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Praktikum Die Rache der Geknechteten Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum Kein Geld fürs Pflege-Praktikum
Seite 1 von 1
Praktikum Die Rache der Geknechteten Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum Kein Geld fürs Pflege-Praktikum
21.10.2011
"Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum" das fordert
aktuell BA-Vorstand Heinrich Alt (BZ vom 20 Oktober 2011). Begründung:
Langzeitarbeitslose sollen so prüfen können, ob der Pflegeberuf etwas
für sie ist. Geld gibt´s für das Praktikum aber nicht.
Stichwort unbezahlten Praktika
Seit
2003 (Az. 6 AZR564/ 01) geht das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner
ständigen Rechtsprechung gegen unbezahlte Praktika vor, da diese sitten-
und rechtswidrig sind. Ob es sich tatsächlich um ein Praktikum handelt,
welches der Ausbildung dienen muss, oder um ein verdecktes
Arbeitsverhältnis, ist lt. Rechtsprechung des BAG nur für die Höhe der
Bezahlung entscheidend, denn generell besteht für geleistete Arbeit
immer ein Vergütungsanspruch. Immer mehr Betroffene wehren sich
erfolgreich gegen solch unverhohlene Ausbeuterpraxis und klagen ihre
Vergütung ein. Für Arbeitgeber ist es deshalb zunehmend riskant
geworden, von Bewerber auf vermeintliche Jobangebote unbezahlte Praktika
zu fordern.
Arbeitslose als kostenlose Leiharbeiter
Durch
eine geschickte Auslegung des SGB II und III umgehen Arbeitsämter und
Jobcenter diese Rechtsprechung des BAG und fördern dabei gezielt
rechtswidrige unbezahlte Praktika. Missbraucht werden dabei die
Festlegungen in § 46 SGB III und § 16 SGB II, danach können Arbeitsämter
und Jobcenter im Rahmen einer sog. Eignungsfeststellung Arbeitslose für
bis zu 8 Wochen einem Arbeitgeber zuweisen, für den die Betroffenen
dann in dieser Zeit umsonst arbeiten müssen. Lohn erhalten sie dafür
keinen, auch keine Aufwandsentschädigung, nur ihr Arbeitslosengeld oder
Hartz IV wird weiter gezahlt.
Erwerbslose haben kaum eine
Möglichkeit, sich gegen eine solche Zuweisung zu wehren, da sie
offiziell im Rahmen einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen
Eingliederung mit dem Ziel der (vermeintlichen) Anbahnung eines
Arbeitsvertrages erfolgt, zu dem es in der überwiegenden Mehrzahl jedoch
nie kommt. De facto werden Arbeitslose von Arbeitsämtern und Jobcentern
dabei als kostenlose Leiharbeiter an Arbeitgeber ausgeliehen und müssen
dort die gleichen Tätigkeiten ausführen, wie Festangestellte. Kommen
die Betroffenen der Zuweisung nicht nach, oder erfüllen sie die
Arbeitsaufgaben, die ihnen der Arbeitgeber stellt, nach dessen Meinung
nur unzureichend, droht Hartz IV Empfängern eine harte Sanktion nach §
31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II, wo ihnen für 3 Monate 30%, bei unter
25-jährigen sogar 100 Prozent ihrer ALG II Regelleistung gestrichen
wird. ALG I Empfängern droht eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
oder 4 SGB III, die sie in den Hartz IV Bezug zwingt, wobei sie dort
nochmal, dann nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wie schon o.g. sanktioniert
werden.
Kein Wunder, das Arbeitgeber dies vermehrt schamlos
ausnutzen, um unter dem Deckmantel eines vermeintlich zu besetzenden
Arbeitsplatzes Personalengpässe zu überbrücken. Hierbei kann man nur von
einer ungeheuren Schweinerei sprechen. Dies zeigt einmal mehr, dass
Arbeitslose in unserem Land keinerlei Rechte mehr haben. Dass die
Bundesagentur für Arbeit (BA) nun sogar öffentlich zu unbezahlten
Praktika aufruft, ist ein Skandal! (fm)
http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-empfaenger-zum-pflege-praktikum-615116.php
Praktikum Die Rache der Geknechteten
Mittwoch, 08.07.2009, 06:45 · von FOCUS-Online-Autor Andreas Kunze
So manches Praktikum erweist sich im nachhinein als gut dotierter Job
In
der Ferienzeit verdingen sich Tausende Berufsanfänger für Gotteslohn in
deutschen Unternehmen. Zu Unrecht. Wer ganze Arbeit leistet, darf auch
gutes Geld verlangen.
Lange hat das System funktioniert. Jedes Jahr
zur Ferienzeit holten sich zahllose Unternehmen motivierte Mitarbeiter
ins Haus, die wenig oder gar nichts kosten – die eigentliche
Gegenleistung, so der Tenor, sei schließlich der Erfahrungsgewinn, den
die Praktikanten durch ihre Zeit in der Firma mitnehmen durften.
