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: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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BSG: Angespartes Schmerzensgeld zählt nicht beim Arbeitslosengeld II B 14/7b AS 6/07 R)

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BSG: Angespartes Schmerzensgeld zählt nicht beim Arbeitslosengeld II B 14/7b AS 6/07 R) Empty BSG: Angespartes Schmerzensgeld zählt nicht beim Arbeitslosengeld II B 14/7b AS 6/07 R)

Beitrag von Willi Schartema Do Jul 05, 2012 3:39 am

Anrechnung von Schmerzensgeld auf ALG2?
Rechtstipps in der Bibliothek
28.02.2011 23:16 Uhr
(Letzte Überarbeitung: 07.11.2011 19:26 Uhr)
Bandmann & Krönert Partnerschaft, Cottbus
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Anrechnung von Schmerzensgeld auf ALG2?
Autoren:
Rechtsanwalt Martin Bandmann

Schmerzensgeld - anzurechnen auf ALG 2 / Arbeitslosengeld 2?

Nach
einem Verkehrsunfall, im Rahmen der Opferhilfe oder bei Opfern von
Gewalttaten kommt es regelmäßig zur Zahlung von Schmerzensgeld. Dieses
kann durch den Täter oder bei einem Unfall regelmäßig durch den
Haftpflichtversicherer des Schädigers gezahlt werden. Es kann sich um
eine einmalige oder monatliche Zahlung handeln. Die Frage ist, inwiefern
derartiges Einkommen bei der Berechnung des ALG 2 heranzuziehen ist.

An
sich ist das Gesetz hier eindeutig. § 11 III SGB II regelt das nicht
anzurechnende Einkommen und führt aus: "Nicht als Einkommen sind zu
berücksichtigen ... Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
geleistet werden...."

§ 253 II BGB regelt das für den
Schadenersatz wichtige Schmerzensgeld: "Ist wegen einer Verletzung des
Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen
Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des
Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in
Geld gefordert werden."

Aufgrund dieses Gesetzestextes sollte man davon ausgehen, dass empfangenes Schmerzensgeld frei von einer Anrechnung ist.

Die
Bundesagentur für Arbeit vertrat im Falle eines bei einem Unfall
schwerverletzten Mannes aber die Auffassung, dass das angesparte
Schmerzensgeld (hier mehr 35.000 €) zeitnah aufzubrauchen bzw. nach
Ablauf der Schonfrist anzurechnen sei.

Das Bundessozialgericht
folgte dem mit Urteil vom 15.04.2008 nicht. Es wies auf die klare
Gesetzeslage hin und sieht eine besondere Härte, würde man das aus
Schmerzensgeld bestehende Vermögen anrechnen. Auch die hieraus
stammenden Zinsen dürfen nicht angerechnet werden. Es gibt keinen
Rechtssatz, wonach Schmerzensgeld zeitnah zu verbrauchen wäre. Es kann
angespart werden. Ob es sich im konkreten Fall wirklich nur um
Schmerzensgeld handelte, brauchte das Gericht nicht zu prüfen.

Fazit:
Dem
Geschädigten bzw. Empfänger von Schmerzensgeld ist anzuraten, dieses
von sonstigen Geldern getrennt auf ein separates Konto zu überweisen und
auch nicht die Zinsen zu vermischen. Er sollte Unterlagen, die die
Eigenschaft dieses Geldes als Schmerzensgeld belegen, gut aufheben um so
der Behörde im Streitfall dies nachweisen zu können.
Die teilweise
wohl verbreitete Praxis, Entschädigungen generell nur auf Konten von
Dritten überweisen zu lassen und nicht anzugeben, schnell abzuheben und
nicht anzusparen, ist insofern unter dem Gesichtspunkt der fehlenden
Anrechnung überflüssig.

