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: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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BSG: Weiterbildungsmaßnahmen muss Farhrgeld bezahlt werden Hartz IV Bezieher in Weiterbildungsmaßnahmen haben einen Anspruch auf Kilometergeld für die Hin- und Rückfahrt ihrem Praktikumsplatz. Bundessozialgericht - B 4 AS 117/10 R - Urteil 06.04.2011

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werden - BSG: Weiterbildungsmaßnahmen muss Farhrgeld bezahlt werden Hartz IV Bezieher in Weiterbildungsmaßnahmen haben einen Anspruch auf Kilometergeld für die Hin- und Rückfahrt ihrem Praktikumsplatz. Bundessozialgericht - B 4 AS 117/10 R - Urteil 06.04.2011  Empty BSG: Weiterbildungsmaßnahmen muss Farhrgeld bezahlt werden Hartz IV Bezieher in Weiterbildungsmaßnahmen haben einen Anspruch auf Kilometergeld für die Hin- und Rückfahrt ihrem Praktikumsplatz. Bundessozialgericht - B 4 AS 117/10 R - Urteil 06.04.2011

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 3:13 am

3. Im Gegensatz zu der von dem Beklagten vertretenen Auffassung kann
auch der Formulierung in § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II "soweit im SGB II
nichts Abweichendes geregelt ist" nicht entnommen werden, dass er
berechtigt wäre, den Leistungsumfang unabhängig von den Vorschriften für
die jeweilige Eingliederungsleistung nach dem SGB III zu bestimmen. So
besteht die Abweichung, wie oben dargelegt - soweit nicht das SGB III
der Arbeitsagentur selbst ein Entschließungsermessen einräumt - schon
darin, dass die Entscheidung über das "Ob" der in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB
II aufgeführten Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat.
Weitere Abweichungen sieht das SGB II nicht vor. Insbesondere findet
sich keine abweichende Regelung zur Fahrkostenerstattung im SGB II.

§
6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V ist keine abweichende Regelung i.S. des § 16
Abs. 2 Satz 1 SGB II. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V in der Fassung der
2. Verordnung zur Änderung der Alg II-Verordnung und
Sozialgeldverordnung vom 23.7.2009 (BGBl I 2340) sind von dem Einkommen
Erwerbstätiger die Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II
absetzbar, zusätzlich bei Benutzung eines Kfz für die Fahrt zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der
Erwerbstätigkeit 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer der kürzesten
Straßenverbindung, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere
notwendige Ausgaben nachweist. § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V legt damit
die Höhe der Absetzbarkeit der Fahrkosten vom Einkommen fest und
bestimmt nicht die Höhe der im Rahmen einer Eingliederungsmaßnahme vom
Grundsicherungsträger zu übernehmenden Fahrkosten. Die Regelung betrifft
mithin die umgekehrte Situation wie bei der Weiterbildungsförderung.
Sie will erzieltes Einkommen insoweit erhalten, als es für seine
Erzielung eingesetzt wird und verhindern, dass es zur Minderung des
Anspruchs auf Alg II berücksichtigt werden muss, wenn es gleichzeitig
wegen der Aufwendungen für Fahrkosten nicht tatsächlich zur
Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung steht. Bei dem hier
verpflichtend zu absolvierenden unentgeltlichen Praktikum wird kein
Einkommen erzielt. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten scheidet
daher eine Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V auch unter dem
Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aus. Die Lebenssachverhalte sind
bereits nicht vergleichbar, denn dem Hilfebedürftigen, dem
Eingliederungsleistungen gewährt werden, soll damit die Möglichkeit
erhalten werden, i.S. des § 3 Abs. 1 SGB II zumindest seine
Hilfebedürftigkeit zu mindern, ein Ziel das der "Aufstocker", der
Fahrkosten zur Einkommenserzielung aufwendet, bereits erreicht hat.

4.
Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine analoge Anwendung des §
6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen
Lücke im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung im SGB II. Nach dem
ausdrücklichen Gesetzesbefehl i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 16
Abs. 2 Satz 1 SGB II ist auf die gesetzlichen Regelungen des SGB III
zurückzugreifen.