Diese
Zeiten scheinen allerdings zu Ende zu gehen. Das Sparprinzip
„Praktikanten statt Angestellte“ fliegt den Betrieben immer öfter um die
Ohren. Das gilt vor allem, wenn die jungen Leute letztlich nur
gearbeitet haben und nicht ausgebildet wurden. In diesen Fällen nämlich
setzen die Arbeitsgerichte die Praktikanten inzwischen oft mit ganz
normalen Arbeitnehmern gleich, die für ihre Dienste eine angemessene
Vergütung – etwa nach dem geltenden Tarifvertrag – verlangen dürfen. Das
beschert den vermeintlichen Billigarbeitern oft einen unerwartet hohen
Geldsegen. So bekam jüngst der Ex-Praktikant eines Altenheims vom
Arbeitsgericht Kiel nachträglich über 10 000 Euro Lohn zugesprochen (Az.
4 Ca 1187d/08).
Ausbildung muss im Vordergrund stehen
Auslöser
dieser Entwicklung war ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts.
Bereits vor einigen Jahren entschieden die Erfurter Richter den Fall
einer Orchester-Praktikantin und kamen zu dem Ergebnis: Ein Praktikant
arbeitet in aller Regel nur vorübergehend in einem Unternehmen, um sich
die für einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen
anzueignen. Dabei muss der Ausbildungszweck im Vordergrund stehen,
ansonsten liegt ein Arbeitsverhältnis vor – auch wenn auf dem Papier ein
Praktikanten-Vertrag geschlossen wurde (Az. 6 AZR564/ 01).
Damit
war der Damm gebrochen. Mehrere Arbeitsgerichte haben inzwischen
ebenfalls die Position von Ex-Praktikanten gestärkt. So entschied etwa
das
Landesarbeitsgericht Baden (Az. 5 Sa 45/07), dass im Normalfall
zwar der Ex-Praktikant darlegen müsse, dass er wie ein Arbeitnehmer
beschäftigt wurde. Wenn aber der Vertrag keine Anhaltspunkte für eine
Ausbildung enthalte, sondern Arbeitszeiten und Arbeitsaufgaben festlege,
sei es am Unternehmen zu beweisen, dass es sich in Wahrheit nur um ein
Praktikum gehandelt habe. Ähnlich sah es das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz in einem Fall, in dem gar kein schriftlicher Vertrag
geschlossen worden war (Az. 10 Sa 782/07).
Sich regen bringt Segen
Hoffnung
auf nachträglichen Lohn können sich schlecht bezahlte Ex-Praktikanten
unter anderem in den folgenden Konstellationen machen: Indiz für einen
Arbeitsvertrag ist etwa die Tatsache, dass eine sehr lange
Praktikumszeit von zum Beispiel einem halben Jahr oder ganzen Jahr
vereinbart wurde, ohne dass dies für den Erwerb von praktischen
Kenntnissen nötig gewesen wäre. Bedenken haben die Gerichte regelmäßig
auch dann, wenn der angebliche Praktikant die ganze Zeit nur an einer
einzigen Stelle zubrachte. Das Argument: Um etwas im Betrieb zu lernen,
ist es normalerweise notwendig, verschiedene Abteilungen und Stellen
kennenzulernen.
Kritisch wird es auch für Unternehmen, die eine
ausgesprochen dünne Personaldecke aufweisen. Wenn also der Betrieb ohne
Praktikanten gar nicht genügend Mitarbeiter hätte, um die anfallende
Arbeit zu bewältigen, dürfen sich die Betroffenen berechtigte Hoffnungen
auf eine nachträgliche Bezahlung als Arbeitnehmer machen.
Zudem
gewährt das Gesetz den übervorteilten Berufsanfängern ein recht
komfortables Zeitfenster, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis verjähren in drei Jahren ab dem
Ende jenes Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Konkret bedeutet
das: Wer 2006 ein mehrmonatiges „Praktikum“ absolvierte, könnte noch bis
Ende dieses Jahres Klage erheben.
...
Praktikum: Die Rache der Geknechteten - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/finanzen/karriere/a ... 14809.html
Für
Betriebe kann das ausgesprochen teuer werden: Stellen die
Arbeitsgerichte nachträglich ein Arbeitverhältnis fest, muss die Firma
nicht nur den Lohn, sondern auch Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
...
Sich erfolgreich gegen Ausbeutung wehren
Ausbeutung
Was
geschieht, wenn man im Rahmen seines Praktikums für einen Hungerlohn
wie ein normaler Arbeitnehmer behandelt wird und noch dazu nichts lernt?
Existiert eine gesetzliche Grundlage, um nachträglich eine gerechte
Vergütung einzufordern, und macht eine Klage wegen Lohnwucher überhaupt
Sinn? PRAKTIKUMSFUEHRER.de hat für Euch Fachanwalt Sebastian Dücker von
der Kanzlei Ulrich Weber & Partner GbR aus Berlin zu diesem Thema
interviewt.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Bereits im Jahr 2003 legte das
Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil (Az. 6 AZR564/ 01) fest,
dass bei einem Praktikum der Ausbildungszweck im Vordergrund stehen
müsse, da ansonsten ein Arbeitsverhältnis vorliege. Wie ist hier die
genaue Regelung und wie lässt diese sich anwenden?
