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EGV-VA niemals Nötigung immer durch das Jobcenter sofort Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft

: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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BSG - HartzIV-Sanktion nur nach konkreter Belehrung Das Bundessozialgericht hat Langzeitarbeitslose besser vor einer Kürzung ihrer Hartz-IV-Leistungen geschützt. BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 18.2.2010, B 14 AS 53/08 R

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BSG - HartzIV-Sanktion nur nach konkreter Belehrung Das Bundessozialgericht hat Langzeitarbeitslose besser vor einer Kürzung ihrer Hartz-IV-Leistungen geschützt. BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 18.2.2010, B 14 AS 53/08 R Empty BSG - HartzIV-Sanktion nur nach konkreter Belehrung Das Bundessozialgericht hat Langzeitarbeitslose besser vor einer Kürzung ihrer Hartz-IV-Leistungen geschützt. BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 18.2.2010, B 14 AS 53/08 R

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 3:59 am

Absenkung bzw Wegfall des Arbeitslosengeld II - Anforderungen an die
Rechtsfolgenbelehrung - Zulässigkeit der Sprungrevision -
Zustimmungserklärung - Revisionsbegründung - fehlender förmlicher Antrag


Leitsätze

Die
Festsetzung von Sanktionen nach § 31 Abs 1 S 1 SGB 2 setzt voraus, dass
der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung
konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt worden ist; dabei
kommt es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung an.

Tatbestand

1

Die
Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Absenkungsbescheides
und eines damit in Zusammenhang stehenden Aufhebungsbescheides.
2

Die
am 1986 geborene Klägerin stand seit Juni 2005 im laufenden Bezug von
Arbeitslosengeld II (Alg II) bei der Beklagten. Für die Zeit von Januar
bis April 2007 wurden ihr mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 Leistungen
in Höhe von monatlich 401,52 Euro bewilligt. Am 13. Oktober 2006
schlossen Klägerin und Beklagte eine schriftliche
Eingliederungsvereinbarung. Inhalt der Vereinbarung war das Angebot
einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Rahmen des
Projekts "Job for Junior" der D in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31.
Januar 2007. Die Klägerin verpflichtete sich ua, regelmäßig und
zuverlässig an dem Projekt teilzunehmen. Die Vereinbarung enthielt eine
Rechtsfolgenbelehrung mit folgendem Inhalt:
3

"Rechtsfolgenbelehrung:

Mir
ist bekannt, dass ich nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)
zwar eine Förderung beanspruchen kann, daneben aber in erster Linie
selbst gefordert bin, konkrete Schritte zur Beseitigung meiner
Hilfebedürftigkeit zu unternehmen. Ich bin verpflichtet, mich
selbständig zu bemühen, meine Erwerbslosigkeit zu beenden und aktiv an
allen Maßnahmen mitzuwirken, die dieses Ziel unterstützen.



Das
Gesetz sieht bei pflichtwidrigem Verhalten unterschiedliche
Leistungskürzungen vor. Die Leistung kann danach - auch mehrfach
nacheinander oder überschneidend - gekürzt werden oder ganz entfallen.



Grundpflichten
1.

Eine Verletzung Ihrer Grundpflichten liegt vor, wenn Sie sich weigern,

 eine Ihnen angebotene Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II abzuschließen,


die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu
erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen
nachzuweisen,

 eine zumutbare Arbeit, Ausbildung,
Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Sofortangebot oder eine sonstige in
der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Maßnahme aufzunehmen oder
fortzuführen

oder

 Sie eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abbrechen oder Anlass für den Abbruch geben.
2.

Bei
einer Verletzung der Grundpflichten wird das Arbeitslosengeld II um 30%
der für Sie maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II abgesenkt. Ein eventuell bezogener
Zuschlag nach § 24 SGB II (Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld)
entfällt für den Zeitraum der Minderung.
3.

Haben Sie das 15.
Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, wird das
Arbeitslosengeld II im Fall der in Punkt 1 genannten Pflichtverletzungen
auf die Leistungen nach § 22 SGB II (Leistungen für Unterkunft und
Heizung) beschränkt. Diese sollen direkt an den Vermieter oder sonstigen
Empfangsberechtigten gezahlt werden.
Meldepflicht
4.

Eine
Verletzung der Meldepflicht nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III liegt
vor, wenn Sie der Aufforderung Ihres zuständigen Trägers der
Grundsicherung, sich persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder
psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommen.
5.