Rechtsanwalt Bandmann
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Büro in Cottbus und Hoyerswerda


http://www.kanzlei-seiten.de/kanzlei/bandmann-kr%C3%B6nert-partnerschaft/bibliothek/anrechnung-von-schmerzensgeld-auf-alg2



Bundessozialgericht - B 14/7b AS 6/07 R - Urteil vom 15.04.2008

Auch
auf der Grundlage des strengen rechtlichen Maßstabes ist davon
auszugehen, dass die Berücksichtigung eines aus einer
Schmerzensgeldzahlung herrührenden Vermögens für den Betroffenen gemäß §
12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 (2. Alternative) SGB II eine besondere Härte
darstellt.

Gründe:

I

Zwischen den Beteiligten ist
streitig, ob dem Kläger ab 1. Januar 2005 ein Anspruch auf Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff Sozialgesetzbuch
Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zusteht. Die
Beklagte geht davon aus, dass der Kläger nicht hilfebedürftig sei, weil
er über Geldvermögen verfüge.

Der im Jahre 1970 geborene Kläger
erlitt im Mai 1985 einen Verkehrsunfall. Hierfür erhielt er vom
Verursacher des Unfalls Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von insgesamt
70.000 DM. Von 1988 bis 1991 absolvierte er eine Lehre als Bauzeichner.
Nach Arbeitslosigkeit und Bezug von Arbeitslosengeld nach dem
(damaligen) Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bezog der Kläger ab 2. Oktober
1997 Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi). Die (damalige) Bundesanstalt
für Arbeit (BA) hob im Jahre 1999 diese Bewilligung von Alhi ab 2.
Oktober 1997 auf, weil der Kläger über ein Vermögen in Höhe von
155.040,05 DM verfügt habe und deshalb nicht bedürftig gewesen sei.

In
dem gegen diese Bescheide der BA durchgeführten Klageverfahren vor dem
Sozialgericht (SG) Landshut machte der Kläger geltend, sein Vermögen
stamme überwiegend aus der Schmerzensgeldzahlung wegen des Unfalls im
Mai 1985 und sei deshalb nicht zu berücksichtigen. Nachdem der
Vorsitzende am SG in der mündlichen Verhandlung im November 2001 darauf
hingewiesen hatte, dass das Sparkonto über 103.148,56 DM aus der
Schmerzensgeldzahlung resultiere und deshalb von dem restlichen Vermögen
von 51.098 DM nach Abzug des Freibetrags ein Betrag von lediglich
43.890 DM zu berücksichtigen sei, schlossen die Beteiligten einen
Vergleich, wonach die Bewilligung der Alhi nur für die Zeit vom 2.
Oktober 1997 bis 16. September 1998 zurückgenommen wurde. Im Übrigen
verblieb es bei der Leistungsbewilligung. Der Kläger bezog sodann vom 1.
Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2004 weiterhin Alhi.

Am 23.
November 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung
von Arbeitslosengeld II (Alg II). Hierbei legte er Unterlagen über
Geldanlagekonten in Höhe von insgesamt 29.783,47 Euro vor. Daneben
verfügte er über zwei Lebensversicherungen, in die er bei einem
Rückkaufswert von 9.104 Euro insgesamt 12.449,10 Euro bzw. bei einem
Rückkaufswert von 951,30 Euro 1.661,40 Euro einbezahlt hatte. Die
Beklagte lehnte durch Bescheid vom 2. Dezember 2004 die Bewilligung von
Alg II mit der Begründung ab, der Kläger verfüge über verwertbares
Vermögen in Höhe von 29.783,47 Euro. Unter Berücksichtigung des
Freibetrags von 6.800 Euro verblieben zu berücksichtigende 22.983,47
Euro. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 18.
Januar 2005).

Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom
30. November 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine
Nichtberücksichtigung von Vermögen, das aus einer Schmerzensgeldzahlung
resultiere, sei in den Ausnahmetatbeständen des § 12 SGB II ausdrücklich
nicht vorgesehen.