Dücker: Das
Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 13. März 2003 zur Unterscheidung
von Arbeitnehmer und Praktikant Stellung genommen. Ein Praktikant wird
in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb praktisch tätig, um sich
die zur Vorbereitung auf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen
praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen. Zweck des Praktikums
ist es, dass der (ggf. erst angehende) Student mit den im Beruf
verwendeten Materialien, Werkzeugen und Maschinen vertraut gemacht wird,
damit er den Vorlesungen mit Verständnis folgen kann. Im
geisteswissenschaftlichen Bereich geht es darum, sich die Arbeitsweisen
und Methoden der Praktiker anzueignen. Zu beachten ist, dass im Rahmen
eines Praktikums keine systematische Berufsausbildung stattfindet.
Vielmehr wird eine darauf beruhende Tätigkeit häufig Teil einer
Gesamtausbildung sein und für die Zulassung zu Studium oder Beruf
benötigt. Da die im Betrieb anfallenden Tätigkeiten teilweise auch von
Praktikanten übernommen werden, wird darauf abgestellt, ob dennoch der
Ausbildungszweck im Vordergrund steht. Mit anderen Worten: Der
Ausbildungszweck muss deutlich die für den Betrieb erbrachten Leistungen
und Arbeitsergebnisse überwiegen. Hilfreich ist hier ein Vergleich mit
den Beschäftigten. Lässt sich nach inhaltlichen oder zeitlichen Aspekten
kein wesentlicher Unterschied zwischen den im Betrieb beschäftigten
Arbeitnehmern und dem Prakti-kanten finden, ist von einer
Arbeitnehmereigenschaft auszugehen. Dieses gilt selbst dann, wenn mit
der betreffenden Person schriftlich ein Praktikumsvertrag vereinbart
wurde. Maßgebend ist insofern nicht die Vereinbarung, sondern vielmehr
die tatsächlich gelebte Praxis.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Gelten diese
Regelungen für alle Praktika oder nur in speziellen Fällen, z.B. bei
einem Praktikum nach Abschluss der Hochschulausbildung oder ab einer
bestimmten Praktikumsdauer?
Dücker: Die Abgrenzung zwischen
Arbeitnehmer und Praktikant nach dem überwiegenden Ausbildungszweck gilt
für sämtliche Praktika. Ausnahmen hat das Bundesarbeitsgericht nicht
gemacht.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Es gab auch schon einige
Präzendenzfälle, etwa ein Urteil des Landesarbeitsgerichts
Baden-Würtemberg (Az. 5 Sa 45/07) und des Landesarbeitsgerichts
Rheinland-Pfalz (Az. 10 Sa 782/07). Ist ein Erfolg der Klage abhängig
von der Rechtslage des jeweiligen Bundeslandes oder kann man sagen, dass
in begründeten Fällen das Grundsatzurteil des BAG allgemeine Gültigkeit
besitzt?
Dücker: Die vom Bundesarbeitsgericht erarbeitete
Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Praktikant nach dem „Überwiegen des
Ausbildungszwecks“ ist nicht auf bestimmte Bundesländer begrenzt,
sondern allgemein gültig. Unterschiede gibt es naturgemäß beim
jeweiligen Inhalt des Praktikums. Es ist hier, gemessen am konkreten
Gegenstand eines solchen Praktikums, eine Frage des jeweiligen
Einzelfalles, ob der Ausbildungszweck überwiegt.
PRAKTIKUMSFUEHRER:
Wie kann oder muss der Ausbildungsinhalt vertraglich geregelt sein?
Worauf muss man als Praktikant achten und was kann man einfordern?
Dücker:
Für das Praktikumsverhältnis gelten nach § 26 Berufsbildungsgesetz
diverse Vorschriften der Berufs-ausbildung entsprechend, vgl. §§ 10 bis
23, und 25 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Hiernach besteht etwa Anspruch
auf Ausstellung eines schriftlichen Zeugnisses nach Beendigung des
Praktikums, sowie Anspruch auf Aufwandsentschädigung bzw. Beihilfe zum
Lebensunterhalt. Einen schriftlichen, unterzeichneten Vertrag kann der
Praktikant hingegen nicht einfordern. Wird ein solcher dennoch
geschlossen, wird üblicherweise neben Gegenstand, Beginn und Dauer des
Praktikums vor allem die tägliche Arbeitszeit, Urlaubstage sowie die
Höhe der Vergütung schriftlich geregelt.
Wichtig ist die Länge
der Probezeit. Innerhalb dieser kann das Praktikumsverhältnis jederzeit
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach Ablauf der
Probezeit kann die ausbildende Firma nur aus einem wichtigen Grund
außerordentlich (fristlos) kündigen. Im Übrigen kann das
Praktikumsverhältnis nur durch den Praktikanten innerhalb einer
Kündigungsfrist von vier Wochen gelöst werden. Die Kündigung muss
schriftlich unter Angabe des Kündigungsgrundes erfolgen.
PRAKTIKUMSFUEHRER:
Gesetzt den Fall, ein Praktikant sieht sich zu sittenwidrigen
Vergütungen ausgenutzt, weil er gleiche Arbeiten wie ein Arbeitnehmer
vollbringt, ohne eine Ausbildung zu erfahren. Woran könnte er sich
orientieren bei der Frage, welche Vergütung im Nachhinein einforderbar
ist? Ließe sich in diesem Fall auch das Gesetz gegen Lohnwucher im Sinne
von § 138 Abs. 2 BGB anwenden?
