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BSG: Gemischte Bedarfsgemeinschaft Verfassungsgemäß BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 51/09 R
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BSG: Gemischte Bedarfsgemeinschaft Verfassungsgemäß BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 51/09 R
Kassel, den 20. Oktober 2010
Terminbericht Nr. 58/10 (zur Terminvorschau Nr. 58/10)
Der
14. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über die Ergebnisse der am
19. Oktober 2010 mündlich verhandelten Revisionssachen.
1) Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
In
Ermangelung ausreichender Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht
abschließend entscheiden, ob der Kläger im Zeitraum vom 28.1.2005 bis
5.5.2005 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II hatte. Die Vorinstanzen haben allerdings zutreffend
entschieden, dass der Kläger vor dem 6.5.2005 keinen Antrag auf solche
Leistungen gestellt hat. Sie haben aber nicht geprüft, ob der am
6.5.2005 gestellte Antrag nach § 28 SGB X zurückwirkt. § 28 Satz 1 SGB X
bestimmt, dass ein Antrag auf eine Sozialleistung bis zu einem Jahr
zurückwirkt, wenn der Leistungsberechtigte von der Stellung eines
Antrages auf diese Sozialleistung deshalb abgesehen hat, weil er einen
Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht hat, die
"versagt" wurde. Zu einer solchen Rückwirkung kommt es gemäß § 28 Satz 2
SGB X auch dann, wenn der rechtzeitige Antrag auf eine andere Leistung
aus Unkenntnis über deren Anspruchsvoraussetzungen unterlassen wurde und
die zweite Leistung gegenüber der ersten Leistung, wenn diese erbracht
worden wäre, nachrangig gewesen wäre. Der Kläger hat zunächst einen
Anspruch auf eine andere Sozialleistung, nämlich auf Arbeitslosengeld
gemäß § § 117 ff SGB III, geltend gemacht. Von § 28 SGB X wird auch der
vorliegende Fall umfasst, in dem im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens
nach § 44 SGB X die Bewilligung einer laufenden Sozialleistung begehrt
wird. Rechtsfolge der nachgeholten Antragstellung wäre nach § 28 Satz 1
SGB X ihre Rückwirkung bis zum 28.1.2005.
Ob neben der möglichen
Anwendung des § 28 SGB X die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch vorliegen, konnte nicht entschieden werden,
solange die Anwendbarkeit des § 28 SGB X nicht geklärt ist. Denn das
Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs ist subsidiär und setzt eine
Regelungslücke voraus.
SG Koblenz - S 13 AS 188/05 -
LSG Rheinland-Pfalz - L 3 AS 49/07 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 16/09 R-
2)
Die Revision des Klägers war insoweit erfolgreich, als das
zweitinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde. Auf der Grundlage
der tatsächlichen Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht
entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger Leistungen für KdU zustehen.
Das
LSG wird zunächst die tatsächlichen Kosten der Unterkunft getrennt von
den Kosten der Heizung zu ermitteln haben. Für die Frage der
Angemessenheit der Kosten ist wegen der Größe der Wohnung auch während
des Auslandsaufenthalts des Y W die Zahl der Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft maßgeblich. Wenn Partner der Bedarfsgemeinschaft iS
des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a oder b SGB II getrennt leben, ohne dass ein
Trennungswille vorliegt, bleibt die Anzahl der Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft jedenfalls dann maßgeblich, wenn der auswärtige
Aufenthalt eines der Partner -- wie hier - im Vorhinein auf einen
Zeitraum von weniger als sechs Monate beschränkt ist. Erst bei einem
langfristigen Auslandsaufenthalt oder bei einem längeren Aufenthalt in
einer stationären Einrichtung (etwa bei Verbüßung einer Freiheitsstrafe)
kann es für den verbliebenen Partner zumutbar sein, die entstehenden
Gesamtkosten zu mindern und seine Wohnverhältnisse an die dauerhafte
alleinige Nutzung der Wohnung anzupassen. Entgegen der Auffassung des
LSG findet eine Aufteilung der angemessenen Gesamtkosten nach Kopfteilen
nicht statt, solange keine gemeinsame Nutzung der Wohnung vorliegt.
Das
LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vom beklagten
Grundsicherungsträger herangezogenen Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen)
zur Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des
örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin)
nicht geeignet waren. Sie beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept,
das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen
Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt. Im Ausgangspunkt
zutreffend hat das LSG zur Bestimmung eines angemessenen
Quadratmeterpreises auf den Berliner Mietspiegel 2007 zurückgegriffen.
