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Eingliederungsvereinbarung Berlit LPK § 15 SGB II
Seite 1 von 1
Eingliederungsvereinbarung Berlit LPK § 15 SGB II
318 Berlit in LPK-SGB II
Regelinhalte (Abs. 1 Satz 2), rechtlich zulässiger Inhalt
Zentrale Bestandteile einer ~Eingliederungsvereinbarung sind die Festlegung der
Leistungen~ die der.“,: Erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhalt,
und die Konkretisierung der aktiven Eingliederungsbemühungen durch Festlegung,
welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen
muss und im welcher Form er sie nachzuweisen hat.
Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung
dürfen nur die für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen
Leistungen nach dem Kap. 3 Abschnitt 1 sein.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
(§§ 19 ff.) dürfen nicht mit einbezogen werden.
Die Erwerbsfähigkeit
selbst ist Voraussetzung einer Eingliederungsvereinbarung, so dass die Vorfrage,
ob überhaupt Erwerbsfähigkeit vorliegt, und hierauf bezogene Obliegenheiten
(z:B. zur Wahrnehmung von Untersuchungsterminen), nicht Gegenstand einer
Eingliederungsvereinbarung sein dürfen (LSG RP 5.7.2007 - L 3 ER 175/07.., FEVS
59,25; LSG HE 17.10.2008 - L 7 AS 251108 B ER• SG Stuttgart 1.4.2008 - S 12
AS 1976/08 ER). '
Nach
dem Grundsatz des Forderns und Förderns muss die
Eingliederungsvereinbarung beide Bestandteile in einem vergleichbaren
Konkretions- und Verbindlichkeitsgrad bestimmen.
Fehlt es an einem der beiden Teile, handelt es Sich formell
nicht um eine Eingliederungsvereinbarung i.S. d. § 15, an die nach § 31 Abs. 1 leistungsrechtliche
Reaktionen geknüpft werden könnten.
Die Eingliederungsvereinbarung
muss ein in sich konsistentes Eingliederungskonzept regeln oder zumindest
zur ungeschriebenen Grundlage haben (Sonnhoff in jurisPK-SGB II § 15 Rn 51,
53 f.) und darf nicht unsorgfältig, widersprüchlich und unausgewogen sein (SG
Hamburg 28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER). Als vereinbarungsfähige Leistungen
zur Eingliederung kommen dabei von vornherein nur solche in Betracht, die Im
Ermessen des Trägers stehen, auf die also kein Rechtsanspruch besteht (LSG BW
22.1.2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B).
Zu den festzulegenden Leistungen der Eingliederung in Arbeit gehören neben nach
Zahl und Qualität spezifizierten individuellen Vermittlungsangeboten alle in § 16
Abs. 1 bis 3, §§ 16 a ff. rechtlich möglichen Eingliederungsmaßnahmen, deren Voraussetzungen
erfüllt sind (eingehend Rauch/Zellner 2008, 38 ff.).
Sie .sind nach
Maßgabe der individuellen Chanceneinschätzung passgenau auszuwählen; der
Vertragsmodus enthebt nicht von der Beachtung der Leistungsgrundsatze des § 3
(s. § 3 Rn 6 ff.). Der Grundsicherungsträger kann Sich Wirksam auch zur Forderung
von Maßnahmen verpflichten, die in entsprechender Anwendung der Vorschriften
über die Förderung beruflicher Aus- und Weiterbildung nach dem SGB III nicht
förderungsfähig wären (LSG BW 19.7.2007 - L 7 AS 689/07; Berlit Juris-SozR
18/2007 Anm. 2).
Unzureichend ist die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts
(LSG BEIBB l1.9.20Q6 - L 14 B 771/06 AS ER) oder die Aufzählung bloßer Leistungsmöglichkeiten
mit Hilfe derer generell die Aufgaben und Ziele der Grundsicherung
erreicht werden können, ohne dass einzelfallbezogen eine oder mehrere
der für die Eingliederung besten Maßnahmen und Leistungen ausgewählt sowie
verbindlich und bestimmt unter Nennung eines bestimmten Zeitfensters angeboten
und zugesagt werden (LSG BW 22.1.2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B).
Bei klaren
Obliegenheiten des Hilfeempfängers und unbestimmt umschriebenen Eingliederungsleistungen
fehlt es an der gebotenen Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung
(SG Hamburg, 23.4.2007 - S 12 AS 820/07 ER) bzw. von Fordern und
Fördern (SG Leipzig 19.2.2007 - S 19 AS 392/06).
Die Konkretisierung der abzuverlangenden aktiven Eigenbemühungen des Hilfe- 2S
bedürftigen verbietet den Rückgriff direkt auf § 2 Abs. 1, 2 Jedenfalls insoweit, als
sie die prinzipiell unbegrenzt abverlangten Eigenbemühungen auf ein überschaubares
rechts sicher bestimmtes Maß reduziert.
In der Vereinbarung dürfen nur solche
Eigenbemühungen vorgesehen sein, die nach Art und Umfang dem Hilfebedürftigen
rechtmäßig auch durch einseitige Festsetzung durch Verwaltungsakt
nach Abs. 1 Satz 6 auferlegt werden dürften. Abverlangt werden dürfen nach Art
und Umfang nur Eigenbemühungen, die auf nach § 10 zumutbare Tätigkeiten gerichtet
sind die dem Hilfebedürftigen auch sonst abverlangt werden können und
einen hinreichenden Bezug zu einem erkenn- und erreichbaren Eingliederungsziel
aufweisen (Verzicht auf nach der Arbeitsmarktlage erkennbar sinnlose, ritualisierte
Eigenbemühungen durch Festlegung einer bestimmten Mindestzahl).