Dücker: Wird man unter dem
Deckmantel eines Praktikumsverhältnisses tatsächlich wie ein
Arbeitnehmer beschäftigt, ohne hierfür eine entsprechende Vergütung zu
erhalten, ist für eine angemessene Höhe § 612 Abs. 2 BGB zu
berücksichtigen. Hiernach gilt die übliche Vergütung als vereinbart,
wenn die Parteien zur Höhe nichts Näheres bestimmt haben. Als Maßstab
für die Höhe der Vergütung gilt, was in gleichen oder ähnlichen Gewerben
bzw. Berufen am gleichen Ort für vergleichbare Tätigkeiten unter
Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Einzelnen
(Lebensalter, Familienstand, Kinder) gezahlt wird. In Betracht kommt
etwa die tarifliche oder sonstige Vergütung vergleichbarer Mitarbeiter
im Praktikumsbetrieb. Wird man entgegen den Vorgaben eines
Praktikumsvertrages als Arbeitnehmer eingesetzt, ist zu prüfen, ob die
hierfür gewährte Entschädigung noch angemessen, oder bereits
sittenwidrig ist, vgl. § 138 Abs. 2 BGB. Entscheidend ist ein
auffälliges Missverhältnis zwischen tatsächlich gewährten Entgelt und
üblichen (tariflichen) Lohn. Genaue Richtwerte gibt es nicht. Die
Rechtsprechung orientiert sich im Einzelfall an Werten zwischen 1/2 und
2/3 des üblichen Lohns.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Ein Schüler oder
Student ist als Praktikant tätig, weil er die Referenz für seinen
weiteren Werdegang dringend benötigt, z.B. für die Aufnahme eines
(weiterführenden) Studiums. Er stellt nun bereits während des Praktikums
fest, dass er wie ein normaler Arbeitnehmer behandelt wird, entscheidet
sich aber dagegen, das Praktikum vorzeitig zu beenden. Wäre es in
diesem Fall möglich, im Nachhinein trotzdem eine gerechte Vergütung
einzufordern?
Dücker: Steht im Rahmen eines vereinbarten
Praktikums der Ausbildungszweck nicht mehr im Vordergrund, sondern wird
man vielmehr als Arbeitnehmer beschäftigt, kann man – insbesondere um
das Vertragsverhältnis während der Laufzeit nicht zu belasten – auch im
Nachhinein eine gerechte Vergütung einfordern. Dieses kann man etwa
zunächst schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, im
Streitfall vor den Arbeitsgerichten durchsetzen. So hat etwa das
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 8. Februar 2008
nachträglich eine monatliche Vergütung von 375,00 € für sittenwidrig
erklärt, nachdem feststand, dass während des sechsmonatigen
Praktikanten-verhältnisses der Ausbildungszweck nicht deutlich die
erbrachten Leistungen überwogen hat.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Innerhalb eines welchen Zeitraums muss die Klage erfolgen?
Dücker:
Feste Fristen für die Geltendmachung einer nachträglichen Lohnzahlung
sieht das Gesetz, etwa das Berufsbildungsgesetz nicht vor. Teilweise
regeln jedoch Arbeits- oder Tarifverträge entsprechende Fristen (in der
Regel drei bis sechs Monate). Hilfreich ist immer auch ein Blick in den
schriftlichen Praktikumsvertrag. Möglicherweise sind hier
Ausschlussfristen geregelt. Existieren keine Fristen für eine Klage,
kann innerhalb der üblichen Verjährungsfrist von drei Jahren die
Vergütung nachträglich eingefordert werden. Im Zweifel sollte jedoch
zeitnah nach Abschluss des Praktikums entsprechender Rechtsrat eingeholt
werden.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Gibt es eine Möglichkeit für
Praktikanten, sich vorab kostenlos rechtlich beraten zu lassen, um auf
dieser Basis entscheiden zu können, ob eine Klage zulässig wäre?
Dücker:
Ein Anspruch auf kostenlose, außergerichtliche Beratung bei
Rechtsanwälten besteht grundsätzlich nicht. Für Personen mit geringen
Einkommen bietet sich in diesem Fall an, einen Beratungsschein am
Amtsgericht vor Aufsuchen eines Rechtsanwalts zu erwerben. Hiermit wäre
eine außergerichtliche Erstberatung durch den Rechtsanwalt abgedeckt. In
diesem Erstgespräch könnte dann geklärt werden, ob die Erhebung einer
Klage Sinn macht. Die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens können dann,
sofern die Voraussetzungen vorliegen, über Prozesskostenhilfe
geschultert werden.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Welche Indizien sprächen gegebenenfalls für den Erfolg einer Klage?
Dücker:
Generelle, fallunabhängige Indizien für den Erfolg der Klage lassen
sich schwerlich finden. Entscheidend sind immer die Umstände des
jeweiligen Falles. Wichtig ist stets die Überprüfung von schriftlichen
Vereinbarungen oder sonstigen Unterlagen, aus denen sich die Art der
tatsächlichen Beschäftigung während der Praktikumszeit ergibt. Besteht
kein wesentlicher Unterschied zwischen der eigenen Tätigkeit und
derjenigen vergleichbarer Kollegen, sprechen allerdings erste
Anhalts-punkte für das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft. Ob die
Klage dann letztendlich Erfolg hat, ist jedoch immer eine Sache der
Überzeugung des entscheidenden Gerichts.
http://www.praktika.de/praktikumsfuehrer/tag/urteil-praktikum/
"Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum" das fordert
aktuell BA-Vorstand Heinrich Alt (BZ vom 20 Oktober 2011). Begründung:
Langzeitarbeitslose sollen so prüfen können, ob der Pflegeberuf etwas
für sie ist. Geld gibt´s für das Praktikum aber nicht.