Soweit es mit der Bildung eines "grundsicherungsrelevanten" Mittelwertes
jedoch eigene Schlüsse aus den Daten des Mietspiegels für einfache
Wohnlagen gezogen hat, wird es nach Zurückverweisung zu überprüfen
haben, ob sich aus den Grundlagendaten oder anderen Quellen solche
Schlüsse grundsicherungsspezifischer Art nachvollziehen lassen. Dabei
bietet es sich etwa an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach
der tatsächlichen Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten
Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen der einfachen Wohnlage zu bilden.
In
den angemessenen Quadratmeterpreis sind im Sinne der Produkttheorie
neben der Nettokaltmiete schon nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 SGB II
auch die sog kalten Betriebskosten einzubeziehen; diese sind nicht - wie
die Heizkosten - gesondert auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Für die
Angemessenheitskontrolle erscheint es sachgerecht, auf örtliche
Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden
Durchschnittswerte aller nach der Betriebskostenverordnung
zugrundeliegenden Kostenarten zurückzugreifen. Kalte Betriebskosten
bestimmen sich vor allem nach den regionalen Besonderheiten. Dagegen
erscheint es nicht erforderlich, im Hinblick auf die kalten
Betriebskosten weitergehend nach einfacher Wohnlage zu differenzieren,
weil die Höhe der Betriebskosten weitgehend unabhängig von der Wohnlage
ist. Erst wenn keine regionalen Übersichten vorliegen, kann auf den
Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes zurückgegriffen werden.
SG Berlin - S 37 AS 18204/07 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 34 AS 1320/08 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 50/10 R -
3)
Die Revision des Klägers führte auch in dieser Sache zur Aufhebung des
zweitinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
LSG. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG reichten auch hier nicht
aus, um entscheiden zu können, ob der Kläger höhere Leistungen als KdU
beanspruchen kann. Entgegen der Auffassung des LSG ergibt sich in Berlin
für einen 1-Personen-Haushalt jedoch eine maßgebliche Wohnfläche von 50
qm. Das LSG hat dagegen zutreffend als Vergleichsraum das gesamte
Stadtgebiet von Berlin herangezogen.
Im Hinblick auf die
Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des
örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin)
waren die vom beklagten Grundsicherungsträger herangezogenen
Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen) nicht geeignet. Sie beruhen, wie
bereits unter 2. ausgeführt, nicht auf einem schlüssigen Konzept, das
eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen
Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt. Im Ausgangspunkt
zutreffend hat das LSG zur Bestimmung eines angemessenen
Quadratmeterpreises auf den Berliner Mietspiegel zurückgegriffen. Da das
LSG damit eigene Ermittlungen angestellt hat, wäre es gehalten gewesen,
auf den jeweils aktuellsten Datenbestand zurückzugreifen, der
Informationen für den streitigen Zeitraum geben kann. Die Hinweise zum
weiteren Vorgehen nach Wiedereröffnung der Berufungsinstanz entsprechen
denen zu 2.
SG Berlin - S 43 AS 7544/06 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 26 AS 407/07 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 2/10 R -
4)
Die Revision der Klägerin war im Sinne der Aufhebung des
zweitinstanzlichen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG
erfolgreich. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG reichten auch in
dieser Sache nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Klägerin höhere
Leistungen als KdU beanspruchen kann. Im Hinblick auf die Entscheidung
zur Angemessenheit der Wohnungskosten wird auf die Ausführungen zu 2.
und 3. verwiesen. Hinzu treten in dieser Sache Überlegungen zur
Angemessenheit der Heizungskosten. Im hier maßgeblichen Zeitraum war
insoweit weiterhin von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998
auszugehen und der für die Kosten der Warmwasserbereitung abzusetzende
Betrag zu dynamisieren.
SG Berlin - S 157 AS 14249/08 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 28 AS 2189/08 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 65/09 R -
5) Die Revision des beklagten JobCenters wurde zurückgewiesen.
Der
französische Kläger kann grundsätzlich die Gewährung von
Arbeitslosengeld II beanspruchen, obwohl sich sein Aufenthaltsrecht
alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Denn in Deutschland
lebende arbeitslose Ausländer sind nicht vom Bezug von Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen, wenn sie sich auf das
Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) vom 11.12.1953 berufen können. In
diesem Fall ist die Ausschlussregelung in § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II
auf sie nicht anwendbar.
Nach Art 1 des EFA, das unter anderem
die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich unterzeichnet haben, ist
jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der
anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes,
auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht
über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen
Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der
sozialen und der Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem
Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.
Bei
dieser Vorschrift handelt es sich um unmittelbar geltendes Bundesrecht.
