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Gegen Hartz-IV-Leistungen darf nicht aufgerechnet werden Nach § 42 Abs. 2 SGB II sind Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. Nach dem klaren Wortlaut und Sinn und Zweck der V
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Gegen Hartz-IV-Leistungen darf nicht aufgerechnet werden Nach § 42 Abs. 2 SGB II sind Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. Nach dem klaren Wortlaut und Sinn und Zweck der V
Zweck
der Vorschrift erfolgt die Anrechnung des Vorschusses auf die
zustehenden Leistungen wenn der Vorschuss geringer ist als die
zustehende Leistung.
Ist der Vorschuss höher als die zustehende
Leistung entsteht ein Erstattungsanspruch (vgl. auch Urteile des BSG v.
26.06.2007 B 2 U 5/06 R; v. 29.04.1997 4 RA 46/96; v. 31.08.1983, 2 RU
80/82; LSG Berlin v. 27.05.2003, L 14 AL 45/0; Hessisches LSG v.
27.03.2002, L 3 U 965/99;). Die zustehende Leistung ist die endgültig
festgestellte Leistung, d.h. die Leistung für die zunächst der Vorschuss
gewährt worden ist und die nun, nachdem die Höhe der zustehenden
Leistung feststeht, endgültig festgestellt ist (BSG v. 26.06.2007 B 2 U
5/06 R Rn. 20 und v. 29.04.1997 4 RA 46/96 Rn. 52; Rolfs in Hauck/Noftz,
SGB I, Std. Dez. 09, § 42 Rn. 40; Lilge, SGB I, Std. 04/2007, § 42 Nr.
9b;)
Die SGB II-Leistungen gegen die die Beklagte ab dem
01.10.2007 aufgerechnet haben könnte, liegen mit 677,77 Euro unterhalb
der Pfändungsgrenzen nach § 54 Abs. 4 i.V.m. §§ 850 ff. ZPO.
Eine Aufrechnung ist demnach nicht möglich. Die von der Beklagten vorgenommene "Verrechnung" dürfte rechtswidrig sein.
1. Instanz Sozialgericht Wiesbaden S 23 AS 799/08 07.06.2010
2. Instanz Hessisches Landessozialgericht L 9 AS 556/10 14.07.2011
3. Instanz
Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitsuchende
Entscheidung
1. Der Bescheid vom 11.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.09.2008 wird insoweit aufgehoben, als er die Verrechnung einer
überzahlten Mehraufwandsentschädigung mit zukünftigen
Grundsicherungsleistungen bzw. die Einbehaltung von 30 Euro monatlich
bestimmt.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Aufrechnung einer überzahlten Mehraufwandsentschädigung mit SGB II Leistungen.
Der
1964 geborene Kläger bezieht seit 2006 Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende. Für den Zeitraum vom 07.05.2007 bis 06.06.2007
gewährte die Beklagte ihm eine Mehraufwandsentschädigung für die
Wahrnehmung einer Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II als
Vorschuss gem. § 42 SGB I in Höhe von 107,47 EUR. Mit Bescheid vom
11.07.2007 setzte sie die endgültige Leistung für den Zeitraum vom
07.05.2007 bis 06.06.2007 auf 36,00 EUR fest. Aufgrund von Fehlzeiten
sei es zu einer Überzahlung in Höhe von 71,47 EUR gekommen. Die
Überzahlung werde mit der dem Kläger zukünftig zustehenden Leistung
verrechnet. Es erfolge somit ab dem Monat 10/07 bis zur Tilgung des
Betrages eine Einbehaltung in Höhe von 30,00 EUR monatlich von der dem
Kläger zustehenden Leistung.
Mit Schreiben vom 01.08.2007
widersprach der Kläger der Einbehaltung von 30,00 EUR monatlich. Die
Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2008
zurück. Die bezahlte Vorschussleistung stehe unter dem Vorbehalt, dass
die Arbeitsgelegenheit angetreten und die angefallenen Arbeitsstunden
geleistet würden. Nach § 42 abs. 2 Sozialgesetzbuch Teil 1 (SGB I) seien
Vorschüsse mit zustehenden Leistungen zu verrechnen und soweit sie
diese übersteigen entsprechend zu erstatten. Es entstehe Kraft Gesetzes
ein Erstattungsanspruch, der mit der Festsetzung des endgültigen
Leistungsanspruches fällig werde.