Stichwort unbezahlten Praktika
Seit
2003 (Az. 6 AZR564/ 01) geht das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner
ständigen Rechtsprechung gegen unbezahlte Praktika vor, da diese sitten-
und rechtswidrig sind. Ob es sich tatsächlich um ein Praktikum handelt,
welches der Ausbildung dienen muss, oder um ein verdecktes
Arbeitsverhältnis, ist lt. Rechtsprechung des BAG nur für die Höhe der
Bezahlung entscheidend, denn generell besteht für geleistete Arbeit
immer ein Vergütungsanspruch. Immer mehr Betroffene wehren sich
erfolgreich gegen solch unverhohlene Ausbeuterpraxis und klagen ihre
Vergütung ein. Für Arbeitgeber ist es deshalb zunehmend riskant
geworden, von Bewerber auf vermeintliche Jobangebote unbezahlte Praktika
zu fordern.
Arbeitslose als kostenlose Leiharbeiter
Durch
eine geschickte Auslegung des SGB II und III umgehen Arbeitsämter und
Jobcenter diese Rechtsprechung des BAG und fördern dabei gezielt
rechtswidrige unbezahlte Praktika. Missbraucht werden dabei die
Festlegungen in § 46 SGB III und § 16 SGB II, danach können Arbeitsämter
und Jobcenter im Rahmen einer sog. Eignungsfeststellung Arbeitslose für
bis zu 8 Wochen einem Arbeitgeber zuweisen, für den die Betroffenen
dann in dieser Zeit umsonst arbeiten müssen. Lohn erhalten sie dafür
keinen, auch keine Aufwandsentschädigung, nur ihr Arbeitslosengeld oder
Hartz IV wird weiter gezahlt.
Erwerbslose haben kaum eine
Möglichkeit, sich gegen eine solche Zuweisung zu wehren, da sie
offiziell im Rahmen einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen
Eingliederung mit dem Ziel der (vermeintlichen) Anbahnung eines
Arbeitsvertrages erfolgt, zu dem es in der überwiegenden Mehrzahl jedoch
nie kommt. De facto werden Arbeitslose von Arbeitsämtern und Jobcentern
dabei als kostenlose Leiharbeiter an Arbeitgeber ausgeliehen und müssen
dort die gleichen Tätigkeiten ausführen, wie Festangestellte. Kommen
die Betroffenen der Zuweisung nicht nach, oder erfüllen sie die
Arbeitsaufgaben, die ihnen der Arbeitgeber stellt, nach dessen Meinung
nur unzureichend, droht Hartz IV Empfängern eine harte Sanktion nach §
31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II, wo ihnen für 3 Monate 30%, bei unter
25-jährigen sogar 100 Prozent ihrer ALG II Regelleistung gestrichen
wird. ALG I Empfängern droht eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
oder 4 SGB III, die sie in den Hartz IV Bezug zwingt, wobei sie dort
nochmal, dann nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wie schon o.g. sanktioniert
werden.
Kein Wunder, das Arbeitgeber dies vermehrt schamlos
ausnutzen, um unter dem Deckmantel eines vermeintlich zu besetzenden
Arbeitsplatzes Personalengpässe zu überbrücken. Hierbei kann man nur von
einer ungeheuren Schweinerei sprechen. Dies zeigt einmal mehr, dass
Arbeitslose in unserem Land keinerlei Rechte mehr haben. Dass die
Bundesagentur für Arbeit (BA) nun sogar öffentlich zu unbezahlten
Praktika aufruft, ist ein Skandal! (fm)
http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-empfaenger-zum-pflege-praktikum-615116.php
Praktikum Die Rache der Geknechteten
Mittwoch, 08.07.2009, 06:45 · von FOCUS-Online-Autor Andreas Kunze
So manches Praktikum erweist sich im nachhinein als gut dotierter Job
In
der Ferienzeit verdingen sich Tausende Berufsanfänger für Gotteslohn in
deutschen Unternehmen. Zu Unrecht. Wer ganze Arbeit leistet, darf auch
gutes Geld verlangen.
Lange hat das System funktioniert. Jedes Jahr
zur Ferienzeit holten sich zahllose Unternehmen motivierte Mitarbeiter
ins Haus, die wenig oder gar nichts kosten – die eigentliche
Gegenleistung, so der Tenor, sei schließlich der Erfahrungsgewinn, den
die Praktikanten durch ihre Zeit in der Firma mitnehmen durften.
Diese
Zeiten scheinen allerdings zu Ende zu gehen. Das Sparprinzip
„Praktikanten statt Angestellte“ fliegt den Betrieben immer öfter um die
Ohren. Das gilt vor allem, wenn die jungen Leute letztlich nur
gearbeitet haben und nicht ausgebildet wurden. In diesen Fällen nämlich
setzen die Arbeitsgerichte die Praktikanten inzwischen oft mit ganz
normalen Arbeitnehmern gleich, die für ihre Dienste eine angemessene
Vergütung – etwa nach dem geltenden Tarifvertrag – verlangen dürfen. Das
beschert den vermeintlichen Billigarbeitern oft einen unerwartet hohen
Geldsegen. So bekam jüngst der Ex-Praktikant eines Altenheims vom
Arbeitsgericht Kiel nachträglich über 10 000 Euro Lohn zugesprochen (Az.