Auf die Berufung des Klägers hat das
Bayerische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 31. August 2006
die Bescheide der Beklagten und den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben
und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 2005 Alg II zu
zahlen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die beiden
Lebensversicherungen seien deshalb nicht zu berücksichtigen, weil der
aktuelle Rückkaufswert deutlich niedriger liege als die Summe der
eingezahlten Beträge. Auch das übrige Vermögen sei nicht anzurechnen,
weil seine Verwertung eine besondere Härte i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1
Nr. 6 SGB II bedeuten würde. Es sei glaubhaft und nachgewiesen, dass
dieses Vermögen auf den Schmerzensgeldzahlungen der Versicherung beruhe.
Der Kläger habe 1987 bzw. 1991 einen Betrag in Höhe von insgesamt
70.000 DM als Schmerzensgeld erhalten. Auf Grund seiner im Rahmen des
Rechtsstreits gegen die Aufhebung der Alhi gemachten Angaben und der
dort vorgelegten Sparkassenbriefe und Unterlagen sei nachvollziehbar,
dass das im Jahre 1998 vorhandene Sparkonto von 103.148,56 DM auf die
Schmerzensgeldzahlung von 70.000 DM und die hieraus resultierenden
Zinseinnahmen zurückzuführen gewesen sei. Deshalb seien die BA und das
SG damals zu Recht davon ausgegangen, dass dieses Vermögen die
Bedürftigkeit für die Alhi nicht ausgeschlossen habe. Das zum 1. Januar
2005 insgesamt vorhandene Vermögen von 43.893,97 Euro sei noch geringer
als das von der Anrechnung auf die Alhi ausgenommene Vermögen von
103.148,56 DM. Es sei bereits im Sozialhilferecht unstreitig gewesen,
dass Schmerzensgeldzahlungen bei der Prüfung der Bedürftigkeit nicht zu
berücksichtigen gewesen seien. Gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) habe auch die Sozialhilfe nicht vom
Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden
dürfen, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen gehabt habe,
eine Härte bedeutet hätte. Als Härte in diesem Sinne sei auch der
Einsatz eines aus Schmerzensgeldzahlungen und den hieraus gewonnenen
Zinsen stammenden Vermögens angesehen worden (Hinweis auf BVerwGE 98,
256). Diese Grundsätze seien auch auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II zu
übertragen. In § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II werde klargestellt, dass eine
Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist
und nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geleistet werde,
nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Es würde dem dieser
Vorschrift zu entnehmenden Schutzgedanken widersprechen, eine größere
Schmerzensgeldzahlung, die im Monat des Zuflusses als privilegierte
Einnahme anzusehen sei, nach Ablauf dieses Monats, soweit sie noch als
Vermögen verbleibe, bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit aber zu
berücksichtigen. Schon deshalb sei ein aus einer Schmerzensgeldzahlung
resultierendes Vermögen im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II
als geschützt anzusehen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit
ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision. Sie rügt eine Verletzung des §
12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II. Es sei zunächst zweifelhaft, ob das im
Jahre 2005 - unstreitige noch vorhandene - Vermögen in Höhe von
29.783,47 Euro auf den Schmerzensgeldzahlungen beruhe. Die behaupteten
Vermögensverschiebungen bzw. Geldanlageformen seit dem Jahre 1987 seien
für sie nicht nachvollziehbar. Der Kläger sei aber objektiv
beweispflichtig dafür, dass das vorhandene Vermögen (noch) aus der
Schmerzensgeldzahlung resultiere. Diesbezüglich bestehende
Unsicherheiten lägen ausschließlich in der Sphäre des Klägers und gingen
daher zu seinen Lasten. Des Weiteren habe der Kläger nunmehr seit über
20 Jahren das Vermögen unangetastet gelassen. Der Schoncharakter des
Schmerzensgeldes sei damit mittlerweile verloren gegangen, weil der
Verletzte die erhaltene Entschädigung einigermaßen zeitnah und
zweckbestimmt einzusetzen habe. Insbesondere sei mittlerweile eine
saubere Trennung zwischen dem aus dem Schmerzensgeld stammenden
Vermögensstamm und den hieraus zugeflossenen Zinsen nicht mehr möglich.
Auch dies gehe zu Lasten des Klägers.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. August 2006
aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Landshut vom 30. November 2005 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die
Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne
mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2, § 153 Abs. 1,
§ 165 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