Der Kläger hat am 03.10.2008
Klage erhoben. Er ist der Auffassung, es lägen bereits die
Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 SGB I bei einer
Mehraufwandsentschädigung nicht vor, weil zur Feststellung ihrer Höhe
nicht voraussichtlich längere Zeit erforderlich sei, sondern sie mit der
Bestimmung der Arbeitsstelle und der zu erbringenden Stundenleistung so
feststehe. Darüber hinaus könnten Vorschüsse nur auf zustehende
Arbeitseingliederungsleistungen angerechnet werden. Für eine Verrechnung
übersteigender Erstattungsarbeitseingliederungsleistungen auf SGB II
Existenzminimusunterhaltsleistungen fehle eine Rechtsgrundlage.
Der Kläger beantragt,
die
Beklagte zu verpflichten unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2007
und des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2008 im streitgegenständlichen
Zeitraum kein Einbehalt wegen Mehraufwandsentschädigungsrückforderungen
gegenüber SGB II Unterhaltsleistungen vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das
Hessische Landessozialgericht habe mit Beschluss vom 04.03.2008, L 9 AS
429/07 ER im vorangegangenen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz
ausdrücklich festgestellt, dass § 42 Abs. 2 SGB I auf eine
vorschussweise geleistete Mehraufwandsentschädigung anwendbar sei.
Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die
Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die
zulässige Klage ist begründet. Die von der Beklagten mit Bescheid vom
11.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2008
vorgenommene "Verrechnung" von gewährten Vorschüssen für eine
Mehraufwandsentschädigung mit SGB II Leistungen ist rechtswidrig.
Der
Kläger hat Anspruch auf Auszahlung ungekürzter Leistungen ohne
Berücksichtigung eines monatlichen Einbehalts in Höhe von 30,00 EUR. Die
bewilligten Beträge sind nicht in Höhe von monatlich 30,00 EUR durch
eine Aufrechnung erloschen, sodass der Kläger Anspruch auf ungekürzte
Auszahlung der ihm bewilligten Leistungen hat.
Nach § 42 Abs. 2
SGB II sind Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit
sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. Nach dem
klaren Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift erfolgt die Anrechnung
des Vorschusses auf die zustehenden Leistungen wenn der Vorschuss
geringer ist als die zustehende Leistung. Ist der Vorschuss höher als
die zustehende Leistung entsteht ein Erstattungsanspruch (vgl. auch
Urteile des BSG v. 26.06.2007 B 2 U 5/06 R; v. 29.04.1997 4 RA 46/96; v.
31.08.1983, 2 RU 80/82; LSG Berlin v. 27.05.2003, L 14 AL 45/0;
Hessisches LSG v. 27.03.2002, L 3 U 965/99;). Die zustehende Leistung
ist die endgültig festgestellte Leistung, d.h. die Leistung für die
zunächst der Vorschuss gewährt worden ist und die nun, nachdem die Höhe
der zustehenden Leistung feststeht, endgültig festgestellt ist (BSG v.
26.06.2007 B 2 U 5/06 R Rn. 20 und v. 29.04.1997 4 RA 46/96 Rn. 52;
Rolfs in Hauck/Noftz, SGB I, Std. Dez. 09, § 42 Rn. 40; Lilge, SGB I,
Std. 04/2007, § 42 Nr. 9b;)
Zustehende Leistung ist demnach
vorliegend die für den Zeitraum vom 07.05.2007 bis 06.06.2007 gewährte
Mehraufwandsentschädigung die mit dem angefochtenen Bescheid endgültig
auf 36,00 Euro festgesetzt wurde. Die zustehende Leistung kann nicht in
zukünftig entstehenden Ansprüchen auf SGB II Leistungen bestehen, wie
das Hessische Landessozialgericht es in seinem Beschluss vom 04.03.2008,
L 9 AS 429/07 ER angenommen hat. Dies folgt bereits sowohl aus dem
Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach, wenn der
Vorschuss die zustehende Leistung übersteigt, die Leistungen in dieser
Höhe vom Empfänger zu erstatten sind.
Es erfolgt in diesem Fall
keine Anrechnung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB I sondern es entsteht nach §
42 Abs. 2 Satz 2 SGB I kraft Gesetz ein Erstattungsanspruch (Rolfs in
Hauck/Noftz, SGB I. Std. Dez. 09 Rn. 43; KasslerKom/Seewald, § 42 SGB I,
Rn. 25; Lilge a.a.O. § 42 Nr. 9 a aa) mit der Folge, dass der
Leistungsempfänger verpflichtet ist, das Überzahlte zu erstatten. Die
Vorschriften § 44 ff. SGB X sind nicht anwendbar und dem
Leistungsempfänger steht kein Vertrauensschutz zu. Die Erstattung kann
durch Zahlung erfolgen oder durch Aufrechnung seitens des
Leistungsempfängers gegen zukünftige Ansprüche des Verpflichteten gem. §
51 SGB I (Rolfs in Hauck/Noftz, a.a.O. § 42 Rn. 43; Lige a.a.O. § 42
Nr. 9d).
Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige
Leistungsträger mit Ansprüchen des Berechtigten nur aufrechnen, soweit
die Ansprüche des Leistungsempfängers nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar
sind (BSG, Urteil v. 05.02.2009, B 13 R 31/08 R; HessLSG, Beschluss v.
16.01.2008, L 9 SO 121/07 ER). Es kann dahinstehen, ob die von der
Beklagten vorgenommene "Verrechnung" eine Aufrechnung nach § 51 SGB I
darstellt.
Eine Verrechnung nach § 42 SGB I scheidet jedenfalls aus, da diese Ansprüche eines anderen Leistungsträgers betrifft.
Die
SGB II-Leistungen gegen die die Beklagte ab dem 01.10.2007 aufgerechnet
haben könnte, liegen mit 677,77 Euro unterhalb der Pfändungsgrenzen
nach § 54 Abs. 4 i.V.m. §§ 850 ff. ZPO.
Eine Aufrechnung ist demnach nicht möglich. Die von der Beklagten vorgenommene "Verrechnung" dürfte rechtswidrig sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die
Berufung war im Hinblick auf den widersprechenden Beschluss des
Hessischen Landessozialgerichts vom 04.03.2008, L 9 AS 429/07 ER und der
Vielzahl der beim Sozialgericht Wiesbaden anhängigen Klagen zu dieser
Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------
Berichtigungsbeschluss:
Das
Rubrum in dem Urteil S 23 AS 799/08 wird dahingehend berichtigt, dass
das Urteil am 07.06.2010 ohne mündliche Verhandlung durch die Richterin
am Sozialgericht Dr. Bolten als Vorsitzende und die beiden
ehrenamtlichen Richter Herr Wöll und Frau Hardt ergangen ist.
Gründe:
Das
Rubrum des Urteils war gem. § 138 SGG wegen einer offenbaren
Unrichtigkeit von Amts wegen zu berichtigen. An dem am 07.06.2010 ohne
mündliche Verhandlung ergangenen Urteil haben auch die beiden
ehrenamtlichen Richter Herr Wöll und Frau Hardt mitgewirkt. Dies ergibt
sich aus den Unterschriften unter dem Urteil.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=133238
Gruß Willi S
der Vorschrift erfolgt die Anrechnung des Vorschusses auf die
zustehenden Leistungen wenn der Vorschuss geringer ist als die
zustehende Leistung.
Ist der Vorschuss höher als die zustehende
Leistung entsteht ein Erstattungsanspruch (vgl. auch Urteile des BSG v.
26.06.2007 B 2 U 5/06 R; v. 29.04.1997 4 RA 46/96; v. 31.08.1983, 2 RU
80/82; LSG Berlin v. 27.05.2003, L 14 AL 45/0; Hessisches LSG v.
27.03.2002, L 3 U 965/99;). Die zustehende Leistung ist die endgültig
festgestellte Leistung, d.h. die Leistung für die zunächst der Vorschuss
gewährt worden ist und die nun, nachdem die Höhe der zustehenden
Leistung feststeht, endgültig festgestellt ist (BSG v. 26.06.2007 B 2 U
5/06 R Rn. 20 und v. 29.04.1997 4 RA 46/96 Rn. 52; Rolfs in Hauck/Noftz,
SGB I, Std. Dez. 09, § 42 Rn. 40; Lilge, SGB I, Std. 04/2007, § 42 Nr.
9b;)
Die SGB II-Leistungen gegen die die Beklagte ab dem
01.10.2007 aufgerechnet haben könnte, liegen mit 677,77 Euro unterhalb
der Pfändungsgrenzen nach § 54 Abs. 4 i.V.m. §§ 850 ff. ZPO.
Eine Aufrechnung ist demnach nicht möglich. Die von der Beklagten vorgenommene "Verrechnung" dürfte rechtswidrig sein.
1. Instanz Sozialgericht Wiesbaden S 23 AS 799/08 07.06.2010
2. Instanz Hessisches Landessozialgericht L 9 AS 556/10 14.07.2011
3. Instanz
Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitsuchende
Entscheidung
1. Der Bescheid vom 11.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.09.2008 wird insoweit aufgehoben, als er die Verrechnung einer
überzahlten Mehraufwandsentschädigung mit zukünftigen
Grundsicherungsleistungen bzw. die Einbehaltung von 30 Euro monatlich
bestimmt.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Aufrechnung einer überzahlten Mehraufwandsentschädigung mit SGB II Leistungen.