Die in Betracht kommenden Eigenbemühungen richten sich nach den Umständen
des Einzelfalles (s.a.Fuchsloch in Gage! SGB IUSGB III § 15 Rn 63; Spellbrink in
Eicher/ Spellbrink SGB II § 15 Rn 24; Spindler ASR 2003, 47,54 f.). Sie müssen die
intellektuelle Einsichtsfähigkeit und das erkennbare Handlungsvermögen des Hilfebedürftigen
beachten
(BVerwG 17.5.1995 - 5 C 20.93 - E 98, 203) und dabei in entsprechender
Anwendung der Leistungsgrundsätze des § 3 Abs. 1 bei Festlegung
von Art und Zahl der Eigenbemühungen alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen,
z.B. die Vor- und Ausbildung des erwerbsfähigen Hilfesuchenden, seine
beruflichen Erfahrungen oder sonstige individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten,
seine Bewerbungserfahrungen, die persönliche und familiäre Situation und die Lage
auf dem regionalen Arbeitsmarkt (s. OVG NI 3.7.2000 - 4 L 1967/00 - info also
2001,33; VG Hannover 18.1.1999 -15 B 8500/98 - info also 1999, 86; SG Berlin
15.1.2~02 - S 51 AL 1491100 - info also 2003,109 [zu § 119 Abs. 5 SGBIII]).
Hiermit unvereinbar wäre eine schematische Festlegung einer Mindestzahl monatlich
vorzulegender Bewerbungen (SG Berlin 12.5.2006 - S 37 AS 11713/05' s.a.
Spellbrink in Eicher/Spellbrink SGB II § 15 Rn 22; zum abzuverlangenden Umfang
s.a. § 2 Rn 23) oder überspannte Anforderungen (zur Forderung nach einer Bewerbung
pro Werktag auf ausgeschriebene Stellen s. LSG BE/BB 28.8.2007 - L 25
B 1024/07 AS PKH). Die abverlangten Eigenbemühungen müssen nach Art und
Umfang auch wenigstens eine gewisse Mindestaussicht auf Erfolg haben.
Beispiele
zu erwartender Eigenbemühungen sind: Nutzung des Stellen-Informations-Service
(S1S),Auswertung von Stellenanzeigen in Zeitungen, Fachzeitschriften und anderen
Medien (z.B. Regionalsendern, Internet), gezielte Initiativbewerbungen und -Vorsprache?"
bei Arbeitgebern, Arbeitsplatzsuche per Anzeige in Zeitungen und Fachzeitschriften,
Besuch von Arbeitsmarktbörsen, Kontaktaufnahme zu privaten Vermittlern,
Eintragungen in Absolventenhandbücher, Auswertung "Schwarzer Bretter"
an Werkstoren, in Bildungseinrichtungen oder in Supermärkten (s.a. LSG NW
18.10.2006- L.l B 27/06 AS ER).
Wegen der Bedeutung, die Sprachkenntnisse für
die Integration insgesamt und insbesondere auch für die Arbeitsmarktintegration
haben, korrespondiert der durch das InstrumentenreformG (Einl. Rn 25) in § 3
Abs. 2 b geschaffenen ~f1icht des Leistungsträgers, bei bestehender Berechtigung
auf die Teilnahme an einem Integrationskurs hinzuwirken (zu Einzelheiten s. § 3
Rn 24 f.), die Zumutbarkeit zur Teilnahme, die daher in die Eingliederungsvereinbarung
als vorrangige Maßnahme aufzunehmen ist. Es sind dann auch anfallende
Zusatzkosten (z.B. Fahrtkosten) zu regeln; von dem Kostenbeitrag selbst wird der
Hilfebedürftige auf Antrag befreit (§ 9 Abs. 2 IntV).
Die Eigenbemühungen sind nach Art, Umfang und Nachweis so bestimmt aufzuführen-
dass sie nach Maßgabe des Verständnisvermögens des Hilfebedürftigen für
diesen klar erkennbar sind und auch sonst ohne zusätzliche Akte wertender Erkenntnis
festgestellt werden kann, ob der Hilfebedürftige seiner Obliegenheit zu
ausreichenden Eigensuchebemühungen nachgekommen ist (Müller in Hauckl
Noftz, SGB II § 15 Rn 35; SG Hamburg 28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER).
Die
Modalitäten des Nachweises der Eingliederungsbemühungen (dazu Stascheit info
also 1997, 145) sind nach mitzuteilenden Tatsachen (z.B. Bezeichnung und Anschrift,
Arbeitgeber, Datum und Art des Kontakts, Name der Ansprechperson) und
Nachweisform (Eigennotiz; Bescheinigung Arbeitgeber) klar und eindeutig festzulegen;
Unklarheiten. gehen zu Lasten des Leistungsträgers. Stempel eines potentiellen
Arbeitgebers über eine Vorsprache reichen mangels Erklärungswertes regelmäßig
nicht (LSG BE/BB 12.10.2007 - L 14 B 1548/07 AS ER).
Die Nachweismodalitäten
dürfen das Leistungsvermögen des Hilfesuchenden nicht übersteigen
und müssen berücksichtigen, dass bei Initiativbewerbungen oftmals keine Eingangsbestätigungen
oder formellen Absagen ergehen. Regelmäßig ausreichend sind
Angaben, die Im Bedarfsfall eine gezielte Überprüfung der Angaben des Hilfebedürftigen
ermöglichen (SpeIlbrink in Eicher/Spellbrink SGB II § 15 Rn 27). Erfordern
die bestimmten Bemühungen zusätzliche finanzielle Aufwendungen (etwa für
Bewerbungsunterlagen
oder Fahrtkosten), ist in der Eingliederungsvereinbarung auch deren
Finanzierung (Zusage von Leistungen nach § 45 H. SGB II1) zu regeln.
Kostenträchtige Eingliederungsbemühungen, deren Aufwendungen der Hilfebedürftige
zumutbar nicht mehr aus den Regelleistungen bestreiten kann (dazu Behrens
info also 2001 78), sind ohne Finanzierungsregelung unzumutbar (s.a. § 2
Rn 19; SpeIlbrink i; Eicher/Spellbrink SGB II § 15 Rn 25). Dies gilt insb. auch für
Fahrtkosten, bei deren Übernahme (§ 16 i.V.m. §§ 45 H. SGB III) die Direktive des
§ 39 SGB I ermessensleitend zu berücksichtigen ist (BSG 6.12.2007 - B 14/7 b AS
50/06 R - FEVS 59, 554).