II

Die Revision der
Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass
dem Kläger ab 1. Januar 2005 ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zusteht. Insbesondere ist der
Kläger hilfebedürftig gemäß §§ 9, 11, 12 SGB II, weil das bei ihm
vorhandene Vermögen überwiegend aus einer Schmerzensgeldzahlung herrührt
und dessen Verwertung für ihn eine besondere Härte i.S. des § 12 Abs. 3
Satz 1 Nr. 6 (2. Alternative) SGB II darstellen würde. Soweit das
Vermögen in Lebensversicherungen angelegt ist, ist dessen Verwertung
gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II (1. Alternative) offensichtlich
unwirtschaftlich.

Die Beklagte ist (weiterhin) beteiligtenfähig.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwar mittlerweile durch Urteil
vom 20. Dezember 2007 (2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04) § 44b SGB II
als mit Art 28 Grundgesetz (GG) und Art 83 GG unvereinbar erklärt. Die
gemäß § 44b SGB II gebildeten Arbeitsgemeinschaften können jedoch für
eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2010 (BVerfG a.a.O., RdNr. 207)
weiterhin auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden.

Dem
Kläger standen ab 1. Januar 2005 Leistungen gemäß §§ 19 ff SGB II zu.
Der Kläger war Berechtigter i.S. des § 7 Abs. 1 SGB II. Nach dem
Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und den in Bezug
genommenen Verwaltungsakten der Beklagten ist davon auszugehen, dass der
Kläger erwerbsfähig gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II
war. Der Kläger war auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II
i.V.m. §§ 9 ff SGB II.

Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist
hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in
Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und
Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2.
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und
die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von
Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Das beim
Kläger am 1. Januar 2005 vorhandene Vermögen auf Geldanlagekonten in
Höhe von 29.783,47 Euro ist gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II (2.
Alternative) nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil dessen
Verwertung für den Kläger eine besondere Härte bedeuten würde. Der
erkennende Senat ist in seinen Urteilen vom 15. April 2008 (B 14/7b AS
68/06 R) sowie vom 6. September 2007 (B 14/7b AS 66/06 R) insoweit dem
11b. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) beigetreten, der in seinem
Urteil vom 16. Mai 2007 (B 11b AS 37/06 R) klargestellt hat, dass die
Annahme einer besonderen Härte i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II
außergewöhnliche Umstände erfordert. Es muss sich hierbei um Umstände
handeln, die nicht bereits in § 12 Abs. 2 bzw. § 12 Abs. 3 SGB II als
Privilegierungstatbestände erfasst sind (vgl. a.a.O. RdNr. 31).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für die Anwendung des § 12 Abs.
3 Satz 1 Nr. 6 SGB II Umstände vorliegen müssen, die den Betroffenen
ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst
recht als die mit einer Vermögensverwertung stets verbundenen
Einschnitte (vgl. Urteil des Senats vom 6. September 2007 - B 14/7b AS
66/06 R - RdNr. 24).

Auch auf der Grundlage dieses strengen
rechtlichen Maßstabes ist davon auszugehen, dass die Berücksichtigung
eines aus einer Schmerzensgeldzahlung herrührenden Vermögens für den
Betroffenen gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 (2. Alternative) SGB II eine
besondere Härte darstellt. Das SGB II setzt insoweit allerdings einen
Wertungswiderspruch fort, den bereits das Recht der Sozialhilfe und der
Alhi enthielt. Dieser besteht darin, dass bestimmte Einnahmen zwar als
Einkommen privilegiert werden, nicht jedoch als Vermögen. So regelt § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II bei der Frage der Berücksichtigung von Einkommen,
dass Entschädigungen, "die wegen eines Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 BGB geleistet werden" nicht als
Einkommen berücksichtigt werden. Im Moment des Zuflusses einer
Schmerzensgeldzahlung gemäß § 253 Abs. 2 BGB ist diese mithin auf Grund
des Privilegierungstatbestands des § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II nicht zu
Lasten des Grundsicherungsempfängers als Einkommen zu berücksichtigen. §
12 SGB II privilegiert hingegen Vermögensbestandteile nicht, die aus
einer Schmerzensgeldzahlung herrühren.

