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Anmerkung zu: BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - , 1 BvL 10/10, BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 2/11 Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes und Rechtsfolgen bis zur Neureglung durch den Gesetzgeber
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Anmerkung zu: BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - , 1 BvL 10/10, BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 2/11 Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes und Rechtsfolgen bis zur Neureglung durch den Gesetzgeber
Leitsätze(von juris)
1. Die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG ist evident unzureichend, weil sie seit 1993 nicht verändert worden ist.
2.
Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20
Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1
BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen
Anspruch als Menschenrecht.
Er umfasst sowohl die
physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit
zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an
Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das
Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich
in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.
3.
Falls der Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen
Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen
berücksichtigen will, darf er bei der konkreten Ausgestaltung
existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus
differenzieren. Eine Differenzierung ist nur möglich, sofern deren
Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger
signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich
transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser
Gruppe belegt werden kann.
Anmerkung zu: BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - , 1 BvL 10/10, BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 2/11
Autor: Daniela Evrim Öndül, RA'in und FA'in für Arbeitsrecht
Erscheinungsdatum: 23.08.2012
Quelle: juris
Normen:
§ 7 SGB 2, § 23 SGB 12, § 2 AsylbLG, § 6 AsylbLG, Art 1 GG, Art 20 GG, §
5 RBEG, § 6 RBEG, § 7 RBEG, § 8 RBEG, § 3 AsylbLG, § 1a AsylbLG, § 44
SGB 10, § 48 SGB 10, Art 3 GG, § 1 AsylbLG
Fundstelle: jurisPR-SozR 17/2012 Anm. 1
Herausgeber: Prof. Dr. Thomas Voelzke, Vors. RiBSG
Prof. Dr. Rainer Schlegel, Ministerialdirektor, Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes und Rechtsfolgen bis zur Neureglung durch den Gesetzgeber
Leitsätze
1. Die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG ist evident unzureichend, weil sie seit 1993 nicht verändert worden ist.
2.
Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20
Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1
BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen
Anspruch als Menschenrecht. Er umfasst sowohl die physische Existenz des
Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege
zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am
gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Grundrecht
steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der
Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.
3. Falls der
Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die
Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, darf er
bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht
pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren. Eine Differenzierung
ist nur möglich, sofern deren Bedarf an existenznotwendigen Leistungen
von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig
in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen
Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann.
A.
Problemstellung
Ausländer, die einen in § 1 AsylbLG genannten Aufenthaltsstatus
innehaben, erhalten zur Sicherung ihrer Existenz Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz. Von der Grundsicherung für Arbeitssuchende
oder der Sozialhilfe sind sie ausgeschlossen, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
SGB II, § 23 Abs. 2 SGB XII. Die in § 3 AsylbLG geregelten
Grundleistungen sollen den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterkunft,
Heizung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und
Verbrauchsgüter des Haushalts erfassen und vorrangig als Sachleistungen
erbracht werden. § 2 Abs. 1 AsylbLG sieht vor, dass diese Leistungen
vier Jahre lang bezogen werden müssen (Vorbezugsdauer), bevor das SGB
XII analog angewandt wird. Der Wertersatz für die Grundleistungen
beläuft sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG auf 184,07 €
(Haushaltsvorstand), 112,48 € (Haushaltsangehörige bis zur Vollendung
des 7. Lebensjahres) oder 158,50 € (andere Haushaltsangehörige)
zuzüglich der notwendigen Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat.
Daneben erhalten die Leistungsberechtigten nach § 3 Abs. 1 Satz 4
AsylbLG einen Barbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des
täglichen Lebens in Höhe von 20,45 € (bis zur Vollendung des 14.
Lebensjahres) bzw. 40,90 €. Durch die im Vergleich zum allgemeinen
Fürsorgerecht erheblich abgesenkten Leistungen sollten
Zuwanderungsanreize verringert werden. Zudem sah der Gesetzgeber die
niedrigeren Leistungen durch den nur vorübergehenden Aufenthalt der
ausgewählten Personengruppen in der Bundesrepublik gerechtfertigt
(BT-Drs. 12/3686, S. 4) – so die Rechtslage bis zur hier besprochenen
Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012.