Nach § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB
II erbringt die Agentur für Arbeit zur Eingliederung in Arbeit
Leistungen nach § 35 SGB III. Sie kann die übrigen im Dritten Kapitel,
im Ersten und Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften
Kapitel, im Ersten Abschnitt des Sechsten Kapitels und die in den §§
417, 421f, 421g, 421k, 421n, 421o, 421p, 421q und 421t Abs. 4 bis 6 SGB
III geregelten Leistungen erbringen. Übt ein Leistungsträger sein
Ermessen dergestalt aus, dass er eine der zuvor benannten Leistungen
nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II erbringt, ist er nach § 16 Abs. 2 Satz 1
SGB II hinsichtlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen jedoch
grundsätzlich an die Regelungen des SGB III gebunden. Ein Ermessen im
Hinblick auf die Leistungshöhe (hier Fahrtkosten) steht dem
Leistungsträger mithin nur dann zu, wenn auch das SGB III ein solches
vorsieht.

Gründe:

I

Streitig ist die Höhe der vom
Beklagten zu erstattenden Fahrkosten für die Fahrt von und zu einem
Praktikum im Rahmen einer als Eingliederungsleistung bewilligten
beruflichen Weiterbildungsmaßnahme im Monat Oktober 2009.

Der
1987 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ihm wurde in einer bis zum 31.12.2009
geltenden Eingliederungsvereinbarung (EinV) vom 11.6.2009 "eine
Finanzierung zur Qualifizierung zum Kraftfahrer im Güterverkehr bei
Fahrschule Q - soweit die Bereitschaft besteht, im Fernverkehr zu Fahren
-" zugesagt. Durch Bescheid vom 9.7.2009 wurden ihm für diese Maßnahme
Weiterbildungskosten in Höhe von 8144 Euro nach § 16 Abs. 1 SGB II
i.V.m. § 77 SGB III bewilligt und ein Bildungsgutschein hierfür
ausgestellt. Der Kläger nahm im Folgenden an der Maßnahme teil. Seit dem
1.10.2009 erfolgte der praktische Teil der Weiterbildung bei der Firma N
GmbH (unentgeltlich) im 53 km von seinem Wohnsitz (B ) entfernten B.
Wegen des frühen Arbeitsbeginns und späten Arbeitsendes legte der Kläger
den Weg mit einem Pkw zurück.

Ende September 2009 beantragte der
Kläger die Übernahme der Fahrkosten für den Weg von und zur
Praktikumsstelle bei dem Beklagten. Dieser bewilligte ihm durch Bescheid
vom 8.10.2009 169,60 Euro für 16 Praktikumstage à 53 km einfache Fahrt
multipliziert mit 0,20 Euro je Fahrtkilometer im Monat Oktober 2009. Den
Widerspruch hiergegen wies der Beklagte mit der Begründung zurück,
sowohl das "Ob" als auch die Höhe der Leistung "Fahrkostenerstattung"
stehe in seinem Ermessen. Er übe das Ermessen dergestalt aus, dass er
als Maßstab für die Höhe der Leistung § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V
heranziehe. Nach dieser Vorschrift seien für die einfache Fahrtstrecke
0,20 Euro je km von dem zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen. Aus
Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei dieser Maßstab auch bei der
Fahrkostenerstattung zugrunde zu legen. Höhere Fahrkosten seien nicht
nachgewiesen.