4 Ca 1187d/08).
Ausbildung muss im Vordergrund stehen
Auslöser
dieser Entwicklung war ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts.
Bereits vor einigen Jahren entschieden die Erfurter Richter den Fall
einer Orchester-Praktikantin und kamen zu dem Ergebnis: Ein Praktikant
arbeitet in aller Regel nur vorübergehend in einem Unternehmen, um sich
die für einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen
anzueignen. Dabei muss der Ausbildungszweck im Vordergrund stehen,
ansonsten liegt ein Arbeitsverhältnis vor – auch wenn auf dem Papier ein
Praktikanten-Vertrag geschlossen wurde (Az. 6 AZR564/ 01).
Damit
war der Damm gebrochen. Mehrere Arbeitsgerichte haben inzwischen
ebenfalls die Position von Ex-Praktikanten gestärkt. So entschied etwa
das
Landesarbeitsgericht Baden (Az. 5 Sa 45/07), dass im Normalfall
zwar der Ex-Praktikant darlegen müsse, dass er wie ein Arbeitnehmer
beschäftigt wurde. Wenn aber der Vertrag keine Anhaltspunkte für eine
Ausbildung enthalte, sondern Arbeitszeiten und Arbeitsaufgaben festlege,
sei es am Unternehmen zu beweisen, dass es sich in Wahrheit nur um ein
Praktikum gehandelt habe. Ähnlich sah es das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz in einem Fall, in dem gar kein schriftlicher Vertrag
geschlossen worden war (Az. 10 Sa 782/07).
Sich regen bringt Segen
Hoffnung
auf nachträglichen Lohn können sich schlecht bezahlte Ex-Praktikanten
unter anderem in den folgenden Konstellationen machen: Indiz für einen
Arbeitsvertrag ist etwa die Tatsache, dass eine sehr lange
Praktikumszeit von zum Beispiel einem halben Jahr oder ganzen Jahr
vereinbart wurde, ohne dass dies für den Erwerb von praktischen
Kenntnissen nötig gewesen wäre. Bedenken haben die Gerichte regelmäßig
auch dann, wenn der angebliche Praktikant die ganze Zeit nur an einer
einzigen Stelle zubrachte. Das Argument: Um etwas im Betrieb zu lernen,
ist es normalerweise notwendig, verschiedene Abteilungen und Stellen
kennenzulernen.
Kritisch wird es auch für Unternehmen, die eine
ausgesprochen dünne Personaldecke aufweisen. Wenn also der Betrieb ohne
Praktikanten gar nicht genügend Mitarbeiter hätte, um die anfallende
Arbeit zu bewältigen, dürfen sich die Betroffenen berechtigte Hoffnungen
auf eine nachträgliche Bezahlung als Arbeitnehmer machen.
Zudem
gewährt das Gesetz den übervorteilten Berufsanfängern ein recht
komfortables Zeitfenster, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis verjähren in drei Jahren ab dem
Ende jenes Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Konkret bedeutet
das: Wer 2006 ein mehrmonatiges „Praktikum“ absolvierte, könnte noch bis
Ende dieses Jahres Klage erheben.
...
Praktikum: Die Rache der Geknechteten - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/finanzen/karriere/a ... 14809.html
Für
Betriebe kann das ausgesprochen teuer werden: Stellen die
Arbeitsgerichte nachträglich ein Arbeitverhältnis fest, muss die Firma
nicht nur den Lohn, sondern auch Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
...
Sich erfolgreich gegen Ausbeutung wehren
Ausbeutung
Was
geschieht, wenn man im Rahmen seines Praktikums für einen Hungerlohn
wie ein normaler Arbeitnehmer behandelt wird und noch dazu nichts lernt?
Existiert eine gesetzliche Grundlage, um nachträglich eine gerechte
Vergütung einzufordern, und macht eine Klage wegen Lohnwucher überhaupt
Sinn? PRAKTIKUMSFUEHRER.de hat für Euch Fachanwalt Sebastian Dücker von
der Kanzlei Ulrich Weber & Partner GbR aus Berlin zu diesem Thema
interviewt.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Bereits im Jahr 2003 legte das
Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil (Az. 6 AZR564/ 01) fest,
dass bei einem Praktikum der Ausbildungszweck im Vordergrund stehen
müsse, da ansonsten ein Arbeitsverhältnis vorliege. Wie ist hier die
genaue Regelung und wie lässt diese sich anwenden?
Dücker: Das
Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 13. März 2003 zur Unterscheidung
von Arbeitnehmer und Praktikant Stellung genommen. Ein Praktikant wird
in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb praktisch tätig, um sich
die zur Vorbereitung auf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen
praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen. Zweck des Praktikums
ist es, dass der (ggf. erst angehende) Student mit den im Beruf
verwendeten Materialien, Werkzeugen und Maschinen vertraut gemacht wird,
damit er den Vorlesungen mit Verständnis folgen kann. Im
geisteswissenschaftlichen Bereich geht es darum, sich die Arbeitsweisen
und Methoden der Praktiker anzueignen. Zu beachten ist, dass im Rahmen
eines Praktikums keine systematische Berufsausbildung stattfindet.