Auf zwei Vorlagen des LSG
Essen hin hatte das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 2
Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 AsylbLG zu entscheiden.
B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Kläger des ersten Verfahrens, ein irakischer Staatsangehöriger
kurdischer Volkszugehörigkeit lebte bereits seit sechs Jahren in der
Bundesrepublik. Sein Asylverfahren war zwar erfolglos geblieben, sein
Aufenthalt wurde jedoch geduldet. Er erhielt bereits Analogleistungen
nach § 2 AsylbLG, als ihm nach Anhebung der Vorbezugsdauer durch das
Richtlinienumsetzungsgesetz (BGBl I 2007, 1970) erneut Grundleistungen
bewilligt wurden.
Die siebenjährige Klägerin des zweiten
Verfahrens ist in Deutschland geboren. Ihre Mutter war aus Liberia
eingereist. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war die Klägerin im
Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Mittlerweile ist sie deutsche
Staatsangehörige. Der Klägerin wurden ab Januar 2007 Grundleistungen
nach § 3 AsylbLG bewilligt, da ihre Mutter den Lebensunterhalt bis dahin
größtenteils aus Erwerbstätigkeit bestritten hatte und damit die
Vorbezugszeit nicht erfüllte.
In beiden Fällen blieben
Widerspruch und Klage ohne Erfolg. In den Berufungsverfahren setzte das
LSG Essen die Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage zur
Entscheidung vor, ob § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 3 i.V.m.
Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AsylbLG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AsylbLG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Wie nach seiner Entscheidung zu den Regelleistungen des SGB II
(BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09) vielfach erwartet worden war,
hat das BVerfG entschieden, dass die zur Überprüfung gestellten
Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht den Vorgaben aus
dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums genügen. Das BVerfG stellte zunächst klar, dass das
Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ein
Menschenrecht ist, welches deutschen und ausländischen
Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten,
gleichermaßen zusteht und durch migrationspolitische Gründe nicht
relativiert werden kann. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums werde durch die zur Überprüfung
gestellten Vorschriften verletzt, weil die darin normierten Leistungen
jedenfalls evident unzureichend seien (1.). Es fehle aber auch an einem
folgerichtigen, transparenten und sachgerechten Verfahren zur Ermittlung
des individuellen Leistungsumfangs (2.).
1. Obwohl das
Preisniveau in Deutschland seit Inkrafttreten des
Asylbewerberleistungsgesetzes um mehr als 30% gestiegen sei, habe der
Gesetzgeber die Höhe der Leistungen nie angepasst. So hätten die
Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Januar 2012 rund
35% unter denen des allgemeinen Fürsorgerechts gelegen. Die evident
unzureichende Höhe der Leistungen lasse sich auch nicht durch die
Ermessensvorschrift des § 6 AsylbLG kompensieren, der eine ausnahmsweise
Leistungsgewährung in atypischen Fällen vorsieht.
2. Darüber
hinaus seien die Leistungen auch nicht realitätsgerecht und begründbar
bemessen. Zwar sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, bei der Festlegung
des Existenzminimums zwischen verschiedenen Personengruppen zu
differenzieren. Eine Ermittlung der tatsächlichen Bedarfe der nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz Berechtigten habe aber nie stattgefunden.
Vielmehr gingen die Beträge des § 3 AsylbLG auf schlichte Schätzungen
zurück. Auch sei weder nachgewiesen, dass eine kurze Aufenthaltsdauer zu
einem geringeren Bedarf führt, noch dass die nach § 1 AsylbLG
Leistungsberechtigten sich typischerweise nur kurze Zeit in Deutschland
aufhielten. Das BVerfG verwies darauf, dass das
Asylbewerberleistungsgesetz inzwischen nicht nur Asylbewerber erfasst,
sondern Menschen mit sehr unterschiedlichem Aufenthaltsstatus, deren
überwiegender Teil sich länger als sechs Jahre in Deutschland aufhält.