Mit seiner Klage vor dem SG Stade macht der Kläger
die Übernahme der Fahrkosten in Höhe von 0,20 Euro je
Entfernungskilometer geltend. Das SG Stade hat der Klage stattgegeben
und den Beklagten verurteilt, 169,90 Euro weitere Fahrkosten für den
Monat Oktober 2009 zu erstatten (Urteil vom 5.2.2010). Zur Begründung
hat es ausgeführt, dass sich dieser Betrag auf Grundlage von § 16 Abs. 1
SGB II i.V.m. § 81 Abs. 1 Nr. 1, § 81 Abs. 2 SGB III, dieser wiederum
i.V.m. § 5 Abs. 1 BRKG errechne. Danach seien 0,20 Euro je
km-Fahrtstrecke für den Hin- und Rückweg anzusetzen. Dem Beklagten sei
im Hinblick auf die Höhe der Leistung kein Ermessen eingeräumt, sondern
lediglich hinsichtlich der Entscheidung, ob er die Leistung bewilligen
wolle. § 16 Abs. 2 SGB II sei insoweit nicht einschlägig. Danach seien
die Regelungen des SGB III nur dann heranzuziehen, wenn im SGB II nichts
Abweichendes geregelt werde. § 16 Abs. 1 SGB II, der - anders als im
SGB III - dem Träger für die Entscheidung über die Leistung Ermessen
einräume, sei keine Abweichung in diesem Sinne, denn ansonsten bedürfe
es des Abs. 2 nicht. Dieses sei auch der Gesetzesbegründung zu
entnehmen. Ebenso legten Sinn und Zweck der Regelung des § 16 Abs. 2 SGB
II eine Beschränkung der Ermessensentscheidung auf das "Ob" der
Bewilligung nahe, denn Ziel der Maßnahmebewilligung sei die
Eingliederung. Müsse der Hilfebedürftige, wenn er kein Entgelt für die
Teilnahme an der Maßnahme erhalte, diese jedoch selbst bzw. aus der
Regelleistung finanzieren, drohe der Abbruch und damit das Unterlaufen
des gesetzlichen Ziels des "Förderns". Aus diesen Überlegungen ergebe
sich zudem, dass die Einräumung eines Ermessens auch im Hinblick auf den
Umfang der Leistung insoweit systemwidrig sei. § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg
II-V sei ferner keine abweichende Regelung i.S. des § 16 Abs. 2 SGB II,
denn sie regele die Absetzbarkeit von Fahrkosten, wenn Einkommen erzielt
werde und nicht, wenn sie auf Grund einer Maßnahme entstünden. Eine
analoge Anwendung scheide ebenfalls aus, denn es liege keine planwidrige
Regelungslücke vor.

Der Beklagte hat die vom SG durch Beschluss
vom 25.6.2010 zugelassene Sprungrevision beim BSG eingelegt. Er trägt
vor, seine Ermessensausübung habe sich an den Grundsätzen des
Leistungsrechts des SGB II zu orientieren. Hieraus folge, dass sich die
Ermessenausübung sowohl auf das "Wie" der Leistungserbringung erstrecke,
als sich auch an § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V zu orientieren habe. Zwar
finde sich im SGB II keine Regelung zur Fahrkostenerstattung, doch sei
unter dem "Eindruck" der dynamischen Verweisung auf das SGB III auch für
die Gewährung aktiver Leistungen auf die Vorschriften der Alg II-V
zurückzugreifen. Zudem folge aus dem Systemunterschied zwischen SGB III
und SGB II, dass die Leistungsempfänger unterschiedlich zu behandeln
seien - auch im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung. So seien die
Leistungen des SGB III beitragsfinanziert, wohingegen es sich bei den
Leistungen des SGB II um steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen handele.
Diesem Systemunterschied sei die Regelung des § 16 Abs. 2 SGB II
geschuldet, die von einer abweichenden Handhabung im SGB II ausgehe und
alsdann die zwingende Anwendung der Abweichung verlange. Jedoch auch
innerhalb des SGB II sei der Gedanke der Gleichbehandlung tragend für
die hier erfolgte Ermessensausübung. Es dürften mit der SGB II-Leistung
keine Anreize für einen dauerhaften Bezug von Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts gesetzt werden. Daher sei es geboten, "Aufstocker"
und "Maßnahmeteilnehmer" gleich zu behandeln. Ein Leistungsempfänger,
der bereits in das Erwerbsleben integriert sei, könne im Regelfall auch
nur 0,20 Euro für die einfache Fahrtstrecke an Fahrkostenerstattung vom
erzielten Einkommen absetzen. Ein Maßnahmeteilnehmer dürfe nicht
grundlos besser gestellt werden, also höhere Leistungen als ein
Erwerbstätiger im SGB II-Leistungsbezug erhalten, zumal der "Aufstocker"
durch Steuern regelmäßig zusätzlich zur Finanzierung des
Fürsorgesystems beitrage. Außerdem sei es möglich, bei entsprechendem
Nachweis höhere Fahrkosten zu übernehmen, sodass der bei der
pauschalierten Regelung des § 81 SGB III stets möglichen
Bedarfsunterdeckung, auch im Sinne der Entscheidung des BVerfG,
entgegengewirkt werde. Höhere Leistungen belasteten damit das zur
Verfügung stehende Gesamtbudget ungerechtfertigt und zu Lasten anderer
Hilfebedürftiger, deren Integrationsmöglichkeiten dadurch ggf.
eingeschränkt würden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil
des Sozialgerichts Stade vom 5. Februar 2010 aufzuheben und die Klage
gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2009 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Sprungrevision zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen des SG für zutreffend.