Seiner Anwendbarkeit steht weder vorrangig anzuwendendes anderes
Bundesrecht, noch Gemeinschaftsrecht entgegen. Die Voraussetzungen des
Gleichbehandlungsgebots nach Art 1 EFA liegen auch insoweit vor, als es
sich bei der beanspruchten Regelleistung nach § 20 SGB II um Fürsorge im
Sinne des EFA handelt. Hierzu zählt nicht nur die Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, sondern auch die
begehrte Leistung nach dem SGB II. Deswegen kommt es nicht darauf an,
dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Europarat nach wie vor
nur das zum 31.12.2004 außer Kraft getretene Bundessozialhilfegesetz
(BSHG) als unter den Geltungsbereich des Abkommens fallendes
Fürsorgegesetz gemeldet hat.
SG Berlin - S 121 AS 16414/09 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 10 AS 1801/09 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 23/10 R -
6)
Die Revisionen wurden zurückgewiesen. Die Klage des Klägers zu 2 (Vater
des Klägers zu 1) ist unzulässig, da dieser selbst keine Leistungen
geltend macht.
In Bezug auf den Kläger zu 1 haben die
Vorinstanzen zu Recht entschieden, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente des
Klägers zu 2 bei dem Kläger zu 1 als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Nach § 7 Abs 3 SGB II in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung gehören zur
Bedarfsgemeinschaft die im Haushalt lebenden Eltern eines
unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch
nicht vollendet hat. Dass der Kläger zu 2 selbst keine Leistungen nach
dem SGB II beziehen konnte, hindert das Entstehen einer sogenannten
gemischten Bedarfsgemeinschaft nicht. Gegen die in § 7 Abs 3 Satz 1 Nr 2
SGB II angeordnete Einbeziehung des erwerbsunfähigen Vaters in eine
Bedarfsgemeinschaft mit dem im streitigen Zeitraum 21 Jahre alten Kläger
zu 1 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Bereich
existenzsichernder Leistungen darf der Gesetzgeber bei der Frage, ob der
Einsatz staatlicher Mittel gerechtfertigt ist, von den Regelungen des
Unterhaltsrechts abweichen und typisierend unterstellen, dass in einem
Haushalt zusammenlebende Familienangehörige sich unterstützen.
SG Regensburg - S 8 AS 112/07 -
Bayerisches LSG - L 16 AS 350/08 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 51/09 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11844
Gruß Willi S
Terminbericht Nr. 58/10 (zur Terminvorschau Nr. 58/10)
Der
14. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über die Ergebnisse der am
19. Oktober 2010 mündlich verhandelten Revisionssachen.
1) Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
In
Ermangelung ausreichender Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht
abschließend entscheiden, ob der Kläger im Zeitraum vom 28.1.2005 bis
5.5.2005 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II hatte. Die Vorinstanzen haben allerdings zutreffend
entschieden, dass der Kläger vor dem 6.5.2005 keinen Antrag auf solche
Leistungen gestellt hat. Sie haben aber nicht geprüft, ob der am
6.5.2005 gestellte Antrag nach § 28 SGB X zurückwirkt. § 28 Satz 1 SGB X
bestimmt, dass ein Antrag auf eine Sozialleistung bis zu einem Jahr
zurückwirkt, wenn der Leistungsberechtigte von der Stellung eines
Antrages auf diese Sozialleistung deshalb abgesehen hat, weil er einen
Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht hat, die
"versagt" wurde. Zu einer solchen Rückwirkung kommt es gemäß § 28 Satz 2
SGB X auch dann, wenn der rechtzeitige Antrag auf eine andere Leistung
aus Unkenntnis über deren Anspruchsvoraussetzungen unterlassen wurde und
die zweite Leistung gegenüber der ersten Leistung, wenn diese erbracht
worden wäre, nachrangig gewesen wäre. Der Kläger hat zunächst einen
Anspruch auf eine andere Sozialleistung, nämlich auf Arbeitslosengeld
gemäß § § 117 ff SGB III, geltend gemacht. Von § 28 SGB X wird auch der
vorliegende Fall umfasst, in dem im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens
nach § 44 SGB X die Bewilligung einer laufenden Sozialleistung begehrt
wird. Rechtsfolge der nachgeholten Antragstellung wäre nach § 28 Satz 1
SGB X ihre Rückwirkung bis zum 28.1.2005.
Ob neben der möglichen
Anwendung des § 28 SGB X die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch vorliegen, konnte nicht entschieden werden,
solange die Anwendbarkeit des § 28 SGB X nicht geklärt ist. Denn das
Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs ist subsidiär und setzt eine
Regelungslücke voraus.