Zudem sei auch denkbar, dass gerade ein nur vorübergehender Aufenthalt
in Deutschland zu Mehrbedarfen führe, die bei der Bemessung des
Existenzminimums ebenfalls zu berücksichtigen seien.
Das BVerfG
machte in diesem Zusammenhang aber auch deutlich, dass selbst ein nur
kurzfristiger Aufenthalt nicht die Beschränkung des Anspruchs auf
Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die bloße
Sicherung der physischen Existenz rechtfertige.
Im Hinblick auf
die evident unzureichenden Beträge hielt das BVerfG die fortdauernde
Anwendung der Normen für nicht hinnehmbar und formulierte eine
Übergangsregelung auf Basis des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (BGBl I
2011, 453). Der Gesetzgeber bleibt verpflichtet, eine Neuregelung zu
treffen. Eine Frist ist ihm nicht gesetzt.
C.
Kontext der Entscheidung
Das BVerfG (Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09)
hatte entschieden, dass die Regelleistungen des SGB II für Erwachsene
wie für Kinder nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf
Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1
GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen (vgl. zu den hier entwickelten
Anforderungen Luik, jurisPR-SozR 4/2010 Anm. 1, und Nöcker,
jurisPR-SteuerR 16/2010 Anm. 6). Kritisiert hatte das BVerfG das
Verfahren, mit dem die Regelsätze ermittelt worden waren. Anders als im
nunmehr ergangenen Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz hatte das
BVerfG aber die Höhe der Regelleistungen nicht für evident unzureichend
gehalten. Es räumte dem Gesetzgeber daher eine Frist zur Neuregelung
ein. Das in Reaktion hierauf beschlossene Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz
trat am 01.01.2011 in Kraft. An der Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung
der Regelbedarfe bestehen aber erneut Zweifel (SG Berlin, Beschl. v.
25.04.2012 - S 55 AS 9238/12 und S 55 AS 29349/11).
Daher hat das
BVerfG seine Übergangsregelung für die zukünftige Berechnung von
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz selbst mit einem
Vorbehalt versehen. Mit dem Rückgriff auf das
Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz sei weder gesichert, ob die Bedarfe
derjenigen, auf die das Asylbewerberleistungsgesetz Anwendung findet,
realitätsgerecht abgebildet werden. Noch sei absehbar, ob die auf dieser
Grundlage ermittelten Leistungssätze in anderen Fürsorgesystemen einer
verfassungsrechtlichen Kontrolle Stand hielten.
D.
Auswirkungen für die Praxis
Die vom BVerfG getroffene Übergangsregelung unterscheidet zwischen
den Leistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG und dem Barbetrag nach § 3
Abs. 1 Satz 4 AsylbLG.
Grundsätzlich ergeben sich durch die
Orientierung an den §§ 5, 6, 7, 8 RBEG in beiden Fällen höhere
Leistungen. Es werden die Regelbedarfsstufen 1 bis 6 nach § 8 RBEG
übernommen, nicht aber die Leistungssätze des allgemeinen
Fürsorgerechts. Vielmehr ist eine gesonderte Berechnung vorzunehmen. Für
Leistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG erfolgt die Berechnung auf
Basis der ermittelten Bedarfe für die Abteilungen 1, 3, 4 und 6.
Leistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG beziehen sich auf die
Abteilungen 7 bis 12. Bedarfe der Abteilung 5 (Innenausstattung,
Haushaltsgeräte und -gegenstände) bleiben unberücksichtigt.
Nach
wie vor können aber die von § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG erfassten Bedarfe
durch Sachleistungen befriedigt werden. Eine ergänzende Geldleistung ist
dann nicht vorgesehen. In jedem Fall macht sich die Erhöhung aber beim
Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG bemerkbar. Problematisch ist
insoweit die nach § 1a AsylbLG vorgesehene Anspruchseinschränkung auf
das unabweisbar Gebotene, mit der ausländerrechtlich nicht erwünschtes
Verhalten sanktioniert wird (Einreise zum Zwecke des Leistungsbezugs,
Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen). Die ohnehin zweifelhafte
Praxis der Behörden, den gesamten Barbetrag zu streichen oder ihn
jedenfalls zu halbieren, erhält damit eine höhere Brisanz.