II

Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet.

Der
Beklagte hat dem Kläger weitere 169,60 Euro Fahrkosten zu erstatten.
Der von dem SG ausgeurteilte Betrag ist offensichtlich unzutreffend,
denn unter Zugrundelegung der Begründung des SG betragen die Fahrkosten
169,60 und nicht 169,90 Euro. Der Tenor war daher klarstellend
entsprechend neu zu fassen.

Anspruchsgrundlage für die
Fahrkostenerstattung in der benannten Höhe ist § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II
i.V.m. § 81 Abs. 2 SGB III und § 5 Abs. 1 BRKG. Die Entscheidung über
den Umfang der zu erstattenden Fahrkosten steht, anders als das "Ob" der
Bewilligung einer Eingliederungsleistung in Gestalt einer
Weiterbildungsmaßnahme nach §§ 77 ff SGB III nicht im Ermessen des
Beklagten (2.). Soweit es den Umfang der Fahrkostenerstattung betrifft,
ist auch keine abweichende Regelung i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II
im Grundsicherungsrecht vorhanden (3.). Eine analoge Anwendung des § 6
Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V scheidet aus. Es mangelt bereits an einer
planwidrigen Lücke im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung im SGB II
(4.).

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der
Bescheid vom 8.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
2.12.2009, mit dem der Beklagte dem Kläger Fahrkosten in Höhe von 169,60
Euro für die Fahrt von und zum Praktikum im Rahmen einer
Weiterbildungsmaßnahme im Oktober 2009 bewilligt hat. Der Kläger hat
diesen Bescheid hinsichtlich der Höhe der Leistung zutreffend im Wege
der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffen.

2.
Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger weitere 169,60 Euro Fahrkosten
für den streitigen Zeitraum zu gewähren. Der Kläger hat hierauf einen
Rechtsanspruch auf Grundlage von § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 81
Abs. 2 SGB III und § 5 Abs. 1 BRKG.

Nach § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2
SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und
Stabilität in Deutschland (vom 2.3.2009, BGBl I 416) erbringt die
Agentur für Arbeit zur Eingliederung in Arbeit Leistungen nach § 35 SGB
III. Sie kann die übrigen im Dritten Kapitel, im Ersten und Sechsten
Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften Kapitel, im Ersten Abschnitt
des Sechsten Kapitels und die in den §§ 417, 421f, 421g, 421k, 421n,
421o, 421p, 421q und 421t Abs. 4 bis 6 SGB III geregelten Leistungen
erbringen. Übt ein Leistungsträger sein Ermessen dergestalt aus, dass er
eine der zuvor benannten Leistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II
erbringt, ist er nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II hinsichtlich der
Voraussetzungen und Rechtsfolgen jedoch grundsätzlich an die Regelungen
des SGB III gebunden. Ein Ermessen im Hinblick auf die Leistungshöhe
steht dem Leistungsträger mithin nur dann zu, wenn auch das SGB III ein
solches vorsieht (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl. 2008, § 16
RdNr. 62; Harks in jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 16 RdNr. 36;
Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, 1. Aufl. 2009, § 16 SGB
II RdNr. 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr. 87;
wohl auch Kothe in Gagel, Stand 7/2009, § 16 SGB II RdNr. 15; a.A. Löns
in Löns/Herold-Tews, 2. Aufl. 2009, § 16 RdNr. 8 und Thie in LPK-SGB II,
3. Aufl. 2009, § 16 RdNr. 12; die Entscheidung des 14. Senats vom
6.12.2007 - B 14/7b AS 50/06 R, SozR 4-4200 § 59 Nr. 1 verhält sich zu
dieser Frage nicht). Letzteres ist hier nicht der Fall.

