abschläge für Heiz- und Betriebskosten, handelt es sich dagegen um
Schulden (Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 22 SGB II RdNr 59,
Stand Februar 2008).


18
Nach diesen Grundsätzen liegen
hier tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II vor, weil die
Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum des gesamten Kalenderjahres 2006
ihre mietvertraglichen Verbindlichkeiten in Gestalt der vereinbarten
Vorauszahlung von monatlich 228 Euro vollständig erfüllt haben und zum
Zeitpunkt der Nachforderung von Heiz- und Betriebskosten hilfebedürftig
waren.


19
5. Demnach war die Entscheidung des LSG auch zu
bestätigen, soweit es wegen der wesentlichen Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen hinsichtlich der als Dauerleistung mit
Bescheid vom 10.1.2007 bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung bei
zeitgleich fortbestehender Hilfebedürftigkeit den Nachzahlungsbetrag in
Höhe von 976 Euro zugesprochen hat (§ 48 Abs 4 iVm § 44 Abs 4 SGB X).


20
6.
Lediglich im Sinne einer Klarstellung hat der Senat den Tenor des
LSG-Urteils unter Einbeziehung des Bescheides vom 10.1.2007 teilweise
neu gefasst. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11588

Also nur Rechnung einreichen am besten per Fax den Fax hat Beweiskraft.
Oder
Kopien einreichen und auf einer Kopie Stempel für Empfangsbestätigung
Kopie mit Empfangsbestätigung Zuhause in Ordner abheften.



Heizkostennachforderung nach dem 1.1.2011Wichtig bitte lesen

http://www.existenzsicherung.de/forum/viewtopic.php?f=3&t=112

Gruß Willi S
Willi Schartema
Willi Schartema
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