Vielmehr wird eine darauf beruhende Tätigkeit häufig Teil einer
Gesamtausbildung sein und für die Zulassung zu Studium oder Beruf
benötigt. Da die im Betrieb anfallenden Tätigkeiten teilweise auch von
Praktikanten übernommen werden, wird darauf abgestellt, ob dennoch der
Ausbildungszweck im Vordergrund steht. Mit anderen Worten: Der
Ausbildungszweck muss deutlich die für den Betrieb erbrachten Leistungen
und Arbeitsergebnisse überwiegen. Hilfreich ist hier ein Vergleich mit
den Beschäftigten. Lässt sich nach inhaltlichen oder zeitlichen Aspekten
kein wesentlicher Unterschied zwischen den im Betrieb beschäftigten
Arbeitnehmern und dem Prakti-kanten finden, ist von einer
Arbeitnehmereigenschaft auszugehen. Dieses gilt selbst dann, wenn mit
der betreffenden Person schriftlich ein Praktikumsvertrag vereinbart
wurde. Maßgebend ist insofern nicht die Vereinbarung, sondern vielmehr
die tatsächlich gelebte Praxis.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Gelten diese
Regelungen für alle Praktika oder nur in speziellen Fällen, z.B. bei
einem Praktikum nach Abschluss der Hochschulausbildung oder ab einer
bestimmten Praktikumsdauer?
Dücker: Die Abgrenzung zwischen
Arbeitnehmer und Praktikant nach dem überwiegenden Ausbildungszweck gilt
für sämtliche Praktika. Ausnahmen hat das Bundesarbeitsgericht nicht
gemacht.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Es gab auch schon einige
Präzendenzfälle, etwa ein Urteil des Landesarbeitsgerichts
Baden-Würtemberg (Az. 5 Sa 45/07) und des Landesarbeitsgerichts
Rheinland-Pfalz (Az. 10 Sa 782/07). Ist ein Erfolg der Klage abhängig
von der Rechtslage des jeweiligen Bundeslandes oder kann man sagen, dass
in begründeten Fällen das Grundsatzurteil des BAG allgemeine Gültigkeit
besitzt?
Dücker: Die vom Bundesarbeitsgericht erarbeitete
Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Praktikant nach dem „Überwiegen des
Ausbildungszwecks“ ist nicht auf bestimmte Bundesländer begrenzt,
sondern allgemein gültig. Unterschiede gibt es naturgemäß beim
jeweiligen Inhalt des Praktikums. Es ist hier, gemessen am konkreten
Gegenstand eines solchen Praktikums, eine Frage des jeweiligen
Einzelfalles, ob der Ausbildungszweck überwiegt.
PRAKTIKUMSFUEHRER:
Wie kann oder muss der Ausbildungsinhalt vertraglich geregelt sein?
Worauf muss man als Praktikant achten und was kann man einfordern?
Dücker:
Für das Praktikumsverhältnis gelten nach § 26 Berufsbildungsgesetz
diverse Vorschriften der Berufs-ausbildung entsprechend, vgl. §§ 10 bis
23, und 25 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Hiernach besteht etwa Anspruch
auf Ausstellung eines schriftlichen Zeugnisses nach Beendigung des
Praktikums, sowie Anspruch auf Aufwandsentschädigung bzw. Beihilfe zum
Lebensunterhalt. Einen schriftlichen, unterzeichneten Vertrag kann der
Praktikant hingegen nicht einfordern. Wird ein solcher dennoch
geschlossen, wird üblicherweise neben Gegenstand, Beginn und Dauer des
Praktikums vor allem die tägliche Arbeitszeit, Urlaubstage sowie die
Höhe der Vergütung schriftlich geregelt.
Wichtig ist die Länge
der Probezeit. Innerhalb dieser kann das Praktikumsverhältnis jederzeit
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach Ablauf der
Probezeit kann die ausbildende Firma nur aus einem wichtigen Grund
außerordentlich (fristlos) kündigen. Im Übrigen kann das
Praktikumsverhältnis nur durch den Praktikanten innerhalb einer
Kündigungsfrist von vier Wochen gelöst werden. Die Kündigung muss
schriftlich unter Angabe des Kündigungsgrundes erfolgen.
PRAKTIKUMSFUEHRER:
Gesetzt den Fall, ein Praktikant sieht sich zu sittenwidrigen
Vergütungen ausgenutzt, weil er gleiche Arbeiten wie ein Arbeitnehmer
vollbringt, ohne eine Ausbildung zu erfahren. Woran könnte er sich
orientieren bei der Frage, welche Vergütung im Nachhinein einforderbar
ist? Ließe sich in diesem Fall auch das Gesetz gegen Lohnwucher im Sinne
von § 138 Abs. 2 BGB anwenden?