Der
Beklagte hat das ihm nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II eingeräumte Ermessen
dahin gehend ausgeübt, dass er dem Kläger eine in der EinV vom
11.6.2009 vereinbarte und durch Bescheid vom 9.7.2009 bewilligte
Maßnahme zur Weiterbildung nach dem Sechsten Abschnitt des Vierten
Kapitels des SGB III gewährt hat. Nach den vom Beklagten nicht mit
zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des SG war die
Durchführung eines Praktikums Teil der Maßnahme "Qualifizierung zum
Kraftfahrer-Güterverkehr" (s im Übrigen auch Praktikumsvertrag vom
18.9.2009). Der Beklagte hat dem Kläger die fragliche
Weiterbildungsmaßnahme, die auch das Praktikum umfasste, dem Grunde nach
bindend bewilligt. Damit hat er die ihm maximal eingeräumte Möglichkeit
zur Ermessensbetätigung jedoch ausgeschöpft und ist nunmehr
verpflichtet, die Leistung in dem in § 81 SGB III zwingend vorgesehen
Umfang zu erbringen.

Diese Folge ergibt sich aus dem Wortlaut des
§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II und dem systematischen Zusammenhang mit § 16
Abs. 2 Satz 1 SGB II. Aber auch nach Sinn und Zweck der Regelung ist sie
zwingend.

Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II kann
der Träger die dort benannten Leistungen erbringen. Das Wort "kann"
steht mithin erkennbar im Zusammenhang mit dem Entschluss des Trägers
eine bestimmte Leistung erbringen zu wollen, also im Zusammenhang mit
dem Entschließungsermessen. Hierin erschöpft sich die Ermächtigung zur
Ermessensausübung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II jedoch auch, denn nach §
16 Abs. 2 Satz 1 SGB II gelten für die Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB
II die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III, soweit das SGB II
nichts Abweichendes regelt. Zwar stellt die Verpflichtung zur
Ermessensbetätigung in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II bei einigen
Eingliederungsleistungen eine Abweichung gegenüber den Regelungen des
SGB III dar. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass die Leistungen ohne jede
Anbindung an die Regelungen des SGB III erbracht werden dürfen.
Systematisch hätte es der ausdrücklichen Regelung des Rückgriffs auf die
Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III nach § 16 Abs. 2 Satz 1
SGB II ansonsten ebenso wenig bedurft, wie des differenzierten Katalogs
der in Betracht zu ziehenden Leistungen nach dem SGB III, wenn dem
Grundsicherungsträger, wie der Beklagte offenbar meint, mit § 16 Abs. 1
Satz 2 SGB II die Möglichkeit eröffnet wäre, die im SGB III normierten
Leistungen ihrem Umfang nach zu variieren und zu gestalten.

§ 16
Abs. 2 Satz 1 SGB II stellt klar, dass der Grundsicherungsträger die
Leistungen aus dem Katalog des § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur dann
erbringen "kann", wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen
Leistung nach den Vorschriften des SGB III gegeben sind. Auch
hinsichtlich der Rechtsfolgen ist er hieran gebunden. Es handelt sich
insoweit einerseits um eine Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften
des SGB III (s auch Eicher in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl. 2008, § 16
RdNr. 56 f; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, 1. Aufl.
2009, § 16 SGB II RdNr. 4; Kothe in Gagel, Stand 7/2009, § 16 SGB II
RdNr. 15; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr. 67, 422),
wobei die Besonderheiten des Leistungssystems SGB II zu beachten sind
(etwa das Entfallen der Prüfung von Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit).
Andererseits ist der Leistungskatalog des SGB III, auf den im SGB II
zurückgegriffen werden kann, in zweierlei Hinsicht abschließend. Der
Träger darf nur die in § 16 Abs. 1 SGB II genannten Leistungen des SGB
III erbringen und er ist im Hinblick auf die dortigen
Leistungsvoraussetzungen, den Leistungsumfang oder den Rechtsgrund -
auch für einzelne Leistungsteile - an die Vorschriften des SGB III
gebunden. Wenn der Träger - wie hier - eine Weiterbildungsmaßnahme
bewilligt, also sein Ermessen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II so ausübt,
dass er die berufliche Weiterbildung durch Übernahme der
Weiterbildungskosten fördern will, dann bestimmt es sich nach den
Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Vierten Kapitels des SGB III,
was diese Förderung im Einzelnen umfasst. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 SGB III
umfassen die Weiterbildungskosten u.a. unmittelbar durch die
Weiterbildung entstehende Fahrkosten. ist einmal eine
Ermessensentscheidung nach § 77 SGB III getroffen worden, sind nach § 81
Abs. 1 SGB III Leistungen zu erbringen (vgl. hierzu B. Schmidt in
Eicher/Schlegel, SGB III, 11/2009, § 81 RdNr. 28; s auch Voelzke in
Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr. 179) und der Träger ist
hinsichtlich der Höhe der zu erbringenden Leistung durch die Regelung in
§ 81 Abs. 2 SGB III gebunden. Eine Leistungsgewährung durch Rückgriff
auf die freie Förderung nach § 16f SGB II - wie der Beklagte es
offensichtlich annimmt -, ist nicht nur systemfremd, sondern nach § 16f
SGB II auch nicht eröffnet. Denn nach § 16f Abs. 2 SGB II darf die freie
Förderung gesetzliche Leistungen nach dem SGB III bzw. SGB II nicht
umgehen oder aufstocken.