Die
Übergangsregelung des BVerfG gilt rückwirkend ab dem 01.01.2011. Von der
Rückwirkung profitieren allerdings nur Adressaten noch nicht
bestandskräftiger Bescheide. Die Anwendung des § 44 SGB X (Rücknahme
rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte) und des § 48 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 SGB X (Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei
Änderung der rechtlichen Verhältnisse) hat das BVerfG bis Ende Juli 2012
ausgeschlossen.
E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Die Frage, ob die Ausgliederung bestimmter Personengruppen aus dem
Fürsorgesystem des SGB II/SGB XII gegen Art. 3 GG verstößt, war nicht
Gegenstand der Entscheidung. Zwar hat das BVerfG immer wieder betont,
dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, Art und Umfang von
Sozialleistungen an Ausländer grundsätzlich von der voraussichtlichen
Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig zu machen. Bislang haben
derartig differenzierende Vorschriften, der verfassungsrechtlichen
Überprüfung jedoch nicht standgehalten (BVerfG, Beschl. v. 06.07.2004 - 1
BvL 4/97, Kindergeld; BVerfG, Beschl. v. 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95,
Erziehungsgeld). Auch im vorliegenden Urteil setzt sich das BVerfG mit
der Frage auseinander, ob mit § 1 AsylbLG tatsächlich nur diejenigen
Ausländer erfasst werden, die sich vorübergehend in Deutschland
aufhalten und kommt zu dem Schluss, dass die gesetzliche Differenzierung
der tatsächlichen Situation nicht gerecht wird.
http://www.juris.de/jportal/portal/t/194y/page/homerl.psml;jsessionid=68D08F5640EA1C50CF1A2D5BB50D2CCE.jpf4?nid=jpr-NLSR000008712&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/08/anmerkung-zu-bverfg-1-senat-urteil-vom.html
Willi S
1. Die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG ist evident unzureichend, weil sie seit 1993 nicht verändert worden ist.
2.
Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20
Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1
BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen
Anspruch als Menschenrecht.
Er umfasst sowohl die
physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit
zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an
Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das
Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich
in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.
3.
Falls der Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen
Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen
berücksichtigen will, darf er bei der konkreten Ausgestaltung
existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus
differenzieren. Eine Differenzierung ist nur möglich, sofern deren
Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger
signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich
transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser
Gruppe belegt werden kann.
Anmerkung zu: BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - , 1 BvL 10/10, BVerfG 1. Senat, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 2/11
Autor: Daniela Evrim Öndül, RA'in und FA'in für Arbeitsrecht
Erscheinungsdatum: 23.08.2012
Quelle: juris
Normen:
§ 7 SGB 2, § 23 SGB 12, § 2 AsylbLG, § 6 AsylbLG, Art 1 GG, Art 20 GG, §
5 RBEG, § 6 RBEG, § 7 RBEG, § 8 RBEG, § 3 AsylbLG, § 1a AsylbLG, § 44
SGB 10, § 48 SGB 10, Art 3 GG, § 1 AsylbLG
Fundstelle: jurisPR-SozR 17/2012 Anm. 1
Herausgeber: Prof. Dr. Thomas Voelzke, Vors. RiBSG
Prof. Dr. Rainer Schlegel, Ministerialdirektor, Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes und Rechtsfolgen bis zur Neureglung durch den Gesetzgeber
Leitsätze
1. Die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG ist evident unzureichend, weil sie seit 1993 nicht verändert worden ist.
2.
Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20
Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1
BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen
Anspruch als Menschenrecht. Er umfasst sowohl die physische Existenz des
Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege
zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am
gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Grundrecht
steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der
Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.