Dücker: Wird man unter dem
Deckmantel eines Praktikumsverhältnisses tatsächlich wie ein
Arbeitnehmer beschäftigt, ohne hierfür eine entsprechende Vergütung zu
erhalten, ist für eine angemessene Höhe § 612 Abs. 2 BGB zu
berücksichtigen. Hiernach gilt die übliche Vergütung als vereinbart,
wenn die Parteien zur Höhe nichts Näheres bestimmt haben. Als Maßstab
für die Höhe der Vergütung gilt, was in gleichen oder ähnlichen Gewerben
bzw. Berufen am gleichen Ort für vergleichbare Tätigkeiten unter
Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Einzelnen
(Lebensalter, Familienstand, Kinder) gezahlt wird. In Betracht kommt
etwa die tarifliche oder sonstige Vergütung vergleichbarer Mitarbeiter
im Praktikumsbetrieb. Wird man entgegen den Vorgaben eines
Praktikumsvertrages als Arbeitnehmer eingesetzt, ist zu prüfen, ob die
hierfür gewährte Entschädigung noch angemessen, oder bereits
sittenwidrig ist, vgl. § 138 Abs. 2 BGB. Entscheidend ist ein
auffälliges Missverhältnis zwischen tatsächlich gewährten Entgelt und
üblichen (tariflichen) Lohn. Genaue Richtwerte gibt es nicht. Die
Rechtsprechung orientiert sich im Einzelfall an Werten zwischen 1/2 und
2/3 des üblichen Lohns.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Ein Schüler oder
Student ist als Praktikant tätig, weil er die Referenz für seinen
weiteren Werdegang dringend benötigt, z.B. für die Aufnahme eines
(weiterführenden) Studiums. Er stellt nun bereits während des Praktikums
fest, dass er wie ein normaler Arbeitnehmer behandelt wird, entscheidet
sich aber dagegen, das Praktikum vorzeitig zu beenden. Wäre es in
diesem Fall möglich, im Nachhinein trotzdem eine gerechte Vergütung
einzufordern?
Dücker: Steht im Rahmen eines vereinbarten
Praktikums der Ausbildungszweck nicht mehr im Vordergrund, sondern wird
man vielmehr als Arbeitnehmer beschäftigt, kann man – insbesondere um
das Vertragsverhältnis während der Laufzeit nicht zu belasten – auch im
Nachhinein eine gerechte Vergütung einfordern. Dieses kann man etwa
zunächst schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, im
Streitfall vor den Arbeitsgerichten durchsetzen. So hat etwa das
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 8. Februar 2008
nachträglich eine monatliche Vergütung von 375,00 € für sittenwidrig
erklärt, nachdem feststand, dass während des sechsmonatigen
Praktikanten-verhältnisses der Ausbildungszweck nicht deutlich die
erbrachten Leistungen überwogen hat.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Innerhalb eines welchen Zeitraums muss die Klage erfolgen?
Dücker:
Feste Fristen für die Geltendmachung einer nachträglichen Lohnzahlung
sieht das Gesetz, etwa das Berufsbildungsgesetz nicht vor. Teilweise
regeln jedoch Arbeits- oder Tarifverträge entsprechende Fristen (in der
Regel drei bis sechs Monate). Hilfreich ist immer auch ein Blick in den
schriftlichen Praktikumsvertrag. Möglicherweise sind hier
Ausschlussfristen geregelt. Existieren keine Fristen für eine Klage,
kann innerhalb der üblichen Verjährungsfrist von drei Jahren die
Vergütung nachträglich eingefordert werden. Im Zweifel sollte jedoch
zeitnah nach Abschluss des Praktikums entsprechender Rechtsrat eingeholt
werden.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Gibt es eine Möglichkeit für
Praktikanten, sich vorab kostenlos rechtlich beraten zu lassen, um auf
dieser Basis entscheiden zu können, ob eine Klage zulässig wäre?
Dücker:
Ein Anspruch auf kostenlose, außergerichtliche Beratung bei
Rechtsanwälten besteht grundsätzlich nicht. Für Personen mit geringen
Einkommen bietet sich in diesem Fall an, einen Beratungsschein am
Amtsgericht vor Aufsuchen eines Rechtsanwalts zu erwerben. Hiermit wäre
eine außergerichtliche Erstberatung durch den Rechtsanwalt abgedeckt. In
diesem Erstgespräch könnte dann geklärt werden, ob die Erhebung einer
Klage Sinn macht. Die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens können dann,
sofern die Voraussetzungen vorliegen, über Prozesskostenhilfe
geschultert werden.
PRAKTIKUMSFUEHRER: Welche Indizien sprächen gegebenenfalls für den Erfolg einer Klage?
Dücker:
Generelle, fallunabhängige Indizien für den Erfolg der Klage lassen
sich schwerlich finden. Entscheidend sind immer die Umstände des
jeweiligen Falles. Wichtig ist stets die Überprüfung von schriftlichen
Vereinbarungen oder sonstigen Unterlagen, aus denen sich die Art der
tatsächlichen Beschäftigung während der Praktikumszeit ergibt. Besteht
kein wesentlicher Unterschied zwischen der eigenen Tätigkeit und
derjenigen vergleichbarer Kollegen, sprechen allerdings erste
Anhalts-punkte für das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft. Ob die
Klage dann letztendlich Erfolg hat, ist jedoch immer eine Sache der
Überzeugung des entscheidenden Gerichts.
http://www.praktika.de/praktikumsfuehrer/tag/urteil-praktikum/
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