Bei
einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II um 10 %
der für Sie maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II abgesenkt. Ein eventuell bezogener
Zuschlag nach § 24 SGB II (Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld)
entfällt für den Zeitraum der Minderung.
6.

Bei wiederholter
Pflichtverletzung nach Punkt 4 von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die
das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet
haben, wird das Arbeitslosengeld II um den Prozentsatz der Regelleistung
zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemindert, der sich aus der Summe
des im vorliegenden Fall relevanten Prozentsatzes und des Prozentsatzes
der vorangegangenen Absenkung ergibt.
Gemeinsame Vorschriften
7.

Absenkung
und Wegfall dauern drei Monate und beginnen mit dem Kalendermonat nach
Zustellung des entsprechenden Bescheides über die Sanktionen. Während
dieser Zeit besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfen nach dem
Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe). Bei erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25.
Lebensjahr vollendet haben, können Absenkung und Wegfall der
Regelleistung im Einzelfall auf sechs Wochen verkürzt werden.
8.

Die
Absenkung des Arbeitslosengeldes II und der Wegfall des Zuschlags
treten nicht ein, wenn Sie für die Pflichtverletzung einen wichtigen
Grund nachweisen können.
9.

Bei einer Minderung der
Regelleistung um mehr als 30% können Ihnen ggf. ergänzende
Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbracht werden. Diese werden
in der Regel erbracht, wenn minderjährige Kinder in der
Bedarfsgemeinschaft leben.
Hinweis: Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften können Sie bei Ihrem Träger der Grundsicherung einsehen."
4

Die
Klägerin nahm die ihr angebotene Arbeitsgelegenheit im Rahmen des
Projekts "Job for Junior" bei der D zunächst auf, kündigte aber
gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 an, bis zur
Klärung ihrer Urlaubsansprüche nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen.
Daraufhin wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar
2007 darauf hin, dass sie auf Grund der Eingliederungsvereinbarung
verpflichtet sei, die ihr zugewiesene Arbeitsgelegenheit regelmäßig
auszuführen. Weiter hieß es: "Eine Niederlegung der Arbeitsgelegenheit
müsste hier als unentschuldigtes Fehlen gewertet werden und würde zur
Kürzung Ihres Leistungsanspruchs führen."
5

Nachdem die
Klägerin vom 8. Januar 2007 bis zum 15. Januar 2007 sowie vom 18. Januar
bis zum 31. Januar 2007 bei der D unentschuldigt gefehlt hatte,
beschränkte die Beklagte zum einen mit Bescheid vom 21. Februar 2007
unter Anrechnung ihres vorhandenen Einkommens und unter Aufhebung der
ursprünglichen Bewilligungsentscheidung das Alg II der Klägerin für die
Zeit vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 auf die Kosten der Unterkunft.
Zum anderen bewilligte sie mit einem weiteren Bescheid vom 21. Februar
2007 unter Aufhebung der "bisher in diesem Zusammenhang ergangenen
Entscheidungen insoweit" für die Monate März und April 2007 nur noch
Leistungen in Höhe von 56,52 Euro. Die Widersprüche hiergegen wies die
Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 18. und 19. Juni 2007 zurück.
6

Auf
die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die
Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 14. April 2008). Die
Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheids ergebe sich schon daraus, dass
die Beklagte die Klägerin nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen
genügenden Weise über die Rechtsfolgen informiert habe, die aus der
Weigerung folgten, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte
Verpflichtungen zu erfüllen. Eine solche Rechtsfolgenbelehrung müsse, um
ihrer Warn- und Erziehungsfunktion zu genügen, konkret, eindeutig,
verständlich, verbindlich und zutreffend sein. Abzustellen sei auf die
zuletzt vor dem Eintritt der potentiellen Pflichtverletzung erteilte
Rechtsfolgenbelehrung. Die Belehrung im Schreiben vom 4. Januar 2007 sei
zwar einzelfallbezogen, weise aber insoweit nicht die erforderliche
Eindeutigkeit auf, als weder der genaue Absenkungszeitraum, noch die
Höhe der drohenden Leistungsabsenkung benannt worden sei. Die (frühere)
Belehrung, die die Beklagte der Klägerin in der
Eingliederungsvereinbarung erteilt habe, erschöpfe sich dagegen in einer
abstrakten und formelhaften Wiedergabe des Gesetzeswortlauts.
7