3. Falls der
Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die
Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, darf er
bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht
pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren. Eine Differenzierung
ist nur möglich, sofern deren Bedarf an existenznotwendigen Leistungen
von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig
in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen
Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann.
A.
Problemstellung
Ausländer, die einen in § 1 AsylbLG genannten Aufenthaltsstatus
innehaben, erhalten zur Sicherung ihrer Existenz Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz. Von der Grundsicherung für Arbeitssuchende
oder der Sozialhilfe sind sie ausgeschlossen, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
SGB II, § 23 Abs. 2 SGB XII. Die in § 3 AsylbLG geregelten
Grundleistungen sollen den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterkunft,
Heizung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und
Verbrauchsgüter des Haushalts erfassen und vorrangig als Sachleistungen
erbracht werden. § 2 Abs. 1 AsylbLG sieht vor, dass diese Leistungen
vier Jahre lang bezogen werden müssen (Vorbezugsdauer), bevor das SGB
XII analog angewandt wird. Der Wertersatz für die Grundleistungen
beläuft sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG auf 184,07 €
(Haushaltsvorstand), 112,48 € (Haushaltsangehörige bis zur Vollendung
des 7. Lebensjahres) oder 158,50 € (andere Haushaltsangehörige)
zuzüglich der notwendigen Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat.
Daneben erhalten die Leistungsberechtigten nach § 3 Abs. 1 Satz 4
AsylbLG einen Barbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des
täglichen Lebens in Höhe von 20,45 € (bis zur Vollendung des 14.
Lebensjahres) bzw. 40,90 €. Durch die im Vergleich zum allgemeinen
Fürsorgerecht erheblich abgesenkten Leistungen sollten
Zuwanderungsanreize verringert werden. Zudem sah der Gesetzgeber die
niedrigeren Leistungen durch den nur vorübergehenden Aufenthalt der
ausgewählten Personengruppen in der Bundesrepublik gerechtfertigt
(BT-Drs. 12/3686, S. 4) – so die Rechtslage bis zur hier besprochenen
Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012.
Auf zwei Vorlagen des LSG
Essen hin hatte das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 2
Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 AsylbLG zu entscheiden.
B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Kläger des ersten Verfahrens, ein irakischer Staatsangehöriger
kurdischer Volkszugehörigkeit lebte bereits seit sechs Jahren in der
Bundesrepublik. Sein Asylverfahren war zwar erfolglos geblieben, sein
Aufenthalt wurde jedoch geduldet. Er erhielt bereits Analogleistungen
nach § 2 AsylbLG, als ihm nach Anhebung der Vorbezugsdauer durch das
Richtlinienumsetzungsgesetz (BGBl I 2007, 1970) erneut Grundleistungen
bewilligt wurden.
Die siebenjährige Klägerin des zweiten
Verfahrens ist in Deutschland geboren. Ihre Mutter war aus Liberia
eingereist. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war die Klägerin im
Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Mittlerweile ist sie deutsche
Staatsangehörige. Der Klägerin wurden ab Januar 2007 Grundleistungen
nach § 3 AsylbLG bewilligt, da ihre Mutter den Lebensunterhalt bis dahin
größtenteils aus Erwerbstätigkeit bestritten hatte und damit die
Vorbezugszeit nicht erfüllte.
In beiden Fällen blieben
Widerspruch und Klage ohne Erfolg. In den Berufungsverfahren setzte das
LSG Essen die Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage zur
Entscheidung vor, ob § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 3 i.V.m.
Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AsylbLG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AsylbLG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Wie nach seiner Entscheidung zu den Regelleistungen des SGB II
(BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09) vielfach erwartet worden war,
hat das BVerfG entschieden, dass die zur Überprüfung gestellten
Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht den Vorgaben aus
dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums genügen. Das BVerfG stellte zunächst klar, dass das
Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ein
Menschenrecht ist, welches deutschen und ausländischen
Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten,
gleichermaßen zusteht und durch migrationspolitische Gründe nicht
relativiert werden kann. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums werde durch die zur Überprüfung
gestellten Vorschriften verletzt, weil die darin normierten Leistungen
jedenfalls evident unzureichend seien (1.). Es fehle aber auch an einem
folgerichtigen, transparenten und sachgerechten Verfahren zur Ermittlung
des individuellen Leistungsumfangs (2.).