SG Koblenz - S 13 AS 188/05 -
LSG Rheinland-Pfalz - L 3 AS 49/07 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 16/09 R-
2)
Die Revision des Klägers war insoweit erfolgreich, als das
zweitinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde. Auf der Grundlage
der tatsächlichen Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht
entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger Leistungen für KdU zustehen.
Das
LSG wird zunächst die tatsächlichen Kosten der Unterkunft getrennt von
den Kosten der Heizung zu ermitteln haben. Für die Frage der
Angemessenheit der Kosten ist wegen der Größe der Wohnung auch während
des Auslandsaufenthalts des Y W die Zahl der Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft maßgeblich. Wenn Partner der Bedarfsgemeinschaft iS
des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a oder b SGB II getrennt leben, ohne dass ein
Trennungswille vorliegt, bleibt die Anzahl der Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft jedenfalls dann maßgeblich, wenn der auswärtige
Aufenthalt eines der Partner -- wie hier - im Vorhinein auf einen
Zeitraum von weniger als sechs Monate beschränkt ist. Erst bei einem
langfristigen Auslandsaufenthalt oder bei einem längeren Aufenthalt in
einer stationären Einrichtung (etwa bei Verbüßung einer Freiheitsstrafe)
kann es für den verbliebenen Partner zumutbar sein, die entstehenden
Gesamtkosten zu mindern und seine Wohnverhältnisse an die dauerhafte
alleinige Nutzung der Wohnung anzupassen. Entgegen der Auffassung des
LSG findet eine Aufteilung der angemessenen Gesamtkosten nach Kopfteilen
nicht statt, solange keine gemeinsame Nutzung der Wohnung vorliegt.
Das
LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vom beklagten
Grundsicherungsträger herangezogenen Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen)
zur Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des
örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin)
nicht geeignet waren. Sie beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept,
das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen
Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt. Im Ausgangspunkt
zutreffend hat das LSG zur Bestimmung eines angemessenen
Quadratmeterpreises auf den Berliner Mietspiegel 2007 zurückgegriffen.
Soweit es mit der Bildung eines "grundsicherungsrelevanten" Mittelwertes
jedoch eigene Schlüsse aus den Daten des Mietspiegels für einfache
Wohnlagen gezogen hat, wird es nach Zurückverweisung zu überprüfen
haben, ob sich aus den Grundlagendaten oder anderen Quellen solche
Schlüsse grundsicherungsspezifischer Art nachvollziehen lassen. Dabei
bietet es sich etwa an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach
der tatsächlichen Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten
Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen der einfachen Wohnlage zu bilden.
In
den angemessenen Quadratmeterpreis sind im Sinne der Produkttheorie
neben der Nettokaltmiete schon nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 SGB II
auch die sog kalten Betriebskosten einzubeziehen; diese sind nicht - wie
die Heizkosten - gesondert auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Für die
Angemessenheitskontrolle erscheint es sachgerecht, auf örtliche
Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden
Durchschnittswerte aller nach der Betriebskostenverordnung
zugrundeliegenden Kostenarten zurückzugreifen. Kalte Betriebskosten
bestimmen sich vor allem nach den regionalen Besonderheiten. Dagegen
erscheint es nicht erforderlich, im Hinblick auf die kalten
Betriebskosten weitergehend nach einfacher Wohnlage zu differenzieren,
weil die Höhe der Betriebskosten weitgehend unabhängig von der Wohnlage
ist. Erst wenn keine regionalen Übersichten vorliegen, kann auf den
Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes zurückgegriffen werden.
SG Berlin - S 37 AS 18204/07 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 34 AS 1320/08 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 50/10 R -
3)
Die Revision des Klägers führte auch in dieser Sache zur Aufhebung des
zweitinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
LSG. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG reichten auch hier nicht
aus, um entscheiden zu können, ob der Kläger höhere Leistungen als KdU
beanspruchen kann. Entgegen der Auffassung des LSG ergibt sich in Berlin
für einen 1-Personen-Haushalt jedoch eine maßgebliche Wohnfläche von 50
qm. Das LSG hat dagegen zutreffend als Vergleichsraum das gesamte
Stadtgebiet von Berlin herangezogen.