2.5 Insbesondere: Inhaltskontrolle/Nichtigkeit einer
Eingliederungsvereinbarung
Eine abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung ist nur zu beachten, soweit sie
nicht nichtig ist; nur an eine wirksame Vereinbarung kann eine Sanktion nach
§ 31 Abs.1 anknüpfen.
Die Asymmetrie beim Abschluss der Eingliederungsvereinbarung
erfordert jedenfalls bei der gebotenen Inzidentkontrolle bei einer Sanktionsentscheidung
(SG Hamburg 28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER) eine intensivere
Inhaltskontrolle (s. Berlit Sozialrecht Aktuell 2006, 41, 47f.; Sonnhoff in jurisPK
SGB II § 15 Rn 111 ff.; Müller in HauckINoftz/Voelzke § 15 Rn 20; im Ergebnis
auch Spellbrink Sozialrecht Aktuell 2006, 52, 55); auch ohne Einordnung
als hoheitliches Handeln neuer Form (s.o. Rn 9) besteht kein Anlass, die gerichtliche
Inhaltskontrolle gegenüber einem Verwaltungsakt zu lockern (LSG BE/BB
15.7.2008 - L 14 B 568/08 AS ER; s.a. LSG NW 21.11.2007 - L 20 B 10/07 AS).
Zwar steht Leistung und Gegenleistung nicht in einem synallagmatischen Verhältnis;
gleichwohl ist wegen der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Hilfebedürftigen
angesichts des sanktionsbewehrten Kontrahierungszwanges der in §§ 55, 58
Abs.2 Nr. 4 SGB X enthaltene Rechtsgedanke entsprechend anzuwenden, dass eine
Behörde ihre überlegene Position nicht ausnützen darf, um sich eine an sich
unzulässige, unangemessene Gegenleistung versprechen zu lassen (s.a. Sonnhoff in
jurisPK-SGB II § 15 Rn 58 ff.). Eine i.S.d. Nr. 4 (i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB X) unzulässige,
zur Nichtigkeit führende Gegenleistung ist bereits dann anzunehmen, wenn
die dem Hilfebedürftigen abverlangten Eingliederungseigenbemühungen nach Art
oder Umfang rechtswidrig, weil ungeeignet oder im engeren Sinne unverhältnismäßig
sind.
Die Absenkung der Vertragsnichtigkeitsschwelle auf das Rechtswidrigkeitsniveau
wirkt auch einem "Formenmissbrauch" durch den Leistungsträger
und einer Verschlechterung des Rechtsschutzes des Hilfebedürftigen durch Vertragsschluss
entgegen.
31 Bei der hiernach angezeigten weiten Auslegung des § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ist eine
Eingliederungsvereinbarung in Bezug auf die abverlangten Eigenbemühungen bereits
dann nichtig, wenn ein entsprechender Verwaltungsakt rechtswidrig wäre.
Dies ist z.B. der Fall bei nach den Umständen des Einzelfalles nach Art und Umfang
überzogenen Eingliederungseigenbemühungen (z.B. eine schematisch hohe Zahl
von Eigenbewerbungen, die Nichtberücksichtigung entstehender Kosten, die Erstreckung
der Eigenbemühungen auf Arbeitsstellen, die nach Art, Ort oder Lage
der Arbeitszeit für den Hilfebedürftigen unzumutbar sind oder die Missachtung
gesundheitlicher Beschränkungen) oder die Zustimmung zur Wahrnehmung einer
Arbeitsgelegenheit nach § 16 d, für die nicht alle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
einer Heranziehung vorliegen (s.a. Sonnhoff in jurisPK-SGB II § 15 Rn 111 ff.);
überzogen, weil zu unbestimmt, ist eine unspezifische Verpflichtung "zur Aufnahme
einer Arbeit mit Mehraufwandsentschädigung" (SG Berlin 12.5.2006 - S 37
AS 11713/05).
32 Auch für die entsprechende Anwendung des § 134 BGB auf öffentlich-rechtliche
Verträge ist der allgemeine Grundsatz, dass ein qualifizierter, besonders schwerwiegender
Gesetzesverstoß erforderlich ist, zu relativieren, weil wegen der asymmetrischen
Abschlusssituation die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Vertrags form
nicht greift (s.a. Sonnhoff in jurisPK-SGB II § 15 Rn 105 ff.; im Ergebnis ebenso
Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 15 Rn 11, der nicht zuletzt wegen der hier
bestehenden Kontrollprobleme die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform
sui generis einstuft; s.o. Rn 9). Für die gebotene intensivere Inhalts- und
Rechtmäßigkeitskontrolle ergeben sich aus den Leistungsgrundsätzen des § 3
322 Berlit in LPK-SGB II
Eingliederungsvereinbarung
§ 15
Abs.1 wichtige Maßstäbe; sie sind in Abs. 1 Satz 1 mit dem Gebot aufgegriffen,
die für die Eingliederung "erforderlichen" Leistungen zu vereinbaren. Ein l.S.d:
§ 58 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 134 BGB "qualifizierter" Rechtsverstoß liegt schon bei
mehr als marginalen Verstößen gegen die Leistungsgrundsatz des§ 3 Abs. 1 vor
(enger Luthe/Timm SGb 2005, 261, 263). Eine für die Nichtigkeitsfolge hinreichende
"einfache Rechtswidrigkeit" liegt unabhängig von der Angemessenheit der
Gegenleistung (s.o. Rn 30) insbesondere dann vor, wenn auf die Ermittlung der
einzelfallbezogenen Besonderheiten zugunsten eine~ schematischen Leistungsgewährung
verzichtet wird, statt eines Aushandelns ":It hinreichender Reaktionszeit
auch für den Hilfeempfänger eine vorgefertigte Eingliederungsvereinbarung zur
Unterzeichnung vorgelegt wird oder die ausgewählten Maßnahmen nicht passgenau
und zielgerichtet darauf bezogen ist, eine Erwerbstätigkeit auf dem ersten
Arbeitsmarkt oder sonst die Eingliederung in Arbeit zu unterstutzen; die konkrete
Integrationseignung ist insbesondere auch bei einer abstrakt zulässigen Arbeitsgelegenheit
nach § 16 d Satz 2 zu prüfen.