Mit
ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 31 SGB
II. Die im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung erteilte
Rechtsfolgenbelehrung sei zwar pauschal, für die Klägerin jedoch
nachvollziehbar gewesen.
8

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. April 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
10

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die
Revision der Beklagten ist unbegründet und daher zurückzuweisen, § 170
Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das SG hat zu Recht die
angegriffenen Bescheide der Beklagten aufgehoben.
12

1. Die Revision der Beklagten ist zulässig.
13

a)
Das SG hat die Sprungrevision gemäß § 161 Abs 1 Satz 1 SGG im Urteil
zugelassen. Die Beklagte hat ihrer Revisionsschrift die
Zustimmungserklärung der Klägerin in Kopie beigefügt. Dies reicht zur
Wahrung der Anforderungen des § 161 Abs 1 Satz 3 SGG aus (vgl
Bundessozialgericht , Urteil vom 19. März 1997 - 6 RKa 36/95 -
SozR 3-1500 § 161 Nr 12 S 27; s auch Leitherer in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 161 RdNr 10a, 4a
mwN).
14

b) Die Revisionsbegründung genügt noch den
Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Den Ausführungen kann noch
entnommen werden, dass die Beklagte die Beurteilung der
Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II durch das SG
angreift. Da das prozessuale Ziel der Aufhebung des vorinstanzlichen
Urteils erkennbar ist, ist dem Erfordernis des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG
hier in gerade noch ausreichender Weise Rechnung getragen, obwohl weder
die Revisionsschrift noch die Revisionsbegründungsschrift einen
förmlichen Antrag enthalten (vgl BSG, Urteil vom 4. Juli 1995 - 2 RU
33/94 - SozR 3-2200 § 571 Nr 3 S Cool.
15

c)
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 21.
Februar 2007 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. und
19. Juni 2007. Mit dem einen Bescheid hat die Beklagte die Leistungen
der Klägerin wegen eines in § 31 SGB II geregelten Sanktionstatbestandes
für die Monate März bis Mai 2007 auf die Leistungen für die Unterkunft
beschränkt (Sanktionsbescheid), mit dem anderen hat sie die sich aus
dieser Leistungsbeschränkung für die bestehenden
Bewilligungsentscheidungen ergebenden Änderungen leistungsrechtlich
nachvollzogen und die konkrete Leistungshöhe festgesetzt
(Änderungsbescheid).
16

2. Das SG hat zu Recht die
angefochtenen Bescheide aufgehoben. Es kann offen bleiben, ob es bei der
Absenkung des Alg II nach § 31 SGB II eines gesonderten Bescheides über
die Feststellung der Sanktion bedarf oder ob der Erlass eines
Aufhebungsbescheides ausreicht (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B
4 AS 30/09 R - RdNr 14, 15). Die Voraussetzungen für die Aufhebung des
Bewilligungsbescheides vom 13. Dezember 2006 nach § 40 Abs 1 Satz 2 SGB
II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -
Arbeitsförderung iVm § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -
Sozialverwaltung und Sozialdatenschutz (SGB X) wegen der Verwirklichung
eines Sanktionstatbestandes nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II liegen
jedenfalls nicht vor. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen
oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dem Erlass des
Bewilligungsbescheides vorgelegen haben, ist nicht eingetreten, weil die
Voraussetzungen des § 31 Abs 1 SGB II für eine Absenkung des Alg II
nicht erfüllt waren. Sowohl der Sanktionsbescheid als auch der
Änderungsbescheid sind rechtswidrig.
17

a) Der Bescheid über
die Absenkung des Alg II wegen des Eintritts einer Sanktion ist
rechtswidrig, weil es an einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung iS
des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur
Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006
) fehlt. Nach § 31 Abs 1 Satz 1 SGB II wird das Alg
II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom
Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20
maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn entweder (Nr 1) der
erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen
weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen
(lit a), in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu
erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen
nachzuweisen (lit b), eine zumutbare Arbeit, Ausbildung,
Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige
in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder
fortzuführen (lit c) oder zumutbare Arbeit nach § 16 Abs 3 Satz 2
auszuführen (lit d), oder (Nr 2) der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz
Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur
Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben
hat. Dies gilt nach § 31 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der
erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten
nachweist. Nach § 31 Abs 5 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II wird bei
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch
nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, das Alg II ua unter den in Abs
1 genannten Voraussetzungen auf die Leistungen nach § 22 beschränkt.
Die nach § 22 Abs 1 angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung
sollen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden.
18