1. Obwohl das
Preisniveau in Deutschland seit Inkrafttreten des
Asylbewerberleistungsgesetzes um mehr als 30% gestiegen sei, habe der
Gesetzgeber die Höhe der Leistungen nie angepasst. So hätten die
Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Januar 2012 rund
35% unter denen des allgemeinen Fürsorgerechts gelegen. Die evident
unzureichende Höhe der Leistungen lasse sich auch nicht durch die
Ermessensvorschrift des § 6 AsylbLG kompensieren, der eine ausnahmsweise
Leistungsgewährung in atypischen Fällen vorsieht.
2. Darüber
hinaus seien die Leistungen auch nicht realitätsgerecht und begründbar
bemessen. Zwar sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, bei der Festlegung
des Existenzminimums zwischen verschiedenen Personengruppen zu
differenzieren. Eine Ermittlung der tatsächlichen Bedarfe der nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz Berechtigten habe aber nie stattgefunden.
Vielmehr gingen die Beträge des § 3 AsylbLG auf schlichte Schätzungen
zurück. Auch sei weder nachgewiesen, dass eine kurze Aufenthaltsdauer zu
einem geringeren Bedarf führt, noch dass die nach § 1 AsylbLG
Leistungsberechtigten sich typischerweise nur kurze Zeit in Deutschland
aufhielten. Das BVerfG verwies darauf, dass das
Asylbewerberleistungsgesetz inzwischen nicht nur Asylbewerber erfasst,
sondern Menschen mit sehr unterschiedlichem Aufenthaltsstatus, deren
überwiegender Teil sich länger als sechs Jahre in Deutschland aufhält.
Zudem sei auch denkbar, dass gerade ein nur vorübergehender Aufenthalt
in Deutschland zu Mehrbedarfen führe, die bei der Bemessung des
Existenzminimums ebenfalls zu berücksichtigen seien.
Das BVerfG
machte in diesem Zusammenhang aber auch deutlich, dass selbst ein nur
kurzfristiger Aufenthalt nicht die Beschränkung des Anspruchs auf
Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die bloße
Sicherung der physischen Existenz rechtfertige.
Im Hinblick auf
die evident unzureichenden Beträge hielt das BVerfG die fortdauernde
Anwendung der Normen für nicht hinnehmbar und formulierte eine
Übergangsregelung auf Basis des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (BGBl I
2011, 453). Der Gesetzgeber bleibt verpflichtet, eine Neuregelung zu
treffen. Eine Frist ist ihm nicht gesetzt.
C.
Kontext der Entscheidung
Das BVerfG (Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09)
hatte entschieden, dass die Regelleistungen des SGB II für Erwachsene
wie für Kinder nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf
Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1
GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen (vgl. zu den hier entwickelten
Anforderungen Luik, jurisPR-SozR 4/2010 Anm. 1, und Nöcker,
jurisPR-SteuerR 16/2010 Anm. 6). Kritisiert hatte das BVerfG das
Verfahren, mit dem die Regelsätze ermittelt worden waren. Anders als im
nunmehr ergangenen Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz hatte das
BVerfG aber die Höhe der Regelleistungen nicht für evident unzureichend
gehalten. Es räumte dem Gesetzgeber daher eine Frist zur Neuregelung
ein. Das in Reaktion hierauf beschlossene Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz
trat am 01.01.2011 in Kraft. An der Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung
der Regelbedarfe bestehen aber erneut Zweifel (SG Berlin, Beschl. v.
25.04.2012 - S 55 AS 9238/12 und S 55 AS 29349/11).