Im Hinblick auf die
Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des
örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin)
waren die vom beklagten Grundsicherungsträger herangezogenen
Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen) nicht geeignet. Sie beruhen, wie
bereits unter 2. ausgeführt, nicht auf einem schlüssigen Konzept, das
eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen
Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt. Im Ausgangspunkt
zutreffend hat das LSG zur Bestimmung eines angemessenen
Quadratmeterpreises auf den Berliner Mietspiegel zurückgegriffen. Da das
LSG damit eigene Ermittlungen angestellt hat, wäre es gehalten gewesen,
auf den jeweils aktuellsten Datenbestand zurückzugreifen, der
Informationen für den streitigen Zeitraum geben kann. Die Hinweise zum
weiteren Vorgehen nach Wiedereröffnung der Berufungsinstanz entsprechen
denen zu 2.
SG Berlin - S 43 AS 7544/06 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 26 AS 407/07 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 2/10 R -
4)
Die Revision der Klägerin war im Sinne der Aufhebung des
zweitinstanzlichen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG
erfolgreich. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG reichten auch in
dieser Sache nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Klägerin höhere
Leistungen als KdU beanspruchen kann. Im Hinblick auf die Entscheidung
zur Angemessenheit der Wohnungskosten wird auf die Ausführungen zu 2.
und 3. verwiesen. Hinzu treten in dieser Sache Überlegungen zur
Angemessenheit der Heizungskosten. Im hier maßgeblichen Zeitraum war
insoweit weiterhin von der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998
auszugehen und der für die Kosten der Warmwasserbereitung abzusetzende
Betrag zu dynamisieren.
SG Berlin - S 157 AS 14249/08 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 28 AS 2189/08 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 65/09 R -
5) Die Revision des beklagten JobCenters wurde zurückgewiesen.
Der
französische Kläger kann grundsätzlich die Gewährung von
Arbeitslosengeld II beanspruchen, obwohl sich sein Aufenthaltsrecht
alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Denn in Deutschland
lebende arbeitslose Ausländer sind nicht vom Bezug von Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen, wenn sie sich auf das
Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) vom 11.12.1953 berufen können. In
diesem Fall ist die Ausschlussregelung in § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II
auf sie nicht anwendbar.
Nach Art 1 des EFA, das unter anderem
die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich unterzeichnet haben, ist
jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der
anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes,
auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht
über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen
Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der
sozialen und der Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem
Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.
Bei
dieser Vorschrift handelt es sich um unmittelbar geltendes Bundesrecht.
Seiner Anwendbarkeit steht weder vorrangig anzuwendendes anderes
Bundesrecht, noch Gemeinschaftsrecht entgegen. Die Voraussetzungen des
Gleichbehandlungsgebots nach Art 1 EFA liegen auch insoweit vor, als es
sich bei der beanspruchten Regelleistung nach § 20 SGB II um Fürsorge im
Sinne des EFA handelt. Hierzu zählt nicht nur die Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, sondern auch die
begehrte Leistung nach dem SGB II. Deswegen kommt es nicht darauf an,
dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Europarat nach wie vor
nur das zum 31.12.2004 außer Kraft getretene Bundessozialhilfegesetz
(BSHG) als unter den Geltungsbereich des Abkommens fallendes
Fürsorgegesetz gemeldet hat.
SG Berlin - S 121 AS 16414/09 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 10 AS 1801/09 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 23/10 R -
6)
Die Revisionen wurden zurückgewiesen. Die Klage des Klägers zu 2 (Vater
des Klägers zu 1) ist unzulässig, da dieser selbst keine Leistungen
geltend macht.
In Bezug auf den Kläger zu 1 haben die
Vorinstanzen zu Recht entschieden, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente des
Klägers zu 2 bei dem Kläger zu 1 als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Nach § 7 Abs 3 SGB II in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung gehören zur
Bedarfsgemeinschaft die im Haushalt lebenden Eltern eines
unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch
nicht vollendet hat. Dass der Kläger zu 2 selbst keine Leistungen nach
dem SGB II beziehen konnte, hindert das Entstehen einer sogenannten
gemischten Bedarfsgemeinschaft nicht. Gegen die in § 7 Abs 3 Satz 1 Nr 2
SGB II angeordnete Einbeziehung des erwerbsunfähigen Vaters in eine
Bedarfsgemeinschaft mit dem im streitigen Zeitraum 21 Jahre alten Kläger
zu 1 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Bereich
existenzsichernder Leistungen darf der Gesetzgeber bei der Frage, ob der
Einsatz staatlicher Mittel gerechtfertigt ist, von den Regelungen des
Unterhaltsrechts abweichen und typisierend unterstellen, dass in einem
Haushalt zusammenlebende Familienangehörige sich unterstützen.
SG Regensburg - S 8 AS 112/07 -
Bayerisches LSG - L 16 AS 350/08 -
Bundessozialgericht - B 14 AS 51/09 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11844
Gruß Willi S
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