Der
1964 geborene Kläger bezieht seit 2006 Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende. Für den Zeitraum vom 07.05.2007 bis 06.06.2007
gewährte die Beklagte ihm eine Mehraufwandsentschädigung für die
Wahrnehmung einer Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II als
Vorschuss gem. § 42 SGB I in Höhe von 107,47 EUR. Mit Bescheid vom
11.07.2007 setzte sie die endgültige Leistung für den Zeitraum vom
07.05.2007 bis 06.06.2007 auf 36,00 EUR fest. Aufgrund von Fehlzeiten
sei es zu einer Überzahlung in Höhe von 71,47 EUR gekommen. Die
Überzahlung werde mit der dem Kläger zukünftig zustehenden Leistung
verrechnet. Es erfolge somit ab dem Monat 10/07 bis zur Tilgung des
Betrages eine Einbehaltung in Höhe von 30,00 EUR monatlich von der dem
Kläger zustehenden Leistung.
Mit Schreiben vom 01.08.2007
widersprach der Kläger der Einbehaltung von 30,00 EUR monatlich. Die
Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2008
zurück. Die bezahlte Vorschussleistung stehe unter dem Vorbehalt, dass
die Arbeitsgelegenheit angetreten und die angefallenen Arbeitsstunden
geleistet würden. Nach § 42 abs. 2 Sozialgesetzbuch Teil 1 (SGB I) seien
Vorschüsse mit zustehenden Leistungen zu verrechnen und soweit sie
diese übersteigen entsprechend zu erstatten. Es entstehe Kraft Gesetzes
ein Erstattungsanspruch, der mit der Festsetzung des endgültigen
Leistungsanspruches fällig werde.
Der Kläger hat am 03.10.2008
Klage erhoben. Er ist der Auffassung, es lägen bereits die
Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 SGB I bei einer
Mehraufwandsentschädigung nicht vor, weil zur Feststellung ihrer Höhe
nicht voraussichtlich längere Zeit erforderlich sei, sondern sie mit der
Bestimmung der Arbeitsstelle und der zu erbringenden Stundenleistung so
feststehe. Darüber hinaus könnten Vorschüsse nur auf zustehende
Arbeitseingliederungsleistungen angerechnet werden. Für eine Verrechnung
übersteigender Erstattungsarbeitseingliederungsleistungen auf SGB II
Existenzminimusunterhaltsleistungen fehle eine Rechtsgrundlage.
Der Kläger beantragt,
die
Beklagte zu verpflichten unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2007
und des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2008 im streitgegenständlichen
Zeitraum kein Einbehalt wegen Mehraufwandsentschädigungsrückforderungen
gegenüber SGB II Unterhaltsleistungen vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das
Hessische Landessozialgericht habe mit Beschluss vom 04.03.2008, L 9 AS
429/07 ER im vorangegangenen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz
ausdrücklich festgestellt, dass § 42 Abs. 2 SGB I auf eine
vorschussweise geleistete Mehraufwandsentschädigung anwendbar sei.
Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die
Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die
zulässige Klage ist begründet. Die von der Beklagten mit Bescheid vom
11.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2008
vorgenommene "Verrechnung" von gewährten Vorschüssen für eine
Mehraufwandsentschädigung mit SGB II Leistungen ist rechtswidrig.
Der
Kläger hat Anspruch auf Auszahlung ungekürzter Leistungen ohne
Berücksichtigung eines monatlichen Einbehalts in Höhe von 30,00 EUR. Die
bewilligten Beträge sind nicht in Höhe von monatlich 30,00 EUR durch
eine Aufrechnung erloschen, sodass der Kläger Anspruch auf ungekürzte
Auszahlung der ihm bewilligten Leistungen hat.
Nach § 42 Abs. 2
SGB II sind Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit
sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. Nach dem
klaren Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift erfolgt die Anrechnung
des Vorschusses auf die zustehenden Leistungen wenn der Vorschuss
geringer ist als die zustehende Leistung. Ist der Vorschuss höher als
die zustehende Leistung entsteht ein Erstattungsanspruch (vgl. auch
Urteile des BSG v. 26.06.2007 B 2 U 5/06 R; v. 29.04.1997 4 RA 46/96; v.