Daher hat das
BVerfG seine Übergangsregelung für die zukünftige Berechnung von
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz selbst mit einem
Vorbehalt versehen. Mit dem Rückgriff auf das
Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz sei weder gesichert, ob die Bedarfe
derjenigen, auf die das Asylbewerberleistungsgesetz Anwendung findet,
realitätsgerecht abgebildet werden. Noch sei absehbar, ob die auf dieser
Grundlage ermittelten Leistungssätze in anderen Fürsorgesystemen einer
verfassungsrechtlichen Kontrolle Stand hielten.
D.
Auswirkungen für die Praxis
Die vom BVerfG getroffene Übergangsregelung unterscheidet zwischen
den Leistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG und dem Barbetrag nach § 3
Abs. 1 Satz 4 AsylbLG.
Grundsätzlich ergeben sich durch die
Orientierung an den §§ 5, 6, 7, 8 RBEG in beiden Fällen höhere
Leistungen. Es werden die Regelbedarfsstufen 1 bis 6 nach § 8 RBEG
übernommen, nicht aber die Leistungssätze des allgemeinen
Fürsorgerechts. Vielmehr ist eine gesonderte Berechnung vorzunehmen. Für
Leistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG erfolgt die Berechnung auf
Basis der ermittelten Bedarfe für die Abteilungen 1, 3, 4 und 6.
Leistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG beziehen sich auf die
Abteilungen 7 bis 12. Bedarfe der Abteilung 5 (Innenausstattung,
Haushaltsgeräte und -gegenstände) bleiben unberücksichtigt.
Nach
wie vor können aber die von § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG erfassten Bedarfe
durch Sachleistungen befriedigt werden. Eine ergänzende Geldleistung ist
dann nicht vorgesehen. In jedem Fall macht sich die Erhöhung aber beim
Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG bemerkbar. Problematisch ist
insoweit die nach § 1a AsylbLG vorgesehene Anspruchseinschränkung auf
das unabweisbar Gebotene, mit der ausländerrechtlich nicht erwünschtes
Verhalten sanktioniert wird (Einreise zum Zwecke des Leistungsbezugs,
Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen). Die ohnehin zweifelhafte
Praxis der Behörden, den gesamten Barbetrag zu streichen oder ihn
jedenfalls zu halbieren, erhält damit eine höhere Brisanz.
Die
Übergangsregelung des BVerfG gilt rückwirkend ab dem 01.01.2011. Von der
Rückwirkung profitieren allerdings nur Adressaten noch nicht
bestandskräftiger Bescheide. Die Anwendung des § 44 SGB X (Rücknahme
rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte) und des § 48 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 SGB X (Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei
Änderung der rechtlichen Verhältnisse) hat das BVerfG bis Ende Juli 2012
ausgeschlossen.
E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Die Frage, ob die Ausgliederung bestimmter Personengruppen aus dem
Fürsorgesystem des SGB II/SGB XII gegen Art. 3 GG verstößt, war nicht
Gegenstand der Entscheidung. Zwar hat das BVerfG immer wieder betont,
dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, Art und Umfang von
Sozialleistungen an Ausländer grundsätzlich von der voraussichtlichen
Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig zu machen. Bislang haben
derartig differenzierende Vorschriften, der verfassungsrechtlichen
Überprüfung jedoch nicht standgehalten (BVerfG, Beschl. v. 06.07.2004 - 1
BvL 4/97, Kindergeld; BVerfG, Beschl. v. 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95,
Erziehungsgeld). Auch im vorliegenden Urteil setzt sich das BVerfG mit
der Frage auseinander, ob mit § 1 AsylbLG tatsächlich nur diejenigen
Ausländer erfasst werden, die sich vorübergehend in Deutschland
aufhalten und kommt zu dem Schluss, dass die gesetzliche Differenzierung
der tatsächlichen Situation nicht gerecht wird.
http://www.juris.de/jportal/portal/t/194y/page/homerl.psml;jsessionid=68D08F5640EA1C50CF1A2D5BB50D2CCE.jpf4?nid=jpr-NLSR000008712&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/08/anmerkung-zu-bverfg-1-senat-urteil-vom.html
Willi S
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