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Jobcenter Kiel ändert seine Verwaltungspraxis bei der Rückforderung von Betriebskostenguthaben
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Jobcenter Kiel ändert seine Verwaltungspraxis bei der Rückforderung von Betriebskostenguthaben
Zahlen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II aus ihrem Regelsatz oder Einkommen zu ihrer Miete hinzu, weil die Miete nur in Höhe der sog. Mietobergrenze anerkannt wird, so steht ihnen ein etwaiges Betriebskostenguthaben in Höhe ihrer monatlichen Zuzahlungen zur Miete x 12 Monate zu. Das Jobcenter darf das Betriebskostenguthaben in dieser Höhe weder zurückfordern noch darf dieses auf die Leistungen für die Unterkunft angerechnet werden (vgl. dazu den Beitrag Leistungsberechtigten steht bei Mietzuzahlung Betriebskostenguthaben zu!).
Jobcenter Kiel ändert Verwaltungspraxis
Nach hiesigen Informationen hat die Bereichsleitung des Jobcenters Kiel am 19.07.2012 entschieden, dass zukünftig Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen bei Leistungsberechtigten, deren Miete nicht in der tatsächlichen Höhe anerkannt wird, nur noch dann nach § 22 Abs. 3 SGB II leistungsmindernd berücksichtigt werden sollen, wenn das Betriebskostenguthaben über den monatlichen Zuzahlungen zur Bruttokaltmiete lag.
Beispiel
Die tatsächliche Bruttokaltmiete (Grundmiete zuzüglich kalter Betriebskosten) eines Einpersonenhaushaltes liegt bei 318,50 €. Von dieser Bruttokaltmiete erkennt das Jobcenter Kiel nur 308,50 € an. Der Leistungsberechtigte zahlt die Differenz von 10 € monatlich aus seinem Regelsatz oder anrechnungsfreiem Erwerbseinkommen dazu, mithin 120 € im Jahr. Im Jahr 2012 erhält der Leistungsberechtigte seine Betriebskostenabrechnung. Folgende Fallkonstellationen sind denkbar:
- Die Betriebskostenabrechnung schließt mit einem Guthaben von 120 € oder weniger. Dieses Guthaben wird vom Jobcenter nicht (mehr) zurückgefordert, sondern verbleibt dem Leistungsberechtigten. Denn ein Guthaben von bis zu 120 € beruht nicht auf Leistungen des Jobcenters für die Unterkunft (§ 22 SGB II), sondern auf eigenen Leistungen des Leistungsberechtigten aus seinem Regelsatz bzw. Einkommen.
- Die Betriebskostenabrechnung schließt mit einem Guthaben von mehr als 120 €. Der Betrag, der über 120 € hinausgeht, kann vom Jobcenter nach § 22 Abs. 3 SGB II im Folgemonat des Zuflusses (Gutschrift) leistungsmindernd berücksichtigt (d.h. auf den ALG II-Anspruch angerechnet) oder nach § 48 SGB X zurückgefordert werden. Von einem Guthaben in Höhe von z.B. 140 € stehen dem Jobcenter mithin 20 € zu.
- Die Betriebskostenabrechnung schließt mit einer Nachzahlung. Die Nachzahlung muss der Leistungsberechtigte aus eigenen Mitteln bestreiten, weil lediglich eine Mietobergrenze von 308,50 € anerkannt wird und die Übernahme einer Betriebskostennachzahlung die Anerkennung einer Bruttokaltmiete von mehr als 308,50 € monatlich bedeuten würde.
Verwaltungspraxis des Amts für Wohnen und Grundsicherung
Auch das Amt für Wohnen und Grundsicherung sowie das Amt für Familie und Soziales der Landeshauptstadt Kiel haben ihre bisherige Praxis der Anrechnung von Betriebskostenguthaben in sog. MOG-Fällen – also in Fällen, in denen nicht die tatsächliche Miete, sondern nur die Mietobergrenze anerkannt wird – geändert und setzen damit nunmehr auch die Rechtsprechung des SG Kiel um.
Für den Regelungsbereich des SGB XII (vor allem Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) ist darauf hinzuweisen, dass § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in seiner ab dem 01.04.2011 gültigen Fassung nun ausdrücklich regelt, dass Zuflüsse aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die der Leistungsberechtigte aus seinem Regelsatz erbracht hat, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. dazu etwa Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 82 Rn. 27 sowie zur Begründung BR-Drs. 661/10, S. 210). § 82 Abs. 1 SGB XII lautet:
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen.
Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.
Die Verwaltungspraxis des Amts für Wohnen und Grundsicherung sowie des Amts für Familie und Soziales der Landeshauptstadt Kiel verstieß mithin jedenfalls seit dem 01.04.2011 klar gegen geltendes Recht.
Überprüfungsantrag stellen
Wurden seit dem 01.01.2011 Betriebskostenguthaben in MOG-Fällen nach § 22 Abs. 3 SGB II rechtswidrig leistungsmindernd berücksichtigt (d.h. auf das ALG II angerechnet), so können Betroffene noch bis zum 31.12.2012 einen Antrag auf Überprüfung und Korrektur der rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung nach § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB X bzw. § 116a SGB XII i.V.m. § 44 SGB X stellen.
Wurden Betriebskostenguthaben in MOG-Fällen rechtswidrig nach § 43 ff. SGB X durch sog.
Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zurückgefordert, können diese nach § 44 SGB X zeitlich unbefristet überprüft werden.