aa)
Es kann offen bleiben, welche Anforderungen an die
Eingliederungsvereinbarung und das Angebot einer Arbeitsgelegenheit zu
stellen sind (vgl hierzu BSGE 102, 201, 209 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4,
jeweils RdNr 31 ff). Ebenso kann dahinstehen, ob als Rechtsgrundlage für
eine Sanktion hier die im Bescheid vom 21. Februar 2007 genannte
Vorschrift des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB II (Weigerung, in der
Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen) oder die
im Widerspruchsbescheid genannte Vorschrift des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1
Buchst c SGB II (Weigerung, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung,
Arbeitsgelegenheit … oder eine sonstige in der
Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder
fortzuführen) in Betracht kommt. In beiden Fällen werden jedenfalls
Verstöße gegen in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten
erfasst (vgl Spellbrink in Kreikebohm/ Spellbrink/Waltermann, Kommentar
zum Sozialrecht 2009, § 31 SGB II RdNr 13). Die Klägerin hat sich in
der Eingliederungsvereinbarung zur regelmäßigen Wahrnehmung einer
Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs 3 SGB II ausdrücklich verpflichtet. Ob
sie für ihr pflichtwidriges Verhalten einen wichtigen Grund iS des § 31
Abs 1 Satz 2 SGB II hatte, ist hier ebenso wenig entscheidungserheblich
wie das Verhältnis der Sanktionstatbestände des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1
Buchst b und c SGB II zueinander. Der Sanktionsbescheid ist jedenfalls
ungeachtet der Pflichtverletzung deshalb rechtswidrig, weil der Klägerin
keine Rechtsfolgenbelehrung erteilt wurde, die den gesetzlichen
Anforderungen genügt.
19

bb) Die in § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB
II genannten Sanktionstatbestände setzen sämtlich voraus, dass der
Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt
worden ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R - RdNr
22). Der 4. Senat des BSG hat bereits entschieden, dass
Rechtsfolgenbelehrungen nach § 31 Abs 1 Satz 1 SGB II konkret,
verständlich, richtig und vollständig sein müssen (BSGE 102, 201, 211 =
SozR 4-4200 § 16 Nr 4, jeweils RdNr 36-37; Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 4 AS 30/09 R - RdNr 22). Das entspricht der ganz überwiegend
vertretenen Auffassung in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Juli
2009 - L 5 AS 131/08; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18. Juni 2009 - L 5
AS 79/08; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Juli 2009 - L 19 B
68/09 AS) und in der Literatur (vgl Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II,
2. Aufl 2008, § 31 RdNr 44; Berlit in Münder, SGB II, 3. Aufl 2009, §
31 RdNr 68; A. Loose in Hohm, SGB II, Stand Januar 2010, § 31 RdNr 65;
Schmidt-De Caluwe in Estelmann, SGB II, Stand Dezember 2009, § 31 RdNr
78; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand November 2009, § 31 RdNr 70;
Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 139; Lauterbach, NJ
2008, 241, 244; Spellbrink in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, aaO, §
31 RdNr 32). Auch der erkennende Senat schließt sich dem an. Zu fordern
ist insbesondere eine konkrete Umsetzung auf den Einzelfall, so dass die
Aushändigung eines Merkblatts mit abstrakt generellem Inhalt nicht
ausreicht (BSGE 102, 201, 211 = SozR, aaO, jeweils RdNr 36-37). Diese
strengen Anforderungen sind insbesondere im Hinblick auf die
gravierenden Folgen des § 31 Abs 1 SGB II im Bereich der
existenzsichernden Leistungen zu stellen (vgl BSG, Urteil vom 17.
Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R - RdNr 22).
20

