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Jobcenter muss bei Tilgung von Schulden für Haushaltsenergie helfen - Gericht rügt Verhalten des Jobcenters
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Jobcenter muss bei Tilgung von Schulden für Haushaltsenergie helfen - Gericht rügt Verhalten des Jobcenters
Essen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat das Jobcenter Münster verurteilt, einem Leistungsbezieher vorläufig ein Darlehen zur Tilgung von Strom- und Gasschulden in Höhe von rd. 3.000 EUR zu bewilligen (Beschluss vom 13.05.2013, Az.: L 2 AS 313/13 B ER)
Quelle: Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.05.2013
Zwar hatte das Jobcenter dem klagenden „Hartz IV“-Empfänger schon Abschläge für die Gasheizung gezahlt. Dieser hatte die Zahlungen aber nur teilweise an die Stadtwerke weitergeleitet und war auch mit den Abschlägen für Strom in Rückstand geraten. Dadurch hatten sich erhebliche Schulden bei den Stadtwerken für den Energieverbrauch angehäuft.
Trotz seiner eigenen Pflichtverletzungen hat das LSG das Jobcenter zur Übernahme dieser Schulden verpflichtet. Der Senat sah keine andere Möglichkeit, die Wohnung des Arbeitssuchenden wieder mit Energie zu versorgen.
Ein Anbieterwechsel kam wegen hoher Schulden nicht in Betracht; Pre-paid-Zähler waren nicht verfügbar.
Der Leistungsberechtigte, der zunächst alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausschöpfen muss, bevor der Staat als Ausfallbürge der Energieversorger eintreten muss, hatte sich vergeblich um eine vergleichsweise Einigung mit den Stadtwerken bemüht; die Beschaffung eines Privatdarlehns scheiterte.
Gerügt hat der Senat auch das Verhalten des Jobcenters:
Seit nunmehr einem Jahr weigere es sich beharrlich, eine Entscheidung über die Darlehnsgewährung zu treffen, obwohl der Leistungsberechtigte nach Ausbau der Zähler immer wieder dort vorgesprochen habe.
Nicht einmal während des gerichtlichen Verfahrens habe das Jobcenter die Bescheidung nachgeholt. Zudem hätte ihm bei Fortbewilligung der Leistungen auffallen müssen, dass das Konto des hoch verschuldeten Leistungsberechtigten keine Abbuchungen zu Gunsten der Stadtwerke aufgewiesen habe.
Das LSG ging davon aus, dass es dem Kläger in der Zukunft gelingen werde, die Raten für das Darlehn regelmäßig zu zahlen und seinen sonstigen Verpflichtungen nachzukommen.
Volltext der Entscheidung hier: LSG NRW, Beschluss vom 13.05.2013 - L 2 AS 313/13 B ER rechtskräftig
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=161062&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung vom Sozialberater Detlef Brock:
Insgesamt eine zu begrüßende Entscheidung, denn das Gericht hat berücksichtigt, dass die Vorschrift des § 22 Abs. 8 SGB II im Falle drohender Wohnungslosigkeit eine Sollvorschrift zugunsten der Darlehensgewährung beinhaltet.
Gerügt wurde vom Gericht nicht nur das Verhalten des Jobcenters, sondern auch seine Rechtsauffassung zur Übernahme von Ernergieschulden.
Das Gericht folgte in folgenden Punkten nicht der Auffassung des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II:
1. Die Ablehnung der Übernahme weiterer laufender Bedarfe für Unterkunft und Heizung gem. § 22 Abs. 1 SGB II beinhaltet nicht auch die Ablehnung einer beantragten Übernahme von Energieschulden gem. § 22 Abs. 8 SGB II (vgl. zur Abgrenzung von Schulden und laufenden Bedarfen BSG Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R - Rn 17).
2. Die Übernahme von Schulden ist nicht allein bei wirtschaftlich unvernünftigem (vorwerfbarem) Verhalten des Leistungsberechtigten abzulehnen.
Die Regelung des § 22 Abs. 8 SGB II liefe sonst leer, weil Schulden im dort genannten Sinn in aller Regel auf ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zurückzuführen sind (BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R - Rn 31).
Etwas anderes dürfte dann gelten, wenn der Leistungsberechtigte zielgerichtet bzw. missbräuchlich gehandelt hat, wofür es vorliegend jedoch an Anhaltspunkten fehlt.
3. Zu Unrecht hatte das Jobcenter zunächst von den Kosten der Unterkunft einen Betrag in Höhe von 28,27 EUR wegen der nicht mehr vorhandenen Stromversorgung "in Abzug gebracht", so der Wortlaut in dem entsprechenden Bewilligungsbescheid.
Insoweit fehlt es an jeder Rechtsgrundlage (vgl. BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R bzw. Urteil vom 21.09.2012 - B 8 SO 4/11 R), und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte Ausgaben für Strom im weitesten Sinne hat, wie der SGB II-Leistungsträger anzunehmen scheint; denn die - pauschalierten - Aufwendungen für Haushaltsstrom sind in der Regelleistung, nicht in den Kosten der Unterkunft, auch von den Regelleistungen dürfte im Übrigen kein "Abzug" erfolgen (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R bzw. Urteil vom 21.09.2012 - B 8 SO 4/11 R ).
