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Hartz IV - Und wieder ein unnötiger Gerichtsprozess - weil das Jocenter seine Hausaufgaben nicht gemacht hat
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Hartz IV - Und wieder ein unnötiger Gerichtsprozess - weil das Jocenter seine Hausaufgaben nicht gemacht hat
Jobcenter muss Kleidung für Haftentlassenen zahlen, weil er nach seiner Strafhaft kaum mehr Kleidung besaß.
Der 28-jährige
Antragsteller im Eilverfahren war 18 Monate in Haft. Während dieser Zeit
wurde seine Wohnung geräumt, wobei seine alte Kleidung abhanden kam.
Das zuständige Jobcenter
Erzgebirge in Annaberg-Buchholz lehnte es ab, dem arbeitslosen
Haftentlassenen einen Zuschuss zur Anschaffung von Kleidung zu gewähren.
Es hatte
anlässlich eines Hausbesuchs im Mai 2012 einige Kleidungsstücke in
dessen Besitz festgestellt und war der Meinung, dass er weitere
Bekleidungsteile nach und nach aus der Regelleistung beschaffen kann.
Außerdem sei der Bekleidungsbedarf erst neun Monate nach der Haftentlassung im Juli 2011 angemeldet worden.
Das Gericht
verpflichtete das Jobcenter vorläufig zur Zahlung von 175,00 EUR. Es
stützte sich dabei auf § 24 Abs. 3 SGB II, wonach Bedarfe für die
Erstausstattung von Bekleidung nicht vom Regelsatz umfasst sind, sondern
gesondert erbracht werden.
Das Gericht konnte in den wenigen vorgefundenen Kleidungsstücken keine Grundausstattung im Sinne eines Starterpakets erkennen.
Wichtige
Kleidungsstücke, die zu einer Erstausstattung gehören, waren nicht
vorhanden. Insbesondere fehlte es fast vollständig an Übergangs- und
Winterbekleidung (z.B. Winterstiefel) für die nahe kalte Jahreszeit.
Dazu mangelte es an Leibwäsche wie Unterwäsche, Strümpfen und einem
Schlafanzug.
Eine Grundausstattung
muss einem Hilfeempfänger das mehrfache Wechseln der Kleidung innerhalb
einer Woche und zwar entsprechend der Witterungsverhältnisse
ermöglichen, argumentierte das Gericht.
Als unschädlich sah es an, dass der Bekleidungsbedarf erst geraume Zeit nach der Haftentlassung angemeldet wurde.
Solange der Bedarf nicht gedeckt ist, kommt es auf den Zeitablauf nicht an, so das Gericht.
Verwirkt habe der Antragsteller den Anspruch jedenfalls nicht.
Ebenso wenig kommt es
darauf an, ob den Hilfebedürftigen ein Verschulden an dem Verlust der
Kleidung trifft, wie es das Jobcenter nahe gelegt hatte.
Sofern ein akuter Bedarf
besteht, ist dieser zu decken. Die Sicherung der grundlegenden
Lebensbedürfnisse kann dem Betroffenen nicht wegen eines etwaigen
Verschuldens an seiner Notsituation vorenthalten werden.
Pressemitteilung Nr. 11/2012: Sozialgericht Chemnitz, Beschluss vom 20. September 2012, S 29 AS 3229/12 ER
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
1.Der arbeitslosen
Haftentlassene muss die fehlende Bekleidung nicht nach und nach aus der
Regelleistung beschaffen ,sondern hat Anspruch auf Leistungen für die
Erstausstattung für Bekleidung gemäß § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II(vgl.
BSG, Urt. v. 13.4.2011, B 14 AS 53/10 R).
2.Eine "Verwirkung"
des Anspruchs auf Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein
Hilfebedürftiger entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II
aF. nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob
fahrlässig die Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne
wichtigen Grund selbst herbeigeführt hat(vgl. BSG, Urt. v. 20.8.2009, B
14 AS 45/08 R).
3. Der
Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf
den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen
Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der
Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens.
Diese Sicherstellung
ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem
verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1
BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl
auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5).
Auch die in § 2 SGB
II geregelte Pflicht zur Eigenaktivität begründet keinen eigenständigen
Leistungsausschlusstatbestand (vgl. BSG, urt. v. 27.09.2011, - B 4 AS
202/10 R).
Etwaige
Verschuldensgesichtspunkte und Fragen nach den Ursachen der
Hilfebedürftigkeit sind allerdings nicht bereits bei der Feststellung
des Bedarfs und des Anspruchs zu berücksichtigen, weil bei der
Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ausschließlich auf die gegenwärtige
Lage und auf Umstände der Vergangenheit nur insoweit abzustellen ist,
als sie eindeutige Erkenntnisse über die aktuelle Lage ermöglichen (BSG,
Urt. v. 27.09.2011, B 4 AS 202/10 R).