Entsprechende Regelungen
enthielt bereits das BSHG. Nach § 72 Abs. 2 BSHG war eine Entschädigung
wegen eines Nichtvermögensschadens gemäß § 253 Abs. 2 BSHG nicht als
Einkommen bei der Sozialhilfe zu berücksichtigen. Gemäß § 88 Abs. 3 Satz
1 BSHG durfte die Sozialhilfe nicht vom Einsatz eines Vermögens
abhängig gemacht werden, soweit dies eine Härte bedeuten würde. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sollte zwar die
Herkunft des Vermögens keine entscheidende Rolle bei der Frage spielen,
ob eine Härte i.S. des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG vorlag (vgl. nur Brühl in
LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 88 RdNr. 78). Es wurden aber Situationen
anerkannt, in denen die Herkunft das Vermögen derart prägt, dass eine
Verwertungspflicht als Härte angesehen wurde. Dies war insbesondere der
Fall, wenn das Vermögen aus einer Kapitalabfindung o.ä. stammte, die
ihrerseits gemäß §§ 76 bis 78 BSHG privilegiert war (Fichtner in
Fichtner/Wenzel, BSHG, 2. Aufl. 2003, § 88 RdNr. 21, Brühl a.a.O. mit
weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Folglich war nach der
Rechtsprechung des BVerwG im Rahmen des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG (bzw.
jetzt § 90 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe -
(SGB XII)) auch anerkannt, dass die Verwertung eines aus einer
Schmerzensgeldzahlung stammenden Vermögens eine "Härte" bedeute (vgl.
BVerwGE 98, 256 sowie mit Nachweisen Brühl/Geiger LPK-SGB XII, 8. Aufl.
2008, § 90 RdNr. 81). Dementsprechend war in der sozialhilferechtlichen
Rechtsprechung und Literatur in der Zeit vor der Schaffung des SGB II
und des SGB XII einhellig die Meinung vertreten worden, ein aus einer
Schmerzensgeldzahlung stammendes Vermögen sei nicht auf die Sozialhilfe
anzurechnen bzw. als Vermögen zu berücksichtigen. Im Recht der Alhi galt
dasselbe (vgl. BSG Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 133/88 = DBlR
Nr. 3785a zu § 137 AFG; BSGE 68, 148 = SozR 3-4100 § 138 Nr. 5 sowie BSG
SozR 3-4100 § 137 Nr. 7 RdNr. 22). Der Gesetzgeber des SGB II und des
SGB XII hat diesen Regelungszusammenhang und -widerspruch aus § 72 Abs. 2
BSHG und § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG in § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II (§ 83 Abs.
2 SGB XII) - Privilegierung des Schmerzensgeldes gemäß § 253 Abs. 2 BGB
als Einkommen - und § 12 SGB II bzw. § 90 SGB XII - keine ausdrückliche
Privilegierung von Vermögen, das aus einer (angesparten)
Schmerzensgeldzahlung herrührt - auch über den 1. Januar 2005 hinaus
fortgesetzt (vgl. nur Hengelhaupt in Hauck/Noftz, K § 12 RdNr. 271,
Stand 2007; Mecke in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl. 2008, RdNr. 92 ff zu §
12 m.w.N.). Es ist aber nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber damit
unter Geltung des SGB II eine Abkehr von der tradierten Zuordnung
derartiger Vermögen vornehmen wollte.

