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Bei einem vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen, z.B. wegen Schuldentilgung,ist eine fiktive Anrechnung im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II nicht gerechtfertigt L 7 AS 552/12 B ER
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Bei einem vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen, z.B. wegen Schuldentilgung,ist eine fiktive Anrechnung im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II nicht gerechtfertigt L 7 AS 552/12 B ER
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,Beschluss vom 26.04.2012,- L 7 AS 552/12 B ER -
Die
Sanktionsregelung des § 31a Abs. 1 SGB II besagt, dass auch dem
Verschwender gekürztes Alg II zu gewähren ist, belastet mit der
Ersatzforderung nach § 34 SGB II.
Mögliche Ersatzansprüche
gegen den Hilfebedürftigen stehen der Annahme der Hilfebedürftigkeit
nicht entgegen (Urteil des erkennenden Senates vom 22.04.2010, Az.: L 7
AS 107/09, so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007,
Az.: L 10 B 1845/07 AS ER und Beschluss vom 27.11.2007, Az.: L 14 B
1818/08 AS ER).
Ist von einem Geldbetrag nichts mehr vorhanden,
kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht (Oberverwaltungsgericht
der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 09.01.2008, S 2 B 483/07, S 2
B 484/07).
Es bleibt dem Leistungsträger unbenommen, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34 SGB II gegeben sind.
Sozialgericht Düsseldorf S 19 AS 670/12 ER 27.03.2012
2. Instanz Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 7 AS 552/12 B ER 26.04.2012 rechtskräftig
3. Instanz
Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitsuchende
Entscheidung
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des
Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.03.2012 geändert. Der Antragsgegner
wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts für den Monat Februar 2012 in Höhe von 70,77 Euro
und ab dem 01. März 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von 70 % der
Regelleistung, längstens bis einen Monat nach Bekanntgabe des
Widerspruchsbescheides, zu gewähren. Die weitergehende Beschwerde wird
zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Hälfte der
außergerichtlichen Kosten des Antragstellers dem Grunde nach.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Gemäß
§ 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige
Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint
(Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das
Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für
den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines
Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller
betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und
unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die
durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die
Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern
abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach-
und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der
Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu
entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05,
BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Anordnungsanspruch und
Anordnungsgrund sind bezüglich der Regelleistung in Höhe von 70 %
glaubhaft gemacht. Der Antragsteller erfüllt die
Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1-4 Zweites Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II). Denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet und
die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 2 SGB II.
Der Antragsteller hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Der
Antragsteller hat auch seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht (§ 7
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen
Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und der mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer
zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder
Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen,
insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen
erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht,
dass er derzeit nicht über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen
Lebensunterhalt zu bestreiten.
Unter Berücksichtigung der im
einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung und des
existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II geht die
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebotene
Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers aus.
Dem
Antragsteller stehen auch unter Berücksichtigung der Zahlungen, die
aufgrund des Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19.07.2010 an seinen
im zivilrechtlichen Verfahren Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt G,
am 22.11.2011, 19.12.2011 und 05.01.2012 erfolgt sind, keine
ausreichende Mittel zur Verfügung, um seinen Lebensunterhalt
sicherzustellen. Zwar sind diese Zahlungen grundsätzlich als Einkommen
zu berücksichtigen. Durch ihren vorzeitigen Verbrauch zur
Schuldentilgung war der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung
jedoch hilfebedürftig.
Soweit in der Rechtsprechung die Ansicht
vertreten wird, ein vorzeitiger Verbrauch von einmaligen Einnahmen, z.B.
wegen Schuldentilgung, sei unbeachtlich (Bayerisches
Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 13.04.2007, Az.: L 7 AS 309/06;
in diese Richtung BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R), wird
diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht geteilt. Eine fiktive
Anrechnung ist im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31 Abs. 2, 31a, 34
SGB II nicht gerechtfertigt. Die Sanktionsregelung des § 31a Abs. 1 SGB
II besagt, dass auch dem Verschwender gekürztes Alg II zu gewähren ist,
belastet mit der Ersatzforderung nach § 34 SGB II. Mögliche
Ersatzansprüche gegen den Hilfebedürftigen stehen der Annahme der
Hilfebedürftigkeit nicht entgegen (Urteil des erkennenden Senates vom
22.04.2010, Az.: L 7 AS 107/09, so auch LSG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 19.11.2007, Az.: L 10 B 1845/07 AS ER und Beschluss vom
27.11.2007, Az.: L 14 B 1818/08 AS ER). Ist von einem Geldbetrag nichts
mehr vorhanden, kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht
(Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom
09.01.2008, S 2 B 483/07, S 2 B 484/07). Es bleibt dem Leistungsträger
unbenommen, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 31 Abs. 2, 31a,
34 SGB II gegeben sind.
Die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts waren jedoch in Anwendung des dem Senat nach § 86b Abs.