2.6 Regeldauer; Folgevereinbarungen (Abs. 1 Satz 3 bis 5)
Die sechsmonatige Regellaufzeit einer Eingliederungsvereinbarung entspricht dem 33
Regelbewilligungszeitraum für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
(§ 41 Abs.1 Satz 2). Sie indiziert, dass selbst der Gesetzgeber für den Kreis der
Berechtigten nicht von schnellen Eingliederungserfolgen ausgeht.
Eine Abkürzung der Regellaufzeit kommt etwa bei jungen Hilfebedürftigen (s.a.
§ 37 Abs. 3 Satz 3 HS 2 SGB IIl) und in den Fällen in Betracht, m denen vor einer
weiteren Festlegung der Eingliederungsstrategie Maßnahmen der Eignungsfeststellung
angezeigt sind.
Eine Verlängerung der Laufzeit kann angezeigt sein, um Vertrauensschutz"
für längerfristige, gestufte Eingliederungsprozesse zu strukturieren
(z.B. Zusicherung Umschulungsmaßnahme nach gelungener ambulanter Entzugsbehandlung
und stabiler Drogenabstinenz).
Die gesetzliche Regellaufzeit schließt bei Veränderungen der persöl1lichen oder 35
sachlichen Verhältnisse, erkennbarer Erfolglosigkeit bzw. Ineffektivität oder sonstiger
Sachwidrigkeit der abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung. eine konsensuale
Anpassung der Vereinbarung an geänderte Verhältnisse während der
Laufzeit nicht aus (Fuchsloch in Gagel, SGB IlI/SGB II, § 15 Rn 74).
Die Eingliederungsvereinbarung
soll dem Eingliederungsprozess zwar einen stabilen, verlässlichen
Rahmen geben, ihn aber nicht durch starres Festhalten an sachwidrigen Bestimmungen
behindern. Insbesondere für die AA besteht eine .kontinuierliche Beobachtungspflicht
schon während der Laufzeit.
Eine Überprüfung lediglich alle
sechs Monate gewährleistet nicht die vom Gesetzgeber gewollte (BT-Dr. 15/1516,
54) intensive Betreuung und eine zeitnahe kritische Überprüfung der Eignung der
für die berufliche Eingliederung eingesetzten Mittel.
Eine
vorzeitige Anpassung ist nicht an die hohen Hürden des § 59 Abs. 1 SGB X
gebunden (a.A. Fuchsloch in Gagel, SGB III/SGB II, § 15 Rn 75;
Spellbrink in Eicher/
Spellbrink, SGB II, § 15 Rn 33 [der für. seinen Lösungsansatz auf § 48 SGB X
verweist]).
Das Gebot einer fachlich qualifizierten, zielgerichteten und dem Individualisierungsgrundsatz
entsprechenden, "passgenauen." Gestaltung. des Eingliederungsprozesses
(s.a. § 3 Abs. 1 Satz 2) gebietet eine niedrigschweligere Anpassungsverpflichtung
vor Ablauf der Laufzeit in entsprechender Anwendung des
§ 37 Abs. 3 Satz 2 SGB IIl.
Bei geänderten Verhältnissen sind auf ein auch formlos mögliches Anpassungsverlangen
hin
Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines Anpassungsvertrages
aufzunehmen; der Hilfebedürftige hat einen Anspruch auf
ermessensfehlerfrei.
Entscheidung darüber, ob und wie die Eingliederungsvereinbarung anzupassen
oder zu ändern ist (Stark in Estelmann § 15 Rn 142). Grund hierfür kann auch ein'
veränderte Bewertung von Handlungs- und Einsichtsvermögen des Hilfebedürftigen
sein, die Fehleinschätzungen oder -prognosen bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung
korrigiert. Die Vertragsbeteiligten können hierzu, statt eine
Anpassung des Vertrages selbst vorzunehmen, ohne Beachtung der Urkundeneinheit
auch einseitig auf die Durchsetzung einzelner Regelungen der Vereinbarung
verzichten, etwa das AA auf die Zahl abverlangter Eigenbewerbungen (s. SG Hamburg
28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER).
Eine Vertragsanpassung kann grundsätzlich
nur für die Zukunft ab dem Zugang eines ernsthaften Anpassungsverlangens
(BVerwG 26.1.1995 - 3 C 21.93 - E 97, 331, 341) erfolgen. Wie der einseitige
Rechtsverzicht ist eine Anpassung konsensual aber auch rückwirkend für den Zeitpunkt
der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse oder - bei erkannter
Fehlprognose - für den Beginn der Laufzeit möglich. Bei gegebener Anpassungslage
entzieht eine rückwirkende Änderung einer verletzten Pflicht einer
Absenkung nach § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.1lit. b) die Grundlage (§ 31 Rn29).
Berlit in LPK-SGB II 324
Zur
widersprüchlichen Konstruktion der Eingliederungsvereinbarungen nach §
15 SGB II aus rechtlicher sowie methodisch-fachlicher Sicht
http://www.socialnet.de/materialien/attach/66.pdf
Verdi zur EGV
http://mittelhessen.verdi.de/sozialberatung/seminar-sgb-ii/eingliederungsvereinbarungen
Urteil zu EGV Unterschrieben trotzdem ersetzender VA
Auf
die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts
Berlin vom 13. Oktober 2010 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung
der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 6.
September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober
2011 angeordnet. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers
werden in beiden Rechtszügen vom Antragsgegner erstattet.
Gründe:
Die
am 18. November 2011 eingegangene Beschwerde des Antragstellers gegen
den ihm am 19. Oktober 2011 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts
Berlin vom 13. Oktober 2011, mit dem sein Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des
Antragsgegners vom 6. September 2011 abgelehnt worden ist, hat Erfolg.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Antragsgegner die Regelungen
einer Eingliederungsvereinbarung für die Zeit vom 6. September 2011 bis
zum 15. Januar 2012 durch einen Verwal-tungsakt getroffen, obwohl die
Beteiligten am 27. Mai 2011 für die Zeit bis zum 15. Januar 2012 bereits
eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen hatten.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148509
Regelinhalte (Abs. 1 Satz 2), rechtlich zulässiger Inhalt
Zentrale Bestandteile einer ~Eingliederungsvereinbarung sind die Festlegung der
Leistungen~ die der.“,: Erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhalt,
und die Konkretisierung der aktiven Eingliederungsbemühungen durch Festlegung,
welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen
muss und im welcher Form er sie nachzuweisen hat.
Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung
dürfen nur die für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen
Leistungen nach dem Kap. 3 Abschnitt 1 sein.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
(§§ 19 ff.) dürfen nicht mit einbezogen werden.
Die Erwerbsfähigkeit
selbst ist Voraussetzung einer Eingliederungsvereinbarung, so dass die Vorfrage,
ob überhaupt Erwerbsfähigkeit vorliegt, und hierauf bezogene Obliegenheiten
(z:B. zur Wahrnehmung von Untersuchungsterminen), nicht Gegenstand einer
Eingliederungsvereinbarung sein dürfen (LSG RP 5.7.2007 - L 3 ER 175/07.., FEVS
59,25; LSG HE 17.10.2008 - L 7 AS 251108 B ER• SG Stuttgart 1.4.2008 - S 12
AS 1976/08 ER). '
Nach
dem Grundsatz des Forderns und Förderns muss die
Eingliederungsvereinbarung beide Bestandteile in einem vergleichbaren
Konkretions- und Verbindlichkeitsgrad bestimmen.
Fehlt es an einem der beiden Teile, handelt es Sich formell
nicht um eine Eingliederungsvereinbarung i.S. d. § 15, an die nach § 31 Abs. 1 leistungsrechtliche
Reaktionen geknüpft werden könnten.
Die Eingliederungsvereinbarung
muss ein in sich konsistentes Eingliederungskonzept regeln oder zumindest
zur ungeschriebenen Grundlage haben (Sonnhoff in jurisPK-SGB II § 15 Rn 51,
53 f.) und darf nicht unsorgfältig, widersprüchlich und unausgewogen sein (SG
Hamburg 28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER). Als vereinbarungsfähige Leistungen
zur Eingliederung kommen dabei von vornherein nur solche in Betracht, die Im
Ermessen des Trägers stehen, auf die also kein Rechtsanspruch besteht (LSG BW
22.1.2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B).
Zu den festzulegenden Leistungen der Eingliederung in Arbeit gehören neben nach
Zahl und Qualität spezifizierten individuellen Vermittlungsangeboten alle in § 16
Abs. 1 bis 3, §§ 16 a ff. rechtlich möglichen Eingliederungsmaßnahmen, deren Voraussetzungen
erfüllt sind (eingehend Rauch/Zellner 2008, 38 ff.).
Sie .sind nach
Maßgabe der individuellen Chanceneinschätzung passgenau auszuwählen; der
Vertragsmodus enthebt nicht von der Beachtung der Leistungsgrundsatze des § 3
(s. § 3 Rn 6 ff.). Der Grundsicherungsträger kann Sich Wirksam auch zur Forderung
von Maßnahmen verpflichten, die in entsprechender Anwendung der Vorschriften
über die Förderung beruflicher Aus- und Weiterbildung nach dem SGB III nicht
förderungsfähig wären (LSG BW 19.7.2007 - L 7 AS 689/07; Berlit Juris-SozR
18/2007 Anm. 2).
Unzureichend ist die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts
(LSG BEIBB l1.9.20Q6 - L 14 B 771/06 AS ER) oder die Aufzählung bloßer Leistungsmöglichkeiten
mit Hilfe derer generell die Aufgaben und Ziele der Grundsicherung
erreicht werden können, ohne dass einzelfallbezogen eine oder mehrere
der für die Eingliederung besten Maßnahmen und Leistungen ausgewählt sowie
verbindlich und bestimmt unter Nennung eines bestimmten Zeitfensters angeboten
und zugesagt werden (LSG BW 22.1.2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B).
Bei klaren
Obliegenheiten des Hilfeempfängers und unbestimmt umschriebenen Eingliederungsleistungen
fehlt es an der gebotenen Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung
(SG Hamburg, 23.4.2007 - S 12 AS 820/07 ER) bzw. von Fordern und
Fördern (SG Leipzig 19.2.2007 - S 19 AS 392/06).
Die Konkretisierung der abzuverlangenden aktiven Eigenbemühungen des Hilfe- 2S
bedürftigen verbietet den Rückgriff direkt auf § 2 Abs. 1, 2 Jedenfalls insoweit, als
sie die prinzipiell unbegrenzt abverlangten Eigenbemühungen auf ein überschaubares
rechts sicher bestimmtes Maß reduziert.
In der Vereinbarung dürfen nur solche
Eigenbemühungen vorgesehen sein, die nach Art und Umfang dem Hilfebedürftigen
rechtmäßig auch durch einseitige Festsetzung durch Verwaltungsakt
nach Abs. 1 Satz 6 auferlegt werden dürften. Abverlangt werden dürfen nach Art
und Umfang nur Eigenbemühungen, die auf nach § 10 zumutbare Tätigkeiten gerichtet
sind die dem Hilfebedürftigen auch sonst abverlangt werden können und
einen hinreichenden Bezug zu einem erkenn- und erreichbaren Eingliederungsziel
aufweisen (Verzicht auf nach der Arbeitsmarktlage erkennbar sinnlose, ritualisierte
Eigenbemühungen durch Festlegung einer bestimmten Mindestzahl).