Die
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung orientieren
sich an den vom BSG zum Arbeitsförderungsrecht entwickelten Grundsätzen
(vgl BSGE 102, 201, 211 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, jeweils RdNr 36-37;
Spellbrink, aaO, RdNr 32 ff). Schon die Gesetzesbegründung knüpft hieran
an, indem sie darauf hinweist, dass die Rechtsfolgenbelehrung nach § 31
Abs 1 SGB II die Funktion haben soll, dem Hilfebedürftigen in
verständlicher Form zu erläutern, welche unmittelbaren und konkreten
Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch die in § 31 Abs 1 SGB II
genannten Pflichtverletzungen haben werden. Die Belehrung soll zeitlich
vor der Pflichtverletzung liegen (BT-Drucks 15/1516 S 61 2>). Im Hinblick auf die Sperrzeittatbestände hat das BSG
entschieden, dass die Rechtsfolgenbelehrung als Voraussetzung für ihre
Wirksamkeit konkret, richtig, vollständig und verständlich sein und dem
Arbeitslosen zeitnah im Zusammenhang mit einem Arbeitsangebot zutreffend
erläutern muss, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf
seinen Leistungsanspruch eine unbegründete Arbeitsablehnung haben kann.
Dabei hat das BSG den zwingenden formalen Charakter der
Rechtsfolgenbelehrung betont und dies aus dem übergeordneten sozialen
Schutzzweck abgeleitet, den Arbeitslosen vor den Folgen einer
Pflichtverletzung (insbesondere einer sperrzeitbegründenden
Arbeitsablehnung) zu warnen (vgl BSGE 53, 13, 15 = SozR 4100 § 119 Nr 18
S 87 mwN). Der Warnfunktion der Rechtsfolgenbelehrung kommt im Bereich
des SGB II noch eine größere Bedeutung zu als im Bereich der
Arbeitsförderung. Der soziale Schutzzweck, aus dem das BSG die
Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung herleitet, spielt bei
existenzsichernden Sozialleistungen, wie denen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende, typischerweise eine noch größere Rolle als bei den
klassischen Leistungen des Arbeitsförderungsrechts.
21

(1) Die
der Klägerin bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung erteilte
Rechtsfolgenbelehrung genügt diesen Anforderungen nicht. Die
Rechtsfolgenbelehrung erfolgte zwar nicht lediglich mittels eines
gesondert ausgehändigten Merkblatts, sondern war Bestandteil der
Vereinbarung. Die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung wurden jedoch
nicht hinreichend konkret aufgezeigt. Die Belehrung erschöpfte sich
vielmehr im Wesentlichen in der Wiedergabe des Gesetzestextes. Damit
nannte sie eine Vielzahl von Sachverhaltsvarianten, die keinen Bezug zu
den konkreten Pflichten der Klägerin aufwiesen. So hatte sich die
Klägerin weder geweigert, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,
noch bezog sie einen Zuschlag nach § 24 SGB II. Meldepflichten waren
nicht Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung. Infolge der
undifferenzierten Auflistung - fast - aller Sanktionstatbestände und
einer Vielzahl der möglichen Rechtsfolgen war die Rechtsfolgenbelehrung
nicht nur unübersichtlich, sondern in keiner Weise individualisiert. Die
Beklagte hat im Widerspruchsbescheid und in der Revisionsbegründung
selbst eingeräumt, dass in der Rechtsfolgenbelehrung pauschaliert alle
Möglichkeiten der Pflichtverletzungen sowie die daraus resultierenden
Konsequenzen aufgeführt seien. Sie war damit nicht geeignet, der
Klägerin in verständlicher Form zu erläutern, welche unmittelbaren und
konkreten Auswirkungen sich aus einem unentschuldigten Fernbleiben von
der Arbeitsgelegenheit bei der D ergeben würden.
22

Ausreichend,
aber auch erforderlich wäre es gewesen, wenn die Beklagte darauf
hingewiesen hätte, dass bei einem Verstoß gegen die in Punkt 2 der
Eingliederungsvereinbarung festgelegte Teilnahmepflicht ohne einen
wichtigen Grund das Alg II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung
nach § 31 Abs 5 Satz 1 SGB II beschränkt wird und dass diese Leistungen
im Regelfall an den Vermieter gezahlt werden. Der Benennung eines
konkreten Betrages, um den die Leistung abgesenkt wird, hätte es
entgegen der Auffassung des SG an dieser Stelle grundsätzlich noch nicht
bedurft, zumal die Höhe der Regelleistung zweifelsfrei aus dem
Bewilligungsbescheid zu ersehen ist und weitere Rechenschritte im Fall
des § 31 Abs 5 Satz 1 SGB II nicht erforderlich sind. Erforderlich war
aber weiter der Hinweis auf den Beginn und die Dauer der
Leistungsbeschränkung sowie die mögliche Verkürzung des Zeitraums nach §
31 Abs 6 Satz 3 SGB II. Schließlich musste der Klägerin mitgeteilt
werden, dass sie während der Leistungsbeschränkung keinen Anspruch auf
ergänzende Sozialhilfeleistungen haben würde, die Beklagte aber in
angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen
zur Sicherung ihres Lebensunterhalts erbringen könnte, § 31 Abs 6 Satz 4
und Abs 3 Satz 6 SGB II.
23