Die Regelung in § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X, wonach Sozialleistungen aufgrund einer Prüfung und Neubescheidung nur bis zu einem Zeitraum von einem Jahr – zuzüglich des Jahres der Antragstellung (Überprüfung in 2012 also für alle Bescheide, die ab 01.01.2011 erlassen wurden) – rückwirkend beansprucht werden können, ist in Rückforderungsangelegenheiten regelmäßig unbeachtlich, weil es hier nicht um die Beanspruchung von Leistungen nach dem SGB II geht.
http://sozialberatung-kiel.de/2012/07/20/jobcenter-kiel-andert-seine-verwaltungspraxis-bei-der-ruckforderung-von-betriebskostenguthaben/
Willi S
Jobcenter Kiel ändert Verwaltungspraxis
Nach hiesigen Informationen hat die Bereichsleitung des Jobcenters Kiel am 19.07.2012 entschieden, dass zukünftig Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen bei Leistungsberechtigten, deren Miete nicht in der tatsächlichen Höhe anerkannt wird, nur noch dann nach § 22 Abs. 3 SGB II leistungsmindernd berücksichtigt werden sollen, wenn das Betriebskostenguthaben über den monatlichen Zuzahlungen zur Bruttokaltmiete lag.
Beispiel
Die tatsächliche Bruttokaltmiete (Grundmiete zuzüglich kalter Betriebskosten) eines Einpersonenhaushaltes liegt bei 318,50 €. Von dieser Bruttokaltmiete erkennt das Jobcenter Kiel nur 308,50 € an. Der Leistungsberechtigte zahlt die Differenz von 10 € monatlich aus seinem Regelsatz oder anrechnungsfreiem Erwerbseinkommen dazu, mithin 120 € im Jahr. Im Jahr 2012 erhält der Leistungsberechtigte seine Betriebskostenabrechnung. Folgende Fallkonstellationen sind denkbar:
- Die Betriebskostenabrechnung schließt mit einem Guthaben von 120 € oder weniger. Dieses Guthaben wird vom Jobcenter nicht (mehr) zurückgefordert, sondern verbleibt dem Leistungsberechtigten. Denn ein Guthaben von bis zu 120 € beruht nicht auf Leistungen des Jobcenters für die Unterkunft (§ 22 SGB II), sondern auf eigenen Leistungen des Leistungsberechtigten aus seinem Regelsatz bzw. Einkommen.
- Die Betriebskostenabrechnung schließt mit einem Guthaben von mehr als 120 €. Der Betrag, der über 120 € hinausgeht, kann vom Jobcenter nach § 22 Abs. 3 SGB II im Folgemonat des Zuflusses (Gutschrift) leistungsmindernd berücksichtigt (d.h. auf den ALG II-Anspruch angerechnet) oder nach § 48 SGB X zurückgefordert werden. Von einem Guthaben in Höhe von z.B. 140 € stehen dem Jobcenter mithin 20 € zu.
- Die Betriebskostenabrechnung schließt mit einer Nachzahlung. Die Nachzahlung muss der Leistungsberechtigte aus eigenen Mitteln bestreiten, weil lediglich eine Mietobergrenze von 308,50 € anerkannt wird und die Übernahme einer Betriebskostennachzahlung die Anerkennung einer Bruttokaltmiete von mehr als 308,50 € monatlich bedeuten würde.
Verwaltungspraxis des Amts für Wohnen und Grundsicherung
Auch das Amt für Wohnen und Grundsicherung sowie das Amt für Familie und Soziales der Landeshauptstadt Kiel haben ihre bisherige Praxis der Anrechnung von Betriebskostenguthaben in sog. MOG-Fällen – also in Fällen, in denen nicht die tatsächliche Miete, sondern nur die Mietobergrenze anerkannt wird – geändert und setzen damit nunmehr auch die Rechtsprechung des SG Kiel um.
Für den Regelungsbereich des SGB XII (vor allem Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) ist darauf hinzuweisen, dass § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in seiner ab dem 01.04.2011 gültigen Fassung nun ausdrücklich regelt, dass Zuflüsse aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die der Leistungsberechtigte aus seinem Regelsatz erbracht hat, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. dazu etwa Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 82 Rn. 27 sowie zur Begründung BR-Drs. 661/10, S. 210). § 82 Abs. 1 SGB XII lautet:
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen.
Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.
Die Verwaltungspraxis des Amts für Wohnen und Grundsicherung sowie des Amts für Familie und Soziales der Landeshauptstadt Kiel verstieß mithin jedenfalls seit dem 01.04.2011 klar gegen geltendes Recht.
Überprüfungsantrag stellen
Wurden seit dem 01.01.2011 Betriebskostenguthaben in MOG-Fällen nach § 22 Abs. 3 SGB II rechtswidrig leistungsmindernd berücksichtigt (d.h. auf das ALG II angerechnet), so können Betroffene noch bis zum 31.12.2012 einen Antrag auf Überprüfung und Korrektur der rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung nach § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB X bzw. § 116a SGB XII i.V.m. § 44 SGB X stellen.
Wurden Betriebskostenguthaben in MOG-Fällen rechtswidrig nach § 43 ff. SGB X durch sog.
Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zurückgefordert, können diese nach § 44 SGB X zeitlich unbefristet überprüft werden.
Die Regelung in § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X, wonach Sozialleistungen aufgrund einer Prüfung und Neubescheidung nur bis zu einem Zeitraum von einem Jahr – zuzüglich des Jahres der Antragstellung (Überprüfung in 2012 also für alle Bescheide, die ab 01.01.2011 erlassen wurden) – rückwirkend beansprucht werden können, ist in Rückforderungsangelegenheiten regelmäßig unbeachtlich, weil es hier nicht um die Beanspruchung von Leistungen nach dem SGB II geht.
http://sozialberatung-kiel.de/2012/07/20/jobcenter-kiel-andert-seine-verwaltungspraxis-bei-der-ruckforderung-von-betriebskostenguthaben/
Willi S
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