Die in Betracht kommenden Eigenbemühungen richten sich nach den Umständen
des Einzelfalles (s.a.Fuchsloch in Gage! SGB IUSGB III § 15 Rn 63; Spellbrink in
Eicher/ Spellbrink SGB II § 15 Rn 24; Spindler ASR 2003, 47,54 f.). Sie müssen die
intellektuelle Einsichtsfähigkeit und das erkennbare Handlungsvermögen des Hilfebedürftigen
beachten
(BVerwG 17.5.1995 - 5 C 20.93 - E 98, 203) und dabei in entsprechender
Anwendung der Leistungsgrundsätze des § 3 Abs. 1 bei Festlegung
von Art und Zahl der Eigenbemühungen alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen,
z.B. die Vor- und Ausbildung des erwerbsfähigen Hilfesuchenden, seine
beruflichen Erfahrungen oder sonstige individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten,
seine Bewerbungserfahrungen, die persönliche und familiäre Situation und die Lage
auf dem regionalen Arbeitsmarkt (s. OVG NI 3.7.2000 - 4 L 1967/00 - info also
2001,33; VG Hannover 18.1.1999 -15 B 8500/98 - info also 1999, 86; SG Berlin
15.1.2~02 - S 51 AL 1491100 - info also 2003,109 [zu § 119 Abs. 5 SGBIII]).
Hiermit unvereinbar wäre eine schematische Festlegung einer Mindestzahl monatlich
vorzulegender Bewerbungen (SG Berlin 12.5.2006 - S 37 AS 11713/05' s.a.
Spellbrink in Eicher/Spellbrink SGB II § 15 Rn 22; zum abzuverlangenden Umfang
s.a. § 2 Rn 23) oder überspannte Anforderungen (zur Forderung nach einer Bewerbung
pro Werktag auf ausgeschriebene Stellen s. LSG BE/BB 28.8.2007 - L 25
B 1024/07 AS PKH). Die abverlangten Eigenbemühungen müssen nach Art und
Umfang auch wenigstens eine gewisse Mindestaussicht auf Erfolg haben.
Beispiele
zu erwartender Eigenbemühungen sind: Nutzung des Stellen-Informations-Service
(S1S),Auswertung von Stellenanzeigen in Zeitungen, Fachzeitschriften und anderen
Medien (z.B. Regionalsendern, Internet), gezielte Initiativbewerbungen und -Vorsprache?"
bei Arbeitgebern, Arbeitsplatzsuche per Anzeige in Zeitungen und Fachzeitschriften,
Besuch von Arbeitsmarktbörsen, Kontaktaufnahme zu privaten Vermittlern,
Eintragungen in Absolventenhandbücher, Auswertung "Schwarzer Bretter"
an Werkstoren, in Bildungseinrichtungen oder in Supermärkten (s.a. LSG NW
18.10.2006- L.l B 27/06 AS ER).
Wegen der Bedeutung, die Sprachkenntnisse für
die Integration insgesamt und insbesondere auch für die Arbeitsmarktintegration
haben, korrespondiert der durch das InstrumentenreformG (Einl. Rn 25) in § 3
Abs. 2 b geschaffenen ~f1icht des Leistungsträgers, bei bestehender Berechtigung
auf die Teilnahme an einem Integrationskurs hinzuwirken (zu Einzelheiten s. § 3
Rn 24 f.), die Zumutbarkeit zur Teilnahme, die daher in die Eingliederungsvereinbarung
als vorrangige Maßnahme aufzunehmen ist. Es sind dann auch anfallende
Zusatzkosten (z.B. Fahrtkosten) zu regeln; von dem Kostenbeitrag selbst wird der
Hilfebedürftige auf Antrag befreit (§ 9 Abs. 2 IntV).
Die Eigenbemühungen sind nach Art, Umfang und Nachweis so bestimmt aufzuführen-
dass sie nach Maßgabe des Verständnisvermögens des Hilfebedürftigen für
diesen klar erkennbar sind und auch sonst ohne zusätzliche Akte wertender Erkenntnis
festgestellt werden kann, ob der Hilfebedürftige seiner Obliegenheit zu
ausreichenden Eigensuchebemühungen nachgekommen ist (Müller in Hauckl
Noftz, SGB II § 15 Rn 35; SG Hamburg 28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER).
Die
Modalitäten des Nachweises der Eingliederungsbemühungen (dazu Stascheit info
also 1997, 145) sind nach mitzuteilenden Tatsachen (z.B. Bezeichnung und Anschrift,
Arbeitgeber, Datum und Art des Kontakts, Name der Ansprechperson) und
Nachweisform (Eigennotiz; Bescheinigung Arbeitgeber) klar und eindeutig festzulegen;
Unklarheiten. gehen zu Lasten des Leistungsträgers. Stempel eines potentiellen
Arbeitgebers über eine Vorsprache reichen mangels Erklärungswertes regelmäßig
nicht (LSG BE/BB 12.10.2007 - L 14 B 1548/07 AS ER).
Die Nachweismodalitäten
dürfen das Leistungsvermögen des Hilfesuchenden nicht übersteigen
und müssen berücksichtigen, dass bei Initiativbewerbungen oftmals keine Eingangsbestätigungen
oder formellen Absagen ergehen. Regelmäßig ausreichend sind
Angaben, die Im Bedarfsfall eine gezielte Überprüfung der Angaben des Hilfebedürftigen
ermöglichen (SpeIlbrink in Eicher/Spellbrink SGB II § 15 Rn 27). Erfordern
die bestimmten Bemühungen zusätzliche finanzielle Aufwendungen (etwa für
Bewerbungsunterlagen
oder Fahrtkosten), ist in der Eingliederungsvereinbarung auch deren
Finanzierung (Zusage von Leistungen nach § 45 H. SGB II1) zu regeln.
Kostenträchtige Eingliederungsbemühungen, deren Aufwendungen der Hilfebedürftige
zumutbar nicht mehr aus den Regelleistungen bestreiten kann (dazu Behrens
info also 2001 78), sind ohne Finanzierungsregelung unzumutbar (s.a. § 2
Rn 19; SpeIlbrink i; Eicher/Spellbrink SGB II § 15 Rn 25). Dies gilt insb. auch für
Fahrtkosten, bei deren Übernahme (§ 16 i.V.m. §§ 45 H. SGB III) die Direktive des
§ 39 SGB I ermessensleitend zu berücksichtigen ist (BSG 6.12.2007 - B 14/7 b AS
50/06 R - FEVS 59, 554).