2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Zivilprozessordnung (ZPO) zustehenden
Ermessens auf 70 % der Regelleistungen zu begrenzen. Obwohl nach der
Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 08.07.2009, Az.: L 7
B 188/09 AS ER m.w.N.) eine Begrenzung der Regelleistung im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf 70 % bei Vorliegen eines
glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs im Hinblick auf den
existenzsichernden Charakter der pauschalierten Regelleistung nach § 20
SGB II und des Bedarfsdeckungsgrundsatzes grundsätzlich nicht in
Betracht kommt, war hier zu berücksichtigen, dass die Begrenzung hier
nicht unter dem Gesichtspunkt einer ansonsten eintretenden Vorwegnahme
der Hauptsache, sondern im Hinblick auf die Möglichkeit einer Absenkung
des Arbeitslosengeld II gemäß § 31a Abs. 1 SGB II durch den
Antragsgegner auszusprechen war. Aufgrund der Stellung des Antrags auf
einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht am 21.02.2012 waren die
Leistungen für den Monat Februar anteilig für 9 Tage (337 Euro x 70 % =
235,90 Euro; 235,90 Euro./. 30 Tage, x 9 Tage) zuzusprechen. Die
Leistungsverpflichtung des Antragsgegners wird auf den Ablauf der
Klagefrist gegen den aufgrund des Widerspruchs des Antragstellers zu
erlassenden Widerspruchsbescheid begrenzt. Bei der Begrenzung der
Leistungsverpflichtung des Antragsgegners auf höchstens sechs Monate hat
sich der Senat an § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II orientiert. Danach sollen
Leistungen für jeweils sechs Monate im Voraus erbracht werden. Da der
Antragsgegner die Leistung im vorliegenden Fall ohne zeitliche
Begrenzung ab dem 01.01.2012 abgelehnt hat, ist in einem
Hauptsacheverfahren grundsätzlich über den Anspruch des Antragstellers
auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die gesamte bis zur
Entscheidung verstrichene Zeit zu befinden (vgl. Bundessozialgericht -
BSG -, Urteil vom 07.11.2006, Az.: 7b AS 14/06 R).
Hinsichtlich
der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kosten für
Unterkunft und Heizung fehlt es hingegen am erforderlichen
Anordnungsgrund. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist es erforderlich, dass Wohnungs-
und Obdachlosigkeit droht. Leistet der Antragsteller einer fristlosen
Kündigung des Mietverhältnisses nicht Folge und räumt die Wohnung nicht,
hat sich eine Räumungsklage anzuschließen, mit der die Herausgabe der
Mietsache geltend gemacht werden muss. Für den Fall der Räumungsklage
enthält § 22 Abs. 9 SGB II in der Fassung vom 24.03.2011 Regelungen zur
Sicherung der Unterkunft. So ist das Amtsgericht nach dieser Vorschrift
verpflichtet, dem Grundsicherungssicherungsträger unverzüglich Tatsache
und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der
Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient
der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern
ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die
Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist (Berlit in
LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22, Rdn. 200). Denn gemäß § 569 Abs. 3
Nr. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Kündigung
unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten
nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich
der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB
befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung
verpflichtet. Auch angesichts dieser rechtlichen Regelungen sieht der
Senat das Vorliegen der Voraussetzungen des erforderlichen
Anordnungsgrundes trotz der von seinem Vermieter mit Schreiben vom
12.03.2012 erfolgten Androhung der sofortigen fristlosen Kündigung und
der mit Schreiben vom 16.04.2012 gesetzten Zahlungsfrist zum 26.04.2012
zur Abwendung der Räumung zum jetzigen Zeitpunkt als nicht hinreichend
glaubhaft gemacht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2009, Az.: L 12 B
62/09 AS ER, und zur Rechtsprechung des erkennenden Senates Beschluss
vom 26.04.2011, Az.: L 7 AS 497/11 B ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=151860&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/05/bei-einem-vorzeitiger-verbrauch-von.html
Gruß Willi S
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