4. Ein Anspruch auf
Erstausstattung für Bekleidung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II
a.F.(jetzt § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II) kann bei einem Erwachsenen
bestehen, wenn außergewöhnliche Umstände wie Obdachlosigkeit,
langjährige Inhaftierung, ggf erheblich Gewichtsschwankungen einen
besonderen Bedarf begründen, weil so gut wie keine brauchbaren
Kleidungstücke mehr vorhanden sind (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2010 - B 14
AS 81/08 R ).
5. Pauschale
Geldbeträge für Bekleidung sind so zu bemessen, dass der
Hilfebedürftige mit dem gewährten Betrag sich in menschenwürdiger Weise
kleiden kann. Die Höhe der Pauschalen muss auf der Grundlage von
Bezugsquellen, Preislisten etc nachvollziehbar sein(vgl. BSG, Urt. v.
13.04.2011, B 14 AS 53/10 R).
6. Bei der
Erstausstattung an Bekleidung sind auch Bedarfe für verschiedene
Jahreszeiten zu berücksichtigen, auch ist grundlegenden
Hygienebedürfnissen Rechnung zu tragen; so ist durch die Anzahl der
jeweils gewährten Kleidungsstücke die Notwendigkeit zu berücksichtigen,
diese zu waschen und zu trocknen(vgl. BSG,Urt. v. 13.04.2011, B 14 AS
53/10 R).
7. Hartz IV-
Empfänger trägt die objektive Beweislast für das Vorliegen der
Anspruchsvoraussetzungen für eine Erstausstattung an Bekleidung . Eine
fehlende Mitwirkung des Hilfebedürftigen , nämlich dem Prüfdienst den
Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren , geht zu Lasten des
Leistungsbeziehers(vgl. LSG, Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.11.2010 , L
5 AS 2214/08 ).
8. Die
Leistungsgewährung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ist ebenso wie die
Erstausstattung für die Wohnung (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II), im
Sinne eines Startpaketes im Falle einer grundlegend neuen
Lebenssituation zu verstehen (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K
§ 23 Rz. 343, 363; LSG Berlin-Brandenburg , Urt. v. 25.02.2010, L 34 AS
24/09).
9. Der Begriff der
Erstausstattung ist nicht zeitlich, sondern - wie alle Leistungen des
SGB II - bedarfsbezogen zu interpretieren (Behrend in jurisPK - SGB II,
3. Auflage 2011, § 24), so das es nicht darauf ankommt, ob der Bedarf an
Bekleidung erst 9 Monate später nach der Haftentlassung gestellt wurde.
10.Gem. § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II müssen Leistungen für die Erstausstattung an Bekleidung gesondert beantragt werden.
Zum
Schluss bleibt anzumerken, das es sich in diesem Fall um keine
Rechtsfrage handelte, welche die Rechtsprechung nicht schon beantwortet
hätte.
Willi S
Der 28-jährige
Antragsteller im Eilverfahren war 18 Monate in Haft. Während dieser Zeit
wurde seine Wohnung geräumt, wobei seine alte Kleidung abhanden kam.
Das zuständige Jobcenter
Erzgebirge in Annaberg-Buchholz lehnte es ab, dem arbeitslosen
Haftentlassenen einen Zuschuss zur Anschaffung von Kleidung zu gewähren.
Es hatte
anlässlich eines Hausbesuchs im Mai 2012 einige Kleidungsstücke in
dessen Besitz festgestellt und war der Meinung, dass er weitere
Bekleidungsteile nach und nach aus der Regelleistung beschaffen kann.
Außerdem sei der Bekleidungsbedarf erst neun Monate nach der Haftentlassung im Juli 2011 angemeldet worden.
Das Gericht
verpflichtete das Jobcenter vorläufig zur Zahlung von 175,00 EUR. Es
stützte sich dabei auf § 24 Abs. 3 SGB II, wonach Bedarfe für die
Erstausstattung von Bekleidung nicht vom Regelsatz umfasst sind, sondern
gesondert erbracht werden.
Das Gericht konnte in den wenigen vorgefundenen Kleidungsstücken keine Grundausstattung im Sinne eines Starterpakets erkennen.
Wichtige
Kleidungsstücke, die zu einer Erstausstattung gehören, waren nicht
vorhanden. Insbesondere fehlte es fast vollständig an Übergangs- und
Winterbekleidung (z.B. Winterstiefel) für die nahe kalte Jahreszeit.
Dazu mangelte es an Leibwäsche wie Unterwäsche, Strümpfen und einem
Schlafanzug.
Eine Grundausstattung
muss einem Hilfeempfänger das mehrfache Wechseln der Kleidung innerhalb
einer Woche und zwar entsprechend der Witterungsverhältnisse
ermöglichen, argumentierte das Gericht.
Als unschädlich sah es an, dass der Bekleidungsbedarf erst geraume Zeit nach der Haftentlassung angemeldet wurde.
Solange der Bedarf nicht gedeckt ist, kommt es auf den Zeitablauf nicht an, so das Gericht.
Verwirkt habe der Antragsteller den Anspruch jedenfalls nicht.