2.5 Insbesondere: Inhaltskontrolle/Nichtigkeit einer
Eingliederungsvereinbarung
Eine abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung ist nur zu beachten, soweit sie
nicht nichtig ist; nur an eine wirksame Vereinbarung kann eine Sanktion nach
§ 31 Abs.1 anknüpfen.
Die Asymmetrie beim Abschluss der Eingliederungsvereinbarung
erfordert jedenfalls bei der gebotenen Inzidentkontrolle bei einer Sanktionsentscheidung
(SG Hamburg 28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER) eine intensivere
Inhaltskontrolle (s. Berlit Sozialrecht Aktuell 2006, 41, 47f.; Sonnhoff in jurisPK
SGB II § 15 Rn 111 ff.; Müller in HauckINoftz/Voelzke § 15 Rn 20; im Ergebnis
auch Spellbrink Sozialrecht Aktuell 2006, 52, 55); auch ohne Einordnung
als hoheitliches Handeln neuer Form (s.o. Rn 9) besteht kein Anlass, die gerichtliche
Inhaltskontrolle gegenüber einem Verwaltungsakt zu lockern (LSG BE/BB
15.7.2008 - L 14 B 568/08 AS ER; s.a. LSG NW 21.11.2007 - L 20 B 10/07 AS).
Zwar steht Leistung und Gegenleistung nicht in einem synallagmatischen Verhältnis;
gleichwohl ist wegen der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Hilfebedürftigen
angesichts des sanktionsbewehrten Kontrahierungszwanges der in §§ 55, 58
Abs.2 Nr. 4 SGB X enthaltene Rechtsgedanke entsprechend anzuwenden, dass eine
Behörde ihre überlegene Position nicht ausnützen darf, um sich eine an sich
unzulässige, unangemessene Gegenleistung versprechen zu lassen (s.a. Sonnhoff in
jurisPK-SGB II § 15 Rn 58 ff.). Eine i.S.d. Nr. 4 (i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB X) unzulässige,
zur Nichtigkeit führende Gegenleistung ist bereits dann anzunehmen, wenn
die dem Hilfebedürftigen abverlangten Eingliederungseigenbemühungen nach Art
oder Umfang rechtswidrig, weil ungeeignet oder im engeren Sinne unverhältnismäßig
sind.
Die Absenkung der Vertragsnichtigkeitsschwelle auf das Rechtswidrigkeitsniveau
wirkt auch einem "Formenmissbrauch" durch den Leistungsträger
und einer Verschlechterung des Rechtsschutzes des Hilfebedürftigen durch Vertragsschluss
entgegen.
31 Bei der hiernach angezeigten weiten Auslegung des § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ist eine
Eingliederungsvereinbarung in Bezug auf die abverlangten Eigenbemühungen bereits
dann nichtig, wenn ein entsprechender Verwaltungsakt rechtswidrig wäre.
Dies ist z.B. der Fall bei nach den Umständen des Einzelfalles nach Art und Umfang
überzogenen Eingliederungseigenbemühungen (z.B. eine schematisch hohe Zahl
von Eigenbewerbungen, die Nichtberücksichtigung entstehender Kosten, die Erstreckung
der Eigenbemühungen auf Arbeitsstellen, die nach Art, Ort oder Lage
der Arbeitszeit für den Hilfebedürftigen unzumutbar sind oder die Missachtung
gesundheitlicher Beschränkungen) oder die Zustimmung zur Wahrnehmung einer
Arbeitsgelegenheit nach § 16 d, für die nicht alle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
einer Heranziehung vorliegen (s.a. Sonnhoff in jurisPK-SGB II § 15 Rn 111 ff.);
überzogen, weil zu unbestimmt, ist eine unspezifische Verpflichtung "zur Aufnahme
einer Arbeit mit Mehraufwandsentschädigung" (SG Berlin 12.5.2006 - S 37
AS 11713/05).
32 Auch für die entsprechende Anwendung des § 134 BGB auf öffentlich-rechtliche
Verträge ist der allgemeine Grundsatz, dass ein qualifizierter, besonders schwerwiegender
Gesetzesverstoß erforderlich ist, zu relativieren, weil wegen der asymmetrischen
Abschlusssituation die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Vertrags form
nicht greift (s.a. Sonnhoff in jurisPK-SGB II § 15 Rn 105 ff.; im Ergebnis ebenso
Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 15 Rn 11, der nicht zuletzt wegen der hier
bestehenden Kontrollprobleme die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform
sui generis einstuft; s.o. Rn 9). Für die gebotene intensivere Inhalts- und
Rechtmäßigkeitskontrolle ergeben sich aus den Leistungsgrundsätzen des § 3
322 Berlit in LPK-SGB II
Eingliederungsvereinbarung
§ 15
Abs.1 wichtige Maßstäbe; sie sind in Abs. 1 Satz 1 mit dem Gebot aufgegriffen,
die für die Eingliederung "erforderlichen" Leistungen zu vereinbaren. Ein l.S.d:
§ 58 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 134 BGB "qualifizierter" Rechtsverstoß liegt schon bei
mehr als marginalen Verstößen gegen die Leistungsgrundsatz des§ 3 Abs. 1 vor
(enger Luthe/Timm SGb 2005, 261, 263). Eine für die Nichtigkeitsfolge hinreichende
"einfache Rechtswidrigkeit" liegt unabhängig von der Angemessenheit der
Gegenleistung (s.o. Rn 30) insbesondere dann vor, wenn auf die Ermittlung der
einzelfallbezogenen Besonderheiten zugunsten eine~ schematischen Leistungsgewährung
verzichtet wird, statt eines Aushandelns ":It hinreichender Reaktionszeit
auch für den Hilfeempfänger eine vorgefertigte Eingliederungsvereinbarung zur
Unterzeichnung vorgelegt wird oder die ausgewählten Maßnahmen nicht passgenau
und zielgerichtet darauf bezogen ist, eine Erwerbstätigkeit auf dem ersten
Arbeitsmarkt oder sonst die Eingliederung in Arbeit zu unterstutzen; die konkrete
Integrationseignung ist insbesondere auch bei einer abstrakt zulässigen Arbeitsgelegenheit
nach § 16 d Satz 2 zu prüfen.