31.08.1983, 2 RU 80/82; LSG Berlin v. 27.05.2003, L 14 AL 45/0;
Hessisches LSG v. 27.03.2002, L 3 U 965/99;). Die zustehende Leistung
ist die endgültig festgestellte Leistung, d.h. die Leistung für die
zunächst der Vorschuss gewährt worden ist und die nun, nachdem die Höhe
der zustehenden Leistung feststeht, endgültig festgestellt ist (BSG v.
26.06.2007 B 2 U 5/06 R Rn. 20 und v. 29.04.1997 4 RA 46/96 Rn. 52;
Rolfs in Hauck/Noftz, SGB I, Std. Dez. 09, § 42 Rn. 40; Lilge, SGB I,
Std. 04/2007, § 42 Nr. 9b;)
Zustehende Leistung ist demnach
vorliegend die für den Zeitraum vom 07.05.2007 bis 06.06.2007 gewährte
Mehraufwandsentschädigung die mit dem angefochtenen Bescheid endgültig
auf 36,00 Euro festgesetzt wurde. Die zustehende Leistung kann nicht in
zukünftig entstehenden Ansprüchen auf SGB II Leistungen bestehen, wie
das Hessische Landessozialgericht es in seinem Beschluss vom 04.03.2008,
L 9 AS 429/07 ER angenommen hat. Dies folgt bereits sowohl aus dem
Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach, wenn der
Vorschuss die zustehende Leistung übersteigt, die Leistungen in dieser
Höhe vom Empfänger zu erstatten sind.
Es erfolgt in diesem Fall
keine Anrechnung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB I sondern es entsteht nach §
42 Abs. 2 Satz 2 SGB I kraft Gesetz ein Erstattungsanspruch (Rolfs in
Hauck/Noftz, SGB I. Std. Dez. 09 Rn. 43; KasslerKom/Seewald, § 42 SGB I,
Rn. 25; Lilge a.a.O. § 42 Nr. 9 a aa) mit der Folge, dass der
Leistungsempfänger verpflichtet ist, das Überzahlte zu erstatten. Die
Vorschriften § 44 ff. SGB X sind nicht anwendbar und dem
Leistungsempfänger steht kein Vertrauensschutz zu. Die Erstattung kann
durch Zahlung erfolgen oder durch Aufrechnung seitens des
Leistungsempfängers gegen zukünftige Ansprüche des Verpflichteten gem. §
51 SGB I (Rolfs in Hauck/Noftz, a.a.O. § 42 Rn. 43; Lige a.a.O. § 42
Nr. 9d).
Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige
Leistungsträger mit Ansprüchen des Berechtigten nur aufrechnen, soweit
die Ansprüche des Leistungsempfängers nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar
sind (BSG, Urteil v. 05.02.2009, B 13 R 31/08 R; HessLSG, Beschluss v.
16.01.2008, L 9 SO 121/07 ER). Es kann dahinstehen, ob die von der
Beklagten vorgenommene "Verrechnung" eine Aufrechnung nach § 51 SGB I
darstellt.
Eine Verrechnung nach § 42 SGB I scheidet jedenfalls aus, da diese Ansprüche eines anderen Leistungsträgers betrifft.
Die
SGB II-Leistungen gegen die die Beklagte ab dem 01.10.2007 aufgerechnet
haben könnte, liegen mit 677,77 Euro unterhalb der Pfändungsgrenzen
nach § 54 Abs. 4 i.V.m. §§ 850 ff. ZPO.
Eine Aufrechnung ist demnach nicht möglich. Die von der Beklagten vorgenommene "Verrechnung" dürfte rechtswidrig sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die
Berufung war im Hinblick auf den widersprechenden Beschluss des
Hessischen Landessozialgerichts vom 04.03.2008, L 9 AS 429/07 ER und der
Vielzahl der beim Sozialgericht Wiesbaden anhängigen Klagen zu dieser
Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------
Berichtigungsbeschluss:
Das
Rubrum in dem Urteil S 23 AS 799/08 wird dahingehend berichtigt, dass
das Urteil am 07.06.2010 ohne mündliche Verhandlung durch die Richterin
am Sozialgericht Dr. Bolten als Vorsitzende und die beiden
ehrenamtlichen Richter Herr Wöll und Frau Hardt ergangen ist.
Gründe:
Das
Rubrum des Urteils war gem. § 138 SGG wegen einer offenbaren
Unrichtigkeit von Amts wegen zu berichtigen. An dem am 07.06.2010 ohne
mündliche Verhandlung ergangenen Urteil haben auch die beiden
ehrenamtlichen Richter Herr Wöll und Frau Hardt mitgewirkt. Dies ergibt
sich aus den Unterschriften unter dem Urteil.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=133238
Gruß Willi S
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