Die Privilegierung gilt
indes nur, wenn das fragliche Vermögen tatsächlich aus einer
Schmerzensgeldzahlung gemäß § 253 Abs. 2 BGB herrührt. Ob dies der Fall
ist, ist eine tatsächliche Feststellung, die die jeweiligen
Instanzgerichte zu treffen haben. Das LSG hat hier - den Senat gemäß §
163 SGG bindend - festgestellt, dass die am 1. Januar 2005 vorhandenen
29.783,47 Euro aus der Schmerzensgeldzahlung vom Jahre 1985 herrühren.
Gegen diese Feststellung hat die Beklagte keine durchgreifenden
Verfahrensrügen erhoben. Damit hatte der Senat als Revisionsgericht bei
seiner Rechtsprüfung davon auszugehen, dass der hier streitige Betrag
aus der Schmerzensgeldzahlung stammt. Ob insoweit, wie die Revision
meint, eine Beweisführungslast des Klägers besteht, kann deshalb
dahinstehen.

Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, soweit
sie davon ausgeht, dass es "im Wesen" des Schmerzensgeldes liege, dass
dieses zeitnah zur Kompensation der immateriellen Schäden eingesetzt
werden müsse. Ein Rechtssatz, wonach der Charakter des Schmerzensgeldes
(Ausgleich für immaterielle Schäden) verloren gehen könne, wenn der
jeweils Betroffene dieses lediglich anspare und nicht verbrauche, ist
nicht ersichtlich. Das Schmerzensgeld ist jeweils in seiner ganzen noch
vorhandenen Höhe geschützt (vgl. BVerwGE 98, 256). Auch "angespartes"
Schmerzensgeld ist insofern gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II
privilegiert. Es liegt innerhalb der Dispositionsfreiheit des
Geschädigten, wie er mit den aus einem Schadensereignis resultierenden
Beträgen zum Ausgleich des immateriellen Schadens umgeht (zur
vergleichbaren Wertung bei "angespartem" Blindengeld vgl. BSG, Urteil
vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 20/06 R -).

Die beim Kläger
darüber hinaus vorhandenen Lebensversicherungen konnten ebenfalls nicht
als Vermögen berücksichtigt werden, denn ihre Verwertung wäre
offensichtlich unwirtschaftlich gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II
(1. Alternative) gewesen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit
liegt nach der Rechtsprechung des Senats zu § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB
II dann vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen
Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden
Vermögensgegenstandes steht (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b
AS 66/06 R, RdNr. 22 mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung der
Alhi). Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das
ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers
abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der
Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige
Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl. auch Urteil
des Senats vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 68/06 R). Der Substanzwert
ergibt sich bei einer Lebensversicherung grundsätzlich aus den auf den
Lebensversicherungsvertrag eingezahlten Beiträgen. Diese sind dem
Verkehrswert in Form des Rückkaufwerts gegenüberzustellen. Bei den
beiden vorhandenen Lebensversicherungen lag der Verkehrswert
(Rückkaufswert) erheblich unter der Summe der eingezahlten Beiträge. Bei
der einen Lebensversicherung hatte der Kläger 12.449,10 Euro eingezahlt
und hätte ein Rückkaufswert von 9.104 Euro realisieren können (Verlust
von 26,9 %). Bei der anderen Lebensversicherung waren 1.661,40 Euro
eingezahlt und ein Rückkaufswert von lediglich 951,30 Euro erzielbar
gewesen (Verlust von 42,7 %). Das Missverhältnis zwischen eingezahlten
Beiträgen und Rückkaufswert liegt bei beiden Versicherungen mithin so
hoch, dass das LSG zu Recht von einer offensichtlichen
Unwirtschaftlichkeit der Verwertung i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6
(Alternative 1) SGB II ausgegangen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

http://www.anhaltspunkte.de/rspr/urteile/B_14_7b_AS_6.07_R.htm

Gruß Willi S
BSG: Angespartes Schmerzensgeld zählt nicht beim Arbeitslosengeld II B 14/7b AS 6/07 R) Empty
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