Auch nach dem Sinn und Zweck der
Regelung ist von der zuvor dargelegten Rechtsanwendung auszugehen. Durch
die Regelung des § 16 Abs. 1 SGB III soll bei der Eingliederung
grundsätzlich auf die "bewährten" Leistungen des SGB III zurückgegriffen
werden (s BT-Drucks 16/10810, S 46). Daneben stellt das SGB II zwar
auch weitere Leistungen zur Verfügung, jedoch seit dem Gesetz zur
Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente (vom 21.12.2008, BGBl
I 2917) nun "räumlich" getrennt in den dem § 16 SGB II folgenden
Vorschriften. Grundsätzlich folgt § 16 Abs. 1 SGB II daher zunächst
einmal dem Regelungskonzept des SGB III (vgl. Knickrehm in
Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl.
2009, § 16 SGB II, RdNr. 2). Das ist insoweit auch konsequent, als in
beiden Normstrukturen durch die Eingliederungsleistungen eine Beendigung
des Leistungsbezugs bzw. nach § 3 Abs. 1 SGB II ggf. auch nur eine
Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung
für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewirkt
werden soll. Da § 22 Abs. 4 SGB III die Leistungsempfänger nach dem SGB
II jedoch von den Eingliederungsleistungen nach dem SGB III ausschließt,
wird mit § 16 Abs. 1 SGB II im Gegenzug dazu die "Gleichbehandlung" von
SGB III- und SGB II-Leistungsempfängern - im Hinblick auf die in § 16
Abs. 1 SGB II geregelten Leistungen - wieder hergestellt (vgl. Voelzke
in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr. 69). Soweit dabei im SGB II
nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II die Leistungserbringung grundsätzlich
immer ins Ermessen des Grundsicherungsträgers gestellt wird, wird damit
sichergestellt, dass der Grundsicherungsträger unter dem Aspekt der
Steuerfinanzierung der Leistungen, die Entscheidung über das "Ob" der
teilweise recht kostenaufwändigen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen
trifft - also, wie es in dem Entwurf zum Vierten Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt heißt, die Grundsätze der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und das besondere Verhältnis zwischen
Hilfebedürftigem und Fallmanager beachtet (BT-Drucks 15/1516, S 51).
Dieser Rückgriff auf das Konzept des SGB III wäre jedoch sinnentleert,
wenn der Grundsicherungsträger ohne Beachtung der dortigen Regelungen
die Leistungen auch der Höhe nach ungebunden bestimmen könnte. Im
Ergebnis entspricht sich die Rechtslage bei der Weiterbildungsförderung
im SGB II und SGB III, weil jeweils die Entscheidung über das "Ob" der
Förderung in das Ermessen der Verwaltung gestellt ist, während
hinsichtlich des Umfangs der Förderung - auch der Fahrkostenerstattung
(vgl. nur Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 81 RdNr. 24, Stand
XI/2009) - eine gebundene Entscheidung zu treffen ist.