Ebenso wenig kommt es
darauf an, ob den Hilfebedürftigen ein Verschulden an dem Verlust der
Kleidung trifft, wie es das Jobcenter nahe gelegt hatte.
Sofern ein akuter Bedarf
besteht, ist dieser zu decken. Die Sicherung der grundlegenden
Lebensbedürfnisse kann dem Betroffenen nicht wegen eines etwaigen
Verschuldens an seiner Notsituation vorenthalten werden.
Pressemitteilung Nr. 11/2012: Sozialgericht Chemnitz, Beschluss vom 20. September 2012, S 29 AS 3229/12 ER
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
1.Der arbeitslosen
Haftentlassene muss die fehlende Bekleidung nicht nach und nach aus der
Regelleistung beschaffen ,sondern hat Anspruch auf Leistungen für die
Erstausstattung für Bekleidung gemäß § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II(vgl.
BSG, Urt. v. 13.4.2011, B 14 AS 53/10 R).
2.Eine "Verwirkung"
des Anspruchs auf Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein
Hilfebedürftiger entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II
aF. nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob
fahrlässig die Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne
wichtigen Grund selbst herbeigeführt hat(vgl. BSG, Urt. v. 20.8.2009, B
14 AS 45/08 R).
3. Der
Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf
den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen
Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der
Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens.
Diese Sicherstellung
ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem
verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1
BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl
auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5).
Auch die in § 2 SGB
II geregelte Pflicht zur Eigenaktivität begründet keinen eigenständigen
Leistungsausschlusstatbestand (vgl. BSG, urt. v. 27.09.2011, - B 4 AS
202/10 R).
Etwaige
Verschuldensgesichtspunkte und Fragen nach den Ursachen der
Hilfebedürftigkeit sind allerdings nicht bereits bei der Feststellung
des Bedarfs und des Anspruchs zu berücksichtigen, weil bei der
Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ausschließlich auf die gegenwärtige
Lage und auf Umstände der Vergangenheit nur insoweit abzustellen ist,
als sie eindeutige Erkenntnisse über die aktuelle Lage ermöglichen (BSG,
Urt. v. 27.09.2011, B 4 AS 202/10 R).
4. Ein Anspruch auf
Erstausstattung für Bekleidung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II
a.F.(jetzt § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II) kann bei einem Erwachsenen
bestehen, wenn außergewöhnliche Umstände wie Obdachlosigkeit,
langjährige Inhaftierung, ggf erheblich Gewichtsschwankungen einen
besonderen Bedarf begründen, weil so gut wie keine brauchbaren
Kleidungstücke mehr vorhanden sind (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2010 - B 14
AS 81/08 R ).
5. Pauschale
Geldbeträge für Bekleidung sind so zu bemessen, dass der
Hilfebedürftige mit dem gewährten Betrag sich in menschenwürdiger Weise
kleiden kann. Die Höhe der Pauschalen muss auf der Grundlage von
Bezugsquellen, Preislisten etc nachvollziehbar sein(vgl. BSG, Urt. v.
13.04.2011, B 14 AS 53/10 R).
6. Bei der
Erstausstattung an Bekleidung sind auch Bedarfe für verschiedene
Jahreszeiten zu berücksichtigen, auch ist grundlegenden
Hygienebedürfnissen Rechnung zu tragen; so ist durch die Anzahl der
jeweils gewährten Kleidungsstücke die Notwendigkeit zu berücksichtigen,
diese zu waschen und zu trocknen(vgl. BSG,Urt. v. 13.04.2011, B 14 AS
53/10 R).
7. Hartz IV-
Empfänger trägt die objektive Beweislast für das Vorliegen der
Anspruchsvoraussetzungen für eine Erstausstattung an Bekleidung . Eine
fehlende Mitwirkung des Hilfebedürftigen , nämlich dem Prüfdienst den
Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren , geht zu Lasten des
Leistungsbeziehers(vgl. LSG, Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.11.2010 , L
5 AS 2214/08 ).
8. Die
Leistungsgewährung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ist ebenso wie die
Erstausstattung für die Wohnung (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II), im
Sinne eines Startpaketes im Falle einer grundlegend neuen
Lebenssituation zu verstehen (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K
§ 23 Rz. 343, 363; LSG Berlin-Brandenburg , Urt. v. 25.02.2010, L 34 AS
24/09).
9. Der Begriff der
Erstausstattung ist nicht zeitlich, sondern - wie alle Leistungen des
SGB II - bedarfsbezogen zu interpretieren (Behrend in jurisPK - SGB II,
3. Auflage 2011, § 24), so das es nicht darauf ankommt, ob der Bedarf an
Bekleidung erst 9 Monate später nach der Haftentlassung gestellt wurde.
10.Gem. § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II müssen Leistungen für die Erstausstattung an Bekleidung gesondert beantragt werden.
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Schluss bleibt anzumerken, das es sich in diesem Fall um keine
Rechtsfrage handelte, welche die Rechtsprechung nicht schon beantwortet
hätte.
Willi S
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