Der Senat folgt der
Rechtsprechung des 4. Senats auch darin, dass maßgeblich für eine
hinreichende Belehrung nicht das Kennen oder Kennenmüssen der
Rechtsfolgen ist, sondern dass es allein auf den objektiven
Erklärungswert ankommt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09
R - RdNr 24). Entgegen dem Revisionsvorbringen der Beklagten ist es
daher unerheblich, ob gerade die Klägerin unter Zuhilfenahme der bei
Abschluss der Eingliederungsvereinbarung abstrakt erteilten
Rechtsfolgenbelehrung hätte erkennen können, dass ihr Verhalten eine
Pflichtverletzung darstellt und welche Rechtsfolgen diese
Pflichtverletzung bezogen auf ihre Person auslöst. Die ordnungsgemäße
Rechtsfolgenbelehrung ist in jedem Einzelfall zwingende Voraussetzung
für die Absenkung des Alg II nach § 31 Abs 1 SGB II. Entsprechend dem
formalen Ordnungscharakter der Rechtsfolgenbelehrung kommt es nicht auf
das Kennen oder Kennenmüssen der Rechtsfolgen beim Leistungsberechtigten
an, sondern nur auf das formell ordnungsgemäße Handeln der Behörde
(BSGE 53, 13, 16 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 88 f).
24

(2) Auch
im Schreiben vom 4. Januar 2007 findet sich keine diesen Anforderungen
genügende Rechtsfolgenbelehrung. Zu diesem Zeitpunkt hätte noch
nachträglich eine den Anforderungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II
entsprechende Rechtsfolgenbelehrung erfolgen können, weil die Klägerin
ihr zukünftiges pflichtwidriges Verhalten angekündigt hat und eine
Belehrung zu diesem Zeitpunkt ihr noch die Möglichkeit gegeben hätte,
ihr Verhalten danach einzurichten. Neben dem erneuten Hinweis auf ihre
Pflicht, die zugewiesene Arbeitsgelegenheit regelmäßig auszuführen,
enthält das Schreiben aber lediglich eine undifferenzierte Ankündigung
einer Leistungskürzung. Bereits die Formulierung im Konjunktiv - eine
Niederlegung der Arbeitsgelegenheit müsste als unentschuldigtes Fehlen
gewertet werden und würde zur Kürzung des Leistungsanspruchs führen -
verweist die Rechtsfolge lediglich in den Bereich des Möglichen. Die
Rechtsfolge wird darüber hinaus aber auch nicht so konkret benannt, wie
das erforderlich gewesen wäre. Insbesondere wurde der Klägerin nicht
konkret vor Augen geführt, in welchem Umfang eine Leistungsabsenkung
erfolgen würde.
25

(3) Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass es
auf eine etwaige mündliche Rechtsfolgenbelehrung vor Abschluss der
Eingliederungsvereinbarung hier nicht ankommt. Zwar stimmt der Senat
insofern mit der Rechtsprechung des 4. Senats überein, dass
grundsätzlich auch eine mündliche Belehrung in Betracht kommt. Das ist
jedoch nur dann der Fall, wenn die mündliche Belehrung in engem
zeitlichen Zusammenhang vor dem sanktionsbewehrten Verhalten erfolgt ist
(vgl BSGE 102, 201, 210 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, jeweils RdNr 35).
Davon kann aber nicht mehr die Rede sein, wenn eine - mündliche -
Belehrung vor dem Beginn der Maßnahme erfolgt und das die Sanktion
auslösende Verhalten drei Monate später eintritt.
26

b) Auch
der Änderungsbescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2007, mit dem die Beklagte die in dem
Sanktionsbescheid verfügte Absenkung leistungsrechtlich nachvollzogen
und die konkret verbleibende Leistung festgesetzt hat, ist rechtswidrig
und beschwert die Klägerin. Da die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1
Nr 1 SGB II für die Absenkung des Alg II nicht vorgelegen haben und
damit auch keine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist, bestand
kein Raum für eine vom Bescheid vom 13. Dezember 2006 abweichende
Leistungsbewilligung.
27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=11522

Gruß Willi S
Willi Schartema
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