Die Höhe
der dem Kläger weiter zustehenden Fahrkosten beträgt nach dem mithin
hier heranzuziehenden § 81 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 5 BRKG 169,60 Euro.
Nach § 81 Abs. 2 SGB III werden Fahrkosten in Höhe des Betrages zugrunde
gelegt, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen
Verkehrsmittels der niedrigsten Klasse des zweckmäßigsten öffentlichen
Verkehrsmittels zu zahlen ist, bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel in
Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs. 1 BRKG. Nach § 5 Abs. 1
Satz 2 BRKG beträgt sie bei Benutzung eines Kfz oder eines anderen
motorbetriebenen Fahrzeuges 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke,
höchstens jedoch 130 Euro. Der Betrag der Fahrkostenerstattung ist
daher im vorliegenden Fall doppelt so hoch, wie von dem Beklagten
rechtswidrig im Bescheid vom 8.10.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 2.12.2009 zugrunde gelegt, da der Beklagte
davon ausgegangen ist, lediglich 0,20 Euro für die einfache Wegstrecke
ansetzen zu dürfen.

3. Im Gegensatz zu der von dem Beklagten
vertretenen Auffassung kann auch der Formulierung in § 16 Abs. 2 Satz 1
SGB II "soweit im SGB II nichts Abweichendes geregelt ist" nicht
entnommen werden, dass er berechtigt wäre, den Leistungsumfang
unabhängig von den Vorschriften für die jeweilige Eingliederungsleistung
nach dem SGB III zu bestimmen. So besteht die Abweichung, wie oben
dargelegt - soweit nicht das SGB III der Arbeitsagentur selbst ein
Entschließungsermessen einräumt - schon darin, dass die Entscheidung
über das "Ob" der in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II aufgeführten Maßnahmen
nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat. Weitere Abweichungen sieht
das SGB II nicht vor. Insbesondere findet sich keine abweichende
Regelung zur Fahrkostenerstattung im SGB II.

§ 6 Abs. 1 Nr. 3b
Alg II-V ist keine abweichende Regelung i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB
II. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V in der Fassung der 2. Verordnung zur
Änderung der Alg II-Verordnung und Sozialgeldverordnung vom 23.7.2009
(BGBl I 2340) sind von dem Einkommen Erwerbstätiger die Beträge nach §
11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II absetzbar, zusätzlich bei Benutzung eines
Kfz für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur
Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer
der kürzesten Straßenverbindung, soweit der erwerbsfähige
Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist. § 6 Abs. 1
Nr. 3b Alg II-V legt damit die Höhe der Absetzbarkeit der Fahrkosten vom
Einkommen fest und bestimmt nicht die Höhe der im Rahmen einer
Eingliederungsmaßnahme vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden
Fahrkosten. Die Regelung betrifft mithin die umgekehrte Situation wie
bei der Weiterbildungsförderung. Sie will erzieltes Einkommen insoweit
erhalten, als es für seine Erzielung eingesetzt wird und verhindern,
dass es zur Minderung des Anspruchs auf Alg II berücksichtigt werden
muss, wenn es gleichzeitig wegen der Aufwendungen für Fahrkosten nicht
tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung steht. Bei dem
hier verpflichtend zu absolvierenden unentgeltlichen Praktikum wird kein
Einkommen erzielt. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten scheidet
daher eine Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V auch unter dem
Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aus. Die Lebenssachverhalte sind
bereits nicht vergleichbar, denn dem Hilfebedürftigen, dem
Eingliederungsleistungen gewährt werden, soll damit die Möglichkeit
erhalten werden, i.S. des § 3 Abs. 1 SGB II zumindest seine
Hilfebedürftigkeit zu mindern, ein Ziel das der "Aufstocker", der
Fahrkosten zur Einkommenserzielung aufwendet, bereits erreicht hat.

4.
Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine analoge Anwendung des §
6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen
Lücke im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung im SGB II. Nach dem
ausdrücklichen Gesetzesbefehl i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 16
Abs. 2 Satz 1 SGB II ist auf die gesetzlichen Regelungen des SGB III
zurückzugreifen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=12013

Gruß Willi S
Willi Schartema
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