2.6 Regeldauer; Folgevereinbarungen (Abs. 1 Satz 3 bis 5)
Die sechsmonatige Regellaufzeit einer Eingliederungsvereinbarung entspricht dem 33
Regelbewilligungszeitraum für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
(§ 41 Abs.1 Satz 2). Sie indiziert, dass selbst der Gesetzgeber für den Kreis der
Berechtigten nicht von schnellen Eingliederungserfolgen ausgeht.
Eine Abkürzung der Regellaufzeit kommt etwa bei jungen Hilfebedürftigen (s.a.
§ 37 Abs. 3 Satz 3 HS 2 SGB IIl) und in den Fällen in Betracht, m denen vor einer
weiteren Festlegung der Eingliederungsstrategie Maßnahmen der Eignungsfeststellung
angezeigt sind.
Eine Verlängerung der Laufzeit kann angezeigt sein, um Vertrauensschutz"
für längerfristige, gestufte Eingliederungsprozesse zu strukturieren
(z.B. Zusicherung Umschulungsmaßnahme nach gelungener ambulanter Entzugsbehandlung
und stabiler Drogenabstinenz).
Die gesetzliche Regellaufzeit schließt bei Veränderungen der persöl1lichen oder 35
sachlichen Verhältnisse, erkennbarer Erfolglosigkeit bzw. Ineffektivität oder sonstiger
Sachwidrigkeit der abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung. eine konsensuale
Anpassung der Vereinbarung an geänderte Verhältnisse während der
Laufzeit nicht aus (Fuchsloch in Gagel, SGB IlI/SGB II, § 15 Rn 74).
Die Eingliederungsvereinbarung
soll dem Eingliederungsprozess zwar einen stabilen, verlässlichen
Rahmen geben, ihn aber nicht durch starres Festhalten an sachwidrigen Bestimmungen
behindern. Insbesondere für die AA besteht eine .kontinuierliche Beobachtungspflicht
schon während der Laufzeit.
Eine Überprüfung lediglich alle
sechs Monate gewährleistet nicht die vom Gesetzgeber gewollte (BT-Dr. 15/1516,
54) intensive Betreuung und eine zeitnahe kritische Überprüfung der Eignung der
für die berufliche Eingliederung eingesetzten Mittel.
Eine
vorzeitige Anpassung ist nicht an die hohen Hürden des § 59 Abs. 1 SGB X
gebunden (a.A. Fuchsloch in Gagel, SGB III/SGB II, § 15 Rn 75;
Spellbrink in Eicher/
Spellbrink, SGB II, § 15 Rn 33 [der für. seinen Lösungsansatz auf § 48 SGB X
verweist]).
Das Gebot einer fachlich qualifizierten, zielgerichteten und dem Individualisierungsgrundsatz
entsprechenden, "passgenauen." Gestaltung. des Eingliederungsprozesses
(s.a. § 3 Abs. 1 Satz 2) gebietet eine niedrigschweligere Anpassungsverpflichtung
vor Ablauf der Laufzeit in entsprechender Anwendung des
§ 37 Abs. 3 Satz 2 SGB IIl.
Bei geänderten Verhältnissen sind auf ein auch formlos mögliches Anpassungsverlangen
hin
Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines Anpassungsvertrages
aufzunehmen; der Hilfebedürftige hat einen Anspruch auf
ermessensfehlerfrei.
Entscheidung darüber, ob und wie die Eingliederungsvereinbarung anzupassen
oder zu ändern ist (Stark in Estelmann § 15 Rn 142). Grund hierfür kann auch ein'
veränderte Bewertung von Handlungs- und Einsichtsvermögen des Hilfebedürftigen
sein, die Fehleinschätzungen oder -prognosen bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung
korrigiert. Die Vertragsbeteiligten können hierzu, statt eine
Anpassung des Vertrages selbst vorzunehmen, ohne Beachtung der Urkundeneinheit
auch einseitig auf die Durchsetzung einzelner Regelungen der Vereinbarung
verzichten, etwa das AA auf die Zahl abverlangter Eigenbewerbungen (s. SG Hamburg
28.11.2005 - S 53 AS 1428/05 ER).
Eine Vertragsanpassung kann grundsätzlich
nur für die Zukunft ab dem Zugang eines ernsthaften Anpassungsverlangens
(BVerwG 26.1.1995 - 3 C 21.93 - E 97, 331, 341) erfolgen. Wie der einseitige
Rechtsverzicht ist eine Anpassung konsensual aber auch rückwirkend für den Zeitpunkt
der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse oder - bei erkannter
Fehlprognose - für den Beginn der Laufzeit möglich. Bei gegebener Anpassungslage
entzieht eine rückwirkende Änderung einer verletzten Pflicht einer
Absenkung nach § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.1lit. b) die Grundlage (§ 31 Rn29).
Berlit in LPK-SGB II 324
Zur
widersprüchlichen Konstruktion der Eingliederungsvereinbarungen nach §
15 SGB II aus rechtlicher sowie methodisch-fachlicher Sicht
http://www.socialnet.de/materialien/attach/66.pdf
Verdi zur EGV
http://mittelhessen.verdi.de/sozialberatung/seminar-sgb-ii/eingliederungsvereinbarungen
Urteil zu EGV Unterschrieben trotzdem ersetzender VA
Auf
die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts
Berlin vom 13. Oktober 2010 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung
der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 6.
September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober
2011 angeordnet. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers
werden in beiden Rechtszügen vom Antragsgegner erstattet.
Gründe:
Die
am 18. November 2011 eingegangene Beschwerde des Antragstellers gegen
den ihm am 19. Oktober 2011 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts
Berlin vom 13. Oktober 2011, mit dem sein Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des
Antragsgegners vom 6. September 2011 abgelehnt worden ist, hat Erfolg.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Antragsgegner die Regelungen
einer Eingliederungsvereinbarung für die Zeit vom 6. September 2011 bis
zum 15. Januar 2012 durch einen Verwal-tungsakt getroffen, obwohl die
Beteiligten am 27. Mai 2011 für die Zeit bis zum 15. Januar 2012 bereits
eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen hatten.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148509
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