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Sozialberater des RA L. Zimmermann.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2013/05/lsg-nordrhein-westfalen-jobcenter-muss.html
Willi S
Quelle: Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.05.2013
Zwar hatte das Jobcenter dem klagenden „Hartz IV“-Empfänger schon Abschläge für die Gasheizung gezahlt. Dieser hatte die Zahlungen aber nur teilweise an die Stadtwerke weitergeleitet und war auch mit den Abschlägen für Strom in Rückstand geraten. Dadurch hatten sich erhebliche Schulden bei den Stadtwerken für den Energieverbrauch angehäuft.
Trotz seiner eigenen Pflichtverletzungen hat das LSG das Jobcenter zur Übernahme dieser Schulden verpflichtet. Der Senat sah keine andere Möglichkeit, die Wohnung des Arbeitssuchenden wieder mit Energie zu versorgen.
Ein Anbieterwechsel kam wegen hoher Schulden nicht in Betracht; Pre-paid-Zähler waren nicht verfügbar.
Der Leistungsberechtigte, der zunächst alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausschöpfen muss, bevor der Staat als Ausfallbürge der Energieversorger eintreten muss, hatte sich vergeblich um eine vergleichsweise Einigung mit den Stadtwerken bemüht; die Beschaffung eines Privatdarlehns scheiterte.
Gerügt hat der Senat auch das Verhalten des Jobcenters:
Seit nunmehr einem Jahr weigere es sich beharrlich, eine Entscheidung über die Darlehnsgewährung zu treffen, obwohl der Leistungsberechtigte nach Ausbau der Zähler immer wieder dort vorgesprochen habe.
Nicht einmal während des gerichtlichen Verfahrens habe das Jobcenter die Bescheidung nachgeholt. Zudem hätte ihm bei Fortbewilligung der Leistungen auffallen müssen, dass das Konto des hoch verschuldeten Leistungsberechtigten keine Abbuchungen zu Gunsten der Stadtwerke aufgewiesen habe.
Das LSG ging davon aus, dass es dem Kläger in der Zukunft gelingen werde, die Raten für das Darlehn regelmäßig zu zahlen und seinen sonstigen Verpflichtungen nachzukommen.
Volltext der Entscheidung hier: LSG NRW, Beschluss vom 13.05.2013 - L 2 AS 313/13 B ER rechtskräftig
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=161062&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung vom Sozialberater Detlef Brock:
Insgesamt eine zu begrüßende Entscheidung, denn das Gericht hat berücksichtigt, dass die Vorschrift des § 22 Abs. 8 SGB II im Falle drohender Wohnungslosigkeit eine Sollvorschrift zugunsten der Darlehensgewährung beinhaltet.
Gerügt wurde vom Gericht nicht nur das Verhalten des Jobcenters, sondern auch seine Rechtsauffassung zur Übernahme von Ernergieschulden.
Das Gericht folgte in folgenden Punkten nicht der Auffassung des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II:
1. Die Ablehnung der Übernahme weiterer laufender Bedarfe für Unterkunft und Heizung gem. § 22 Abs. 1 SGB II beinhaltet nicht auch die Ablehnung einer beantragten Übernahme von Energieschulden gem. § 22 Abs. 8 SGB II (vgl. zur Abgrenzung von Schulden und laufenden Bedarfen BSG Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 62/09 R - Rn 17).
2. Die Übernahme von Schulden ist nicht allein bei wirtschaftlich unvernünftigem (vorwerfbarem) Verhalten des Leistungsberechtigten abzulehnen.
Die Regelung des § 22 Abs. 8 SGB II liefe sonst leer, weil Schulden im dort genannten Sinn in aller Regel auf ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zurückzuführen sind (BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R - Rn 31).
Etwas anderes dürfte dann gelten, wenn der Leistungsberechtigte zielgerichtet bzw. missbräuchlich gehandelt hat, wofür es vorliegend jedoch an Anhaltspunkten fehlt.
3. Zu Unrecht hatte das Jobcenter zunächst von den Kosten der Unterkunft einen Betrag in Höhe von 28,27 EUR wegen der nicht mehr vorhandenen Stromversorgung "in Abzug gebracht", so der Wortlaut in dem entsprechenden Bewilligungsbescheid.
Insoweit fehlt es an jeder Rechtsgrundlage (vgl. BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R bzw. Urteil vom 21.09.2012 - B 8 SO 4/11 R), und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte Ausgaben für Strom im weitesten Sinne hat, wie der SGB II-Leistungsträger anzunehmen scheint; denn die - pauschalierten - Aufwendungen für Haushaltsstrom sind in der Regelleistung, nicht in den Kosten der Unterkunft, auch von den Regelleistungen dürfte im Übrigen kein "Abzug" erfolgen (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R bzw. Urteil vom 21.09.2012 - B 8 SO 4/11 R ).
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Sozialberater des RA L. Zimmermann.
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Willi S
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